Urteil des OLG Köln vom 25.07.2001

OLG Köln: vorzeitige entlassung, zahlungsunfähigkeit, gefahr, beschwerdeschrift, datum, pachtzins, pachtvertrag, lieferung, beweismittel, anwendungsbereich

Oberlandesgericht Köln, 2 W 139/01
Datum:
25.07.2001
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 W 139/01
Vorinstanz:
Landgericht Kleve, 4 T 128/01
Tenor:
Die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin vom 15. Juni 2001
gegen den Beschluss der 4. Zivilkammer des Landgerichts Kleve vom 3.
Mai 2001 - 4 T 128/01 - wird als unzulässig verworfen. Die Kosten des
Verfahrens der weiteren Beschwerde hat die Antragstellerin zu tragen.
G r ü n d e
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1.
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Die Antragstellerin hat unter dem Datum des 14.12.2000 bei dem Amtsgericht Kleve
Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens (§ 305 InsO) gestellt. Das Amtsgericht hat
den Eröffnungsantrag durch Beschluss vom 26.03.2001 zurückgewiesen mit der
Begründung, es fehle ein Eröffnungsgrund, denn bislang sei die Antragstellerin ihren
Verpflichtungen zur Pachtzinszahlung gegenüber ihrer einzigen Gläubigerin stets
nachgekommen.
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Gegen diese ihr am 28.03.2001 zugestellte Entscheidung hat die Antragstellerin mit am
30.03.2001 eingegangenem Schriftsatz vom 28.03.2001 sofortige Beschwerde
eingelegt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels hat sie ausgeführt, sie sei entgegen der
abweichenden Annahme des Insolvenzgerichts zahlungsunfähig, denn seit Januar 2001
zahle sie die vereinbarte Pacht nicht mehr und sei sie hierzu auch nicht imstande.
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Durch Beschluss vom 03.05.2001 - 4 T 128/01 - hat das Landgericht Kleve die sofortige
Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, Zahlungsfähigkeit
oder drohende Zahlungsunfähigkeit der Antragstellerin als Eröffnungsgrund könnten
nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Die Antragstellerin wolle nach
ihren Angaben bereits vor dem 01.01.1997 zahlungsunfähig gewesen sein. Dennoch
habe sie bis Ende 2000 auf den im Juni 1993 mit der Gläubigerin abgeschlossenen
Pachtvertrag monatlich rund 3.300,00 DM an Pachtzins gezahlt. Das sei
widersprüchlich, zumal nach Angaben der Antragstellerin sonstige Gläubiger nicht
vorhanden seien, die ihr die dazu nötigen Mittel etwa vorgestreckt hätten. Nach ihrer
Erklärung vom 04.01.2001 wolle die Antragstellerin seit "ca. 2 1/2 Jahren" ihren früheren
Geschäftsbetrieb aufgegeben haben und seither daraus keine Einnahmen mehr
erzielen. Wie sie angesichts dessen die Mittel zur Pachtzinszahlung bis Ende 2000
aufgebracht haben wolle, erkläre die Antragstellerin nur undeutlich. Von wann bis wann
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sie die gepachteten Geschäftsräume unterverpachtet haben wolle, werde nicht
dargelegt, eben so wenig, welcher Unterpachtzins erzielt worden sei. Wenn denn
daraus die Mittel zur Berichtigung des Pachtzinses gegenüber der Gläubigerin stammen
sollten, so gebe die Antragstellerin keine Erklärung dazu ab, warum das nicht auch für
die Zukunft bis zum Ende der Pachtzeit möglich sein sollte. Auffällig sei in diesem
Zusammenhang, dass die Antragstellerin den Insolvenzantrag in unmittelbarem
zeitlichen Zusammenhang mit dem Umstand gestellt habe, dass die Gläubigerin eine
vorzeitige Entlassung aus dem Pachtvertrag abgelehnt habe. Dennoch habe sie sich in
der Lage gesehen, auch den Pachtzins für Dezember 2000 zu berichtigen. Angesichts
dieser Widersprüchlichkeiten könne ein Eröffnungsgrund nicht festgestellt werden.
Gegen diesen ihr am 05.06.2001 zugestellten Beschluss wendet sich die Antragstellerin
mit der sofortigen Beschwerde vom 15.6.2001, die sie - verbunden mit dem Antrag auf
Zulassung dieses Rechtsmittels - mit gleichlautenden Schriftsätzen am 19.6.2001 bei
dem Oberlandesgericht Düsseldorf und am 20.06.2001 bei dem Landgericht Kleve
eingereicht hat. Sie macht geltend, das Landgericht habe zu Unrecht ihre
Zahlungsunfähigkeit als zweifelhaft angesehen, weil es verfahrensfehlerhaft
entscheidungserheblichen Sachvortrag übergangen habe. Zwischen ihr und ihrer
einzigen Gläubigerin sei es völlig unstreitig, dass sie dieser einen Betrag in Höhe von
DM 88.549,20 schulde und seit Januar 2001 die Pachtzinszahlungen habe einstellen
müssen. Dies habe die Gläubigerin auch gegenüber dem Beschwerdegericht bestätigt.
Unabhängig davon, so die Beschwerdeführerin weiter, hätte das Landgericht vor einer
Zurückweisung des Eröffnungsantrags ggf. den Sachverhalt im Wege der
Amtsermittlung nach § 5 Abs. 1 Ins0 weiter aufklären müssen. Im weiteren macht die
Antragstellerin ergänzende tatsächliche Angaben zur Entwicklung ihrer wirtschaftlichen
Verhältnisse, durch die ihrer Ansicht nach etwaige Zweifel an ihrer Zahlungsunfähigkeit
ausgeräumt werden.
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2.
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Das Rechtsmittel der Antragstellerin ist bereits deshalb als unzulässig zu verwerfen,
weil es nicht in der gesetzlichen Frist eingelegt worden ist.
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Gemäß § 7 Abs. 1 S. 2 InsO muss die sofortige weitere Beschwerde in der
zweiwöchigen Notfrist des § 577 Abs. 2 S. 1 ZPO eingelegt werden, beginnend mit der
Zustellung der Beschwerdeentscheidung. Diese Frist hat die Antragstellerin nicht
eingehalten. Nach dem Empfangsbekenntnis des Verfahrensbevollmächtigten der
Antragstellerin hat dieser den Beschluss vom 3.5.2001 am Dienstag, den 5.6.2001,
erhalten (Bl. 77 d.A.). Die zweiwöchige Frist ist daher gemäß §§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2
BGB am Dienstag, den 19.6.2001 abgelaufen. Die gemäß Eingangsstempel erst am
20.6.2001 bei dem Landgericht Kleve eingegangene Beschwerdeschrift vom 15.6.2001
ist daher verspätet.
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Mit der am 19.6.2001 bei dem Oberlandesgericht Düsseldorf eingegangenen
identischen Beschwerdeschrift der Antragstellerin wurde die Notfrist nicht gewahrt. Die
Beschwerde kann fristgerecht auch bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden (§ 7
Abs. 1 S. 2 InsO i.V.m. §§ 569 Abs. 1, 577 Abs. 2 S. 2 ZPO). Beschwerdegericht ist hier
jedoch aufgrund ausschließlicher Zuständigkeit gemäß § 7 Abs. 3 InsO in Verbindung
mit § 1 der Verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen über die Zusammenfassung
der Entscheidungen über die weiteren Beschwerden in Insolvenzsachen vom 6.
November 1998 (GVBl. NW 1998, 550; abgedruckt in: NZI 1999, 66) das
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Oberlandesgericht Köln.
3.
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Im übrigen sind unabhängig von der Verfristung des Rechtsmittels auch die
Voraussetzungen für eine Zulassung der weiteren Beschwerde gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1
InsO nicht erfüllt.
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Die sofortige weitere Beschwerde ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 InsO nur zuzulassen, wenn
diese darauf gestützt wird, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes
beruht und die Nachprüfung der Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung geboten ist. Diese beiden Voraussetzungen müssen dabei
nebeneinander (kumulativ) gegeben sein (Senat, Beschluss vom 5. Januar 2001, 2 W
228/00; OLG Dresden, NZI 2000, 436). Vorliegend ist bereits die letztgenannte
Voraussetzung nicht erfüllt.
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Die Nachprüfung der Beschwerdeentscheidung ist zur Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung dann geboten, wenn die ernsthafte Gefahr voneinander divergierender
insolvenzrecht-licher Entscheidungen besteht. Dies kann im Anwendungsbereich des
neuen Insolvenzrechts auch ohne eine bereits vorliegende obergerichtliche
Rechtsprechung der Fall sein, wenn abweichende Entscheidungen von Land- und
Amtsgerichten oder ernst zu nehmende Ansichten im Schrifttum zu bedeutsamen
Rechtsfragen der Insolvenzordnung die Notwendigkeit einer einheitlichen Ausrichtung
begründen. Bloße Subsumtionsfehler des Landgerichts bei der Anwendung einer - an
sich zweifelsfreien und unumstrittenen - Rechtsnorm oder eine fehlerhafte
Tatsachenfeststellung im konkreten Einzelfall begründen dagegen keine generelle,
durch das Oberlandesgericht zu korrigierende Divergenz-Gefahr (Senat, NZI 2000, 224
[225]; Senat, Rpfleger 2000, 293 [294]; Senat Beschluss vom 3. März 2000, 2 W 31/00;
Senat, Beschluss vom 3. April 2000, 2 W 69/00; Senat, Beschluss vom 6. September
2000, 2 W 184/00; Senat, Beschluss vom 5. Januar 2001, 2 W 228/00; OLG Naumburg,
Beschluß vom 31.03.2000, 5 W 25/00; OLG Zweibrücken, ZInsO 2000, 398; OLG
Zweibrücken, NZI 2000, 271 [272]; HK-Kirchhof, a.a.O., § 7 Rdnr. 23 f.; Kübler/Prütting,
InsO, Stand 7. Lieferung 2000, § 7 Rdnr. 3 ff.; Becker in Nerlich/Römermann, a.a.O., § 7
Rdnr. 19 ff.; Hoffmann, NZI 1999, 425 [430]).
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Nach diesem Maßstab wäre eine inhaltliche Überprüfung zur Sicherung einer
einheitlichen insolvenzrechtlichen Rechtsprechung hier nicht in Betracht gekommen.
Die Beschwerdeführerin selbst beanstandet nicht den - vom Senat geteilten - rechtlichen
Ansatz des Landgerichts zur Prüfung der Voraussetzungen für das Vorliegen des
Eröffnungsgrundes der Zahlungsunfähigkeit nach § 17 InsO bzw. der drohenden
Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO. Sie richtet ihre Einwendungen der weiteren
Beschwerde vielmehr gegen die tatrichterliche Würdigung des konkreten Sachverhalts
im Einzelfall. Diese allein den Einzelfall betreffenden (Verfahrens-)Rügen rechtfertigen
die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht. Zudem können neue, nach Beschluss des
Landgerichts zu den Akten gereichte Unterlagen, Beweismittel und tatsächliche
Ausführungen im Rahmen der sofortigen weiteren Beschwerde, die als
Rechtsbeschwerde ausgestaltet ist, keine Berücksichtigung finden. Die vom Landgericht
rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen sind gemäß § 561 ZPO für den Senat
bindend (vgl. HK-Kirchhof, a.a.O., § 7 Rdnr. 19 f.).
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4.
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Die weitere Beschwerde der Antragstellerin muss daher mit der Kostenfolge aus §§ 4
InsO, 97 Abs. 1 ZPO als unzulässig verworfen werden.
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Der Senat weist die Antragstellerin vorsorglich darauf hin, dass gegen die vorliegende
Entscheidung kein weiteres Rechtsmittel gegeben ist, §§ 567 Abs. 4 Satz 1 ZPO, 4
InsO.
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Beschwerdewert: DM 3.000,00 (wie Vorinstanz)
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