Urteil des OLG Köln vom 03.08.1995

OLG Köln (negative feststellungsklage, abmahnung, anzeige, zpo, 1995, informationspflicht, verantwortlichkeit, grund, fortsetzung, inhalt)

Oberlandesgericht Köln, 6 W 60/95
Datum:
03.08.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 W 60/95
Schlagworte:
Abmahnung des Nichtstörers
Normen:
ZPO §§ 91A, 93
Leitsätze:
1. Wird in eine Gemeinschaftsanzeige ein Unternehmen von dem
Werbekunden ohne sein Wissen und Zutun miteinbezogen und wird ein
Dritter durch diese Werbung in seinen Rechten beeinträchtigt und mahnt
sodann der Verletzte den vermeintlichen Mitstörer ab, ist dieser nicht
verpflichtet, jenen vollständig auf seine fehlende Verantwortlichkeit für
die Werbung hinzuweisen. 2. Maßgeblich für die Frage der
,Veranlassung" i.S. des § 93 ZPO ist allein, ob der Antragsgegner
(Beklagte) durch sein Verhalten vor Beginn des gerichtlichen
Verfahrens, also durch seine Reaktion auf die Abmahnung, zurechenbar
dessen Einleitung verursacht hat. Auf das spätere Vorbringen des
Abgemahnten in diesem Verfahren kann in diesem Zusammenhang
nicht zurückgegriffen werden.
Rechtskraft:
unanfechtbar
G r ü n d e
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Die gemäß § 91 a Abs.2 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, aber nicht
begründet.
2
Nachdem die Parteien das Verfahren in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt
erklärt hatten, war nur noch gemäß § 91 a Abs.1 ZPO über die Kosten des Verfahrens
zu entscheiden. Zu Recht hat dabei das Landgericht durch die angefochtene
Entscheidung die Kosten der Antragstellerin auferlegt, weil dies unter Berücksichtigung
des bisherigen Sach- und Streitstandes billigem Ermessen entspricht.
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Die Antragstellerin wäre bei streitiger Fortsetzung des Verfahrens unterlegen gewesen,
weil es an der für den geltendgemachten Unterlassungsanspruch erforderlichen
Begehungsgefahr fehlt. Diese kann - unabhängig von der Wettbewerbswidrigkeit von
deren Inhalt - aus dem Erscheinen der beanstandeten Anzeige nicht hergeleitet werden,
weil nicht glaubhaft gemacht ist, daß die Antragsgegnerin den hierfür erforderlichen
Einfluß auf deren Gestaltung hatte (vgl.zu diesem Erfordernis näher BGH GRUR
95,167,168 ,Kosten bei unbegründeter Abmahnung" m.w.N.). Es ist für die Entscheidung
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davon auszugehen, daß die Antragsgegnerin nicht nur keinen Einfluß auf den Inhalt und
die Gestaltung der Anzeige, sondern darüber hinaus sogar - worauf schon die Kammer
zu Recht abgestellt hat - noch nicht einmal überhaupt Kenntnis von dem Vorhaben der
Fa.T. hatte, eine derartige Gemeinschaftsanzeige zu schalten. Die Antragstellerin hat
nämlich schon ihre Behauptung nicht glaubhaft gemacht, daß die Antragsgegnerin
gegenüber der Fa.T. ihr Einverständnis mit dem Erscheinen einer
Gemeinschaftsanzeige erklärt hätte. Dies läßt sich insbesondere gerade nicht aus dem
Schreiben der Fa.T. vom 24.1.1995 an die Antragstellerin bzw. ihre Bevollmächtigten
herleiten. Überdies hat umgekehrt die Antragsgegnerin in dem Termin zur mündlichen
Verhandlung vor dem Landgericht am 9.3.1995 durch Erklärung ihres Geschäftsführers,
deren Richtigkeit dieser an Eides Statt versichert hat, glaubhaft gemacht, daß die Fa. T.
ihr gegenüber die Absicht, eine derartige Anzeige zu schalten, vor deren Erscheinen
überhaupt nicht angesprochen habe.
B
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Die Kosten sind der Antragsgegnerin auch nicht unabhängig von dem zu erwartenden
für die Antragstellerin negativen Ausgang des Verfahrens bei dessen Fortsetzung mit
der Begründung aufzuerlegen, die Antragsgegnerin habe eine Pflicht verletzt, die darin
bestehe, sie auf die Abmahnung hin vollständig über ihre, der Antragsgegnerin,
fehlende Verantwortlichkeit für die Anzeige zu informieren. Eine derartige Pflicht
bestand nämlich nicht. Der Senat, der in seiner in WRP 91,257 ff veröffentlichten
Entscheidung ausdrücklich nur unter den in jenem Einzelfall gegebenen besonderen
Voraussetzungen eine Informationspflicht angenommen hat, schließt sich hierzu der
Entscheidung des BGH a.a.O. an, in der eine solche Pflicht ebenfalls verneint wird, und
nimmt wegen der Begründung auf die Ausführungen des BGH Bezug. Entgegen der
Auffassung der Antragstellerin ist diese Entscheidung keineswegs nur auf
Abmahnungen von Abmahnvereinen beschränkt. Die von dem BGH im einzelnen
angeführten überzeugenden Gesichtspunkte gelten vielmehr unabhängig davon, wer
den vermeintlichen Unterlassungsanspruch geltend macht. Fehl geht auch die in
diesem Zusammenhang von der Antragstellerin geäußerte Auffassung, die
Antragsgegnerin müsse sich an ihrem Vorbringen in der Widerspruchsbegründung
festhalten lassen: Für die Kostenentscheidung ist allein die - aus den vorstehenden
Gründen zu verneinende - Frage von Bedeutung, ob die Antragsgegnerin durch ihr
Verhalten vor Beginn des gerichtlichen Verfahrens, also durch ihre Reaktion auf die
Abmahnung, zurechenbar dessen Einleitung verursacht hat. Hierfür kann indes nicht auf
ihr späteres Vorbringen in diesem Verfahren zurückgegriffen werden. Aus diesem Grund
kann auch dahinstehen, ob ihr Vortrag im Widerspruchsverfahren überhaupt die
erforderliche Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin für die Anzeige erkennen läßt. Es
ist im übrigen auch zweifelhaft, ob die Antragsgegnerin eine etwaige Informationspflicht
durch ihr auf die Abmahnung erfolgtes Antwortschreiben vom 25.1.1995 insbesondere
angesichts der Beifügung des Schreibens der Fa. T. vom 18.1.1995 in Fotokopie nicht
erfüllt hätte. Diese Frage ist indes nicht zu entscheiden, weil eine Informationspflicht der
Antragsgegnerin nicht bestand.
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Daß die Antragsgegnerin schließlich nach der Darstellung der Antragstellerin gegen
diese negative Feststellungsklage erhoben haben soll, kann ebenfalls kein Grund sein,
ihr die Kosten des vorliegenden Verfahrens aufzuerlegen. Ausgehend von der
Antragsbegründung ist das Ziel dieser Klage die Feststellung, daß die von der
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Antragstellerin ausgesprochene Abmahnung zu Unrecht erfolgt sei. Mit diesem
Klageziel, das im übrigen auch mit der Tatsache nicht im Widerspruch steht, daß die
Antragsgegnerin das vorliegende Verfahren für erledigt erklärt hat, bestätigt diese nicht
etwa, doch für die Anzeige verantwortlich zu sein, sondern wehrt sie sich im Gegenteil
gegen die Abmahnung, die sich im vorliegenden Verfahren als unbegründet
herausgestellt hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
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Der Beschwerdewert entspricht Summe der gerichtlichen und außergerichtlichen
Kosten des Verfahrens erster Instanz.
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