Urteil des OLG Köln vom 19.12.1990

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Oberlandesgericht Köln, 13 U 141/90
Datum:
19.12.1990
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 141/90
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 2 0 597/89
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird unter Zurückweisung des
Rechtsmittels im übrigen das am 9. April 1990 verkündete Urteil der 2.
Zivilkammer des Land-gerichts Aachen - 2 0 597/89 - teilweise
abgeändert und wie folgt neu gefaßt: Der Beklagte wird verurteilt, an die
Klägerin 4.770,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem 7. Oktober 1989 zu
zahlen. Im übrigen wird die Klage - soweit der Rechtsstreit nicht in Höhe
von 5.162,54 DM durch Zwischenvergleich vom 19. März 1990 für
erledigt erklärt worden ist - abgewiesen. Die Kosten des Rechtsstreits
erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben. Von den Kosten des
Berufungsverfahrens trägt die Klägerin 1/4, der Beklagte 3/4. Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung hat in der Sache überwie-gend Erfolg.
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Die Klägerin hat gegen den Beklagten aus dem Nach-unternehmervertrag vom 23.
Mai 1989 einen Anspruch auf Zahlung einer unstreitigen Restvergütung in Höhe von
4.770,-- DM. Die weitergehende Restforde-rung der Klägerin in Höhe von 1.500,-- DM
ist dem-gegenüber durch die vom Beklagten erklärte Auf-rechnung mit einer
Gegenforderung in gleicher Höhe für die Gebrauchsüberlassung eines
Mehrzweckgerä-tes und diverser Kleinwerkzeuge erloschen, §§ 388, 389 BGB. Ein
darüber hinausgehender aufrechenbarer Mietzinsanspruch steht dem Beklagten nicht
zu. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat davon überzeugt, daß die
Parteien sich bezüglich des von der Klägerin angemieteten Mehrzweckgerätes und
einiger unwesentlicher Kleinwerkzeuge ledig-lich auf einen angemessenen Mietzins,
nicht jedoch - wie der Beklagte behauptet - auf einen pauscha-len Mietpreis von
5.500,-- DM zuzüglich Mehrwert-steuer geeinigt haben.
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Der Zeuge R. hat glaubhaft bekundet, daß die An-mietung des Mehrzweckgerätes
nur mündlich erfolgt sei und daß dabei - wie auch bei späterer Gelegen-heit - nicht
über einen bestimmten Preis gespro-chen worden sei. Es habe zwar Einigkeit
darüber bestanden, daß die Anmietung des Mehrzweckgerätes nicht kostenlos sei,
stets aber habe es geheißen, daß man über Preis noch reden müsse. Letztlich aber
hätten die Parteien keine Festlegungen ge-troffen. Dies sei auch nicht ungewöhnlich
gewesen, weil man seinerzeit noch ein gutes Verhältnis gehabt habe; so habe der
Beklagte ihm, dem Zeugen, auch schon früher bei einer anderen Baustelle in T. das
Gerät zur Verfügung gestellt, ohne daß über Preise gesprochen worden sei, und es
sei damals sogar im Endeffekt überhaupt nichts dafür bezahlt worden. Auf das vom
Beklagten vorgelegte Vertrags-formular eines Mietvertrages über einen Pauschal-
preis von 5.500,-- DM angesprochen, hat der Zeuge R. nachvollziehbar erklärt, daß
ein derartiger Preis für ihn überhaupt nicht machbar gewesen sei, weil dann er bzw.
die Klägerin an den durchgeführ-ten Arbeiten angesichts des geringen Stundenlohn-
satzes von durchschnittlich 12,-- DM überhaupt nichts verdient hätte. Der Zeuge, der
bei sämtli-chen Vertragsverhandlungen zwischen den Parteien anwesend war, hat
eindeutig erklärt, daß seine Frau das damals vorgelegte Mietvertragsformular blanko
unterschrieben habe, was angesichts des freundschaftlichen Verhältnisses mit dem
Beklagten für sie nichts Ungewöhnliches bedeutet habe. Der Senat hat keine
Bedenken, die Aussage des Zeugen R. seiner Beweiswürdigung als zutreffend
zugrunde-zulegen. Der Umstand, daß der Zeuge R. nunmehr mit der Klägerin
verheiratet ist, steht seiner Glaub-würdigkeit nicht entgegen. Er und seine Frau waren
nach dem Eindruck des Senats der geschäftlich unerfahrene Teil in der
Vertragsbeziehung mit dem Beklagten; beide haben sich angesichts der frühe-ren
guten Geschäftsbeziehungen auf die mündlichen Absprachen und die Anständigkeit
des Beklagten verlassen. Der Zeuge R. hat auch nicht etwa ein-seitig zu Gunsten der
Klägerin ausgesagt; so hat er freimütig eingeräumt, daß selbstverständlich die
Überlassung des Mehrzweckgerätes nicht kosten-los habe erfolgen sollen, nur habe
man eben aus Gewohnheit keinen festen Preis ausgemacht, weil man offenbar davon
ausgegangen war, daß man sich wie bisher darüber einig werden würde. Die Bekun-
dungen des Zeugen R. hinsichtlich der Blanko-Un-terzeichnung des
Vertragsformulars passen im übri-gen zu den äußeren Merkmalen dieser Urkunde.
Es fällt auf, daß das Formular entgegen der sonstigen Übung des Beklagten bei den
übrigen Vertragsur-kunden undatiert und nicht vollständig bis auf die Unterschriften
maschinenschriftlich ausgefüllt ist, sondern daß die wesentlichen "Vereinbarungen"
handschriftlich eingefügt sind. Dies spricht be-reits indiziell für eine nachträgliche
Komplettie-rung - wie dies den Bekundungen des Zeugen R. denn auch zu
entnehmen ist.
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Dem gegenüber waren die Aussagen der Zeuginnen H. und M. in diesem Punkt
entweder unergiebig oder nicht überzeugend. Die Zeugin H. hat als Bürokraft des
Beklagten nach ihren Bekundungen die Vertrags-urkunden erstellt, wobei sie sie
üblicherweise maschinenschriftlich fertigte. Warum sie das um-strittende
Mietvertragsformular zunächst lediglich teilweise maschinell ausfüllte und erst später
nach Anweisung des Beklagten handschriftlich kom-plettierte, wußte sie nicht zu
sagen; hinsichtlich der Unterschrift der Klägerin hatte sie keine konkrete Erinnerung.
Die Zeugin M. konnte dem Senat keine plausible Erklärung dafür geben, warum der
Vertrag nicht - wie üblich - komplett maschi-nenschriftlich ausgefüllt wurde. Ihre
Darstellung, die Klägerin habe die vom Beklagten vorgeschlage-ne Pauschalsumme
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überdacht und später mit ihrer Unterschrift akzeptiert, hält der Senat angesichts der
Gesamtumstände - insbesondere der gegenteili-gen überzeugenden Bekundungen
des Zeugen R. - für unzutreffend.
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Danach ist nicht der vom Beklagten behauptete Pau-schalmietpreis bewiesen,
sondern es ist aufgrund der Aussage des Zeugen R. davon auszugehen, daß die
Parteien sich lediglich darüber einig waren, daß ein "angemessener" Mietzins zu
zahlen sei. Der Senat hält gemäß § 315 BGB (vgl. hierzu BGH NJW 1968, 1229)
unter Berücksichtigung der Tatsa-che, daß nach den Bekundungen des Zeugen R.
im wesentlichen nur ein - unstreitig 20 Jahre altes - Mehrzweckgerät und einige
unwesentliche Kleinwerk-zeuge, nicht jedoch - wie der Beklagte behauptet hat -
zusätzlich ständig ein LKW mit Kompressor gemietet waren, einen Mietzins von
insgesamt 1.500,-- DM brutto für angemessen; dieser Preis trägt auch dem von den
Parteien zugrundegelegten Umstand hinreichend Rechnung, daß der Klägerin für die
im Auftrage des Beklagten mit dem Gerät durch-geführten Arbeiten bei den geringen
Stundenlohn-sätzen ein hinreichender Verdienst verbleibt.
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Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 a, 92 Abs. 1, 97, 708 Nr.
10, 713 ZPO.
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Streitwert des Berufungsverfahrens: 6.270,,-- DM.
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