Urteil des OLG Köln vom 19.12.1995

OLG Köln (kläger, stadt, treu und glauben, planung, anrechenbare kosten, 1995, rechnung, höhe, grundstück, gebäude)

Oberlandesgericht Köln, 22 U 73/95
Datum:
19.12.1995
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
22. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
22 U 73/95
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 7 O 463/94
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 7. Zivilkammer des
Landgerichts Bonn vom 16.03.1995 - 7 O 463/94 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner
mit Ausnahme der durch die Anrufung des Landgerichts Düsseldorf
entstandenen Mehrkosten, die den Klägern auferlegt werden. Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung der
Kläger gegen eine Sicherheitsleistung von 620.000,00 DM abwenden,
wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben
Höhe leisten. Die Sicherheit kann auch durch selbstschuldnerische
Bürgschaft einer deutschen Großbank, öffentlich-rechtlichen Sparkasse
oder Genossenschaftsbank erbracht werden.
T a t b e s t a n d:
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Die Kläger sind freiberuflich tätige Architekten. Sie nehmen die Beklagte zu 1) als
Auftraggeberin und die Beklagte zu 2) als deren persönlich haftende Gesellschafterin
auf Bezahlung von Architektenhonorar in Anspruch.
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Die Beklagte zu 1) beabsichtigte die Errichtung eines Gebäudes mit Büros, Geschäften
und Wohnungen auf dem Grundstück L./K. in M.. Sie hatte am 23.07.1992 das
Grundstück L. von der damaligen Eigentümerin, der Firma K. M. GmbH, gekauft. Durch
Beschluß des Amtsgerichts M. vom 18.03.1993 wurde über das Vermögen der Firma K.
die Sequestration angeordnet und später das Gesamtvollstreckungsverfahren eröffnet.
Der Gesamtvollstreckungsverwalter gab zur Abwicklung des noch nicht durchgeführten
Kaufvertrags mit der Beklagten zu 1) zunächst keine Erklärung ab.
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Im Sommer 1993 beauftragte die Beklagte zu 1) die Kläger mündlich mit den
Architektenleistungen zur Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung und
Genehmigungsplanung (Leistungsphasen 1 - 4 des § 15 HOAI) für das auf dem oben
genannten Grundstück zu errichtende Gebäude. Mit Schreiben vom 17.08.1993
übersandten die Kläger der Beklagten zu 1) in Ergänzung des mündlichen Auftrags ein
schriftliches Honorarangebot mit der Bitte um Unterzeichnung. Hierin war eine
Vergütung gemäß "Honorarzone III oben" vorgesehen. Daraufhin teilten die für die
Beklagte zu 1) tätigen Anwälte den Klägern mit Schreiben vom 21.10.1993 mit, daß der
Auftrag auf der Grundlage des Honorarangebots der Kläger ausgeführt werden solle und
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daß sie die Geschäftsführerin der Beklagten zu 2) gebeten hätten, das Schreiben der
Kläger vom 17.08.1993 gegenzuzeichnen und zurückzusenden. Die Geschäftsführerin
unterzeichnete das Honorarangebot nicht.
In der Folgezeit setzten die Kläger ihre begonnenen Planungsarbeiten fort. Ihre Bitten
um Abschlagszahlungen blieben erfolglos. Nach Abschluß der Arbeiten händigten die
Kläger ihre Planung einschließlich des Bauantrags an die Stadt M. den Beklagten aus.
Der Bauantrag wurde von der Geschäftsführerin der Beklagten zu 2) unterschrieben.
Unter dem 12.04.1994 erteilten die Kläger ihre Honorarschlußrechnung, in der ein
Gesamthonorar von 550.476,25 DM brutto berechnet ist.
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Im Mai 1994 teilte der Gesamtvollstreckungsverwalter der Firma K. M. den Beklagten
mit, daß die Abwicklung des Grundstückskaufvertrags nicht mehr möglich sei, weil die
von der Gemeinschuldnerin zur Finanzierung eingeschaltete Bank inzwischen
Zwangsversteigerungsantrag gestellt habe.
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Die Kläger haben vorgetragen, sie hätten ihre Arbeiten mit der Stadt M. abgestimmt. Ihre
Planung sei genehmigungsreif. Eine Einreichung des Bauantrags sei derzeit allein
deshalb nicht möglich, weil die Beklagten den für das Baugesuch notwendigen
amtlichen Lageplan bisher nicht vorgelegt hätten. Soweit die Einschaltung von
Fachingenieuren erforderlich sei, könnten diese noch während des
Genehmigungsverfahrens tätig werden.
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Die Kläger haben beantragt,
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die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Kläger 550.476,25 DM
nebst 12,5 % Zinsen aus 172.500,00 DM seit dem 10.03.1994, aus weiteren
255.648,10 DM seit dem 23.03.1994 sowie aus weiteren 122.328,15 DM seit dem
22.04.1994 zu zahlen.
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Die Beklagten haben beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagten haben vorgetragen, es könne nicht von der Genehmigungsfähigkeit der
Bauplanung der Kläger ausgegangen werden, da der Bauantrag nicht die
Rahmenbedingungen der Stadt M. erfülle und insbesondere die Planung zur
Verkehrsanbindung und Entwässerung fehle. Schon aus diesem Grunde entfalle ein
Honoraranspruch der Kläger. Im übrigen sei die Honorarberechnung auch der Höhe
nach zu beanstanden. Da eine schriftliche Honorarvereinbarung fehle, gelte der
Mindestsatz der betreffenden Honorarzone. Zudem seien die anrechenbaren Kosten
nicht nachgewiesen. Die Genehmigungsplanung könne nicht als erbracht angesehen
werden, weil die Baugenehmigung noch nicht erteilt sei.
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Durch Urteil vom 16.03.1995, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird,
hat das Landgericht der Klage bis auf einen Teil des Zinsanspruchs stattgegeben. Zur
Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der geltend gemachte Honoraranspruch
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sei fällig, weil die Kläger die abgerechneten Leistungen erbracht und darüber eine
prüffähige Rechnung erstellt hätten. Die fehlenden Bereiche Verkehrsanbindung und
Entwässerung fielen in die Zuständigkeit von Fachingenieuren und hätten nicht zum
Planungsauftrag der Kläger gehört. Auch die Höhe des Honorars sei nicht zu
beanstanden, da die Leistungen der Kläger nach dem Mindestsatz der Honorarzone IV
abzurechnen seien, der dem vereinbarten Höchstsatz der Honorarzone III entspreche.
Die Beklagten haben gegen das ihnen am 22.03.1995 zugestellte Urteil am 24.04.1995
(Montag) Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel nach entsprechender
Fristverlängerung am 25.07.1995 begründet.
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Die Beklagten wiederholen ihr Vorbringen vor dem Landgericht und tragen ergänzend
vor, die Planung der Kläger sei insgesamt nicht genehmigungsfähig, so daß ein
Vergütungsanspruch ausscheide. Entgegen den Auflagen in dem Vorbescheid der Stadt
M. sei keine Nachbarbeteiligung erfolgt. Die Verkehrsbetriebe der Stadt seien mit dem
Abstand der geplanten Tiefgarage zu dem Gleiskörper der Straßenbahn nicht
einverstanden. Das Bauamt der Stadt werde auch die geplante Ecklösung nicht
genehmigen. Gleiches gelte für die Anbindung der Tiefgarage. Auch sei die Zahl der
Tiefgaragenplätze nicht genehmigungsfähig. Schließlich fehle der von der Stadt
gewünschte Grünflächenplan. Entscheidungshilfe bei der Auswahl der Sonderfachleute
hätten die Kläger nicht geleistet. Auch für die Grünflächen sei kein Fachplaner benannt
worden.
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Im übrigen sind die Beklagten der Ansicht, daß die Rechnung der Kläger nicht prüffähig
sei, weil sie lediglich auf einer Kostenschätzung beruhe. Außerdem hätten die Kläger
ein Gebäude mit nur durchschnittlichen Planungsanforderungen geplant, so daß die
Honorarzone IV vom Landgericht nicht habe herangezogen werden dürfen. Schließlich
müsse bei der Honorarermittlung auch berücksichtigt werden, daß die Kläger die
einzelnen Leistungen der Phasen 1 - 4 gar nicht vollständig erbracht hätten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die gewechselten
Schriftsätze und auf die zu den Akten gereichten Unterlagen Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die fristgerecht eingelegte und auch im übrigen zulässige Berufung hat in der Sache
keinen Erfolg.
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Das Landgericht hat die Klage mit zutreffenden Gründen zugesprochen. Die
Ausführungen der Berufung rechtfertigen keine andere Entscheidung.
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Die Beklagte zu 1) ist aus dem mit den Klägern geschlossenen Architektenvertrag in
Verbindung mit den Vorschriften der HOAI zur Zahlung der eingeklagten Honorarsumme
verpflichtet. Die gleiche Zahlungspflicht besteht für die Beklagte zu 2) als persönlich
haftende Gesellschafterin der Beklagten zu 1) (§§ 128, 161 Abs. 2 HGB).
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Die Kläger haben für die Beklagte zu 1) Architektenleistungen gemäß den
Leistungsphasen 1 - 4 des § 15 HOAI erbracht, nämlich die Grundlagenermittlung, die
Vorplanung, die Entwurfsplanung und die Genehmigungsplanung. Der bei der Stadt M.
einzureichende Bauantrag ist von den Klägern ausgearbeitet und von der Beklagten zu
1) unterschrieben worden. Damit liegt auch hinsichtlich der Leistungsphase 4 die nach
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dem Architektenvertrag geschuldete Leistung vor. Der Umstand, daß der Bauantrag
bisher nicht beim Bauamt eingereicht worden ist, liegt allein im Verantwortungsbereich
der Beklagten, die, wie sie in zweiter Instanz nicht mehr bestreiten, nicht den für den
Bauantrag erforderlichen amtlichen Lageplan haben erstellen lassen. Die
Honorarrechnung der Kläger ist auch prüffähig, insbesondere beruht sie auf einer
ordnungsgemäßen Kostenermittlung, so daß der Honoraranspruch gemäß § 8 Abs. 1
HOAI fällig geworden ist.
Die von den Beklagten erhobenen Einwendungen gegen den Honoraranspruch sind
unbegründet. Im einzelnen gilt hierzu folgendes:
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1.
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Die Behauptung der Beklagten, die Planung der Kläger sei nicht genehmigungsfähig,
rechtfertigt keine Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens.
Die Beklagten behaupten keinen konkreten Verstoß gegen Vorschriften des
Bauordnungsrechts, der zwingend zur Zurückweisung des Baugesuchs führen würde.
Sie tragen vielmehr lediglich vor, daß die Planung der Kläger in einzelnen Punkten
wegen nicht hinreichender Abstimmung mit der Stadt M. nicht deren Vorstellung
entsprechen werde, so daß mit einer Versagung der Genehmigung zu rechnen sei.
Hierbei handelt es sich jedoch um bloße Spekulation. Wie sich die Stadt M. zu der
Planung stellen wird, kann sich erst im Prüfungsverfahren ergeben. Dies gilt für alle von
den Beklagten in diesem Zusammenhang angesprochenen Teile des Entwurfs, nämlich
für die von den Klägern geplante Ecklösung und für die Planung der Tiefgarage
einschließlich der Anzahl der Stellplätze und der Anbindung der Tiefgarage an die K..
Bevor der fertiggestellte Bauantrag nicht eingereicht und das Prüfungsverfahren der
Baubehörde durchgeführt ist, läßt sich das Ergebnis dieser Prüfung nicht vorweg
nehmen. Die Beklagten haben auch keine konkreten Äußerungen der zuständigen
Baubehörde vorgetragen, aus denen sich ergeben würde, daß die Planung der Kläger
nicht genehmigungsfähig sei oder auf erhebliche Bedenken stoße. Auch ihre
Ausführungen auf Seite 2 ihres Schriftsatzes vom 06.11.1995 (Bl. 264 d.A.) über ihre
Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Abschnittsleiter des Bauamtes der Stadt M. sind
insoweit unergiebig, da die von ihnen geschilderten Auskünfte dieses Bediensteten
nichts zu der konkreten Bauplanung der Kläger besagen. Unter diesen Umständen sind
die Behauptungen der Beklagten zu der mangelnden Genehmigungsfähigkeit der
Bauplanung als ins Blaue hinein aufgestellte Mutmaßungen anzusehen. Eine
Beweisaufnahme hierüber würde auf eine unzulässige Ausforschung hinauslaufen.
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2.
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Unbeachtlich ist das Vorbringen der Beklagten ferner, soweit sie bestreiten, daß die
Anforderung der Stadt M. nach einer Grundflächenzahl (GRZ) von 0,6 eingehalten wird.
Die Kläger haben in ihrem Bauantrag eine Grundflächenzahl von 0,51 ausgewiesen.
Wenn die Beklagten dies rechnerisch bestreiten wollen, müssen sie eine
Gegenrechnung vornehmen und im einzelnen darlegen, welche Grundflächenzahl sich
bei richtiger Berechnung ergibt. Dies ist jedoch nicht geschehen. Im übrigen müßte der
erstmals in der Berufungsinstanz erhobene Berechnungseinwand, wenn er erheblich
wäre, auch gemäß § 528 ZPO als verspätet zurückgewiesen werden, da die nur durch
ein Sachverständigengutachten mögliche Klärung der Streitfrage den Rechtsstreit
verzögern würde.
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3.
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Soweit die Beklagten beanstanden, daß die von der Stadt M. für erforderlich gehaltenen
Nachbarbeteiligungen unterblieben seien, müssen sie sich entgegenhalten lassen, daß
die Nachbarbeteiligung nicht zu den Aufgaben des planenden Architekten gehört. Die
Beklagten tragen auch nicht konkret vor, ob und gegebenenfalls wann und mit welchen
Vorgaben sie an die Kläger mit dem Wunsch, die Nachbarbeteiligung zu übernehmen,
herangetreten sind. Andererseits wußten die Beklagten aber aus dem Vorbescheid der
Stadt M., daß eine solche Nachbarbeteiligung erforderlich war. Sie hätten daher selbst
das Erforderliche zur Beteiligung der Nachbarn veranlassen müssen und könnten dies
im übrigen auch noch während des laufenden Genehmigungsverfahrens nachholen.
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4.
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Aus den gleichen Gründen können die Beklagten den Klägern auch nicht zum Vorwurf
machen, daß die Grünflächenplanung bisher nicht erstellt sei. Dies war nicht Aufgabe
der Kläger, sondern eines Fachplaners. Die Beklagten wußten aus dem Vorbescheid
der Stadt M. von der Erforderlichkeit einer Grünflächenplanung. Es war ihre Sache,
hierfür einen Fachplaner zu beauftragen. Sie können den Klägern auch nicht
entgegenhalten, daß diese ihnen keinen Fachplaner benannt haben. Da es sich bei den
Beklagten um Gesellschaften mit einschlägiger Erfahrung in der Baubranche handelt,
durften die Kläger davon ausgehen, daß den Beklagten die betreffenden Fachplaner
bereits bekannt waren oder daß sie bei Bedarf bei den Klägern nachfragen würden. Daß
eine solche Nachfrage gestellt worden ist und die Kläger hierauf untätig geblieben sind,
haben die Beklagten nicht dargelegt.
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5.
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Die Beklagten bestreiten zu Unrecht die Prüffähigkeit der Rechnung. Gemäß § 10 Abs.
1 HOAI richtet sich das Honorar für Grundleistungen nach den anrechenbaren Kosten
des Objekts. § 10 Abs. 2 HOAI bestimmt, daß die anrechenbaren Kosten nach DIN 276
zu ermitteln sind, und zwar für die Leistungsphasen 1 - 4 nach der Kostenberechnung,
und solange diese nicht vorliegt, nach der Kostenschätzung. Die Kläger haben unter
dem 17.01.1994 eine Kostenschätzung erstellt, die mit Gesamtkosten von
29.844.490,00 DM abschließt. Die Beklagten tragen zwar vor, daß sich aus dieser
Kostenschätzung lediglich anrechenbare Kosten von 24.952.000,00 DM entnehmen
ließen. Die Kläger sind jedoch in ihrer Honorarrechnung zugunsten der Beklagten noch
unter diesem Betrag geblieben und haben die anrechenbaren Kosten nur mit
23.000.000,00 DM netto angesetzt. Es kann daher nicht angenommen werden, daß die
Kläger die anrechenbaren Kosten zu hoch angesetzt haben.
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6.
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Nicht zu beanstanden ist die Abrechnung der Kläger auch insoweit, als sie den
Höchstsatz der Honorarzone III, der dem Mindestsatz der Honorarzone IV entspricht,
herangezogen haben. Zwar ist die mündlich getroffene Vereinbarung der Parteien über
die Anwendung des Höchstsatzes der Honorarzone III unwirksam, da die nach § 4 Abs.
4 HOAI erforderliche Schriftform nicht eingehalten wurde, so daß die jeweiligen
Mindestsätze als vereinbart gelten. Mit dem Landgericht ist aber davon auszugehen,
daß das Bauvorhaben in die Honorarzone IV fällt, da es sich um ein Gebäude mit
überdurchschnittlichen Planungsanforderungen handelt. Die Kläger haben die
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Tatsachen, aus denen sich die überdurchschnittlichen Anforderungen ergeben, in erster
Instanz eingehend und nachvollziehbar dargelegt (verwinkeltes Grundstück, Fronten an
drei Straßen, Anpassung an die Nachbarbebauung, unterschiedliche Funktionsbereiche
in den einzelnen Baukörpern usw.). Die Beklagten bestreiten diese Tatsachen nicht,
sondern setzen dem Vorbringen der Kläger lediglich eine andere Bewertung entgegen.
Ihre Auffassung, daß das geplante Gebäude nur durchschnittlichen
Planungsanforderungen entspreche, vermag jedoch nach den aufgezeigten Merkmalen
nicht zu überzeugen. Im übrigen ist es auch nicht nachvollziehbar, daß Planungen, die
von den Beklagten im Zusammenhang mit der angeblich fehlenden
Genehmigungsfähigkeit des Bauantrags als komplex und schwierig geschildert werden,
nunmehr im Zusammenhang mit der Einordnung in die betreffende Honorarzone als
einfach und durchschnittlich bewertet werden sollen. Die vorgetragenen unstreitigen
Besonderheiten des geplanten Gebäudes rechtfertigen vielmehr die Annahme
überdurchschnittlicher Planungsanforderungen. Es gilt daher der Mindestsatz der Zone
IV, der dem mangels schriftlicher Vereinbarung nicht anwendbaren Höchstsatz der Zone
III entspricht.
Aber selbst wenn die Planung der Kläger lediglich in die Honorarzone III einzuordnen
wäre, müßte ihnen ein Anspruch auf den Höchstsatz dieser Zone zugebilligt werden, da
die Berufung der Beklagten auf die Formunwirksamkeit der entsprechenden
Honorarvereinbarung gegen Treu und Glauben verstößt. Die Beklagten haben auf das
Honorarangebot der Kläger vom 17.08.1993 durch Schreiben ihres anwaltlichen
Vertreters vom 21.10.1993 mitteilen lassen, daß die Beauftragung mit den
Leistungsphasen 1 - 4 auf der Grundlage des Honorarangebots der Kläger erfolge und
daß dieses Honorarangebot der Geschäftsführerin der Beklagten zu 2) zur Unterschrift
zugeleitet worden sei. Für die Kläger war daraus zu entnehmen, daß die Beklagten mit
der Honorarvereinbarung einverstanden waren und daß die gegengezeichnete
Vereinbarung alsbald bei ihnen eintreffen werde. Die Beklagten haben damit die Kläger
veranlaßt, ihre Planungsarbeiten im Vertrauen auf ein wirksames Zustandekommen der
Honorarabrede fortzusetzen. Bei dieser Sachlage ist es treuwidrig und mit dem
vorangegangenen Verhalten der Beklagten unvereinbar, wenn die Beklagte zu 1)
später, nachdem die Planungsarbeiten abgeschlossen sind, die damals ausdrücklich
gebilligte Honorarabrede nicht gegen sich gelten lassen will.
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7.
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Die Beklagten vermögen schließlich die Honorarabrechnung auch nicht mit der
Begründung zu kürzen, daß die Kläger nicht alle Einzelleistungen der jeweiligen
Leistungsphase erbracht hätten. Führt ein Architekt einzelne Teilleistungen, die im
Architektenvertrag mit einem bestimmten Prozentsatz der Gesamtleistung bewertet sind,
nur unvollständig aus, so verringert sich sein Vergütungsanspruch nicht (BGH, NJW
1966, 1713; BGH, NJW 1982, 1387). Dies gilt sogar dann, wenn das Architektenwerk
nicht mangelfrei erbracht, aber abgenommen ist (BGH, NJW 1982, 1387). Der Bauherr
ist in diesem Fall durch seine Gewährleistungsansprüche hinreichend geschützt. Es
kann demnach offenbleiben, ob die Leistungen der Kläger tatsächlich in einzelnen
Punkten unvollständig sind. Die Kläger haben auch in diesem Fall Anspruch auf die
volle Höhe des von ihnen berechneten Honorars.
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Der vom Landgericht zuerkannte Zinsanspruch ist gemäß §§ 284, 286, 288 BGB
begründet. Die Kläger waren gemäß § 8 Abs. 2 HOAI bereits vor Erteilung der
Schlußrechnung berechtigt, von den Beklagten Abschlagszahlungen zu verlangen.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2, 97, 281 Abs. 3 ZPO, die Entscheidung
über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und zugleich Urteilsbeschwer: 550.476,25 DM.
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