Urteil des OLG Köln vom 10.03.2005

OLG Köln: eheliche wohnung, getrennt leben, vermieter, maurer, kündigung, trennung, handbuch, zivilprozessordnung, zustellung, scheidung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 14 UF 11/05
10.03.2005
Oberlandesgericht Köln
14. Zivilsenat
Beschluss
14 UF 11/05
Amtsgericht Kerpen, 50 F 327/04
Das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin zur Durchführung der
Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts – Familiengericht –
Kerpen vom 30. Dezember 2004 – 50 F 327/04 – wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I.
Die Parteien sind Eheleute, die seit Juli 2004 getrennt leben. Aus der Ehe ist ein im
November 1999 geborenes Kind hervorgegangen, das von der Antragstellerin betreut wird.
Bis zur Trennung lebten die Parteien mit dem Kind in einer von dem Antragsgegner
angemieteten Wohnung in Frechen. Nach gewalttätigen Auseinandersetzungen der
Parteien wurde dem Antragsgegner im Juli 2004 von der Polizei ein befristetes
Rückkehrverbot erteilt. Durch Beschluss des Amtsgerichts vom 3./5. August 2004 wurde
der Antragstellerin sowie dem Kind im Wege der einstweiligen Anordnung die eheliche
Wohnung für die Dauer von 6 Monaten zur alleinigen Nutzung zugewiesen. In der Folgezeit
kündigte der Antragsgegner das Mietverhältnis über die Wohnung zum 31. Dezember
2004. Im Termin vom 30. Dezember 2004 hat er erklärt, nicht mehr in die Wohnung
zurückkehren zu wollen.
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Antrag der Antragstellerin
auf Zuweisung der Ehewohnung im Hauptverfahren zurückgewiesen. Zur Begründung hat
das Amtsgericht ausgeführt, der an sich gegebene Anspruch der Antragstellerin auf
Überlassung der Wohnung sei wegen der Kündigung des Mietverhältnisses nach dem
31.12.2004 nicht mehr durchsetzbar. Eine Umgestaltung des Mietverhältnisses komme
nicht in Betracht, weil § 1361b BGB nur eine vorläufige Benutzungsregelung, nicht aber
rechtsgestaltende Maßnahmen mit Außenwirkung gegen Dritte (Vermieter) ermögliche.
Gegen diesen Beschluss richtet sich die fristgerecht erhobene Beschwerde der
Antragstellerin, die für das Beschwerdeverfahren die Bewilligung von Prozesskostenhilfe
beantragt. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen und die Sache dem
Oberlandesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
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II.
Das Prozesskostenhilfegesuch der Antragstellerin ist zurückzuweisen, weil ihre
Beschwerde aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Beschlusses keine
Aussicht auf Erfolg bietet.
1. Eine Zuweisung der Wohnung an die Antragstellerin gemäß § 1361b BGB scheidet
schon deswegen aus, weil es sich inzwischen nicht mehr um eine Ehewohnung im Sinne
der Vorschrift handelt. Zwar verliert eine vor der Trennung von den Eheleuten gemeinsam
genutzte Wohnung ihren Charakter als Ehewohnung nicht schon durch den Auszug eines
Ehepartners. Anders ist es aber, wenn die Wohnung endgültig aufgegeben und dem
anderen Ehepartner die Nutzung überlassen wird (Johannsen/Henrich/Brudermüller,
Eherecht, 4. Aufl. 2003, Rdn. 9 zu § 1361b; Schwab/Maurer, Handbuch des
Scheidungsrechts, 4. Aufl. 2000, Rdn. 87 zu Teil VIII; Palandt/Brudermüller, BGB, 64. Aufl.
2005, Rdn. 6 zu § 1361b; Zöller/Philippi, Zivilprozessordnung, 24. Aufl. 2004, Rdn. 51 zu §
621, jeweils mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Dem ist der Fall gleichzusetzen, dass
der ausgezogene Ehegatte – wie hier – das Mietverhältnis gekündigt hat (KG NJW-RR
1993, 132; Palandt/Brudermüller, a.a.O.; vgl. auch OLG Oldenburg FamRZ 1993, 1342 für
den Fall der Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter). In derartigen Fällen ist
ein gerichtliches Zuweisungsverfahren entbehrlich und deshalb unzulässig
(Schwab/Maurer, a.a.O.).
2. Der Antragsgegner ist zwar im vorliegenden Fall nicht mit der Weiternutzung der
Wohnung durch die Antragstellerin einverstanden, aber nicht, weil er sie selbst nutzen
möchte, sondern weil das Mietverhältnis beendet und beide Parteien zur Räumung
verpflichtet sind. Daran kann – wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat – im
Verfahren nach § 1361b BGB nichts geändert werden, insbesondere erlaubt dieses
Verfahren keine rechtgestaltenden Maßnahmen gegenüber dem Vermieter. Die für die Zeit
nach rechtskräftiger Scheidung geltende Vorschrift des § 5 HausratsVO ist in der
Trennungszeit nicht analog anwendbar (vgl. statt vieler Johannsen/Henrich/Brudermüller,
a.a.O., Rdn. 5 und 56 zu § 1361b). Die allein das Verhältnis zu dem Antragsgegner
betreffende Zuweisungsanordnung nach § 1361b BGB würde der Antragstellerin
gegenüber dem Vermieter nichts nützen, gegenüber dem Antragsgegner wäre sie
überflüssig.
3. Die Antragstellerin mag binnen 2 Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses mitteilen,
ob sie die Beschwerde auf eigene Kosten durchführen oder das Rechtsmittel
zurücknehmen will.