Urteil des OLG Köln vom 22.04.2004

OLG Köln: steuerberater, beendigung, unternehmen, student, honorarforderung, widerklage, kausalität, beratung, unterlassen, kündigung

Oberlandesgericht Köln, 8 U 77/03
Datum:
22.04.2004
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
8. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
8 U 77/03
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 20 O 260/02
Tenor:
Die Berufung des Beklagten gegen das am 28.5.2003 verkündete Urteil
der 20. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 20 O 260/02 - wird
zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe
von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der
Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
2
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Zahlung von 38.836,22 EUR nebst Zinsen in
Anspruch wegen Verletzung von Pflichten aus einem Rechtsanwaltsmandat, weil der
Beklagte angeblich berechtigte Schadensersatzansprüche in gleicher Höhe wegen
Pflichtverletzungen seines Steuerberaters habe verjähren lassen.
3
Der Kläger betreibt ein Architekturbüro. Dort beschäftigte er von Oktober 1990 bis
November 1998 den Zeugen C als studentischen Mitarbeiter zu einem monatlichen
Gehalt von anfangs 1.300,00 DM. Sozialabgaben führte der Kläger für ihn nicht ab.
Nach einer Betriebsprüfung der LVA Rheinprovinz erging gegen den Kläger am
8.10.1998 ein Nachforderungsbescheid, mit dem u.a. für den Zeugen C
nachzuentrichtende Sozialversicherungsbeiträge an die B in Höhe von 75.957,06 DM
(38.836,22 EUR) festgesetzt wurden, weil der Zeuge C im Prüfungszeitraum von 1994
4
bis Oktober 1998 aufgrund der hohen Anzahl der von ihm geleisteten Stunden
versicherungspflichtig war. Gegen diesen Bescheid legte der Kläger durch seinen
Steuerberater O Widerspruch ein, der mit Bescheid vom 19.1.1999 zurückgewiesen
wurde.
Spätestens mit Schreiben vom 12.11.1998 beauftragte der Kläger den Beklagten mit der
Prüfung möglicher Schadensersatzansprüche gegen den Steuerberater O. Mit
Schreiben vom 5.6.2000 meldete der Beklagte Schadensersatzansprüche gegenüber O
an, die dieser mit Schreiben vom 19.6.2000 zurückwies. Zu diesem Schreiben Os nahm
der Kläger gegenüber dem Beklagten mit Schreiben vom 16.8.2000 Stellung. In der
Folgezeit wurde der Beklagte gegen O nicht weiter tätig.
5
Der Kläger hat behauptet, der Beklagte habe schuldhaft seine Pflichten aus dem
Anwaltsvertrag verletzt, indem er einen Schadensersatzanspruch gegen den
Steuerberater O habe verjähren lassen bzw. es pflichtwidrig unterlassen habe, ihn, den
Kläger, vor Ablauf der Verjährungsfrist auf die drohende Verjährung hinzuweisen. Der
Schadensersatzanspruch gegen O sei auch begründet gewesen. O, der seit mehr als 20
Jahren mit der umfassenden Betreuung aller steuerlichen Vorgänge in seinem
Unternehmen betraut gewesen sei, habe pflichtwidrig und schuldhaft den Zeugen C
steuerlich als Studenten behandelt, obwohl er aufgrund der ihm übergebenen
Unterlagen und in Kenntnis der einschlägigen Rechtsprechung hätte wissen und
erkennen müssen, dass schon aufgrund der geleisteten Stundenzahl eine Qualifizierung
als Student versicherungsrechtlich nicht in Betracht kam.
6
Weiter hat der Kläger behauptet, die von C auszuführenden Arbeiten hätten dem
Leistungsbild eines studentischen Mitarbeiters entsprochen. Hätte er gewusst, dass für
C Sozialabgaben in voller Höhe abzuführen gewesen wären, hätte er auf eine
Reduzierung der Stundenzahl bzw. Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses
gedrungen und einen oder mehrere weitere Studenten eingestellt. Durch die
Nachzahlung der Sozialabgaben habe er einen Schaden erlitten, den er nicht erlitten
hätte, wenn der Steuerberater O ihn richtig beraten bzw. den Mitarbeiter C richtig geführt
hätte.
7
Der Beklagte ist dem Vorbringen des Klägers entgegengetreten. Er hat behauptet, die
Beurteilung der Sozialpflichtigkeit von Mitarbeitern habe nicht dem Steuerberater O
oblegen. Diesem seien insoweit auch nur unzureichende Unterlagen überreicht worden.
8
Der Beklagte hat ferner behauptet, der Kläger habe ihm keinen Klageauftrag, sondern
lediglich einen Beratungsauftrag erteilt, den er am 4.1.1999 ausgeführt und mit dem
Ergebnis abgeschlossen habe, dass der ihm mitgeteilte Sachverhalt einen
Schadensersatzanspruch gegen O nicht hergebe. Er habe daher dem Kläger mangels
Erfolgsaussichten von einer Klage abgeraten. Das Schreiben vom 5.6.2000 habe er aus
Gefälligkeit verfasst, um die ihm vom Kläger mitgeteilte Kulanzbereitschaft der
Berufshaftpflichtversicherung des Steuerberaters auszuschöpfen.
9
Widerklagend hat der Beklagte die Bezahlung von Honorar in Höhe von 899,14 EUR für
das Mandat geltend gemacht.
10
Das Landgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme, wegen deren
Einzelheiten auf den Beweisbeschluss vom 5. Februar 2003 (Bl. 63 f. GA) und die
Sitzungsniederschrift vom 7.5.2003 (Bl. 76 ff. GA) Bezug genommen wird, unter
11
Abweisung der weitergehenden Klage und der Widerklage, den Beklagten verurteilt, an
den Kläger 37.937,08 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen
Zentralbank seit dem 19.4.2002 zu zahlen. Zur Begründung hat das Landgericht im
wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger gegen den Beklagten einen Anspruch auf
Schadensersatz aus positiver Vertragsverletzung wegen schuldhafter Verletzung des
Anwaltsvertrages habe, weil dieser den Kläger nicht rechtzeitig auf eine drohende
Verjährung von Schadensersatzansprüchen gegen O hingewiesen und vielmehr dem
Kläger von einer Klageerhebung gegen O mangels Aussicht auf Erfolg abgeraten habe.
Dadurch seien begründete Schadensersatzansprüche gegen O verjährt. O hätte den
Kläger im Rahmen des bestehenden Steuerberatungsmandates darauf hinweisen
müssen, dass der Zeuge C aufgrund der mitgeteilten Stundenzahl
sozialversicherungsrechtlich nicht mehr als Student geführt werden könne. Der Zeuge O
habe dies pflichtwidrig und schuldhaft unterlassen. Dieser Beratungsfehler Os habe bei
dem Kläger zu einem kausalen Schaden in Höhe der für C zu leistenden
Sozialversicherungsabgaben geführt, weil davon auszugehen sei, dass der Kläger bei
entsprechender Beratung durch den Steuerberater O die Stundenzahl Cs gekürzt hätte.
In Höhe von 899,14 EUR sei die Klageforderung indes infolge der Aufrechnung des
Klägers gegenüber dem mit der - demzufolge unbegründeten - Widerklage geltend
gemachten Honoraranspruch des Beklagten untergegangen.
Wegen der Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf die
Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 85 - 94 GA) Bezug genommen.
12
Der Beklagte hat gegen das Urteil frist- und formgerecht Berufung eingelegt und sein
Rechtsmittel, mit dem er seinen erstinstanzlichen Klageabweisungsantrag und den
Widerklageantrag weiter verfolgt, ordnungsgemäß begründet. Der Beklagte meint, das
Landgericht habe bereits verkannt, dass die Klage unschlüssig sei, weil der
Steuerberater O keinen umfassenden Beratungsauftrag gehabt habe. Auch bei seiner
Vernehmung habe der Zeuge O bekundet, dass er stets nur auf konkrete Nachfrage eine
Beratung geleistet habe. Hinsichtlich der Sozialpflichtigkeit des Zeugen C habe der
Kläger jedoch nie bei dem Steuerberater angefragt. Aus dem Schreiben Os vom
19.6.2000 ergebe sich zudem, dass er den Kläger durch generelle Hinweise auf die
Sozialpflichtigkeit eines studentischen Mitarbeiters und konkrete Hinweise durch seine
Mitarbeiterin an eine Mitarbeiterin des Klägers in ausreichendem Maße informiert habe.
Des weiteren habe das Landgericht verkannt, dass der Vortrag des Klägers zu seinem
hypothetischen beratungsgerechten Verhalten, nämlich der Reduzierung der
Stundenzahl Cs und Einstellung weiterer studentischer Mitarbeiter, das er weiterhin
bestreite, bereits unschlüssig gewesen sei. Bei dem Zeugen C habe es sich außerdem
um einen unentbehrlichen Mitarbeiter gehandelt, was der Beklagte im einzelnen
ausführt, der sich gegen eine Kündigung sicherlich gewehrt hätte, soweit dem Kläger
überhaupt ein (Änderungs-) Kündigungsgrund zur Seite gestanden hätte. Der Beklagte
weist ferner darauf hin, dass die Hälfte der Sozialversicherungsbeiträge von C zu tragen
gewesen wären, der sich die Hälfte der Beiträge von seinem Lohn hätte abziehen
lassen müssen. Schließlich meint der Beklagte, dass der Kläger sich als "Sowieso-
Kosten" die Kosten einer Prozessführung gegen O in Höhe von mindestens 4.587,31
EUR abziehen lassen müsse.
13
Der Beklagte beantragt,
14
das Urteil des Landgerichts Köln vom 28.5.2003 teilweise abzuändern und
15
1.
16
die Klage abzuweisen,
17
2.
18
den Kläger zu verurteilen, an ihn 899.14 EUR zu zahlen.
19
Der Kläger beantragt,
20
die Berufung zurückzuweisen.
21
Der Kläger verteidigt das angefochtene Urteil und tritt den Behauptungen und
Rechtsansichten des Beklagten im einzelnen entgegen.
22
Auf Hinweis des Senates hat er zur Organisation seines Architekturbüros und zu Art und
Umfang der Tätigkeit Cs im einzelnen vorgetragen.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens des Klägers wird Bezug genommen
auf die Berufungserwiderung vom 27.11.2003 (Bl. 128 ff. GA), 12.1.2004 (Bl. 141 ff. GA).
24
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die
Berufungsbegründung vom 22.9.2003 (Bl. 116 ff. GA) sowie auf den Schriftsatz vom
20.2.2004 (Bl. 150 f. GA) Bezug genommen.
25
Der Senat hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen C. Wegen des
Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Sitzungsprotokoll vom 1.4.2004 (Bl. 165
f. GA) verwiesen.
26
II.
27
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten ist zulässig. Das
Rechtsmittel hat in der Sache aber keinen Erfolg.
28
Das Landgericht hat den Beklagten im Ergebnis zu Recht unter Berücksichtigung der
Honorarforderung in Höhe von 899,14 EUR zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe
von 37.937,08 EUR nebst Zinsen verurteilt, weil der Beklagte schuldhaft
Pflichtverletzungen im Rahmen des Rechtsanwaltsmandates, das zwischen den
Parteien bestand, verletzt hat, dadurch Schadensersatzansprüche gegen den
Steuerberater O verjährt sind und dem Kläger der geltend gemachte Schaden
entstanden ist.
29
1.
30
Schadensersatzansprüche gegen O waren begründet. O hat seine Pflichten aus dem
zum Kläger bestehenden Steuerberatungsmandat verletzt und dem Kläger dadurch
einen Schaden in Höhe von 38.836,22 EUR entsprechend den von ihm für seinen
Mitarbeiter C nachzuzahlenden Sozialversicherungsbeiträgen verursacht.
31
a)
32
Das Landgericht ist insoweit zu Recht und in nicht zu beanstandender Weise vom
Vorliegen eines umfassenden Beratungsvertrages mit entsprechenden Hinweispflichten
auch über die Sozialpflichtigkeit des Mitarbeiters C ausgegangen. In seinem Schreiben
vom 19.6.2000 hat der Zeuge O angegeben, dass er den Kläger seit 1980 steuerlich
betreut, "auch" im Bereich der Lohnbuchhaltung (Bl. 61 Anlagenheft). Bei seiner
Vernehmung vor der Kammer hat der Zeuge weiter angegeben, dass er mit allen
Angelegenheiten im weitesten Sinne betreffend die Steuerabschlüsse, die
Steuerlohnerstellung und der Buchführung befasst war. Diese Angaben stimmen
überein mit der vom Kläger beispielhaft vorgelegten Rechnung Os vom 27.1.1997 (Bl.
63 Anlagenheft), in der die Tätigkeiten Os im einzelnen und vom Beklagten unbestritten
aufgeführt sind. Das Bestehen eines umfassenden Beratungsmandats zwischen dem
Kläger und O ist daher schon aufgrund dieser objektiven Feststellungen nicht
zweifelhaft, ohne dass es auf die entsprechende Aussage Os noch ankäme. Bei einem
umfassenden Beratungsmandat wie hier hatte O den Kläger auch ungefragt über die
mögliche Sozialversicherungspflicht des Mitarbeiters C belehren müssen (vgl. OLG
Hamburg GI 1995, 258; Gräfe/Lenzen/Schmeer, Steuerberaterhaftung, 3. Aufl. 1998,
Rdn. 311; BGH WM 1994, 602, 603; OLG Bremen GI 2002, 213 ff.; OLG Düsseldorf GI
2001, 298 ff.; OLG Düsseldorf GI 2002, 271 ff.). Das gilt auch dann, wenn Beratungen
grundsätzlich nur auf Anfrage erfolgten. Eine solche tatsächliche Handhabung beseitigt
nicht die im Einzelfall bestehende Pflicht des Steuerberaters, den Mandanten auch
ungefragt zu belehren, wenn er erkennt oder erkennen muss, dass der Mandant Gefahr
läuft, steuer- oder sonstige abgabenrechtliche Nachteile zu erleiden. Das war hier der
Fall, da der Steuerberater O aufgrund der für C angegebenen Stundenzahl - ebenso wie
die LVA - erkennen musste, dass die Beschäftigung Cs in dem geleisteten Umfang
sozialversicherungspflichtig war. Allgemeine Hinweise und Hinweise an eine
Sachbearbeiterin des Klägers reichten insoweit aus den vom Landgericht auf S. 8 der
angefochtenen Entscheidung (Bl. 92 GA) angeführten Gründen, auf die zur Vermeidung
von Wiederholungen Bezug genommen wird, nicht aus, zumal es bei diesen Fragen
nicht nur um reine Lohnbuchhaltung ging; eine mögliche Sozialversicherungspflicht
konnte vielmehr erhebliche Auswirkungen auf die Gestaltung des Arbeitsvertrages
haben, was auf Sachbearbeiterebene nicht zu erledigen ist.
33
b)
34
Der Senat ist ferner nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und unter
Berücksichtigung der dem Kläger zum Nachweis der haftungsausfüllenden Kausalität
zukommenden Beweiserleichterung gem. § 287 ZPO (vgl. BGH NJW-RR 2001, 1351,
1353; BGH NJW 2000, 509) davon überzeugt, dass der vom Kläger geltend gemachte
Schaden durch die Aufklärungspflichtverletzungen Os verursacht worden ist.
35
Der Senat geht davon aus, dass der Kläger bei entsprechenden Hinweisen des
Steuerberaters den Zeugen C nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr in einem Umfange
weiter beschäftigt hätte, der die Sozialversicherungspflichtigkeit begründete, sondern an
dessen Stelle oder - bei Reduzierung der Stundenzahl - zusätzlich weitere Studenten so
angestellt hätte, dass Sozialversicherungsbeiträge weder für C noch für sie zu zahlen
gewesen wären.
36
Dem beweisbelasteten Kläger kommen insoweit, da es sich dabei um die
haftungsausfüllende Kausalität handelt, Beweiserleichterungen zugute; es gilt nicht §
286 ZPO, sondern § 287 ZPO. Das wirkt sich schon auf die Darlegungslast des
Geschädigten aus. Es genügt, dass er Tatsachen vorträgt und unter Beweis stellt, die für
37
eine Beurteilung nach § 287 ZPO ausreichende greifbare Anhaltspunkte bieten (BGH
NJW 2000, 509). Derart ausreichende Anhaltspunkte hat der Kläger jedenfalls mit
seinen Ausführungen im Schriftsatz vom 12.1.2004 schlüssig vorgetragen und durch die
Aussage des Zeugen C bewiesen. Danach war der Zeuge C trotz der von ihm
geleisteten hohen Anzahl von Arbeitsstunden nicht ein besonders qualifizierter
Mitarbeiter, der für das Unternehmen des Klägers unentbehrlich oder jedenfalls nur
schwer und nicht durch andere studentische Mitarbeiter zu ersetzen gewesen wäre. Der
Zeuge C hat vielmehr glaubhaft bekundet, dass er die gleiche Arbeit geleistet habe, wie
andere studentische Mitarbeiter, ungeachtet dessen, ob sie bereits genauso lange beim
Kläger beschäftigt waren wie er und/oder weniger Stunden leisteten. Auch er selbst hat
sich lediglich als Aushilfskraft gesehen und eingeräumt, dass er durchaus ersetzbar
gewesen sei; seine Arbeit hätte jeder andere auch machen können. Nachdem der
Zeuge weiter bestätigt hat, dass seine Tätigkeit Ende Mai 1998, jedenfalls in zeitlichem
Zusammenhang mit dem Erlass des Bescheides der LVA Rheinprovinz vom 8.10.1998,
ohne weiteres ihren Abschluss gefunden habe, ist der Senat auch davon überzeugt,
dass der Kläger den Zeugen C entlassen hätte, oder seine Arbeitszeit zumindest
reduziert und durch weitere Mitarbeiter ersetzt hätte, wenn der Steuerberater O ihm
mitgeteilt hätte, dass C aufgrund seiner hohen Arbeitsleistung nicht mehr
sozialversicherungsfrei beschäftigt werden könnte, ohne dass dem tatsächliche oder
rechtliche Hinderungsgründe entgegengestanden hätten. Dagegen spricht nicht, dass
dem Kläger im Jahre 1998 eine Beendigung der Beschäftigung Cs betriebsbedingt
wegen Verschlechterung der Auftragslage entgegenkam. Selbst wenn dies
mitursächlich für die Beendigung war, spricht dieser Aspekt immerhin dafür, dass der
Kläger durchaus wirtschaftliche Erwägungen in den Vordergrund stellte und nicht allein
freundschaftliche Beziehungen oder soziale Fürsorge für eine Weiterbeschäftigung
ausreichen ließ. Dass dies im Jahre 1994 anders gewesen sein könnte und der Kläger
C trotz der Abgabenlast weiter beschäftigt hätte, obwohl es die wirtschaftliche
Möglichkeit der Aufteilung der Arbeit auf mehrere Studenten gab, ist nicht anzunehmen.
Gleichfalls ist es Spekulation, dass der Zeuge C sich bei einer etwaigen Entlassung im
Jahre 1994 oder auch nur bei einer Reduzierung seiner Arbeitszeit auf das
ursprüngliche Maß arbeitsrechtlich erfolgreich gewehrt hätte. Der Zeuge C hat das Ende
seiner Beschäftigung, dem noch nicht einmal eine ausdrückliche Kündigung
vorausging, ohne weiteres hingenommen. Seiner eindeutigen Aussage nach war auch
nicht der angestrebte Abschluss seines Studiums Motivation für die Beendigung,
sondern umgekehrt nahm er die Beendigung zum Anlass, sich wieder dem Studium zu
widmen und es abzuschließen. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dies im
Jahre 1994 anders gewesen wäre, noch dazu in Kenntnis des Umstandes, dass eine
weitere Beschäftigung im bisherigen Umfange auch für ihn selbst Abgaben hätte
auslösen können. Dafür hat auch der Beklagte nichts vorgetragen.
2.
38
Dieser nach alledem begründete Schadensersatzanspruch gegen den Zeugen O ist
aufgrund einer schuldhaften anwaltlichen Pflichtverletzung des Beklagten verjährt, so
dass der Beklagte dem Kläger Schadensersatz in gleicher Höhe zu leisten hat. Zur
Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die zutreffenden Ausführungen in
der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen, denen der Beklagte insoweit auch
nicht entgegengetreten ist. Der dem Kläger zu ersetzende Schaden beläuft sich
entsprechend dem Schadensersatzanspruch gegen O auf 38.836,22 EUR. Der Einwand
des Beklagten, dass der Zeuge C die Hälfte der Sozialversicherungsabgaben hätte
zahlen müssen, ist unerheblich. Da C tatsächlich keine Zahlungen geleistet hat, trägt
39
der Kläger den gesamten Schaden, da er die Abgaben insgesamt nachentrichten
musste. Einen Anspruch auf Abtretung möglicher Bereicherungsansprüche gegen C
gem. § 255 BGB hat der Beklagte nicht geltend gemacht (§ 273 BGB; vgl. Palandt-
Heinrichs, BGB, 63. Aufl., 2004, § 255 Rdn. 7). Der Schadensersatzanspruch des
Klägers ist schließlich nicht um "Sowieso-Kosten" einer Prozessführung gegen O zu
kürzen. Dieser Einwand des Beklagten ist ebenfalls unerheblich, weil der Kläger mit
einer Regress-Klage gegen O, wie vorstehend ausgeführt, obsiegt und O die Kosten
dieses Verfahrens gem. § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen gehabt hätte.
Dem gemäß war der Schadensersatzanspruch des Klägers lediglich um die begründete
Honorarforderung in Höhe von 899,14 EUR zu kürzen.
40
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
41
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen
Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert (§§ 542 Abs.
1, 543 Abs. 1, Abs. 2 ZPO). Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreites waren
überwiegend Tatsachenfragen. Rechtsfragen grundsätzlicher Natur, die über den
konkreten Einzelfall hinaus von Interesse sein könnten, haben sich nicht gestellt und
waren nicht zu entscheiden.
42
Streitwert für das Berufungsverfahren: 38.836,22 EUR (§ 19 Abs. 1 S. 1 GKG).
43