Urteil des OLG Köln vom 22.04.2002

OLG Köln: versicherungsnehmer, haftpflichtversicherung, fahrzeughalter, vertretung, interessenkollision, mwst, haftpflichtversicherer, gerichtsgebühr, datum, prozess

Oberlandesgericht Köln, 17 W 74/02
Datum:
22.04.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 74/02
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 4 O 83/00
Tenor:
Der angefochtene Beschluss vom 26.10.2000 wird unter Zurückweisung
des weitergehenden Rechtsmittels wie folgt geändert:
Aufgrund des Urteils des Landgerichts Aachen vom 19.7.2000 - 4 O
83/00 - sind von der Klägerin an Kosten 249,78 DM nebst 4 % Zinsen
seit 22.7.2000 an den Beklagten zu 1. zu erstatten.
Die nach einem Gegenstandswert von 249,78 DM angefallene
Gerichtsgebühr des Beschwerdeverfahrens trägt die Klägerin. Die
übrigen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Klägerin zu 14 %
und der Beklagte zu 1. zu 86 %.
G r ü n d e :
1
Die sofortige Beschwerde ist gemäß § 11 Abs. 1 RpflG i.V.m. § 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO
statthaft und auch im übrigen zulässig. In der Sache hat das Rechtsmittel überwiegend
Erfolg.
2
Mit Recht wendet sich die Beschwerde gegen die Festsetzung der vom Beklagten zu 1.
mit Schriftsatz vom 21.7.2000 (GA 71) angemeldeten Gebühren und Auslagen der
Rechtsanwälte K. und S., soweit diese einen Betrag von 249,78 DM übersteigen.
3
Die von den Beklagten angemeldeten Gebühren und Auslagen sind nach § 91 Abs. 1
Satz 1 ZPO im Umfang einer Prozess- und Verhandlungsgebühr und zweier 3/10-
Mehrvertretungszuschläge nach § 6 Abs. 1 BRAGO sowie im Verhältnis zu den
Beklagten zu 2. und 3. im Umfang einer Beweisgebühr erstattungsfähig, weil sie zur
zweckentsprechenden Rechtsverteidigung der Beklagten notwendig waren.
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Die verschiedentlich in der Rechtsprechung (Nachweise bei Zöller/Herget, ZPO, 22.
Aufl., § 91 Rn. 13 "Streitgenossen") vertretene Auffassung, es stehe jedem
Streitgenossen frei, einen eigenen Anwalt mit seiner Vertretung zu beauftragen, wird
vom beschließenden Senat nicht geteilt. Auch wenn kein Fall des späteren
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Anwaltswechsels nach § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO vorliegt, kommt eine Erstattung der
Kosten eines eigenen Anwalts nur in Betracht, soweit keine mißbräuchliche
Kostenerhöhung vorliegt. Ein solcher Mißbrauch ist allerdings anzunehmen in Fällen, in
denen aus sachlichen Gründen die Beauftragung je eines eigenen Anwalts nicht
geboten war (Nachweise bei Zöller/Herget, a.a.O.), was auch im Verhältnis zwischen
Fahrzeughalter als Versicherungsnehmer und Haftpflichtversicherung (OLG Karlsruhe
OLGR 1999, 100 m.w.N.; OLG München MDR 1995, 263; OLG Hamm MDR 1990, 1019)
sowie dem Mitversicherten (berechtigtem Fahrer - vgl. Senatsbeschl. vom 5.4.2000 - 17
W 98/00 - n.v.) gilt. Für den Erstbeklagten hatten sich - auch - die von der Beklagten zu
3. mandatierten Rechtsanwälte M. pp. zu Prozessbevollmächtigten bestellt. Deren
zeitlich der Mandatierung der Rechtsanwälte K. pp. vom 30.3.2000 (GA 18) mit
Schriftsatz vom 3.4.2000 (GA 19) nachfolgende Bestellung war indes rechtlich wirksam.
Die Beklagte zu 3. als Haftpflichtversicherer des gegnerischen Fahrzeugs war zu einer
entsprechenden anwaltlichen Bevollmächtigung ermächtigt. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 5 AKB
ist der Versicherer zwar nur ermächtigt, für sich und den Versicherungsnehmer einen
gemeinsamen Prozessbevollmächtigten zu bestellen (vgl. OLG München und OLG
Hamm, jeweils a.a.O.). Soweit es den vom Versicherungsnehmer verschiedenen Fahrer
anbetrifft, erstreckt sich das gesetzliche Mandatierungsrecht des Versicherers nach § 7
Abs. 2 Nr. 5 AKB hierauf nicht ausdrücklich. Gleichwohl unterfällt die Beauftragung
eines gemeinsamen Anwaltes durch die hinter dem Fahrzeughalter und dem
Mitversicherten (Fahrer) stehende Haftpflichtversicherung der "Abwehr unberechtigter
Ansprüche" im Sinne von § 10 Nr. 2 und 5 AKB. Soweit die Interessenlage des mit der
Klage ebenfalls in Anspruch genommenen Fahrers von derjenigen der mitverklagten
Halters und der Haftpflichtversicherung nicht abweicht oder sonst kollidiert, ist dieser
aus kostenerstattungsrechtlicher Sicht gehalten, sich desselben Anwaltes zu bedienen,
der vom Fahrzeugversicherer beauftragt ist oder wird. Bestellt ein Versicherer nach §§ 7
Abs. 2 Nr. 5, 10 Nr. 2 und 5 AKB zugleich für den Versicherungsnehmer und für
Mitversicherte einen gemeinsamen Prozessbevollmächtigten, so ist das Recht des
Versicherungsnehmers wie des Mitversicherten auf freie Anwaltswahl aus
erstattungsrechtlicher Sicht nicht mehr gegeben. Die durch die Beauftragung eines
zusätzlichen eigenen Prozessbevollmächtigten verursachten Mehrkosten sind
dementsprechend regelmäßig nicht prozessnotwendig und damit nicht erstattungsfähig.
Da vorliegend keinerlei Interessenkollision zwischen dem Beklagten zu 1. einerseits
und den Beklagten zu 2. und 3. andererseits bestanden hatte, können die mit der
Beauftragung eines eigenen Anwaltes durch den Beklagten zu 1. verbundenen Kosten
grundsätzlich nicht als notwendig angesehen werden.
Von den auf Seiten aller Beklagten entstandenen erstattungsfähigen Kosten sind durch
Kostenfestsetzungsbeschluss vom 11.4.2001 insgesamt 2.871,58 DM - zugunsten der
Beklagten zu 2. und 3. - festgesetzt worden. Nicht darin enthalten, aber gleichwohl noch
erstattungsfähig ist eine weitere 3/10-Erhöhungsgebühr nach § 6 Abs. 1 BRAGO, die
von den Rechtsanwälten M. pp. angemeldet, deren Festsetzung vom Rechtspfleger
indes unter Hinweis auf den vermeintlich eigenen Kostenerstattungsanspruch des
Beklagten zu 1. abgelehnt hatte. Da bei einer gemeinsamen Vertretung aller drei
Beklagter durch einen Anwalt aber eine weitere 3/10-Gebühr nach § 6 Abs. 1 BRAGO
entstanden wäre, ist in diesem Umfang ein Erstattungsanspruch der Beklagtenseite, der
allein noch vom Beklagten zu 1. im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens
verfolgt werden kann, anzuerkennen. Dies führt zur Festsetzung eines Betrages von
220,50 DM zuzüglich 29,28 DM MWST, insgesamt also eines Betrages von 249,78 DM
zugunsten des Beklagten zu 1.; auf diesen Betrag war der angefochtene Beschluss
abzuändern.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
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Streitwert für das Beschwerdeverfahren: (1.786,40 DM - 255,78 DM =) 1.530,62 DM
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