Urteil des OLG Köln vom 19.03.2003

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Oberlandesgericht Köln, 11 U 166/02
Datum:
19.03.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
11. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 U 166/02
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 18 O 178/01
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 05.07.2002 verkündete Urteil
der 18. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 18 O 178/01 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
B e g r ü n d u n g:
1
I.
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Die Klägerin ist Kaskoversicherer eines PKW VW Polo, der anlässlich eines durch die
Beklagte verursachten Verkehrsunfalls einen Totalschaden erlitt; hinsichtlich der
näheren Einzelheiten des Unfallhergangs wird auf Bl. 8 d.A. verwiesen. Das genannte
Fahrzeug war der im Unfallzeitpunkt mit einer BAK von über 1,90 ‰ alkoholisierten
Beklagten durch die Fa. .W.K. GmbH, für die sie als freie Mitarbeiterin tätig war,
überlassen worden. Die Fa. W.K. GmbH (im folgenden: Leasingnehmerin) hatte das
Fahrzeug ihrerseits von der Fa. V. Leasing GmbH (im folgenden: Leasinggeberin) zu
den aus Bl. 88 ff d.A. ersichtlichen
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"Allgemeinen Leasing-Bedingungen für Geschäftsfahrzeuge" geleast und sodann bei
der Klägerin vollkaskoversichert. Die Klägerin hat den Schaden mit der Leasinggeberin
abgewickelt und an diese einen Betrag in Höhe von insgesamt 19.190,00 DM (9.811,69
EUR) überwiesen. Sie verlangt diese, an die Leasinggeberin als Eigentümerin des
Fahrzeugs gezahlte Entschädigungsleistung nunmehr aus vermeintlich
übergegangenem Recht von der Beklagten ersetzt.
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Die von der Leasingnehmerin abgeschlossene Vollkaskoversicherung, so hat die
Klägerin zur Begründung dieses Zahlungsbegehrens vorgebracht, sei als eine die
Leasinggeberin als Versicherte einbeziehende Fremdversicherung anzusehen. Der sich
aus § 823 BGB ergebende deliktische Schadensersatzanspruch der mitversicherten
Leasinggesellschaft gegen die Beklagte sei daher nach Maßgabe von § 67 VVG
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Leasinggesellschaft gegen die Beklagte sei daher nach Maßgabe von § 67 VVG
nunmehr auf sie, die Klägerin, übergegangen, weshalb die Beklagte zur Leistung
gemäß dem im Tatbestand des angefochtenen Urteils dargestellten Zahlungsantrag
verpflichtet sei. Die Beklagte ist diesem Zahlungsverlangen entgegengetreten und hat
die Einrede der Verjährung erhoben. Auf die Klägerin - so hat die Beklagte geltend
gemacht - habe allenfalls ein vertraglicher Schadensersatzanspruch der
Leasingnehmerin als Versicherungsnehmerin übergehen können, weil ihr (der
Beklagten) das kaskoversicherte Fahrzeug leihweise überlassen worden sei; dieser
Schadensersatzanspruch sei jedoch verjährt.
Das Landgericht hat der Klage durch das angefochtene Urteil stattgegeben.
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Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer zulässigen Berufung.
7
II.
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Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
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Das Landgericht hat die Beklagte zu Recht zur Zahlung von 9.811,69 EUR (19.190,00
DM) verurteilt. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 823 Abs. 1 BGB i. V. mit § 67 Abs. 1
VVG:
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1.
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Dass die Beklagte das bei der Klägerin vollkaskoversicherte Fahrzeug VW Polo,
welches die Leasingnehmerin von der V. Leasing GmbH bzw. Leasingnehmerin geleast
und der Beklagten für die Ausübung von deren freier Mitarbeitertätigkeit überlassen
hatte, beschädigt und diesen Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt hat, steht
außer Streit. Die Klägerin ist aber auch aktivlegitimiert, den aus § 823 Abs. 1 BGB
folgenden Schadensersatzersatzanspruch der geschädigten Eigentümerin und
Leasinggeberin des Fahrzeugs gegen die Beklagte geltend zu machen; dieser
Schadensersatzanspruch ist nämlich nach Maßgabe von § 67 Abs. 1 VVG auf sie
übergegangen. Dem steht es zunächst nicht entgegen, dass die Leasinggeberin selbst
nicht die Versicherungsnehmerin des von der Leasingnehmerin abgeschlossenen
Kaskoversicherungsvertrages ist: Die Bestimmung des § 67 VVG regelt ihrem Wortlaut
nach zwar nur den Übergang der Ersatzansprüche des Versicherungsnehmers auf den
diese regulierenden Versicherer. Nach der in Rechtsprechung und Literatur einhellig
vertretenen Meinung tritt dieser gesetzliche Forderungsübergang indessen auch ein,
wenn ein Versicherer die Ansprüche eines mit dem Versicherungsnehmer nicht
identischen Versicherten reguliert, wie dies bei der sog. "Versicherung für fremde
Rechnung" bzw. "Fremdversicherung" (§§ 74 ff VVG) der Fall ist; der
Forderungsübergang erfasst bei einer solchen Fallgestaltung entgegen dem Wortlaut
des § 67 Abs. 1 VVG (auch) den Ersatzanspruch des Versicherten (vgl. BGH, VersR
1985, 753; Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 26. Auflage, § 67 VVG Rdn. 11
jeweils m. w. Nachw. ). So liegt die Sache hier:
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Die von der Leasingnehmerin bei der Klägerin abgeschlossene Vollkaskoversicherung
ist eine solche Fremdversicherung, die das Sacherhaltungsinteresse des
Leasinggebers, nämlich dessen Interesse am Erhalt des Substanzwertes des in seinem
Eigentum stehenden Leasingobjekts, abdeckt (BGH, VersR 1993, 1223/1224; OLG
Köln, VersR 1997, 57; Prölss/Martin, a.a.O., § 80 Rdn. 5 und 23 m. w. Nachw.). Der
danach eintretende Übergang der Schadensersatzforderung der Leasinggeberin auf die
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Klägerin scheitert auch nicht deshalb, weil zusätzlich ein vertraglicher
Schadensersatzanspruch der Leasingnehmerin als Versicherungsnehmerin besteht, der
ggf. ebenfalls (nach Maßgabe von § 67 Abs. 1 VVG) auf die Klägerin übergegangen ist.
Es mag zwar sein, dass bei der von dem Leasingnehmer abgeschlossenen
Kaskoversicherung neben dem Sacherhaltungsinteresse des Leasinggebers auch das
Sachersatzinteresse des Leasingnehmers, nämlich das Risiko, wegen der
Beschädigung, der Zerstörung oder des Verlustes des Leasingobjekts ersatzpflichtig zu
werden, mitversichert ist (vgl. BGH a.a.O.; Prölss/Martin a.a.O.); insoweit trifft die
Fremdversicherung des Sacherhaltungsinteresses des Leasinggebers mit der
Eigenversicherung des Sachersatzinteresses des Leasingnehmers (und
Versicherungsnehmers) zusammen (vgl. Martin, Sachversicherungsrecht, 2. Auflage, J I
Rdn. 4; Prölss/Martin, a.a.O., § 67 VVG Rdn. 11 ). Indes können in einem solchen Fall,
in dem Eigen- und Fremdversicherung zusammentreffen, die Ansprüche beider
Berechtigten übergehen (vgl. Prölss/Martin, a.a.O.).
Soweit die Beklagte geltend macht, ein Übergang der Schadensersatzforderung des
Versicherten trete nur ein, wenn nicht bereits ein Schadensersatzanspruch des
Versicherungsnehmers entstanden sei, vermag das nicht zu überzeugen; denn eine
solche Subsidiarität ist mit dem Zweck der von dem Leasingnehmer abgeschlossenen
Kaskoversicherung als Fremdversicherung unvereinbar, wenn und soweit bei dieser
das Sacherhaltungsinteresse des Leasinggebers im Vordergrund steht (vgl. Martin,
a.a.O. J III Rdn. 4 - sowie ders. a.a.O., J IV Rdn. 3). Dies ist im Streitfall jedoch gerade
der Fall, weil die Leasingnehmerin nach Abschnitt X Ziff. 1 der Allgemeinen
Leasingbedingungen dazu verpflichtet war, eine Vollkaskoversicherung für das
Leasingobjekt abzuschließen; hätte diese den Abschluss einer solchen
Sachversicherung unterlassen, wäre die Leasinggeberin im Wege der Ersatzvornahme
zum Abschluss berechtigt gewesen. Durch diese vertragliche Regelung wird
unterstrichen, dass die Absicherung des Substanzwertes des im Eigentum der
Leasinggeberin stehenden Fahrzeugs und damit das Sacherhaltungsinteresse im
Vordergrund steht.
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2.
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Der Forderungsübergang nach Maßgabe des § 67 VVG ist auch nicht deshalb
ausgeschlossen, weil die Beklagte selbst als berechtigte Nutzerin mitversichert war, und
sie daher nicht als "Dritte" anzusehen ist. Es liegt zwar nicht fern, die Beklagte als
ebenfalls in die Kaskoversicherung einbezogene mitversicherte Dritte anzusehen (vgl.
Prölss/Martin, a.a.O., § 80 Rdn. 6, 8ff sowie § 67 Rdn. 13); denn die Leasingnehmerin -
eine juristische Person - leaste das Fahrzeug als Geschäftswagen, so dass nicht
auszuschließen war, dass das Fahrzeug den Mitarbeitern zur regelmäßigen Nutzung
überlassen wurde. Ob die Beklagte hier aber als "berechtigte Nutzerin" in die
Vollkaskoversicherung einbezogen war, kann dahinstehen. Es ist nämlich anerkannt,
dass in Fällen, in denen das Sachersatzinteresse eines Dritten bei der Versicherung
eigener Sachen des Versicherungsnehmers mitversichert ist, gleichwohl ein
Forderungsübergang zu Gunsten des den Versicherungsnehmer entschädigenden
Versicherers nach Maßgabe von § 67 Abs. 1 VVG eintritt, wenn der Versicherer dem
Versicherten gegenüber nach Maßgabe von § 61 VVG leistungsfrei ist (wie z.B. nach §
15 Abs. 2 AKB; vgl. Prölss/Martin, a.a.O., § 67 Rdn. 13 und § 79 Rdn. 2). Nichts anderes
gilt vorliegend: Kann der Versicherer in Fällen, in denen der Versicherungsnehmer eine
eigene Sache versichert, bei dem den Versicherungsfall grob fahrlässig oder vorsätzlich
herbeiführenden mitversicherten Dritten Regress nehmen, so ist kein Grund ersichtlich,
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die Dinge abweichend zu beurteilen, wenn der Versicherungsnehmer selbst nicht der
Eigentümer der Sache ist, sondern er neben einem weiteren Dritten, der ebenfalls nicht
Eigentümer ist, ebenso wie dieser ein Sachersatzinteresse mitversichert hat.
3.
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Der somit auf die Klägerin übergegangene Schadensersatzanspruch der
Leasinggeberin ist auch nicht verjährt. Dabei kann dahinstehen, ob der der
Leasingnehmerin gegenüber der Beklagten zustehende vertragliche Ersatzanspruch
bereits verjährt ist, und ob insoweit etwaige aus arbeitsrechtlichen Grundsätzen sich
herleitende Beschränkungen greifen; denn der Schadensersatzanspruch der
Leasinggeberin als Eigentümerin des Leasingobjekts tritt jedenfalls selbständig neben
einen solchen vertraglichen Schadensersatzanspruch der Leasingnehmerin und
unterliegt, wegen der Verschiedenheit der Gläubiger, auch einer eigenständigen
Verjährungsfrist.
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4.
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Die Klägerin muss sich schließlich auch keine Beschränkung ihrer Regressforderung
auf die Höchstsumme von 2.500,00 EUR gefallen lassen. Eine solche Höchstgrenze
kommt bei eigenen Ansprüchen der die Ansprüche des Unfallgegners regulierenden
Versicherung nach Maßgabe von § 2 b Abs. 1 lit. e, Abs. 2 AKB i.V. mit § 5 KfZPflVV in
Betracht. Vorliegend geht es jedoch um den übergegangenen Anspruch eines in den
Versicherungsvertrag einbezogenen Versicherten wegen des Schadens an dem
eigenen versicherten Fahrzeug.
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III.
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Die Berufung der Beklagten war deshalb mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§
708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen; der Sache kommt weder eine grundsätzliche
Bedeutung zu, noch erfordern die Belange der Rechtsfortbildung oder der Sicherung
einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch den Bundesgerichtshof ( §
543 ZPO).
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Streitwert: 9.811,69 EUR.
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