Urteil des OLG Köln vom 04.07.1997

OLG Köln (kläger, entgangener gewinn, bundesrepublik deutschland, erwerb, verkauf, widersprüchliches verhalten, depot, anlage, höhe, schaden)

Oberlandesgericht Köln, 20 U 158/96
Datum:
04.07.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
20. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
20 U 158/96
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 4 0 70/96
Tenor:
Auf die Berufungen des Beklagten zu 1. und der Kläger wird das Urteil
der 4. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 10. Juli 1996 - 4 0 70/96 -
unter Klageabweisung und Zurückweisung der Berufung der Kläger im
übrigen wie folgt abgeändert und neu gefaßt: Die Beklagte zu 1. wird
verurteilt, an die Kläger 145.435,91 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem
10. Mai 1994 zu zahlen. Die Klage gegenüber dem Beklagten zu 2. wird
abgewiesen. Die Berufung der Beklagten zu 1. wird zurückgewiesen.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. tragen die Kläger als
Gesamtschuldner. Die außergerichtlichen Kosten der Kläger trägt die
Beklagte zu 1. zu 38 %, im übrigen tragen die Kläger ihre
außergerichtlichen Kosten selbst. Die außergerichtlichen Kosten der
Beklagten zu 1. tragen die Kläger zu 24 %, zu 76 % trägt die Beklagte zu
1. ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Die Gerichtskosten tragen die
Beklagte zu 1. zu 38 % und die Kläger zu 62 %. Das Urteil ist vorläufig
vollstreckbar. Der Beklagten zu 1. bleibt nachgelassen, die
Zwangsvollstreckung der Kläger gegen Sicherheitsleistung von
178.000,00 DM abzuwenden, sofern die Kläger vor Vollstreckung nicht
Sicherheit in gleicher Höhe leisten. Den Klägern bleibt nachgelassen,
die Zwangsvollstreckung des Beklagten zu 2. gegen Sicherheitsleistung
von 16.000,00 DM abzuwenden, sofern der Beklagte zu 2. vor
Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Den Klägern
bleibt nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der Beklagten zu 1.
gegen Sicherheitsleistung von 4.000,00 DM abzuwenden, sofern die
Beklagte zu 1. vor Vollstreckung nicht Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Den Parteien bleibt nachgelassen, Sicherheitsleistungen auch in Form
einer Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlichen Sparkasse
oder Genossenschaftsbank zu erbringen.
1. Unmittelbarer Verlust aus dem Erwerb der C. Dax Put Optionen
DM
83.262,79
Entgangener Gewinn im Zeitraum 06.11.1992 bis 29.11.1993 DM
100.052,40 x 11 % p.a.
DM
11.708,91
Zwischensumme:
DM
94.971,70
2. Unmittelbarer Verlust aus dem Erwerb der D. S. Optionsscheine
DM
41.283,94
Entgangener Gewinn im Zeitraum vom 05.05.1993 bis 10.02.1994
DM 42.850,94 x 11 % p.a.
DM
3.600,67
Zwischensumme
DM
44.884,61
3. Unmittelbarer Verlust aus Stillhaltergeschäften gemäß
Endabrechnung vom 11.02.1994
DM
41.839,00
Entgangener Gewinn im Zeitraum vom 15.07.1993 bis 11.02.1994
DM 41.839,00 x 11 % p.a.
DM
2.633,53
Zwischensumme
DM
44.472,53
4. Kosten der Flugreise D.-K-D.
DM
3.384,98
5. Hotel- und Aufenthaltskosten Köln 5 Tage, 2 Personen, pau-schal
DM 300,00/Tag
DM
1.500,00
6. Rückforderung Verwaltungskosten wegen Schlechterfüllung
DM
2.341,40
Gesamtbetrag
DM
191.555,22
T a t b e s t a n d
1
Anläßlich der Versetzung des Klägers zu 1. als Generalkonsul an das Generalkonsulat
in D./S., beabsichtigten die Kläger, die Verwaltung ihres bis dahin bei der D. B.
bestehenden Anlagedepots einem professionellen Vermögens-verwalter zu übertragen.
2
Das damalige Depot der Kläger bei der D. B. hatte einen aktuellen Kurswert von ca.
465.000,00 DM, bezüglich der Zusammensetzung des Depotbestands wird auf Bl. 10
AH Bezug genommen. Die Kurse der Wertpapiere notierten seinerzeit größtenteils
deutlich unter den Einstandskursen. Unter den Depotwerten befanden sich u.a. auch
Optionsscheine auf Aktien der B., die die Kläger zum Einstandswert von rund 2.000,00
DM angekauft hatten. Im Zusammenhang mit dem Erwerb der Optionsscheine bei der D.
hatten die Kläger am 13. März 1991 das bankenübliche Informationsblatt über
Verlustrisiken bei Börsentermingeschäften unterzeichnet.
3
Auf besondere Empfehlung des ihnen bekannten Rechtsanwalts L. wandten sich die
Kläger im August 1992 an die Beklagte zu 1. und bekundeten ihr Interesse am Abschluß
eines Vermögensverwaltungsvertrag. Die Beklagte zu 1. ist eine
Vermögensverwaltungsgesellschaft, welche bis zum Jahre 1995 in der Rechtsform einer
GmbH unter der Firma E. ( Partner GmbH betrieben und sodann in eine
Aktiengesellschaft umgewandelt wurde. Der Beklagte zu 2. war Geschäftsführer und ist
jetzt Vorstand der Beklagten zu 1.
4
Zwischen dem Kläger zu 1. und der Beklagten zu 1. entwickelte sich ein Briefwechsel,
es kam darüber hinaus zu telefonischen Kontakten. In einem Schreiben der Beklagten
zu 1. vom 26. August 1992 (Bl. 2 AH) heißt es u.a.:
5
6
"Wir sind seit 1970 darauf spezialisiert, vermögende Privatkunden in
Wertpapierfragen individuell zu beraten und zu betreuen. Konservative Anleger
erzielen Renditen, die in neun von zehn Jahren mindestens 50 % über dem jeweils
vorherrschenden Kapitalmarktzins liegen. Wir gelten als die führenden Stillhalter- und
Wandelanleihenspezialisten in Deutschland. In Risikostufe 2 sind steuerfreie
Kapitalgewinne zwischen 25 % und 40 % nicht selten. Gemäß unserer
Tendenzeinschätzung haben wir in den letzten Wochen eine extrem vorsichtige
Anlagepolitik betrieben. Die Depotführung erfolgt bei uns nicht standardisiert,
sondern ist abhängig von der Mentalität, Risikobereitschaft und Vorgabe des
Anlegers."
7
Mit diesem Schreiben übersandte die Beklagte zu 1. u.a. eine Ausgabe ihres
Börseninformationsdienstes, den sogenannten C..
8
Am 12. Oktober 1992 veräußerten die Kläger einen Teil ihrer Wertpapiere aus dem
Depot bei der D. B.. Nach vorheriger Terminsabsprache führten der Kläger zu 1. und der
Beklagte zu 2. am 5. November 1992 in den Büroräumen der Beklagten zu 1. ein
Gespräch über den Abschluß eines Vermögensverwaltungsvertrages, in dessen Verlauf
der Beklagte zu 2. das seinerzeit bestehende Depot der Kläger als hochspekulativ
einstufte. Der Beklagte zu 2. empfahl u.a. den Erwerb von C. - im folgenden C. -, da
nach seiner Einschätzung ein Börseneinbruch zu erwarten war. In dem von der
Beklagten zu 1. herausgegebenen C. vom selben Tage wurde ein planmäßiger Verlauf
der Strategie gegen den DAX 1700 mit den genannten C. angegeben. Weiter heißt es:
9
10
"Das Papier kostet jetzt 328,00 DM, bringt in dreizehn Monaten 400,00 DM mit einer
Wahrscheinlichkeit von 99 %."
11
Am Ende des Gesprächs vom 5. November 1992 übermittelte der Kläger zu 1. der D. B.
aus den Büroräumen der Beklagten zu 1. per Fax die Anweisung, die restlichen
Depotwerte zu veräußern. Zugleich erteilte er an die D. die Order, 300 Stück C. (Laufzeit
bis 29. November 1993) sowie für 30.000,00 DM V.-Anleihen zu erwerben. Der A. zeigte
er an, er wolle seinen gesamten Bestand an Rentenfonds-Papieren - Kurswert
seinerzeit 227.771,00 DM - zurückgeben. Über den Erwerb der C. erteilte die D. den
Klägern unter dem 6. November 1992 bei einem Kurs des Papiers von 330,00 DM eine
Kaufabrechnung einschließlich Kosten von 100.052,40 DM. Die Papiere wurden in das
bestehende Depot bei der D. genommen. Der Beklagte zu 2. händigte dem Kläger zu 1.
am 5. November 1992 Unterlagen eines schriftlichen Vermögens-verwaltungsvertrags
aus. Die Klägerin zu 1. hielt sich seinerzeit in D. auf.
12
Der Vermögensverwaltungsvertrag wurde am 4. Dezember 1992 von den Klägern
unterzeichnet und der Beklagten zu 1. übersandt. Gemäß Ziffer 3) des Vertrags wurde
die Haftung der Beklagten zu 1. für leichte Fahrlässigkeit für die im Rahmen der
Verwaltungstätigkeit getroffenen Entscheidungen ausgeschlossen. Wegen der weiteren
13
Einzelheiten des Vertragsinhalts wird auf Bl. 25 f. AH Bezug genommen. In einem
Begleitschreiben vom 4. Dezember 1992 erbat der Kläger zu 1. Vordrucke für die
beabsichtigte Kontoeröffnung bei der W., der Hausbank der Beklagten zu 1., zugleich
erkundigte er sich - vor Unterzeichnung der Erklärung über Termingeschäfte - nach dem
Prozentsatz von Termingeschäften bei Vermögensverwaltung in Risikostufe 2. Mit
Schreiben vom 16. Dezember 1992 (Bl. 48 AH) bat der Kläger zu 1. um Erläuterung der
Verlustrisiken beim "Verkauf von D." und der Möglichkeiten, den Depotwert für den Fall
eines nicht erwartungsgemäßen Verlaufs der Börse abzusichern. Mit Fax vom 18.
Dezember 1992 beantwortete der Mitarbeiter der Beklagten zu 1., der Zeuge M., die
Fragen des Klägers zu 1. vom 16. Dezember 1992 "bezüglich Stillhaltergeschäfte im
DTB-Bereich". Der Zeuge führte aus, bei einem Depotvolumen von ca. 500.000,00 DM
halte er 15 Kontrakte für angemessen. Er bezeichnete den Verkauf von D. als sinnvoll
und errechnete für den Verkauf von 15 S. Dax Basis 1500 März 1993 nach Abzug von
Bankkosten eine Prämiengutschrift von 8.112,50 DM netto. Weiter führte er aus, das
Risiko setze ein, wenn der Dax (Basis 1.500,00 DM) höher steige als 1.554,08 DM. Bei
einer grundsätzlichen Tendenzneueinschätzung könne man die Positionen jederzeit vor
dem Verfall eindecken.
Am 20. Januar 1993 übersandte der Kläger zu 1. der Beklagten zu 1. Unterlagen zur
Kontoeröffnung bei der W. sowie von den Klägern unterzeichnete Informationsschriften
der W. über Verlustrisiken und Sonderbedingungen von Börsen-termingeschäften. Die
Kläger bestätigten ferner, über die Besonderheiten und Risiken von
Börsentermingeschäften aufgeklärt und informiert worden zu sein.
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Nach dem 20. Januar 1993, und zwar erstmals am 12. Januar 1993, hat die Beklagte zu
1. Wertpapiergeschäfte im Namen der Kläger getätigt. Die Übertragung des
Wertpapierdepots von der D. B. auf die W., u.a. der C., wurde am 4. Mai 1993
vorgenommen.
15
Mit Fax vom 10. Januar 1993 (Bl. 27 AH) wandte sich der Kläger zu 1. an den Beklagten
zu 2. mit der Anfrage, ob er die Kursentwicklung des C. beobachte, der mittlerweile auf
315,00 DM gefallen sei und bei einer Zinssenkung noch tiefer fallen würde. Der Kläger
zu 1. bat um Nachricht, wenn die Werte verkauft werden sollten. In einem weiteren Fax
vom 24. Februar 1993 (Bl. 34 AH) verwies der Kläger zu 1. auf einen dramatischen
Wertverlust der C., der vermutlich schon die S. unterschritten habe. Der Kläger zu 1.
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sprach einen zu erwartenden weiteren Zinsrückgang und eine kräftige Steigerung des
Dax an und bat um Mitteilung, ob er der D. einen Verkaufsauftrag erteilen solle, da die
Beklagte zu 1. nicht über eine Kontovollmacht verfüge. Zugleich äußerte er sich
enttäuscht über die Anlage in C.-Scheinen.
17
Unter dem 14. April 1993 (Bl. 81 AH) gewährte die Beklagte zu 1. dem Kläger zum
Ausgleich bis dahin entgangener Gewinne des früheren, veräußerten Depots einen
Verlustvortrag für die Honorarabrechnung von 50.000,00 DM.
18
Im Zeitraum vom 15. April 1993 bis 17. Januar 1994 tätigte die Beklagte zu 1. die in den
Schreiben der Parteien vom 16./18. Dezember 1992 angesprochenen Leerverkäufe von
S. und Puts auf den Dax. Im Zusammenhang mit diesen Geschäften wurde auf
Verlangen der W. ein Festgeldkonto von zunächst 55.000,00 DM als Sicherheit
eingerichtet, das bis zur Kündigung des Vermögensverwaltungsvertrags fortbestand. Mit
Schreiben vom 5. August 1993 (Bl. 54 AH) erinnerte der Kläger zu 1. an die Erläuterung
19
der Beklagten zu 1., wonach bei Erreichen der Risikoschwelle jederzeit "eingedeckt"
werden könne. Der Kläger zu 1. wies die Beklagte zu 1. darauf hin, daß dies für die auf
Mitte Juli und Mitte September verkauften S. nicht erfolgt sei und hierdurch Verluste
entstanden seien. Der Kläger zu 1. bat, künftig Absprachen und eigene Vorgaben
einzuhalten.
Am 5. Mai 1993 kaufte die Beklagte zu 1. für das Depot der Kläger weitere spekulative
Optionsscheine, 40.000 Stück "D. S. Optionsscheine Dax Short" (im folgenden D. S.) zu
einem Einstandspreis von 42.850,94 DM. Es handelte sich um ein Papier, das auf eine
sinkende Börse setzte. Im Einschreiben vom 12. Juli 1993 (Bl. 40 AH) widersprach der
Kläger zu 1. dem Erwerb der D. S. und bat, die Position für ihn verlustfrei aufzulösen. Er
berief sich auf eine Vereinbarung mit dem Beklagten zu 2. vom 5. November 1992,
wonach der Anteil spekulativer Anlagen nur 10 % betragen dürfe. Dies bezeichnete der
Beklagte zu 2. in seinem Antwortschreiben vom 5. August 1993 als ein Mißverständnis
und wies ergänzend darauf hin, daß Positionsreklamationen nach mehr als zwei
Monaten nicht mehr akzeptiert werden könnten.
20
In dem von der Beklagten zu 1. herausgegebenen C. gab die Beklagte zu 1. zu den
Anlageempfehlungen jeweils sogenannte S. an. Die Kläger waren nicht AB.ent des C.s,
die Beklagte zu 1. übermittelte ihnen aber während der Vertragsdauer insgesamt
sechzehn Probeexemplare des Börsen-briefs.
21
Für die C. erzielte die Beklagte zu 1. bei deren Endfälligkeit am 29. November 1993
einen Erlös von 16.789,61 DM. Die D. S. erbrachten am 10. Februar 1994 einen
Resterlös von 1.567,00 DM.
22
Mit Schreiben vom 31. Januar 1994 kündigte der Kläger zu 1. mit sofortiger Wirkung den
Vermögensverwaltungsvertrag. Bis dahin hatte die Beklagte zu 1. die in der Auflistung
Bl. 223 aufgeführten Anlagen (mit Ausnahme der C. und der V.-Anleihe) getätigt. Mit den
Anlagen wurden zum Teil Gewinne erzielt.
23
Die Kläger nehmen die Beklagten auf Schadensersatz wegen positiver
Forderungsverletzung des Vermögensverwaltungsvertrags in Anspruch und beziffern
den ihnen entstandenen Schaden wie folgt:
24
Die Kläger haben die Auffassung vertreten, nicht nur die Beklagte zu 1. hafte ihnen als
Vertragspartner des Vermögensverwaltungsvertrags, sondern auch der Beklagte zu 2.
persönlich, weil er bei der Anlageberatung in besonderem Maße persönliches Vertrauen
für sich in Anspruch genommen habe. Die Kläger haben behauptet, schon vor dem
Gespräch vom 5. November 1992 habe der Kläger zu 1. in erster Linie mit dem
Beklagten zu 2. verhandelt, nur bei dessen Verhinderung sei es auch zu Telefonaten mit
dem Mitarbeiter M. gekommen. Aufgrund der hohen, uneingeschränkten Empfehlung
von Rechtsanwalt L., die der Kläger zu 1. - unstreitig - gegenüber dem Beklagten zu 2.
deutlich gemacht habe und die auch seiner Person gegolten habe, sei er bereits vor
dem 5. November 1992 entschlossen gewesen, einen Vermögensverwaltungsvertrag
abzuschließen.
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Im Gespräch vom 5. November 1992 habe sich der Kläger zu 1. dem Beklagten zu 2. als
konservativer Anleger vorgestellt, was auch durch die Struktur seines bisherigen Depots
bestätigt werde. Dies habe der Beklagte zu 2. zu Unrecht als hochspekulativ eingestuft,
er habe einen unmittelbar bevorstehenden Börsencrash vorausgesagt und angeraten,
26
das bestehende Depot zu verkaufen. Der Beklagte zu 2. habe den Kläger zu 1. derart in
Panik versetzt, daß er noch aus dem Büro der Beklagten zu 1. der D. per Fax den
Auftrag zur Veräußerung seiner restlichen Depotwerte erteilt und auch gegenüber der A.
die sofortige Rückgabe der Rentenfonds-Papiere angezeigt habe. Der dringenden
Empfehlung des Beklagten zu 2. entsprechend habe er sogleich den Kaufauftrag für 300
C. erteilt. Der Beklagte zu 2. habe diese Optionsscheine als "absolut sicheren
Gewinner" bezeichnet, ohne den höchst spekulativen Charakter der Anlage
klarzustellen und deutlich zu machen, daß der Erwerb der Optionsscheine binnen einen
Jahres Vermögensverluste von 100.000,00 DM habe mit sich bringen können.
Die Kläger haben weiter behauptet, bereits am 5. November 1992 sei die endgültige
Einigung über den Abschluß eines Vermögensverwaltungsvertrags erzielt worden;
lediglich die schriftliche Fixierung der getroffenen Vereinbarungen habe noch gefehlt, da
die Klägerin zu 2. sich in D. aufgehalten habe. Am 5. November 1992 sei mündlich die
Verwaltung in Risikostufe 2 abgestimmt worden, und zwar mit Depotanteilen von 60 %
Anleihen, 30 % Aktien und 10 % spekulativen Werten. Der zehnprozentige spekulative
Anteil habe sogenannte "Stillhaltergeschäfte" umfassen sollen, die C. habe die Beklagte
zu 1. ausdrücklich als nicht spekulativ eingestuft.
27
Bezüglich der C. haben die Kläger die Schadensersatzpflicht der Beklagten ergänzend
auf die unterbliebene Einhaltung des S. gestützt. Sie haben vorgetragen, bereits bei den
Anbahnungsgesprächen habe der Beklagte zu 2. gegenüber dem Kläger seine
vorsichtige Anlagepolitik durch Hinweis auf die strikte Einhaltung von S. unterstrichen
und insoweit auf den von der Beklagten zu 1. herausgegebenen C.-Börsenbrief
verwiesen. Hätten die Beklagten das S. von 300,00 DM beachtet und die C. beizeiten
veräußert, wäre ihnen ein wesentlich niedriger Schaden aus dem Anlagegeschäft
entstanden.
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Die Kläger haben die Ansicht vertreten, die Beklagte zu 1. habe ihren
Aufklärungspflichten, insbesondere im Zusammenhang mit den sogenannten
"Stillhaltergeschäften" nicht genügt, weil sie auf das besondere Verlustrisiko der
Leerverkäufe, nämlich die unbegrenzte Nachschußpflicht nicht hingewiesen habe. Im
übrigen seien die hochspekulativen Leerverkäufe auf den Dax-Index irreführend als
Stillhaltergeschäfte bezeichnet worden. Verharmlosend sei im Schreiben der Beklagten
zu 1. vom 18. Dezember 1992 (Bl. 50 AH) der Eindruck erweckt worden, "durch
rechtzeitiges Eindecken" sei bei Erreichen der Risikoschwelle die Verlustgefahr
einzudämmen. Diesen Vorgaben habe die Beklagte zu 1. nicht entsprochen. Den aus
Leerverkäufen entstandenen Gesamtverlust beziffern die Kläger unter Bezugnahme auf
ihre Aufstellung vom 11. Februar 1994 (Bl. 47 AH) auf 41.839,00 DM.
29
Die Kläger haben die Ansicht vertreten, die Beklagte zu 1. habe am 5. Mai 1993 durch
Erwerb des D. S.-Optionsscheins mit Einstandskosten von 42.850,94 DM vertragswidrig
über den abgesprochenen Rahmen hinausgehend den Umfang der spekulativen
Anlagen ausgeweitet. Überdies hätten die Beklagten eine einseitige und risikobehaftete
Anlagepolitik verfolgt, da durch dieses Papier - ebenso wie durch die übrigen
spekulativen Anlagen - wiederum auf eine sinkende Börse spekuliert worden sei. Im
übrigen sei die Beklagte zu 1. im Anschluß an das Schreiben des Klägers zu 1. vom 12.
Juli 1993 (Bl. 40 AH) zur verlustfreien Auflösung dieser Anlage verpflichtet gewesen,
weil die Beklagte zu 1. ihnen eine zweimonatige Positionsreklamtionsfrist eingeräumt
habe. Außerdem habe die Beklagte zu 1. auch bei diesem Optionsschein die S.
unbeachtet gelassen, im Börsenbrief vom 3. August 1993 (Bl. 38 AH) sei darauf
30
hingewiesen worden, daß die S. gebrochen sei. Schließlich habe die Beklagte zu 1. die
Börsentendenz falsch eingeschätzt, im Laufe des Jahres 1993 habe die Bundesbank
die Leitzinsen kontinuierlich gesenkt, gleichwohl habe es die Beklagte zu 1. grob
fahrlässig unterlassen, die Börsentendenz neu einzuschätzen und habe bis zuletzt an
ihrer Crash-Prognose festgehalten und der Kapitalvernichtung im Depot der Kläger
tatenlos zugesehen.
Die Kläger haben sich für berechtigt gehalten, für angefallene Flug- und
Aufenthaltskosten Schadensersatz zu fordern, da sie sich gezwungen gesehen hätten,
Rechtsrat über die erforderliche Kündigung und über Schadensersatzansprüche gegen
die Beklagten einzuholen. Außerdem habe die Beklagte zu 1. wegen Schlechterfüllung
des Vermögensverwaltungsvertrags Depotverwal-tungskosten in Höhe von 2.341,40
DM (Bl. 97 AH) zurückzuerstatten.
31
Die Kläger haben beantragt,
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1. die Beklagten zur Zahlung von 191.555,22 DM nebst 4 % Zinsen aus
184.328,84 DM für den Zeitraum vom 20. Dezember 1993 bis 9. Mai 1994, aus
187.713,82 DM seit dem 10. Mai 1994 bis Zustellung der Klage und aus
191.555,22 DM ab Zustellung der Klage zu verurteilen;
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2. ihnen nachzulassen, eine eventuelle Sicherheitsleistung durch schriftliche,
selbstschuldnerische Bürgschaft einer als Steuerbürge zugelassenen deutschen
Großbank erbringen zu dürfen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen,
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hilfsweise im Unterliegensfall ihnen nachzu-lassen, die Zwangsvollstreckung durch
Sicher-heitsleistung abzuwenden, die auch durch selbstschuldnerische Bürgschaft
47
einer Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank mit Sitz in der
Bundesrepublik Deutschland erbracht werden kann.
Sie haben bestritten, daß der Kläger zu 1. vor dem 5. November 1992 mit dem
Beklagten zu 2. persönliche Telefonate geführt habe, der Kläger zu 1. habe vielmehr
ausschließlich mit dem Mitarbeiter M. verhandelt. Entgegen der Auffassung der Kläger
seien die Voraussetzungen für die persönliche Haftung des Beklagten zu 2. nicht
gegeben, da er persönliches Vertrauen nicht in Anspruch genommen habe.
48
Die Beklagten haben behauptet, am 5. November 1992 sei zwischen dem Beklagten zu
2. und dem Kläger lediglich ein unverbindliches Informationsgespräch geführt worden.
Der Beklagte zu 2. habe C. als eine der interessantesten Anlagen in Erwartung fallE.
Kurse vorgestellt. Diese Einschätzung der Börse sei aufgrund der seinerzeit
herrschenden weltweiten Rezession gerechtfertigt gewesen, mit einer Wiederbelebung
der Konjunktur sei kurzfristig nicht zu rechnen gewesen. Am Ende des Gesprächs vom
5. November 1992 habe sich der Kläger zu 1. unvermittelt u.a. zum Erwerb der C.-
Scheine entschlossen. Den Abschluß eines Vermögensverwaltungsvertrags habe er
zunächst noch überdenken wollen.
49
Die Beklagten haben die Auffassung vertreten, Aufklärungs-pflichten nicht verletzt zu
haben. Bezüglich der selbst - ohne Vermittlung der Beklagten - getätigten Käufe von C.-
Scheinen könne allenfalls eine Aufklärungspflicht der D. in Betracht gezogen werden.
Im übrigen - so haben die Beklagten behauptet - seien dem Kläger auch anhand von
Rechenbeispielen verschiedene Anlagemodelle mit korrespon-dierenden Gewinn- und
Verlustrisiken erläutert worden. Außerdem habe der Kläger zu 1. ausdrücklich erklärt,
daß er im Zusammenhang mit dem Erwerb der Optionsscheine auf Aktien der B. eine
Risikobelehrung über Börsentermingeschäfte unterschrieben habe.
50
Die Beklagten haben weiterhin behauptet, der Kläger zu 1. habe sich am 5. November
1992 als erfahrener, langjähriger Wertpapieranleger vorgestellt, der auch
Optionsscheine gekauft habe; gegen eine konservative Anlegermentalität habe auch die
Struktur seines damaligen Depots gesprochen, dies habe zumindest teilweise
hochspekulative, durch Verlust oder weiteren Kursverfall gefährdete Werte enthalten.
51
Die Beklagten haben weiter die Auffassung vertreten, aus angeblichem Nichtbeachten
von S. könne eine Schadensersatzverpflichtung nicht hergeleitet werden. Die negative
Kursentwicklung der auf den Niedergang des Deutschen Aktienindexes (DAX)
gerichteten Spekulation Put-Optionsscheinen sei ebenso wie die Kurssteigerung der
deutschen Aktien ab Mai 1993 nicht vorauszusehen gewesen. Kurssteigerungen auf
dem deutschen Aktienmarkt seien angesichts der weltweiten Rezession nur als
vorübergehende Entwicklung eingeschätzt worden. Dementsprechend könne der für die
Haftung der Beklagten maßgebenden Betrachtungsweise ex ante allenfalls von einer
leicht fahrlässigen fehlerhaften Prognoseentscheidung ausgegangen werden, die vom
vertraglichen Haftungsausschluß erfaßt werde. Die Beklagten haben im übrigen
ausgeführt, die in den C.en enthaltenen S. richteten sich an den extrem vorsichtigen
Einzelanleger und sollten ihm ein Verkaufssignal setzen, wenn der Kurs das Limit
unterschreite. In der Praxis der Vermögensverwaltung sei ein S. insbesondere bei stark
fallenden Kursen, wie es beim C.-Schein im Juli 1993 der Fall gewesen sei, nicht zu
realisieren. So würden auch von Banken und von der Börse S.-Aufträge nicht
übernommen beziehungsweise seien nicht zulässig. In der Vermögensverwaltung der
Beklagten zu 1. hätten sich am 8. Juli 1993 bei Kurseinbruch ca. 30.000 C.-Scheine
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befunden, eine Veräußerung der großen Anzahl von Put-Scheinen hätte unweigerlich
zu einem extremen Kursverfall geführt. Im übrigen ließen die Kläger außer Betracht, daß
die Beklagte zu 1. bereits seit dem 1. Juli 1993 in ihren C.en wiederholt den Kauf von
C.-Scheinen empfohlen habe, die auf die Erwartung eines Kursanstiegs der Put-
Scheine beruht hätten. Dementsprechend sei das beim Durchbrechen des S. von
300,00 DM gegebene Verkaufssignal durch das Kaufsignal außer Kraft gesetzt worden.
Zur Höhe des Schadensersatzverlangens der Kläger haben die Beklagten ausgeführt,
nach Durchbrechen des S. von 300,00 DM am 8. Juli 1993 beim Kurs von 267,00 DM
habe der Verkaufsauftrag frühestens am 9. Juli 1973 zum Kurs von 248,00 DM
ausgeführt werden können. Auf dieser Grundlage errechne sich der Schaden der Kläger
nach Abzug von 1,06 % Verkaufsspesen und des tatsächlich erzielten Verkaufserlöses
ein Schaden von 56.821,75 DM. Wenn auf die Empfehlungen in den C.en abgestellt
werde, seien die C. anschließend zum Kurs von 230,00 DM wieder zurückzukaufen
gewesen, davon ausgehend belaufe sich der Schaden rechnerisch (wie Bl. 79 f. d. A.)
auf nur 31.316,53 DM. Entsprechendes gelte für die D. S.. Diese hätten nach
Durchbrechen des S. am 8. Juli 1993 frühestens am 9. Juli 1993 zum Kurswert von 0,61
DM verkauft werden können, der Schaden errechne sich (wie Bl. 81 d. A.) auf 22.589,00
DM. Unter Berücksichtigung von Rückkäufen gemäß den Kaufempfehlungen der C.e
verbleibe ein Schaden von nur 14.616,00 DM.
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Mit Urteil vom 10. Juli 1996, auf das wegen sämtlicher Einzelheiten Bezug genommen
wird, hat das Landgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Kläger
79.410,75 DM zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 10. Mai 1994 zu zahlen und im übrigen
die Klage abgewiesen.
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Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, ein Schadensersatzanspruch aus
positiver Forderungsverletzung des Vermögensverwaltungsvertrags sei hinsichtlich der
C.-Scheine und der D. S. begründet, weil die Beklagte zu 1. entgegen ihren eigenen S.-
Empfehlungen die Optionen nach Unterschreiten des Limits am 8. Juli 1993 nicht
verkauft habe. Auf der Grundlage der eigenen Schadensberechnung der Beklagten, die
sich das Landgericht gemäß § 287 Abs. 1 ZPO zu eigen gemacht hat, hat es für die C.-
Scheine einen Schaden von 56.821,75 DM und für die D. S. 22.589,00 DM in Ansatz
gebracht und ergänzend ausgeführt, schadensmindernde Rückkäufe hätten
unberücksichtigt zu bleiben, weil die Erwartung eines Wiederanstiegs der Kurse durch
nichts zu rechtfertigen sei. Verluste aus Stillhaltergeschäften seien nicht hinreichend
dargelegt worden. Ein Schadensersatzpflicht für Reise- und Aufenthaltskosten bestehe
nicht, es sei nicht nachvollziehbar dargelegt, daß die zweieinhalbwöchige Reise zur
Vertrags-kündigung und Rechtsberatung erforderlich gewesen sei. Auch ein Anspruch
auf Erstattung bezahlter Verwaltungskosten bestehe nicht, es nicht substantiiert
vorgetragen, daß diese Kosten durch die Verwaltung derjenigen Optionsscheine
entstandenen seien, für die eine Schadensersatzpflicht der Beklagten bestehe.
55
Gegen dieses den Klägern am 23. Juli 1996 und den Beklagten am 24. Juli 1996
zugestellte Urteil haben die Beklagten am 1. August 1996 und die Kläger am 23. August
1996 Berufung eingelegt. Die Beklagten haben die Berufung nach Fristverlängerung
zuletzt bis zum 6. Dezember 1996 mit einem am 28. November 1996 bei Gericht
eingegangenen Schriftsatz begründet. Die Kläger haben die Berufung nach
Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist zuletzt bis zum 6. Dezember 1996 mit
einem an diesen Tag eingegangenen Schriftsatz begründet.
56
Zur Begründung ihrer Berufung wiederholen und vertiefen die Beklagten im
wesentlichen ihr früheres Vorbringen. Sie sind der Ansicht, das Landgericht habe die
tatsächlichen Voraussetzungen für die Eigenhaftung des Beklagten zu 2. verkannt.
Dieser habe insbesondere beim Gespräch vom 5. November 1992 kein besonderes
persönliches Vertrauen des Klägers zu 1. in Anspruch genommen. Sowohl bei den
Vertragsverhandlungen als auch bei der Vertragserfüllung habe der Beklagte zu 2.
ausschließlich Aufgaben erfüllt, die ihm nach dem Gegenstand des Unternehmens der
Beklagten zu 1. als Geschäftsführer und Anlageberater oblegen hätten.
57
Der Berufungsangriff der Beklagten richtet sich weiterhin gegen die Auffassung des
Landgerichts, sie hätten in mehr als nur fahrlässiger Weise S. der C.-Scheine und der D.
S. unbeachtet gelassen. Die Beklagten wiederholen im wesentlichen ihr
erstinstanzliches Vorbringen. Sie bekräftigen ihre Ansicht, sie seien gegenüber den
Klägern weder zur Einhaltung des S. verpflichtet gewesen, noch seien ihnen deren
Berücksichtigung möglich gewesen. Im übrigen sei ihnen die Nichtbeachtung des S.
jedenfalls nicht als grob fahrlässige Vertragsverletzung vorzuwerfen.
58
Die Beklagten halten die Schadensberechnung des Landgerichts für unzutreffend. Sie
behaupten, bei Einhaltung des S. könne wegen des großen Angebots nicht unterstellt
werden, daß die C.-Scheine zum Kurs von 248,00 DM hätten verkauft werden können.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit hätte nur ein weit darunterliegE. Taxwert gebildet werden
können.
59
Die Beklagten beantragen,
60
61
62
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage in vollem Umfang
abzuweisen,
63
64
65
hilfsweise im Unterliegensfalle ihnen nachzu-lassen, die Zwangsvollstreckung
durch Sicher-heitsleistung abzuwenden, die auch durch selbstschuldnerische
Bürgschaft einer Großbank, öffentlichen Sparkasse oder Genossenschaftsbank mit
Sitz in der Bundesrepublik Deutschland erbracht werden könne.
66
Die Kläger beantragen,
67
68
69
die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.
70
Sie sind der Auffassung, der Beklagte zu 2. hafte persönlich. Im Bereich der
Anlageberatung (wie auch beim Gebrauchtwagenkauf) seien nach höchstrichterlicher
71
Recht-sprechung weniger strenge Anforderungen an die Inanspruchnahme
persönlichen Vertrauens zu stellen als bei anderen Rechtsgeschäften. Außerdem habe
der Kläger zu 1. ausdrücklich auf die hohe Empfehlung durch Rechtsanwalt L.
hingewiesen. Als er sich in einer Beratung durch den ehemaligen Geschäftskollegen D.
interessiert gezeigt habe, habe sich der Beklagte zu 2. ausdrücklich als den
kompetenteren Gesprächspartner hingestellt.
Zur Haftung der Beklagten wegen Nichtbeachtung von S. führen die Kläger ergänzend
aus, es könne nicht davon ausgegangen werden, daß mit der Veräußerung der C.-
Scheine der Kläger beim Durchbrechen des S. zeitgleich auch sämtliche übrigen von
der Beklagten zu 1. angeblich verwalteten Puts hätten verkauft werden müssen. S.
orientierten sich am Kaufkurs der Optionsscheine, so daß hinsichtlich der verwalteten C.
unterschiedliche S. zur Anwendung kommen müßten.
72
Zur Begründung ihrer eigenen Berufung wiederholen und vertiefen die Kläger ihr
früheres Vorbringen.
73
Die Kläger bekräftigen ihre Behauptung, den Beklagten sei pflichtwidriges Verhalten
anzulasten, weil sie die am 5. November 1992 vereinbarte Vermögensverwaltung in
Risikostufe 2 mit einem nur zehnprozentigen spekulativen Depotanteil nicht eingehalten
hätten. Unter Bezugnahme auf eine Aufstellung der ab 5. November 1992 erworbenen
Wertpapiere errechnen sie einen spekulativen Anteil des Depots von 45 %. Sie machen
geltend, daß das Risiko hinsichtlich der Leergeschäfte mit einem Betrag von 55.000,00
DM nicht angemessen erfaßt werde. Es sei vielmehr um 35.000,00 DM zu erhöhen, weil
die W. wegen anhaltE., aus Nachschußpflichten resultierE. Verluste dieser Geschäfte
die Kreditlinie auf 89.699,00 DM erhöht habe und als Sicherheit Aktien und
festverzinsliche Anleihen gesperrt habe. Die Kläger sind der Ansicht, selbst wenn
zwischen den Parteien eine konkrete Vereinbarung über die Zusammensetzung des
Depots nicht getroffen worden wäre, ergäbe sich ein pflichtwidriges Verhalten der
Beklagten, weil sie versäumt hätte, ausdrückliche Absprachen über die
Zusammensetzung des Depots zu treffen. Im übrigen habe die Beklagte zu 1. jedenfalls
durch die Anlage von 45 % spekulativen Werten die im Rahmen der
Vermögensverwaltung generell bestehende Pflicht zur Risikostreuung und zur
angemessenen Mischung des verwalteten Depots mit konservativen Anlageformen
verletzt. Hinzu komme, daß sie ein sogenanntes "Klumpen-Risiko" geschaffen habe, da
die spekulativen Werte einseitig und aggressiv auf eine negative Börsentendenz
ausgerichtet gewesen seien. Weiterhin stützen die Kläger pflichtwidriges Verhalten auf
die unterbliebene Beachtung des S., deren Anwendung allgemeiner Praxis nicht nur bei
besonders vorsichtigen Anlegern entspreche. Bezüglich der C.-Scheine errechnen die
Kläger nunmehr ein S. von 304,00 DM, das ihres Erachtens die Beklagten bereits am 9.
Februar 1993 zum Tätigwerden verpflichtet habe; selbst das von den Beklagten
eingestandene S. von 300,00 DM sei am 10. Februar 1993 unterschritten worden.
Bezüglich der D. S. errechnen die Kläger ein S. von 89,00 DM, das die Beklagten
jedenfalls am 8. Juli 1993 zur Auflösung dieser Position verpflichtet habe. Hinsichtlich
der Leerverkäufe auf den Dax legen die Kläger beispielhaft anhand von fünf der
sechzehn getätigten Geschäfte dar, daß die Beklagte ihres Erachtens versäumt hätten,
durch rechtzeitiges Glattstellen der Positionen den Schaden zu minimieren.
74
Weiteres pflichtwidriges Verhalten der Beklagten stützen die Kläger bezüglich der D. S.
auf Nichtbeachten der Position Reklamation vom 12. Juli 1993 sowie auf eine
unterbliebene Reaktion der Beklagten auf ausdrückliche Weisungen gemäß den
75
Schreiben vom 10. Januar 1993, 24. Februar 1993, 12. Juli 1993 und 5. August 1993.
Die Kläger behaupten, insbesondere bei den sechzehn Leerverkäufen seien sie nicht
angemessen über die Geschäfts- und Verlustrisiken aufgeklärt worden. Besondere
Warnhinweise seien bei diesen hochspekulativen Geschäften deshalb erforderlich
gewesen, weil sich besondere Verlustrisiken durch die Nachschußverpflichtung
ergeben hätten. Außerdem habe die Beklagte zu 1. auch auf die
Provisionszahlungsverpflichtung hinweisen müssen.
76
Zum geltend gemachten entgangenen Gewinn behaupten die Kläger, die auf Anraten
der Beklagten veräußerten Rentenwerte hätten im fraglichen Zeitraum eine
Kurssteigerung von 13,6 % erfahren, die veräußerten Aktien hätten eine positive
Kursentwicklung von rund 60 % genommen. Vor diesem Hintergrund sei der
beanspruchte entgangene Gewinn von 11 % moderat.
77
Die Kläger halten die Beklagte zu 1. für verpflichtet, die gezahlten Verwaltungskosten
zurückzuerstatten, da die verein-nahmte Verwaltungskostenpauschale von 0,4 % des
Nettodepot-wertes sich unter Einbeziehung der pflichtwidrig getätigten Anlagen
errechne.
78
Die Geltendmachung von Reise- und Aufenthaltskosten halten die Beklagten für
berechtigt, weil angesichts des komplexen Sachverhalts eine anwaltliche Beratung über
die Kündigung und Schadensersatzansprüche erforderlich gewesen sei.
79
Die Kläger wiederholen ihre erstinstanzlichen Anträge und beantragen, das
landgerichtliche Urteil entsprechend abzu-ändern. Sie beantragen ferner, ihnen zu
gestatten, Sicher-heitsleistung durch Stellung einer selbstschuldnerischen,
unwiderruflichen Bürgschaft einer deutschen Großbank erbringen zu dürfen.
80
Die Beklagten beantragen,
81
82
83
die Berufung der Kläger zurückzuweisen, hilfs-weise im Unterliegensfall ihnen
nachzulassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitslei-stung abzuwenden,
die auch durch selbst-schuldnerische Bürgschaft einer Großbank, öffentlichen
Sparkasse oder Genossenschaftsbank mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland
erbracht werden könne.
84
Ergänzend zu ihrem bisherigen Vortrag bringen sie vor, eine Risikobeschränkung
gehöre nicht zum wesentlichen Regelungs-inhalt eines Vermögensverwaltungsvertrags,
sie sei vielmehr als einschränkende Regelung ausdrücklich zu vereinbaren.
85
Sie behaupten, die Kläger hätten eine Risikobeschränkung nicht vornehmen wollen;
ihnen sei es vielmehr darum gegangen, die Verluste, die sie durch ihr früheres Depot
erlitten hätten, durch neue Wertpapier- und Optionsgeschäfte auszugleichen und
zusätzliche Gewinne zu machen. Dies sei - wie auf der Hand liege - nur durch
spekulative Anlagen möglich. Hierüber sei der Kläger zu 1. auch aufgeklärt worden
(Zeuge M.). Im übrigen sei der Kläger selbst von einem nicht nur zehnprozentigen
86
spekulativen Depotanteil ausgegangen. Bereits der Wert der C.-Scheine ergebe einen
zwanzigprozentigen Depotanteil. Die Beklagten sind der Ansicht, der für die
professionelle Vermögensverwaltung geltende Grundsatz der angemessenen Mischung
von spekulativen Anlagen mit konservativen Anlageformen gelte für die Kläger nicht, da
sich ihr früheres Depot zum weitaus überwiegenden Teil aus hochspekulativen Werten
zusammengesetzt habe, die nach eigenem Vorbringen der Kläger weit unter den
Einstandskursen gelegen hätten. Die Kläger seien nicht als besonders vorsichtige
Anleger einzustufen.
Die Beklagten bestreiten, daß die von den Klägern für Leergeschäfte behaupteten
Glattstellungsgeschäfte tatsächlich hätten abgeschlossen werden können; im übrigen
sei die Beklagte zu 1. bei sämtlichen spekulativen Geschäften nach den Umständen
vertretbar davon ausgegangen, daß die Kursentwicklung des Dax bis zum Ablauf der
jeweiligen Optionsfristen negativ verlaufen werde. Grob fahrlässiges Verhalten sei ihr
insoweit nicht anzulasten.
87
Die Beklagten sind der Auffassung, Rückerstattung von Verwaltungskosten könnten die
Kläger schon deshalb nicht beanspruchen, weil diese unabhängig von der
Kursentwicklung der verwalteten Wertpapiere ohnehin angefallen wären. Von einem
erforderlichen Schadensersatzanspruch müßten sich die Kläger jedenfalls auch im
Wege der Vorteilsausgleichung gemäß ihrer Aufstellung Bl. 304 d. A. die mit der
Vermögensverwaltung erwirtschafteten Gewinne von 17.151,83 DM schadensmindernd
anrechnen lassen.
88
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf den
vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze und auf die in Bezug genommenen
Anlagen ergänzend verwiesen.
89
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
90
Die jeweils selbständigen Berufungen der Parteien sind zulässig.
91
Wie der Senat in der mündlichen Verhandlung vom 22. April 1997 bereits ausgeführt
hat, ist der "Berufungs-"Schriftsatz der Prozeßbevollmächtigten der Kläger dahingehend
auszulegen, daß im Namen der Kläger als Berufungskläger Berufung eingelegt werden
sollte. Soweit die Kläger in dem Schriftsatz als Berufungsbeklagte und die Beklagten als
Berufungskläger bezeichnet werden, handelt es sich um eine offensichtliche
Verwechslung.
92
A. Berufung der Beklagten
93
Die Berufung der Beklagten hat teilweise Erfolg.
94
1.
95
Gegenüber dem Beklagten zu 2. persönlich sind entgegen der Auffassung des
Landgerichts Schadensersatzansprüche aus fehlerhafter Beratung im Rahmen der
Vertragsverhandlungen und aus positiver Forderungsverletzung des
Vermögensverwaltungsvertrags nicht begründet. Die Eigenhaftung des Vertreters aus
Pflichtverletzung kommt nur dann in Betracht, wenn der Vertreter in besonderem Maße
persönliches Vertrauen für sich in Anspruch genommen hat. Von den mit dem Streitfall
96
nicht vergleichbaren Sonderfällen der Prospekthaftung und der Sachwalterhaftung des
Gebrauchtwagenhändlers abgesehen, hat die persönliche Haftung des Vertreters
Ausnahmecharakter (BGH NJW-RR 89, 110; WM 92, 699; WM 93, 950; NJW-RR 91,
1312). Die für die Anlageberatung im Bereich der Prospekthaftung geltenden
Grundsätze sind entgegen der Auffassung der Kläger nicht auf die
Vermögensverwaltung übertragbar. Bei der Prospekthaftung beruht die Haftung des
Vertreters nicht auf persönlichem, sondern auf typisiertem Vertrauen (Palandt-Heinrichs,
BGB, 55. Aufl., § 276 Rdz. 23). Die persönliche Haftung des Vertreters wird bei
Vertragsverhandlungen über eine Vermögensverwaltung oder bei der
Vermögensberatung nicht allein dadurch begründet, daß ihm der Anleger wegen der
wirtschaftlichen Bedeutung der Vermögensverwaltung oder der Anlageentscheidung
besonders Vertrauen entgegenbringt. Entscheidend ist die Inanspruchnahme
besonderen Vertrauens durch den Verhandelnden. Er muß durch sein Verhalten Einfluß
auf die Entscheidung des Verhandlungspartners nehmen, indem er über das allgemeine
Verhandlungsvertrauen hinaus eine zusätzliche, gerade von ihm persönlich
ausgehende Gewähr für die Seriosität und die ordnungsgemäße Erfüllung des
Geschäfts bietet (BGH WM 92, 699). Die Voraussetzungen wurden in der
Rechtsprechung des BGH (a.a.0.) als gegeben angesehen bei langjährigen
Geschäftsbeziehungen und hinzutretenden verwandtschaftlichen Beziehungen oder bei
außergewöhnlicher Sachkunde des Vertreters, der in ein beabsichtigtes Vertragswerk
auch persönlich eingebunden werden sollte oder bei engen persönlichen Beziehungen,
die den Geschädigten zu blindem Vertrauen veranlassen. Als nicht ausreichend
bewertet wurde demgegenüber, daß einem Vertreter aufgrund persönlicher
Bekanntschaft Vertrauen entgegengebracht wurde oder daß der Vertreter unter
Berufung auf besondere Fachkunde und Berufserfahrung einen Anlageinteressenten
zum Kauf von Warenterminoptionen überredete. Legt man diese Maßstäbe zugrunde, so
sind die Voraussetzungen der persönlichen Haftung des Beklagten zu 2. schon nach
eigenem Vorbringen der Kläger nicht festzustellen. Der Kläger wandte sich im August
1992 in erster Linie an die ihm empfohlene Beklagte zu 1., der Beklagte zu 2. war dem
Kläger zu 1. bis dahin unbekannt. Die besondere Empfehlung, auch soweit sie für den
Beklagten zu 2. ausgesprochen wurde, galt der besonderen Sachkunde nicht der
Person. Wenn der Beklagte zu 2. sich selbst als besonders kompetent bezeichnet
haben sollte, berühmte er sich besonderer Fachkunde als Anlageberater und nahm
nicht für seine Person besonderes Vertrauen in Anspruch. Die weitreichenden
Anlageentscheidungen des Klägers zu 1. rechtfertigen gleichfalls nicht den Rückschluß
auf die Inanspruchnahme besonderen Vertrauens. Wie aus dem eigenen Schreiben des
Klägers vom 26.10.1993 (Blatt 59 AH) hervorgeht, hat er sich durch Sachargumente von
der Anlagestrategie des Beklagten zu 2. überzeugen lassen und dementsprechende
Anlageentscheidungen getroffen. Auf die Berufung der Beklagten war danach die Klage
gegen den Beklagten zu 2. abzuweisen.
2.
97
Zu Recht hat das Landgericht dem Kläger wegen Nichtbeachtens des S. einen
Schadensersatzanspruch in Höhe von 56.821,75 DM zuerkannt, weil die Beklagte zu 1.
am 08.07.1993 die C. beim Unterschreiben eines Kurses von 300,-- DM nicht verkaufte.
98
Die C. waren am 04.05.1993 in das von der Beklagten zu 1. verwaltete Depot bei der W.
übertragen worden. Bei pflichtgemäßer, dem Willen der Kläger entsprechenden
Wahrnehmung ihrer Vermögensverwaltungsaufgaben hatte die Beklagte zu 1. bei
Unterschreiten der S. die C. der Kläger zu veräußern.
99
Nach dem Sach- und Streitstand ist für die C.cheine der Kläger eine S. von 300,-- DM
zugrundezulegen. Dieses Limit hat die Beklagte im erstinstanzlichen Rechtsstreit
angegeben (Blatt 77 GA), es wurde von den Klägern anschließend ausdrücklich und
gemäß § 288 ZPO bindend zugestanden (Blatt 111), nachdem die Kläger zunächst ein
S. von 224,-- DM als maßgebend bezeichnet hatten (Blatt 14).
100
Es kann dahinstehen, ob, gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen, die Beklagte
zu 1. im Rahmen ihrer Vermögensverwaltung aus eigener Initiative auf das
Durchbrechen des selbst gesetzten Limits durch Verkauf spekulativer Anlagen zu
reagieren hatte. Nach eigenem Vorbringen der Beklagten setzt das Durchbrechen der S.
ein Verkaufssignal. Dieses Verkaufssignal hatte die Beklagte zu 1. jedenfalls deshalb in
die Tat umzusetzen, weil dies dem Willen des Klägers zu 1. entsprach. Die
Korrespondenz des Klägers zu 1. gab der Beklagten zu 1. deutlich zu erkennen, daß die
C.cheine zu veräußern waren, als mit deutlichem Kurseinbruch das Limit von 300,-- DM
unterschritten wurde. Bereits in seinem Schreiben vom 10.01.1993 hatte der Kläger zu
1. zu einem Zeitpunkt, als der Kurs auf 315,-- DM abgesunken war und er weiteren
Kursrückgang befürchtete, zur Risikobegrenzung einen Verkauf der Optionen
angesprochen und um Beratung gebeten. Mit ausdrücklichem Hinweis auf die ihm
seinerzeit zwar nicht genau bekannte, aber nach seiner Einschätzung vermutlich
durchbrochene S. hielt der Kläger zu 1. im Anschluß an einen "dramatischen"
Wertverlust der C.cheine im Schreiben vom 24.02.1993 den Verkauf der Scheine für
veranlaßt und zeigte sich hierzu entschlossen. Beide Schreiben gaben der Beklagten zu
1. deutlich zu erkennen, daß dem Verfallrisiko der spekulativen Anlage mit einem
frühzeitigen Verkauf begegnet werden sollte, um so den Verlust in Grenzen zu halten. In
diesem Sinne ist auch schon das Schreiben des Klägers zu 1. vom 16.12.1992 (Blatt 48
AH) zu verstehen. Im Zusammenhang mit dem damals diskutierten Erwerb von
Optionsscheinen "Calls und Puts auf den Dax" stellte der Kläger zu 1. Möglichkeiten der
Risikobegrenzung in den Vordergrund seiner Überlegung und der Anlageentscheidung.
Der Kläger gab sich zufrieden mit dem Hinweis auf die Risikoschwelle und auf die
Möglichkeit, die Positionen jederzeit vor Verfall eindecken zu können (Fax Zeuge M.
vom 18.12.1992, Blatt 50 AH).
101
In seinen Schreiben hatte der Kläger unmißverständlich zu erkennen gegeben, daß er
sich nur mit begrenztem Einsatz der angelegten Vermögenssubstanz in
Spekulationsgeschäften engagieren wollte. Genau diesen Zweck verfolgt das Einhalten
von S.. Wenn sich der Kläger bereits im Februar 1993 unter Hinweis auf einen
dramatischen Kurseinbruch des C. und auf das vermutliche Unterschreiten des S. zum
Verkauf der Option entschlossen gezeigt hatte, mußte die Beklagte zu 1. im Juli 1993 -
nur wenige Monate vor Fälligkeit der Option - bei einer vergleichbaren Kursentwicklung
erst recht davon ausgehen, daß die Optionen nach dem Willen der Kläger zu veräußern
waren. Das Verkaufssignal war bei pflichtgemäßer Verwaltung der Optionen zu
beachten.
102
Die Pflicht zur Beachtung des S. bestand für die Beklagte zu 1. ohne Rücksicht auf eine
erwartete Kurserholung. Es entspricht dem risikobegrenzenden Zweck des S., die
Optionen unabhängig von naturgemäß unsicheren Prognosen zu veräußern. Ergaben
sich der Beklagten zu 1. Bedenken gegen den Verkauf der Optionen, weil sie die
künftige Kursentwicklung günstig einschätzte und den Verkauf der Optionen
wirtschaftlich nicht als sinnvoll ansah, so hätte sie dies mit den Klägern besprechen
müssen.
103
Die Beklagte zu 1. hat keine nachvollziehbaren Gründe vorgetragen, die ihrer Pflicht
zum Beachten des S. entgegenstehen würden.
104
An einer Veräußerung der C.cheine war die Beklagte zu 1. nicht deshalb gehindert, weil
für die im Freiverkehr gehandelten Wertpapiere S.-Verkaufsaufträge an der Börse nicht
zulässig sind und nicht entgegengenommen werden. Dies hinderte die Beklagte zu 1.
nicht beim Durchbrechen des S., geschäftsintern oder gegebenenfalls nach
Rücksprache mit den Klägern über die Veräußerung der Optionsscheine zu entscheiden
und einen Verkaufsauftrag an die W. zu übermitteln. Die Beklagte zu 1. selbst hat nach
ihren Vertragsbedingungen S.-Aufträge nicht ausgeschlossen.
105
Die Beklagte zu 1. hat nicht nachvollziehbar dargelegt, daß sie zugleich mit den
C.cheinen der Kläger sämtliche in ihrem Besitz befindlichen Putscheine hätte veräußern
müssen und hierdurch ein erheblicher Kurseinbruch provoziert worden wäre. Die Pflicht,
ein S. im Verhältnis zu ihren Kunden beachten zu müssen, bestimmt sich in erster Linie
nach den vertraglichen Vorgaben und nach dem Willen der Anleger. Schon insoweit
kann von einer einheitlichen Handhabung des S. gegenüber sämtlichen Kunden der
Beklagten nicht ausgegangen werden. Hinzu kommt, daß sich S. - wie die Kläger im
Berufungsverfahren von den Beklagten unwidersprochen vorgebracht haben - jedenfalls
im wesentlichen nach dem Kaufkurs bestimmen. Es ist äußerst fernliegend und auch
von den Beklagten nicht konkret behauptet, daß 30.000 von ihr verwaltete Putscheine
zu den gleichen Bedingungen wie die Putscheine der Kläger erworben wurden. Die bei
den Akten befindlichen Kursnachweise belegen erhebliche Kursschwankungen, die
sich auch in deutlich differierenden S. niedergeschlagen haben werden.
106
Dem Verkauf der C. der Kläger stand auch nicht entgegen, daß die Beklagte zu 1. in
ihren C.en zugleich Kaufempfehlungen für die Optionsscheine aussprach. Der
Kaufempfehlung und der Veräußerung bei Durchbrechen des Limits liegen
unterschiedliche Sachverhalte zugrunde. Der Beklagten zu 1. wird durch die Pflicht zum
Einhalten des S. kein widersprüchliches Verhalten abverlangt. Die Kaufempfehlungen
stützen sich auf die Prognose einer Kurserholung, die für Erwerber bei niedrigerem
Einstandskurs eine empfehlenswerte, gewinnbringende Anlage darstellen konnte. Einer
Veräußerung bei Durchbrechen des S. liegt regelmäßig die Erwägung zugrunde, wegen
bereits eingetretener Kursverluste das Wagnis künftiger Kursveränderungen nicht mehr
eingehen zu wollen. Beide Entscheidungen Kauf und Veräußerung sind
widerspruchsfrei miteinander vereinbar. Der Beklagten zu 1. wäre im übrigen bei
Veräußerung der C. der Kläger bei gleichzeitiger Kaufempfehlung widersprüchliches
Verhalten auch deswegen nicht anzulasten, weil sie eine Entscheidung nach Vorgabe
des Anlegers getroffen hätten.
107
Ein Wiedererwerb der Optionsscheine für das Depot der Kläger hatte für die Beklagte zu
1. erkennbar auszuscheiden. Nach dem Inhalt des Schreibens der Kläger vom
12.07.1993 hätte ein erneuter Erwerb der spekulativen Werte den eindeutigen
Weisungen der Kläger widersprochen. Überdies hatte sich der Kläger zu 1. auch schon
in seinem Schreiben vom 24.02.1993 mit der getätigten Anlage in C.cheinen
unzufrieden gezeigt, auch im Anschluß an diese Mitteilung durfte die Beklagte zu 1.
einen Wiedererwerb der Optionsscheine nicht in Betracht ziehen. Einem Wiedererwerb
gemäß den Kaufempfehlungen der C.e stand schließlich auch entgegen, daß die
Empfehlungen sich insbesondere an Trader, einen besonders risikofreudigen
Anlegerkreis, richteten, dem die Kläger gewiß nicht zuzurechnen sind.
108
Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, daß die Beklagte zu 1. durch
Nichtbeachten des S. ihre Pflichten als Vermögensverwalterin grob fahrlässig verletzt
hat und somit auch nach Maßgabe ihrer Geschäftsbedingungen haftet. Keinesfalls durfte
die Beklagte in der gegebenen Situation untätig bleiben. Sie hatte das S. nach den
eindeutigen Vorgaben der Kläger grundsätzlich zu beachten, hielt die Beklagte zu 1.
den Verkauf der Scheine nicht für sinnvoll, so hätte sie dies mit den Klägern
ausdrücklich erörtern müssen. Da die Beklagte zu 1. nach dem Willen der Kläger
gehalten war, die Optionen zu veräußern, vermag es sie nicht gemäß Ziffer 3 Abs. 1
ihrer AGB zu entlasten, wenn sie vergleichbare C.cheine aus ihrem eigenen Bestand
seinerzeit nicht veräußert hat.
109
Gegen die Höhe des zuerkannten Schadensersatzanspruches vom 56.821,75 DM
bestehen keine Bedenken. Die Schadensberechnung des Landgerichts geht auf eigene
Angaben der Beklagten zurück. Soweit die Beklagte zu 1. die Schadensberechnung für
unrichtig hält, weil ein dem Kurswert von 248,-- DM entsprechE. Verkaufserlös
tatsächlich nicht zu erzielen gewesen wäre, hat sie diese Behauptung - wie bereits
ausgeführt - nicht nachvollziehbar begründet. Da ein Wiedererwerb der Optionsscheine
hier nicht in Betracht kam, können etwaige Gewinne aus derartigen Geschäften auch
nicht schadensmindernd im Rahmen der Schadensabrechnung in Ansatz gebracht
werden.
110
3.
111
Erfolglos greifen die Beklagten aus den unter Ziffer 2 genannten Gründen auch den vom
Landgericht zuerkannten Schadensersatzanspruch wegen Nichtbeachtens des S. bei
den D. S. an. Eine Schadensersatzpflicht aus diesem Anlagegeschäft trifft die Beklagte
zu 1. im übrigen - wie im Zusammenhang der Berufung der Kläger auszuführen sein
wird - auch deshalb, weil sie diese zusätzliche spekulative Anlage nicht hätte
vornehmen dürfen. Der infolgedessen begründete Schadensersatzanspruch von
41.283,94 DM rechtfertigt jedenfalls unter anderem Gesichtspunkt auch die im
landgerichtlichen Urteil ausgesprochene Schadensersatzverpflichtung in Höhe von
22.589,-- DM.
112
B. Berufung der Kläger
113
Die Berufung der Kläger hat teilweise Erfolg.
114
1.
115
Erfolglos beanspruchen die Kläger hinsichtlich der am 05.11.1993 erworbenen C.cheine
über die landgerichtliche Verurteilung hinausgehenden Schadensersatz in Höhe der
Einstandskosten der Optionen.
116
a)
117
Das Schadensersatzverlangen der Kläger ist insbesondere nicht wegen fehlerhafter
Anlageberatung am 05.11.1992 begründet.
118
Die Schadensersatzpflicht der Beklagten entfällt zwar nicht schon deshalb, weil die
Empfehlung des Beklagten zu 2., 300 C.cheine zu erwerben, unverbindlich gewesen
119
wäre und für ihn keine Rechtspflicht zu sorgfältiger Beratung bestanden hätte.
Dahinstehen kann insoweit, ob bereits am 05.11.1992 zwischen den Klägern und der
Beklagten zu 1. mündlich der Vermögensverwaltungsvertrag zustande kam, der von den
Klägern am 04.12.1992 unterzeichnet wurde. Auch wenn dies nicht der Fall gewesen
wäre, erfolgte die Kaufempfehlung des Beklagten zu 2. im Rahmen eines
stillschweigend geschlossenen Beratungsvertrages, der für die Beklagte zu 1., vertreten
durch den Beklagten zu 2., die Rechtspflicht zu sorgfältiger, richtiger Beratung
begründete. Nach gefestigter Rechtsprechung (BGHZ 100, 117; BGH WM 79, 530
m.w.N.) kommt ein solcher Beratungsvertrag zustande, wenn Auskünfte erteilt wurden,
die für den Empfänger erkennbar von erheblicher Bedeutung sind, dieser sie zur
Grundlage wesentlicher Entschlüsse und Maßnahmen machen will, der Beratende über
besondere Sachkunde verfügt und bei ihm ein eigenes wirtschaftliches Interesse
vorliegt. Diese Voraussetzungen sind für die Besprechung vom 05.11.1992 zweifellos
zu bejahen.
Die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1. aus Beratungsverschulden entfällt hier
jedoch deshalb, weil nach eigenem Vorbringen der Kläger nicht festzustellen ist, daß
der empfohlene Erwerb der C. auf einem unrichtigen Rat der Beklagten zu 1. beruht. Die
Kläger selbst haben in erster Instanz vorgetragen (Blatt 37 GA), es sei am 05.11.1992
nicht unvertretbar gewesen, mit einem Börsen-Crash zu rechnen. Auch das
Berufungsvorbringen der Kläger steht in Einklang mit dieser Einschätzung. Die Kläger
weisen darauf hin, daß erst im November 1992 die Aufwärtsbewegung des Dax begann;
auch wenn sich ab September 1992 Expertenstimmen mehrten, die eine kräftig
steigende Börse voraussagten, folgt hieraus noch nicht, daß die gegenteilige Prognose
am 05.11.1992 aus der maßgebenden Sicht ex ante (Canaris, Bankvertragsrecht, 2.
Aufl., Rdzf. 101) unvertretbar gewesen wäre.
120
Im Anschluß an eine vertretbare Prognose eines Börsen-Crashs ist der Beklagten zu 1.
auch nicht als Beratungsverschulden anzurechnen, wenn der Beklagte zu 2. in Einklang
mit dem prognostizierten Börsenverlauf die C.cheine aus vorausschauE. Sicht als
"sicheren Gewinner" bezeichnet haben sollte. Es ist zu berücksichtigen, daß der Kläger
zu 1. die Anlageentscheidung in Kenntnis ihres spekulativen Charakters getroffen hat,
Gewinnprognosen sind bei spekulativen Anlagen stets mit Unsicherheiten behaftet.
Dieses Wissen ist beim Kläger zu 1. als bekannt vorauszusetzen. Der Kläger zu 1. war
als Anleger von Wertpapieren nicht unerfahren. Im früheren Depot der Kläger bei der D.
B. befanden sich auch Optionsscheine auf Aktien der B., deren Kurs bis zur
Veräußerung bereits deutlich unter den Einstandskurs herabgesunken war. Der Kläger
zu 1. kannte damit aus eigener Erfahrung die Verlustrisiken der Geldanlage in Optionen.
Dem Kläger war im übrigen bei seiner Entscheidung zum Erwerb der spekulativen
C.cheine bekannt, daß die investierten Einstandskosten von ca. 100.000,-- DM bereits
20 % des zur Verfügung stehenden Anlagevermögens ausmachten. Allein die Tatsache,
daß die Beklagte zu 1. den Klägern wegen entgangener Kursverluste des früheren, auf
Anraten des Beklagten zu 2., veräußerten Depots einen Verlustvertrag im Rahmen der
Honorarabrechnung gewährt hat, rechtfertigt nicht den sicheren Rückschluß auf eine
pflichtwidrige Anlageberatung.
121
Eine Schadensersatzverpflichtung der Beklagten zu 1. besteht auch nicht wegen einer
unterbliebenen Aufklärung über die Verlustgefahren der C.cheine. Zwischen den
Parteien ist streitig, ob der Kläger zu 1. - wie es im Rahmen einer ordnungsgemäßen
Beratung erforderlich gewesen wäre - auf den möglichen Verlust des gesamten
Anlagewerts hingewiesen wurde. Die für die unterbliebene Belehrung beweisbelasteten
122
Kläger (BGH WM 86, 486; WM 87, 725, 727) haben insofern keinen Beweis angetreten.
Es bestehen keine Bedenken gegen ein hinreichend substantiiertes Bestreiten der
Belehrung durch die Beklagte zu 1. Diese hat dargelegt, daß der Kläger zu 1. anhand
von Berechnungsbeispielen über verschiedene Anlageformen und deren Verlustrisiken
beraten wurde.
b)
123
Die Beklagte zu 1. ist den Klägern nicht zum Schadensersatz verpflichtet, weil sie auf
die Schreiben des Klägers zu 1. vom 10.01.1992 und 24.02.1992 nicht zur Veräußerung
der C.cheine geraten hat.
124
Soweit die Kläger der Beklagten zu 1. anlasten (Blatt 231 GA), daß sie die C.cheine
nicht spätestens am 10.02.1993 verkaufte, geht ihr Vorbringen fehl. Die Optionen
befanden sich seinerzeit noch im Depot der Kläger bei der D. B., über dieses Konto war
die Beklagte zu 1. nicht verfügungsbefugt.
125
In Betracht kommt allenfalls ein Beratungsverschulden der Beklagten zu 1. Beweislos
behaupten die Kläger, daß die Beklagte zu 1. auf die genannten Schreiben nicht
reagiert habe. Da die Beklagte zu 1. nicht behauptet, dem Kläger zum Verkauf geraten
zu haben, kommt ein Beratungsverschulden nur in der Weise in Betracht, daß die
Beklagte zu 1. den Klägern im Rahmen eines etwaigen Gespräches nicht zur
Veräußerung der Optionsscheine geraten hat. Es ist nicht festgestellt, daß eine derartige
Empfehlung in der damaligen Situation unvertretbar gewesen wäre. Der Kurs vom
10.02.1993 von 298,00 DM unterschritt das S. nur um 2,00 DM. Hielten die Kläger in der
damaligen Situation eine Veräußerung der Optionen für erforderlich, war es ihnen
unbenommen, dieser Erkenntnis entsprechend zu handeln. Soweit sich die Kläger in
diesem Zusammenhang darauf berufen (Bl. 238 f.), die Beklagte zu 1) habe ihre
Weisungen nicht beachtet, ist ihnen entgegenzuhalten, daß die Beklagte zu 1)
seinerzeit über eine Kontovollmacht für das Konto nicht verfügte und sie selbst ohne
weiteres in der Lage waren "Weisungen" in die Tat umzusetzen.
126
2.
127
Die Beklagte zu 1) ist den Klägern hinsichtlich der Optionsscheingeschäfte Verkauf von
Puts und Calls auf den Dax wegen positiver Forderungsverletzung des
Vermögensverwaltungsvertrags zum Schadensersatz in Höhe von 41.839,00 DM
verpflichtet. Die Schadensersatzpflicht der Beklagten zu 1) beruht auf schuldhaft
unterbliebener Aufklärung über die besonderen Risiken der Anlage. Bei den
Optionsscheinverträgen "Verkauf von Puts und Calls auf den Dax" handelte es sich
unstreitig um sogenannte Leerverkäufe, d.h. um den Verkauf von Wertpapieren, die der
Verkäufer nicht besitzt. Der Verkäufer spekuliert a´la baisse. Er hofft, daß die Kurse bis
zum Erfüllungstermin gesunken sind und er sich daher billiger eindecken kann.
128
Der Kläger zu 1) bat die Beklagte zu 1) per Fax vom 16.12.1992 (Bl. 48 AH) um
Aufklärung über die Verlustrisiken beim Verkauf von Dax-Calls. Die daraufhin vom
Zeugen M. mit Fax vom 18.12.1992 (Bl. 50 AH) erteilte Auskunft war unvollständig, sie
ließ die besonderen Risiken der "Stillhaltergeschäfte im DTB-Bereich" nicht deutlich
werden. Er unterließ die hinreichende Aufklärung über das Beschaffungsrisiko beim
Leergeschäft und die unbegrenzte Nachschußpflicht.
129
Bei Stillhalteroptionsgeschäften erhält der Stillhalter eine Prämie dafür, daß er eine
Option ausgibt, das heißt sich verpflichtet, zu einem bestimmten Termin die bestimmte
Anlage des Basiswerts zu liefern oder abzunehmen. Der Stillhalter verbucht im für ihn
günstigsten Fall - wenn der Kurs des Basiswertes sich so entwickelt, daß die
Optionsinhaber die Option ungenutzt verfallen läßt - die empfangene Prämie
ungeschmälert als Gewinn, muß aber im ungünstigsten Fall mit Verlusten rechnen, die
ein Vielfaches der Prämie und im Fall einer Lieferungsverpflichtung sogar unbegrenzt
hoch sein können. Dies gilt jedenfalls dann, wenn es sich - wie hier - um ein
Leergeschäft handelt und die Stillhalterposition von einer Person übernommen wird, die
nicht im Besitz des Basiswertes (hier Puts und Calls auf den Dax) ist. In derartigen
Fällen ist die Übernahme der Stillhalterposition ein hochriskantes Geschäft, über
dessen Gefahren der Kunde intensiv aufzuklären ist (BGH WM 92, 1935, 1936). Diesen
Anforderungen genügte die Erläuterung im Fax vom 18.12.1992 nicht. In ihr wurde das
besondere Verlustrisiko - das Beschaffungsrisiko - des Leergeschäfts, das ein
Vielfaches der Prämie ausmachen kann, nicht deutlich angesprochen. Überdies hätte
auch auf die "Nachschußpflicht" hingewiesen werden müssen, das heißt auf die Pflicht,
eine ungünstige Wertentwicklung der Terminkontraktposition - hier gegenüber der W. -
über die gestellten Sicherheiten hinaus durch zusätzliche Einschüsse ausgleichen zu
müssen. Die Kläger hätten darüber aufgeklärt werden müssen, daß die Absicherung der
Geschäfte durch das zur Verfügung gestellte Festgeld von 55.000,00 DM bei nicht
erwartungsgemäßer Entwicklung der Börse nicht ausreichen würde und gegebenenfalls
zusätzliche Sicherheiten zu stellen waren. Diese Nachschußverpflichtung ist im Fax
vom 18.12.1992 nicht angesprochen worden. Das Informationsblatt der W. konnte die
individuelle Beratungspflicht der Beklagten zu 1) nicht ersetzen (BGH WM 97, 811).
Dies gilt hier überdies auch deshalb, weil der Kläger zu 1) die Beklagte zu 1)
ausdrücklich um Aufklärung über die Risiken des Geschäfts gebeten hatte.
130
Die eindeutig unzulängliche Aufklärung über die Verlustrisiken ist der Beklagten zu 1)
als grob fahrlässige Pflichtverletzung anzulasten, die sie nach ihren
Geschäftsbedingungen zum Schadensersatz verpflichtet.
131
Die Kläger haben durch Vorlage der Endabrechnung "über Stillhaltergeschäfte" (Bl. 47
AH) substantiiert dargelegt, daß ihnen aus diesen Geschäften ein Verlust von 41.839,00
DM entstanden ist. Die Beklagte zu 1) hat die Abrechnung nicht konkret bestritten.
132
Gemäß ständiger Rechtsprechung des BGH (WM 94, 149) wird vermutet, daß sich der
Anleger "aufklärungsrichtig" verhält. Demgemäß spricht hier eine von der Beklagten zu
1) nicht widerlegte Vermutung dafür, daß die Verluste der Kläger durch die Verletzung
der Aufklärungspflichten entstanden sind.
133
3.
134
Die Beklagte zu 1) ist wegen positiver Forderungsverletzung des
Vermögensverwaltungsvertrags verpflichtet, an die Kläger wegen des Erwerbs der
D.calls am 05.05.1993 Schadensersatz in Höhe von 41.283,94 DM zu leisten.
135
Die Schadensersatzverpflichtung der Beklagten folgt nicht schon aus der im Schreiben
der Kläger vom 12.07.1993 angesprochenen Postreklamation, die die Beklagte zu 1)
unbeachtet ließ.
136
Die Kläger berufen sich auf eine mit der Beklagten zu 1) getroffene Vereinbarung,
137
wonach sie Anlageentscheidungen binnen zwei Monaten widersprechen könne. Eine
solche Postreklamation dürfte zwar entgegen dem heutigen Vorbringen der Beklagten
bestanden haben - wie sich aus ihrem Schreiben vom 05.08.1993 (Bl. 43 AH) ergibt.
Jedoch ist nach eigenem Vorbringen der Kläger nicht festzustellen, daß der Kläger
fristgemäß mit Schreiben vom 12.07.1993 ein etwaiges Widerrufsrecht ausgeübt hätte.
Im vorprozessualen Schreiben vom 20.11.1993 (Bl. 63 AH) räumt der Kläger zu 1) eine
Fristüberschreitung ein. Überdies hinderte ihn sein Heimaturlaub - von dem er Ende
Juni zurückkehrte (Bl. 40 AH) - ersichtlich nicht, die vereinbarte Frist zu wahren.
Die Beklagte zu 1) ist den Klägern aus dem Erwerb der D.calls zum Schadensersatz
verpflichtet, weil sie hierdurch vertragswidrig die Grenzen der zulässigen spekulativen
Anteile des Anlagedepots überschritten hat.
138
Soweit die Kläger die pflichtwidrige Anlageentscheidung auf ein am 05.11.1992
ausdrücklich vereinbartes Anlagekonzept stützen, wonach die Vermögensanlage in
Risikostufe 2 mit 60 % Anleihen, 30 % Aktien und 10 % spekulativen Werten zu erfolgen
hatte, ist eine derartige Absprache nicht festzustellen. Der behaupteten Absprache steht
schon das eigene Schreiben des Klägers zu 1) vom 04.12.1992 (Bl. 159 AH) entgegen,
in dem er die Beklagte zu 1) bittet, mitzuteilen, welchen Prozentanteil Termingeschäfte
in Risikostufe 2 ausmachen.
139
Es ist auch nicht festzustellen, daß die Parteien in der Zeit nach dem 05.11.1992
konkrete Prozentanteile der verschiedenen Anlageformen bestimmt hätten. Eine
streitentscheidende Bedeutung kommt der Frage, ob die Parteien sich konkret über die
Art der Anlage geeinigt haben nicht zu. Die Beklagte zu 1) hat nämlich jedenfalls beim
Erwerb der D.calls ihre nach allgemeinen Grundsätzen bestehende Pflicht zur
Risikostreuung und zur angemessenen Mischung des Depots mit konservativen
Anlageformen grob fahrlässig mißachtet. Professionelle Vermögensverwalter sind
grundsätzlich gehalten, auf eine angemessene Mischung hochriskanter
Optionsgeschäfte mit konservativen Anlageformen zu achten (BGH ZIP 94, 693; OLG
Frankfurt WM 96, 665; Horn Evir 96, 499).
140
Am 05.05.1993 war bereits - mit jedenfalls grundsätzlicher Zustimmung der Kläger, wie
dem Schriftwechsel vom 16./18.12.1992 zu entnehmen ist - der Erwerb von Calls und
Puts auf den Dax vorgesehen, die Leergeschäfte wurden in der Zeit ab dem 15.04.1993
getätigt und erforderten zunächst den Kapitaleinsatz von 55.000,00 DM als
Sicherheitsleistung. Den bis zum 05.05.1993 vorhandenen spekulativen Anlagen des
Depots hinzuzurechnen sind auch die C. mit einem Wert von ca. 100.000,00 DM, die der
Kläger zu 1) am 05.11.1992 erworben hat. Es handelt sich insoweit zweifelsfrei um
einen spekulativen Anlagewert, insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Anlage mit
"sicheren" Gewinnerwartungen verbunden wurde. Mit den georderten D.-Optionen
wurde bei einem Gesamtanlagekapital von ca. 490.000,00 DM nunmehr der spekulative
Depotanteil auf rund 200.000,00 DM erhöht, was einem 40%igen Anteil entspricht. Die
Beklagte zu 1) durfte nicht davon ausgehen, daß diese Anlageentscheidung noch vom
Willen der Kläger getragen war.
141
Das frühere Depot der Kläger weist diese nicht ersichtlich als spekulative Anleger aus.
Die Behauptung der Beklagten, die Kläger hätten ein hoch spekulatives Depot
mitgebracht, ist unsubstantiiert. Konkret von den Beklagten angesprochene (Bl. 65 GA)
Anlagewerte errechnen sich nach der Auflistung der Kläger (Bl. 10 AH) auf einen
Einstandswert von insgesamt 50.875,00 DM und ergeben damit einen 9%igen Anteil am
142
Gesamtdepot. Der Anteil von Optionsscheinen der V. nimmt nur
einen verschwindend geringen Prozentsatz von 0,4 % ein.
143
Der Kläger zu 1) war zu Beginn der Vertragsverhandlungen als konservativer Anleger
angesprochen worden (Bl. 2 AH), die Beklagten hatten auch mit dem Argument
geworben, keine überproportionalen Risiken in schwierigen Zeiten einzugehen; auch
aus dem Schreiben des Klägers zu 1) vom 16.12.1992 (Bl. 48 AH) geht deutlich hervor,
daß er sein Vermögen nur in begrenztem Umfang und dann auch noch möglichst
abgesichert in spekulativen Werten investiert wissen wollte. Im Antwortschreiben vom
18.12.1992 (Bl. 50 AH) erweckt der Zeuge M. die berechtigte Erwartung, daß die
"Stillhaltergeschäfte" den angemessenen spekulativen Anteil des Depots ausschöpfen
sollten.
144
In seinen Schreiben vom 10.01. und 24.02.1993 hatte sich der Kläger zu 1) bereits
höchst unzufrieden über die spekulative Anlage in C. geäußert. Unter den gegebenen
Umständen durfte die Beklagte zu 1) den Umfang spekulativer Anlagen jedenfalls nicht
ohne ausdrückliche Abstimmung mit den Klägern ausweiten. Soweit die Beklagten
behaupten, der Kläger sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß der
gewünschte Ausgleich früherer Verluste nur durch spekulative Anlagen möglich sei, ist
ihr Vorbringen zu unsubstantiiert, um vor dem Hintergrund des Sachverhalts im übrigen
den Erwerb der D.- Calls rechtfertigen zu können. Eine Beweisaufnahme durch
Vernehmung des Zeugen M. ist nicht veranlaßt.
145
Die Vornahme des Geschäfts ohne ausdrückliches Einverständnis der Kläger ist nach
den Umständen als grob fahrlässige Pflichtverletzung einzustufen.
146
Die Beklagte zu 1) hat wegen pflichtwidriger Vornahme der spekulativen Anlage den
hierdurch entstandenen Verlust auszugleichen, der zu ersetzende Schaden von
41.283,94 DM umfaßt die Einstandskosten von 42.850,94 DM abzüglich Reinerlös von
1.567,00 DM.
147
4.
148
Gewinne aus selbständigen Anlagen des verwalteten Depots, die mit den streitigen
Geschäften in keinem Zusammenhang stehen, brauchen sich die Kläger nicht im Wege
des Vorteilsausgleichs schadensmindernd anrechnen zu lassen.
149
Soweit eine Schadensverpflichtung der Beklagten zu 1) aus positiver
Forderungsverletzung festgestellt wurde, schuldet sie auch Ersatz entgangenen
Gewinns, der infolge pflichtwidrigen Verhaltens durch fehlinvestierte Anlagen
entstanden ist.
150
Ein Anspruch auf entgangenen Gewinn in Höhe von 11 % der fehlinvestierten
Anlagewerte haben die Kläger nicht schlüssig dargelegt. Die benannten
Kurssteigerungen der Anlagen des veräußerten Depots bilden keinen brauchbaren
Maßstab.
151
Es ist als sicher vorauszusetzen, daß die Kläger ihr Vermögen ohne pflichtwidrige
Anlageentscheidungen der Beklagten zu 1) anderweitig in Wertpapieren angelegt
hätten. Der Senat schätzt die Höhe des entgangenen Gewinns gemäß § 287 Abs. 1
152
ZPO auf 6,5 %. Als tauglicher Maßstab für die Schätzung erscheint die im fraglichen
Zeitraum gemäß Bundesbankstatistik erzielte Durchschnittsrendite fest verzinslicher
Wertpapiere (Anleihen der öffentlichen Hand 1993/1994).
Im einzelnen ergibt sich folgende Berechnung:
153
1. C.:
154
Der Senat geht im Rahmen der Schätzung davon aus, daß der am 08.07.1993 erzielte
Verkaufserlös von 73.611,36 DM am 13.07.1993 hätte wieder angelegt sein können. Für
den Zeitraum vom 13.07.1993 bis 29.11.1993 ergibt sich bei 6,5%iger Verzinsung ein
entgangener Gewinn von 1.807,56 DM.
155
Schaden: 56.821,75 DM
156
entgangener Gewinn: 1.807,56 DM
157
58.629,31 DM
158
2. D. Calls:
159
Der zu verzinsende Einstandswert beträgt 42.850,94 DM. Der 6,5%ige Zinsanspruch für
den Zeitraum vom 05.05.93 bis zur Auflösung des Werts am 10.02.1994 beläuft sich auf
2.119,93 DM.
160
Schaden: 41.283,94 DM
161
entgangener Gewinn: 2.119,93 DM
162
43.403,87 DM
163
3. Stillhaltergeschäfte:
164
Die zur sonstigen Anlage nicht zur Verfügung stehenden Verluste belaufen sich auf
41.839,00 DM. Bei 6,5%iger Verzinsung in der Zeit vom 15.07.1993 bis 11.02.1994
ergibt sich ein Anspruch auf entgangenen Gewinn in Höhe von 1.563,73 DM. Der
beanspruchte Zeitraum bis zur Auflösung der Stillhaltergeschäfte ist von den Beklagten
nicht konkret bestritten worden.
165
Schaden: 41.839,00 DM
166
entgangener Gewinn: 1.563,73 DM
167
43.402,73 DM
168
Aus den Positionen 1 bis 3 errechnet sich der Schadensersatzanspruch der Kläger auf
145.435,91 DM.
169
6.
170
Ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Flug- und Aufenthaltskosten besteht
171
nicht. Nach Auffassung des Senats war die Anreise der Kläger zur Kündigung des
Vermögensverwaltungsvertrags und zur anwaltlichen Beratung über die
Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen sowie zur Kündigung des
Vertragsverhältnisses nicht erforderlich. Beides hätte im Wege der Korrespondenz
erledigt werden können.
7.
172
Der geltend gemachte Anspruch auf Rückerstattung bezahlter Depotverwaltungskosten
ist nicht begründet. Die halbjährliche Verwaltungskostenpauschale von 0,4 % des
Nettodepotwertes wäre auch bei pflichtgemäßer Vermögensverwaltung der Beklagten
zu 1) angefallen. Es handelt sich insofern um nicht ersatzfähige "Sowieso-Kosten".
173
Der im Ergebnis begründete Schadensersatzanspruch der Kläger beträgt 145.435,91
DM. Der Anspruch ist aus dem rechtlichen Gesichtspunkt des Verzugs gemäß §§ 284
Abs. 1, 288 BGB ab dem 10.05.1994 in Höhe von 4 % zu verzinsen. Mit
Anwaltsschreiben vom 26.04.1994 haben die Kläger die Beklagte unter Fristsetzung
zum 9. Mai 1994 vergeblich zum Schadensersatz aufgefordert.
174
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 2 ZPO; die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
175
Streitwert für das Berufungsverfahren: 191.555,22 DM (Berufung der Kläger: 112.144,47
DM, Berufung der Beklagten: 79.410,75 DM).
176
Beschwer der Kläger: 191.155,22 DM, Beschwer der Beklagten zu 1: 145.435,91 DM
177