Urteil des OLG Köln vom 05.02.2007

OLG Köln: neues vorbringen, anweisung, bereicherung, beweislast, entreicherung, vollmacht, käufer, beweiswürdigung, valutaverhältnis, verjährung

Oberlandesgericht Köln, 13 U 200/06
Datum:
05.02.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
13 U 200/06
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 3 O 338/05
Tenor:
Die Beklagte wird darauf hingewiesen, dass der Senat beabsichtigt, die
Berufung gegen das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Köln
vom 28. November 2006 - 3 O 338/05 – gemäß § 522 Abs.2 ZPO durch
einstimmigen Beschluss zurückzuweisen; ihr wird Gelegenheit zur
Stellungnahme bis zum 02. März 2007 gegeben.
G r ü n d e
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I.
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Der Senat vermag der Berufung der Beklagten keine Erfolgsaussicht beizumessen.
Die Angriffe der Berufung geben weder Veranlassung zu einer der Beklagten
günstigeren Beurteilung noch wirft die Sache ungeklärte Rechtsfragen auf, deren
Bedeutung über den Einzelfall hinausgeht und deren Klärung im Interesse der
Fortbildung des Rechts oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine
Entscheidung des Berufungsgerichts erfordern könnten. Zur Vermeidung von
Wiederholungen nimmt der Senat zunächst auf die Gründe der angefochtenen
Entscheidung Bezug. Das Berufungsvorbringen gibt lediglich Anlass zu folgenden
ergänzenden Ausführungen.
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1. Die Annahme des Landgerichts, die Beweislast für das Vorliegen der
Voraussetzungen einer Rechtsscheinhaftung liege bei der Beklagten, ist nicht zu
beanstanden.
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a) Grundlage des von der Klägerin geltend gemachten Anspruchs ist die
Nichtleistungskondiktion gemäß § 812 Abs.1 Satz 1 Alt.2 BGB. Einen derartigen
unmittelbaren Anspruch des Angewiesenen gegen den Zuwendungsempfänger sieht
die Rechtsprechung in Ausnahme von dem Grundsatz, dass in den sogenannten
Anweisungsfällen der Bereicherungsausgleich "im Dreieck" (also zwischen
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Anweisendem und Angewiesenem sowie zwischen Anweisendem und
Zuwendungsempfänger) zu erfolgen hat, ausnahmsweise dann als gegeben an,
wenn eine wirksame Anweisung des Anweisenden nicht vorlag, und zwar
unabhängig davon, ob der Angewiesene oder der Zuwendungsempfänger vom
Fehlen der Anweisung Kenntnis hatte (vgl. BGH, Urteil vom 03.02.2004, XI ZR
125/03, BGHZ 158, 1 ff., und Urteil vom 30.03.2004, XI ZR 145/03, BGHR BGB § 812
Abs.1 Direktkondiktion 1).
b) Dass die dem Treuhänder erteilte Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art 1 § 1
RBerG nichtig ist, hat das Landgericht zutreffend dargelegt und wird auch von der
Berufung nicht in Frage gestellt. Damit aber fehlte es grundsätzlich an einer
wirksamen Anweisung, was - wie oben dargelegt - zur Folge hat, dass der
Angewiesene (hier: die Klägerin) vom Zuwendungsempfänger (hier: der Beklagten)
Herausgabe des Zugewendeten nach den Grundsätzen der Nichtleistungskondiktion
verlangen kann.
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c) Soweit sich die Beklagte nunmehr darauf beruft, die Vollmacht sei unter
Rechtsscheingesichtspunkten gemäß § 172 BGB als wirksam zu behandeln mit der
Folge, dass eine dem Anweisenden unter Rechtsscheingesichtspunkten
zurechenbare Anweisung vorgelegen habe und demzufolge ein
Bereicherungsausgleich "im Dreieck" stattfinden müsse, trägt sie einen
Ausnahmetatbestand vor, so dass die Beweislast für die Voraussetzungen des § 172
BGB bei ihr liegt.
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Nicht anders ist die Sachlage im Übrigen, wenn der Anleger die Bank gemäß § 812
Abs.1 Satz 1 Alt.1 BGB auf Rückzahlung von ihm geleisteter Darlehensraten in
Anspruch nimmt und sich zur Begründung auf eine nichtige Treuhändervollmacht
beruft. In diesem Fällen entspricht es einhelliger und mit der Berufung auch nicht in
Frage gestellter Meinung, dass nicht der anspruchstellende Gläubiger, sondern die
Bank das Vorliegen der Voraussetzungen des § 172 BGB nachweisen muss.
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Aus den vorgenannten Erwägungen bedarf keiner Vertiefung, ob dem mit der
Nichtleistungskondiktion in Anspruch genommenen Zuwendungsempfänger generell
die Beweislast für das - die Nichtleistungskondiktion ausschließende - vorrangige
Leistungsverhältnis zu einem Dritten aufzuerlegen ist (so Palandt/Sprau, BGB, 66.
Aufl., § 812 Rz.106; Harke, JZ 2002, 179, 183).
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2. Die vom Landgericht vorgenommene Beweiswürdigung begegnet keinen
Bedenken, insbesondere hat die Kammer nicht gegen anerkannte Regeln der
Beweiswürdigung verstoßen. Der Zeuge G, der verständlicherweise keine
konkrete Erinnerung mehr an den Vorgang hatte, hat bekundet, man habe sich
seinerzeit grundsätzlich eine Ausfertigung der Vollmacht oder die
Originalvollmacht vorlegen lassen und die Ausfertigung zur Kreditakte genommen,
wo sie sich heute noch befinden müsste. Dem Zeugen Q fehlte ersichtlich
ebenfalls eine konkrete Erinnerung, er konnte nur allgemein berichten, was
seinerzeit üblicherweise von den Banken verlangt wurde. Dass die Kammer
angesichts der Aussage des Zeugen G, nach welcher die Klägerin üblicherweise
die ihr vorgelegten Ausfertigungen zur Kreditakte genommen hat, und der
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unstreitigen Tatsache, dass sich in der Kreditakte vorliegend lediglich die Kopie
einer Ausfertigung befindet, den Nachweis als nicht geführt angesehen hat, ist
nicht zu beanstanden.
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3. Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf einen Wegfall der Bereicherung
berufen.
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a) Wie die Kammer zutreffend dargelegt hat, ist die Beklagte ihres
Kaufpreisanspruchs gegen den Käufer N durch die Überweisung seitens der Klägerin
nicht verlustig gegangen, denn bei nichtiger Anweisung erzeugt die Zahlung im
Valutaverhältnis zwischen Kontoinhaber und Zuwendungsempfänger keine
Tilgungswirkung im Sinne des § 362 BGB (vgl. nur das bereits zitierte Urteil des BGH
vom 30.03.2004).
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b) Soweit die Beklagte mit dem nach Schluss der mündlichen Verhandlung beim
Landgericht eingegangen und gemäß § 296a ZPO unberücksichtigt gebliebenen
Schriftsatz vom 22.11.2006 sowie mit der Berufungsbegründung ergänzend zum
Wegfall der Bereicherung vorgetragen hat, ist ihr Vorbringen unerheblich, so dass die
Frage der Zurückweisung nach § 531 Abs.2 ZPO keiner Vertiefung bedarf.
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aa) Die Tatsache, dass die Beklagte den überwiesenen Geldbetrag seinerzeit
bestimmungsgemäß für die Anschaffungskosten etc. des Objekts verwandt hat, führt
nicht zum Wegfall der Bereicherung, denn die Beklagte hat insoweit noch
vorhandene Vermögensvorteile geschaffen (vgl. nur Palandt/Sprau, aaO., § 818
Rz.34); dass die Beklagte Ausgaben gemacht hat, die ohne Zahlung der Klägerin
unterblieben wären, lässt sich ihrem Vortrag nicht entnehmen.
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bb) Der Vortrag der Beklagten, ihr Kaufpreisanspruch gegen den Erwerber N sei
praktisch wertlos und zudem mit Ablauf des 31.12.2004 verjährt, ist ebenfalls
unerheblich. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs können
gemäß § 818 Abs.3 BGB nur solche Vermögensnachteile zu einer Entreicherung des
Bereicherungsschuldners führen, die bei wirtschaftlicher Betrachtung mit dem die
Grundlage der ungerechtfertigten Bereicherung bildenden Tatbestand jedenfalls in
einem adäquat ursächlichen Zusammenhang stehen (BGH, Urteil vom 30.03.2004, XI
ZR 145/03, BGHR BGB § 812 Abs.1 Direktkondiktion 1, m.w.N.). Daran fehlt es hier.
Die Vermögensverhältnisse des Käufers N haben sich unstreitig bereits nach
Abschluss des Kaufvertrages im Jahre 1998 nachhaltig verschlechtert, was auch
Grund dafür war, dass eine Endfinanzierung, mittels derer die Zwischenfinanzierung
abgelöst werden sollte, nicht zustande kam. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die
Beklagte im Vertrauen darauf, den überwiesenen Betrag behalten zu können, von
Maßnahmen gegen den Käufer abgesehen hat und diese Maßnahmen bis zum
angeblichen Eintritt der Verjährung ganz oder teilweise erfolgreich gewesen wäre,
lassen sich dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen.
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c) Bereits jetzt weist der Senat darauf hin, dass neues Vorbringen zu diesem Punkt
nicht zu berücksichtigen ist. Entgegen der Ansicht der Beklagten bedurfte es keines
Hinweises der Kammer, dass bezüglich der Rechtsfolgenseite des Anspruchs weiter
vorgetragen werden müsse. Die Frage einer etwaigen Entreicherung war bereits
erstinstanzlich problematisiert worden. Der Vortrag hierzu war unabhängig von der
Rechtsauffassung der Kammer zur Frage der Beweislast in Bezug auf die
Voraussetzungen des § 172 BGB, denn angesichts der angeordneten
Zeugenvernehmung musste die Beklagte damit rechnen, dass die Beweisaufnahme
für sie ungünstig ausgehen würde. Dann aber stellte sich die Frage des Wegfalls der
Bereicherung. Angesichts dessen hätte sie zu diesem Punkt von Anfang an
vollständig vortragen müssen.
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d) Der Senat weist zudem darauf hin, dass seiner Ansicht nach vieles für eine
Auslegung der Vereinbarung in § 16 des notariellen Kaufvertrages vom 30.12.1997
(Anlage K 3) dahingehend spricht, dass dem Erwerber ein Rücktrittsrecht (auch) dann
zusteht, wenn - wie vorliegend - die Endfinanzierung nicht zustande kommt. Geht man
weiterhin von einer wirksamen Ausübung des Rücktrittsrechts seitens des Käufers
aus, bedarf die Frage einer Entreicherung der Beklagten wegen
Nichtdurchsetzbarkeit der Kaufpreisforderung keiner Vertiefung, da ein solcher
Anspruch schon dem Grunde nach nicht besteht.
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II.
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Nach alledem wird es bei dem angefochtenen Urteil zu verbleiben haben und die
Berufung im Beschlusswege zurückzuweisen sein, falls die Beklagte nicht die ihr mit
der Stellungnahmefrist zugleich gebotene Gelegenheit zu einer kostengünstigeren
Rücknahme der Berufung wahrnimmt.
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