Urteil des OLG Köln vom 14.10.2009

OLG Köln (zeichen, kennzeichnungskraft, marke, abweisung der klage, geschäftsführung ohne auftrag, anschlussberufung, abmahnung, höhe, antrag, kreis)

Oberlandesgericht Köln, 6 U 44/09
Datum:
14.10.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 44/09
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 33 O 250/08
Normen:
MarkenG §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 2 Nr. 1 u. 2, 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 6, 19
As. 2 (a.F.) BGB §§ 31, 242, 677, 683
Tenor:
I.) Auf die Berufung der Beklagten wird das am 10.3.2009 verkündete Ur-
teil der 33. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 33 O 250/08 - teilweise
abgeändert und im Hauptausspruch wie folgt neu gefasst:
1.) Die Beklagten werden unter Androhung eines vom Gericht für jeden
Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur
Höhe von 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis
zur Dauer von sechs Monaten verurteilt, es zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zur
Kennzeichnung von Bekleidungsstücken ein "C.", das in einen dieses
umgebenden fast geschlossenen Kreis einbeschrieben ist, gemäß den
nachfolgend wiedergegebenen leicht vergrößerten Abbildungen,
insbesondere auf Knöpfen und Reißverschlusszippern, zu benutzen,
insbesondere Bekleidungsstücke mit diesem Kennzeichen anzubieten,
in den Verkehr zu bringen und/oder zu bewerben, einzuführen und/oder
auszuführen:
(Hier wurde ein Bild entfernt)
2.) Die Beklagten zu 1) - 3) werden verurteilt,
a) der Klägerin Auskunft zu erteilen über Art und Umfang der von ihnen
gem. Ziff. I 1.) vorgenommenen Handlungen, und zwar durch Vorlage
eines Verzeichnisses, aus dem sich ergeben:
aa) die Menge der vertriebenen Waren, die Lieferzeiten und Lieferpreise;
bb) die Gestehungskosten unter Aufgliederung der Kostenfaktoren im
einzelnen;
cc) Art und Umfang der betriebenen Werbung, gegliedert nach Wer-
bebeiträgen, Auflagenzahl, Erscheinungszeit und Verbreitungsgebiet;
dd) Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer und
gewerblichen Adressaten von Angeboten;
b) Ein- und Verkaufsbelege, Rechnungen, Lieferscheine und
Auftragsbestätigungen vorzulegen.
3.) Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) - 3) als
Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeden Schaden zu
ersetzen, der dieser durch die unter Ziffer I 1.) beschriebenen
Handlungen entstanden ist oder noch entstehen wird.
4.) Die Beklagten zu 1) - 3) werden gesamtschuldnerisch verurteilt, an
die Klägerin zu Händen ihrer Prozessbevollmächtigten 4.869,80 € und
zu Händen der Patentanwälte X. & X., L. 9, XXXX. O., weitere 4.869,80 €
zu zahlen, jeweils zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über
dem Basiszinssatz seit dem 30.9.2008.
5.) Die Beklagte zu 4) wird verurteilt, an die Klägerin zu Händen ihrer
Pro-zessbevollmächtigten 3.914, 80 € und zu Händen der Patentanwälte
X. & X., L. 9, XXXX. O. weitere 3.914, 80 € zu zahlen, jeweils zuzüglich
Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem
30.9.2008.
6.) Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.) Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
III.) Die Anschlussberufung der Klägerin wird, soweit sie die Abweisung
des Anspruches auf Erstattung einer Besprechungsgebühr zum
Gegenstand hat, als unbegründet zurückgewiesen und im übrigen als
unzulässig verworfen.
IV.) Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz verteilen sich wie folgt:
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin
tragen diese 3 %, die Beklagten je 22 % und die Beklagten zu 1) - 3) als
Gesamtschuldner weitere 9 %. Die außergerichtlichen Kosten der
Beklagten zu 1) - 3) tragen diese zu 97 % selbst und im übrigen die
Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4) tragen
diese selbst zu 88 % und im übrigen die Klägerin.
Die Kosten des Berufungsverfahrens verteilen sich wie folgt:
Von den Gerichtskosten und den außergerichtlichen Kosten der Klägerin
tragen diese 3 %, die Beklagten je 20 % und die Beklagten zu 1) - 3) als
Gesamtschuld¬ner weitere 17 %. Die außergerichtlichen Kosten der
Beklagten zu 1) - 3) tragen diese zu 97 % selbst und im übrigen die
Klägerin. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 4) tragen
diese selbst zu 84 % und im übrigen die Klägerin.
V.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können jedoch die Vollstreckung des Unterlassungs- und
des Auskunftsanspruches durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn
nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe
leistet. Die Sicherheitsleistung beträgt hinsichtlich der Unterlas-
sungsverpflichtung 650.000 € und hinsichtlich der
Auskunftsverpflichtung 40.000 €.
Die Vollstreckung des Zahlungsanspruches können die Beklagten durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Die Vollstreckung des Kostenerstattungsanspruches können die
Parteien durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des
Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite
vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
VI.) Die Revision wird nicht zugelassen.
B e g r ü n d u n g
1
A
2
Die Klägerin, das im Jahre 1932 gegründete Unternehmen "D.", ist Herstellerin von im
oberen Preissegment angebotener sportlicher Damen- und Herrenbekleidung. Sie
vertreibt darüber hinaus unter anderem auch Parfüms, Brillen, Schuhe und Lederwaren.
Die Klägerin ist Inhaberin einer Vielzahl von Marken, insbesondere der Marken Nr.
1066147 (Anlage K 6), Nr. 39506079.6 (Anlage K 7) sowie Nr. 30239067.7 (Anlage K
3
10). Die drei als Wort-/Bildmarken eingetragenen Marken zeigen ein für das
Unternehmen charakteristisches "C". Dieses weicht geringfügig von der üblichen
Schreibweise eines "C" dadurch ab, dass der Mittelsteg zwischen beiden Kreisen nicht
waagerecht, sondern schräg nach links unten verläuft und der untere Halbkreis etwa
mittig auf den unteren Teils des oberen Kreisbogens stößt. Wegen der Einzelheiten der
Ausgestaltung dieses in den Verkehrskreisen auch als "C-C." bezeichneten "C" wird auf
die Grafik der Marke Nr. 30239067.7 (Anlage K 10) verwiesen. Die dort befindliche
Umrandung des Buchstabens findet sich bei den beiden anderen als Anlagen K 6 und K
7 in das Verfahren eingeführten Marken nicht.
Die Beklagte zu 1) stellt ebenfalls Damenoberbekleidung her und vertreibt sie im
mittleren Preissegment. Sie hat in der Winterkollektion 2007/2008 auf Knöpfen und
Reißverschlusszippern das auf S. 3 dieses Urteils leicht vergrößert wiedergegebene
Zeichen aufgebracht. Das Zeichen besteht – wie auf der von der Klägerin ebenfalls
vorgelegten Originaljacke besser als in den Abbildungen zu erkennen ist - aus einem in
herkömmlicher Schreibweise geschriebenen "C", das so in ein großes "G"
hineingeschrieben ist, dass es wie von diesem weitgehend umrandet wirkt. Das
angegriffene Zeichen ist zu Gunsten der Beklagten zu 4), einer Holding-Gesellschaft, als
Marke eingetragen. Die Beklagte zu 2) ist die Komplementärin der Beklagen zu 1), der
Beklagte zu 3) ist Geschäftsführer der Beklagten zu 2) und 4).
4
Dem vorliegenden Verfahren ist das Verfügungsverfahren 33 O 428/07 LG Köln
vorausgegangen, in dem den Beklagten zu 1) – 3) durch Beschlussverfügung vom
8.1.2008 untersagt worden ist, sich zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken des
streitgegenständlichen Zeichens zu bedienen. Im Anschluss an jenes
Verfügungsverfahren hat am 31.01.2008 zwischen den Parteien eine Besprechung mit
dem Ziel einer Streitbeilegung stattgefunden, die allerdings zu einer Einigung nicht
geführt hat.
5
Die Klägerin hat Unterlassungs- und Auskunftsansprüche geltend gemacht und die
Feststellung der Schadensersatzpflicht der Beklagten begehrt. Weiter hat sie die
Erstattung der Abmahnkosten und einer Besprechungsgebühr für die erwähnte
Besprechung jeweils nebst Zinsen verlangt. Die Klägerin stützt sich auf § 14 Abs. 2 Nr.
2 und 3 MarkenG und sieht eine Verletzung insbesondere ihrer in der Anlage K 10
wiedergegebenen Marke Nr. 30239067.7, der nach ihrer Auffassung – wie den übrigen
Klagemarken - eine gesteigerte Kennzeichnungskraft zukommt.
6
Die Beklagten haben die Kennzeichnungskraft der Klagemarken als von Hause aus
durchschnittlich angesehen und eine gewisse Steigerung durch Bekanntheit
eingeräumt, die allerdings zwischenzeitlich wieder gesunken sei. Dem stehe aber eine
Schwächung durch im Einzelnen bezeichnete Drittmarken gegenüber. Eine
Verwechslungsgefahr bestehe nicht, weil es an einer Ähnlichkeit der Zeichen fehle.
7
Das Landgericht hat den Unterlassungs-, Auskunfts- und
Schadensersatzfeststellungsanträgen uneingeschränkt und den Zahlungs- und
Zinsansprüchen überwiegend stattgegeben und sie im übrigen abgewiesen. Die
Kammer hat die Frage der Steigerung der Kennzeichnungskraft offengelassen, die
Voraussetzungen für eine Schwächung nicht als gegeben angesehen und mit Blick auf
die gegebene Warenidentität und eine angenommene Ähnlichkeit der Zeichen die
Verwechslungsgefahr bejaht. Bei der Berechnung der Abmahnkosten hat das
Landgericht bezüglich der Beklagten zu 3) und 4) einen niedrigeren Gegenstandswert
8
und bezüglich der Beklagten zu 1) bis 3) eine Geschäftsgebühr in Höhe nicht von 1,5,
sondern von 1,3 zu Grunde gelegt. Der Antrag auf Erstattung der Terminsgebühr ist
wegen fehlender Kausalität zu der Verletzungshandlung abgewiesen worden. Zinsen
hat die Kammer nur ab Rechtshängigkeit zuerkannt.
Im Berufungsverfahren, mit dem sie weiter die vollständige Abweisung der Klage
erstreben, rügen die Beklagten, der Tenor erfasse auch erlaubte Handlungen. Zudem
sei der Unterlassungsanspruch nicht begründet, weil der Schutzumfang der
Klagezeichen gering sei und nur die beschriebene besondere Schreibweise erfasse.
Eine Steigerung der Kennzeichnungskraft könne nicht festgestellt werden, gleichwohl
aber aus den erstinstanzlich angeführten Gründen eine Schwächung der Klagezeichen.
Die Beklagten halten ihre Auffassung aufrecht, eine Ähnlichkeit der Zeichen liege nicht
vor und wiederholen ihre sogleich näher darzulegenden Einwände zu den
Annexansprüchen. Die geltend gemachten Zahlungsansprüche sehen sie insgesamt
nicht als geschuldet an.
9
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil, soweit es zu ihren Gunsten ergangen
ist, und hat Anschlussberufung eingelegt, mit der sie den abgewiesenen Teil ihrer
Zahlungsansprüche weiter verfolgt und deren Zurückweisung die Beklagten
beantragen. Die Teilabweisung der geltend gemachten Zinsansprüche ist nicht
Gegenstand der Anschlussberufung. In der Berufungsverhandlung hat die Klägerin den
Schadensersatzfeststellungsantrag gegen die Beklagte zu 4) zurückgenommen und den
Unterlassungsantrag entsprechend der obigen Tenorierung redaktionell neu gefasst.
10
Wegen des Sachverhaltes im übrigen wird gem. § 540 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 ZPO auf den
Tatbestand der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
11
B
12
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, hat aber nur hinsichtlich der gegen die
Beklagte zu 4) gerichteten Auskunftsansprüche sowie eines Teils der der Klägerin
zuerkannten Kostenerstattungsansprüche Erfolg. Die Anschlussberufung der Klägerin
ist teilweise unzulässig und im übrigen unbegründet.
13
I
14
Berufung der Beklagten
15
1.)
16
Zu Recht hat die Kammer die Beklagten verurteilt, die Benutzung des angegriffenen
Zeichens zur Kennzeichnung von Bekleidungsstücken wegen gem. § 14 Abs. 2 Nr. 2
MarkenG bestehender Verwechslungsgefahr mit der aus der Anlage K 10 ersichtlichen
Marke Nr. 30239067.7 ("C im Kreis") zu unterlassen. Es kann daher offenbleiben, ob
auch die übrigen von der Klägerin angeführten Marken verletzt sind.
17
a)
18
Der Senat hat in dem früheren zwischen den Parteien geführten Verfahren 6 U 75/05
(MarkenR 06, 32), das ebenfalls die Anbringung eines "C" auf einem
Reißverschlusszipper durch die Beklagten zu 1) bis 3) zum Gegenstand hatte,
19
ausgeführt, dass und warum die Verwendung von Einzelbuchstaben an
Kleidungsstücken in der Modebranche auch als herkunftshinweisend verstanden wird
und deswegen markenmäßig erfolgt. Der Senat hält hieran fest und sieht diesbezüglich
von weiteren Ausführungen im Hinblick darauf ab, dass die Beklagten die
markenmäßige Benutzung ihres Zeichens nicht in Abrede stellen.
b)
20
Die Prüfung der Frage, ob bei einander gegenüberstehenden Marken die Gefahr einer
Verwechslung besteht, ist auf der Grundlage des jeweiligen Gesamteindrucks der in
Frage stehenden Marken vorzunehmen. Ob danach eine Verwechslungsgefahr
begründet ist, ist unter Berücksichtigung der Nähe der in Betracht zu ziehenden Waren
und/oder Dienstleistungen, für welche die zu vergleichenden Zeichen geschützt oder
verwendet sind, sowie der Kennzeichnungskraft der Klagemarke und nach der
Ähnlichkeit der zu beurteilenden Zeichen zu entscheiden, wobei die genannten, die
Verwechslungsgefahr bestimmenden Faktoren in einer Wechselbeziehung dergestalt
miteinander stehen, dass der Ähnlichkeitsgrad umso geringer sein kann, je größer die
Kennzeichnungskraft und/oder die Warennähe ist, während umgekehrt ein höherer
Ähnlichkeitsgrad erforderlich ist, wenn die Kennzeichnungskraft der Marke nur schwach
und/oder der Warenabstand größer ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BGH GRUR
09, 766, 768 – "Stofffähnchen"; GRUR 08, 258 – "INTERCONNECT/T-InterConnect";
GRUR 07, 1066, 1067 f – "Kinderzeit"; GRUR 05, 523 f – "MEY/Ella May"; GRUR 05,
419, 422, - "Räucherkate"; GRUR 05, 326 - "il Padone/Il Portone"; GRUR 02,1067 f -
"DKV/OKV"; GRUR 02,809,811 - "FRÜHSTÜCKS-DRINK I"; GRUR 02,814 f -
"Festspielhaus"; GRUR 00, 875/876 – "Davidoff"; WRP 98, 755, 757 – "Nitrangin I";
EuGH GRUR Int 00,899 - "Marca/Adidas"; GRUR 1998, 387 - "Springende Raubkatze").
Dabei ist nicht auf den Standpunkt eines "flüchtigen", dem angesprochenen Verkehr
zugehörigen Adressaten der Zeichen abzustellen, sondern auf denjenigen eines
durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Adressaten der
betroffenen Art von Waren oder Dienstleistungen. Ausgehend hiervon hat das
Landgericht zu Recht eine bestehende Verwechslungsgefahr angenommen.
21
Die eingetragene Marke "C im Kreis" ist von durchschnittlicher Kennzeichnungskraft.
22
Eingetragenen Registermarken kommt auf der Grundlage der Rechtsprechung des BGH
(GRUR 04, 600 - "D-C-Fix"; GRUR 02, 1067 - "DKV/OKV") von Hause aus mittlere
Kennzeichnungskraft zu. Das gilt - wie der Senat bereits in seiner erwähnten früheren
Entscheidung dargelegt hat – im Hinblick auf ihre ausdrückliche Erwähnung in § 3
MarkenG und in Abweichung zu der früheren Rechtslage nach § 4 Abs. 2 WZG - auch
für einzelne Buchstaben. An dieser Auffassung ist auch angesichts der Angriffe der
Berufung festzuhalten.
23
Die Beklagten, die erstinstanzlich noch die Auffassung vertreten hatten, die
Kennzeichnungskraft sei angesichts des Umfangs der Benutzung sogar leicht
gesteigert, meinen nunmehr, die Kennzeichnungskraft sei ganz gering und resultiere
allein auf den Abweichungen des Klagezeichens von einem in einer Standardschrift
geschriebenen "C". Dem kann nicht gefolgt werden. Im Ausgangspunkt sind – wie auch
der Rechtsgutachter der Beklagten zugrundelegt – gem. § 3 Abs. 1 MarkenG auch
Buchstaben als Marke schutzfähig. Die Schutzfähigkeit erfasst Buchstaben als solche,
also in jeder beliebigen Schreibweise. Demgegenüber ist nicht Voraussetzung der
Schutzfähigkeit, dass der Buchstabe etwa in einer verfremdeten Schreibweise
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geschrieben oder mit irgendwelchen Zusätzen versehen ist. Daher kann ein Buchstabe
als solcher – anders als die Klagemarke des vorliegenden Verfahrens - auch als
Wortmarke eingetragen werden.
Den Beklagten ist einzuräumen, dass die ausdrückliche Aufführung von Buchstaben in
§ 3 Abs. 1 MarkenG nichts über etwaige Schutzhindernisse bzw. den Umfang der im
konkreten Einzelfall bestehenden Kennzeichnungskraft besagt. Der Unterschied zur
früheren Rechtslage nach dem Warenzeichengesetz besteht im Ausgangspunkt
lediglich darin, dass nicht mehr wegen eines unwiderleglich vermuteten
Freihaltungsbedürfnisses Einzelbuchstaben vom Markenschutz ausgenommen sind
(vgl. Ströbele/Hacker, 9. Aufl., § 8 Rz. 132 f.; Fezer, 4. Aufl., § 8 Rz. 226, 241). Es ist
demnach auf der Grundlage der aus § 3 Abs. 1 MarkenG folgenden abstrakten
Markenfähigkeit zu prüfen, ob und in welchem Umfang der Marke Unterscheidungskraft
zukommt. Hierzu hat der BGH in dem Eintragungsverfahren "Buchstabe K" (GRUR 01,
161 f) für Einzelbuchstaben ausdrücklich dargelegt, dass die Verneinung der
Unterscheidungskraft – wie allgemein bei Wortmarken – Feststellungen darüber
voraussetze, dass der Verkehr den Buchstaben für bestimmte Waren- oder
Dienstleistungen nicht als Herkunftshinweis verstehe. Auf der Grundlage dieser
Rechtsprechung vertreten die Beklagten die Auffassung, dem Buchstaben "C" komme in
der Branche zwar Unterscheidungskraft zu, es bestehe aber angesichts der
zahlenmäßigen Beschränktheit der Buchstaben des Alphabets und eines Interesses der
Wettbewerber, die Initialen ihres Unternehmens zu verwenden, ein der Schutzfähigkeit
des Buchstabens entgegenstehendes Freihaltebedürfnis. Aus diesem Grunde erstrecke
sich die Kennzeichnungskraft der Klagemarke nur auf die Verfremdung des "C" sowie
dessen Umrandung. Dieser Meinung vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Sie
würde im Ergebnis dazu führen, dass – entgegen der in § 3 Abs. 1 MarkenG zum
Ausdruck kommenden Intention des Gesetzgebers – Buchstaben als solche nicht als
Marke benutzt werden könnten.
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Die Eintragung eines Einzelbuchstabens als Marke setzt gem. § 8 Abs 2 Nr. 1 MarkenG
voraus, dass dem Buchstaben nicht für die in Betracht kommenden Waren jede
Unterscheidungskraft fehlt. Eintragungsvoraussetzung ist damit – wie bei jeder anderen
Registermarke auch – das Bestehen einer Unterscheidungskraft. Das Zeichen muss
also geeignet sein, den Verkehr auf die betriebliche Herkunft der gekennzeichneten
Ware hinzuweisen. Diese Voraussetzung ist – wie der Senat in der schon erwähnten
Entscheidung ausgeführt hat und auch die Beklagten ihren Ausführungen
zugrundelegen – für Einzelbuchstaben in der Modebranche erfüllt: Der Verkehr ordnet
z.B. das "G" dem Unternehmen Gucci und das "D" dem Unternehmen Dior zu. Aus
diesem Umstand kann nicht mit den Beklagten hergeleitet werden, dass ein
Freihaltebedürfnis für andere Unternehmen bestehe, die ihrerseits wegen
gleichlautender Initialen ein Interesse an der Verwendung des Buchstabens als Zeichen
haben. Das zeigt sich schon daran, dass auf dieser Grundlage Einzelbuchstaben nie
eintragungsfähig wären, weil entweder ihnen schon die Unterscheidungskraft fehlen
oder aber ein Freihaltebedürfnis entgegenstehen würde. Unabhängig davon liegt aber
auch ein Freihaltebedürfnis nicht vor. § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG bestimmt das
Freihaltebedürfnis bezüglich Warenmarken dahingehend, dass solche Marken nicht
eingetragen werden dürfen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen,
die zur Beschreibung der jeweils betroffenen Waren dienen können. Ein
Freihaltebedürfnis besteht damit für Angaben, die die Waren beschreiben (vgl. näher
Ströbele a.a.O., § 8 Rz 222). Ein solches Freihaltebedürfnis wäre anzunehmen, wenn in
der Modebranche bestimmte Einzelbuchstaben üblicherweise zur Beschreibung
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bestimmter Waren benutzt würden. Das ist indes nicht der Fall. Der Senat teilt die von
den Beklagten in ihrem Schriftsatz vom 6.10.2009 niedergelegte Auffassung, dass z.B.
in der KFZ-Branche ein Freihaltebedürfnis für die Buchstaben D, I und T besteht, weil
diese für die beschreibenden Angaben Diesel, Injektion und Turbo stehen. So ist die
Situation in der Modebranche aber gerade nicht. Die Buchstaben "D" und "G" stehen
hier nicht für irgendwelche beschreibenden Angaben, sondern als betrieblicher
Herkunftshinweis auf die Unternehmen "Dior" bzw. "Gucci". Der Verkehr wird die
Verwendung eines Buchstabens auf Kleidungsstücken aus den dargelegten Gründen
regelmäßig als betrieblichen Herkunftshinweis und damit gerade nicht beschreibend
auffassen. Gegen die kennzeichenmäßige Verwendung kann aber nicht eingewandt
werden, es bestehe ein Freihaltungsbedürfnis, weil auch andere Marktteilnehmer ein
Interesse daran hätten, das Zeichen kennzeichenmäßig, nämlich als Hinweis auf ihr
Unternehmen, zu verwenden. Das gilt auch dann, wenn - wie dies bei Buchstaben der
Fall ist – derartige Zeichen nur in begrenzter Anzahl zur Verfügung stehen. Die
Kennzeichnungskraft erwächst damit aus dem gesamten Zeichen und ist von Hause aus
durchschnittlicher Natur.
Der Senat hat in der erwähnten Entscheidung aus dem Jahre 2006 im Hinblick auf die
dargelegte Präsenz der Klägerin am Markt noch eine durchschnittliche
Kennzeichnungskraft des "C-C." der Klägerin im oberen Bereich angenommen. Ob eine
solche auch für die Klagemarke des "C im Kreis" und angesichts der gesunkenen
Umsatzzahlen festgestellt werden könnte, lässt der Senat trotz des Umstandes offen,
dass die Beklagten eine solche Steigerung in gewissem Maße erstinstanzlich noch
eingeräumt haben.
27
Demgegenüber kann aus den von der Kammer im einzelnen dargelegten Gründen,
denen die Beklagten im Berufungsverfahren nicht substantiiert entgegengetreten sind,
und in Übereinstimmung mit den Ausführungen des von ihnen beauftragten
Rechtsgutachters Prof. Erdmann auch nicht von einer Schwächung der Marke durch
Drittzeichen ausgegangen werden.
28
Es bestehen Warenidentität und eine durchschnittliche Ähnlichkeit der Zeichen.
29
Das angegriffene Zeichen besteht aus einer Kombination der Buchstaben "G" und "D".
Seine optische Wirkung ist je nach Lichteinfall verschieden. Dabei ist festzustellen, dass
das in der Mitte angeordnete "C" immer gut zu erkennen ist, während nicht selten die
Lichtspiegelung dazu führt, dass der übrige Teil des Zeichens nur schlecht
wahrgenommen werden kann. Unabhängig davon ist die Ähnlichkeit auch dann
durchschnittlicher Art, wenn der Betrachter die Ausgestaltung des beanstandeten
Zeichens vollständig erfasst:
30
Die beiden Buchstaben "G" und "C" sind grafisch so gestaltet, dass der Buchstabe "C"
von dem Bogen des "G" umfasst ist. Auf diese Weise sind gut 3/4 des Buchstabens "C"
kreisförmig umschlossen. Es kann allerdings bei genauem Hinsehen erkannt werden,
dass der Buchstabe "C" nicht von einem Kreis, sondern von einem "G" umfangen ist.
Das ändert an der Ähnlichkeit aber wenig, weil eben der Buchstabe "G" zu einem
wesentlichen Teil aus einem (großen) Kreisausschnitt besteht. Es kommt hinzu, dass
die wenigen Elemente, die den Großbuchstaben "G" von einem Kreis unterscheiden, in
dem Zeichen nur schlecht oder gar nicht zum Ausdruck kommen. So ist kaum
wahrnehmbar, dass der "Kreis" im Bereich des unteren Bogens des "C" tatsächlich nicht
kreisförmig, sondern senkrecht nach oben verläuft. Zudem ist das einzige Element, das
31
zu einer deutlichen Unterscheidung des "G" von einem Kreis beitragen könnte, nämlich
dessen vertikaler, in die Mitte führender Strich, durch den unteren Bogen des "C"
vollständig verdeckt und daher nicht sichtbar. Ein maßgeblicher Unterschied der
Zeichen liegt allerdings darin, dass der Kreis bei der eingetragenen Marke einen nicht
unerheblichen Abstand zu dem "C" einhält, während das "G" in dem angegriffenen
Zeichen so eng an dem "C" anliegt, dass es dieses teilweise berührt. Dieser und die
vorstehend dargelegten Abweichungen sind indes nicht so groß, dass von einer nur
geringen Ähnlichkeit gesprochen werden könnte. Die Gegenansicht der Beklagten
beruht auf der Annahme, es dürften nur die von einem "C" in üblicher Schreibweise
abweichenden Elemente der Klagemarke bei dem Ähnlichkeitsvergleich herangezogen
werden, der aus den dargelegten Gründen nicht zu folgen ist.
Angesichts durchschnittlicher Kennzeichnungskraft der Klagemarke und
durchschnittlicher Ähnlichkeit der Zeichen ist bei bestehender Warenindentität die
Verwechslungsgefahr im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zu bejahen.
32
c)
33
Der Unterlassungsanspruch ist im oben formulierten, gegenüber dem Tenor des
Landgerichts geringfügig redaktionell veränderten Umfang begründet. Das angegriffene
Zeichen ist – durch Anbringung auf Knöpfen und Reißverschlusszippern – zur
Kennzeichnung von Bekleidungsstücken verwendet worden, weswegen sich der
Anspruch darauf erstreckt, das Zeichen künftig nicht mehr zur Kennzeichnung von
Bekleidungsstücken zu benutzen.
34
Der Anspruch richtet sich nicht nur gegen die Beklagte zu 1) als Anbieterin der Waren
und die Beklagte zu 2) als ihre Komplementärin sowie deren Geschäftsführer, den
Beklagten zu 3), sondern auch gegen die Beklagte zu 4). Diese ist Inhaberin der
streitgegenständliche Marke und hat durch deren Überlassung die
Verletzungshandlungen ermöglicht.
35
Zu Unrecht wenden die Beklagten ein, der Antrag gehe deswegen zu weit, weil er auch
Verwendungen erfasse, bei denen in unmittelbarem Zusammenhang mit dem
angegriffenen Zeichen auch die (voll ausgeschriebene) Unternehmenskennzeichnung
"H. E." erscheine, die Verwechslungen ausschließe. Dieser Angriff geht fehl: Die
Verwechslungsfähigkeit der Marke ist – jedenfalls außerhalb des hier nicht betroffenen
Bereichs der vergleichenden Werbung (vgl. dazu EuGH GRUR 08, 698 – "O2") -
ausschließlich aus dieser selbst und ohne Berücksichtigung des bildlichen
Zusammenhanges, in dem sie verwendet wird, zu beurteilen. Sollte die weitere
Kennzeichnung "H. E." so mit der hier angegriffenen verbunden werden, dass ein
Kombinationszeichen entsteht, in dem das streitgegenständliche Zeichen eine
selbständig kennzeichnende Wirkung nicht aufweist, wäre dies von dem Urteilstenor
nicht erfasst.
36
2.)
37
Der Auskunftsanspruch ist gegen die Beklagten zu 1) – 3) in vollem Umfange begründet,
gegen die Beklagte zu 4) ist die Klage insoweit abzuweisen.
38
a)
39
Die Beklagten beanstanden – unter ausschließlicher Bezugnahme auf § 19 Abs. 2
MarkenG a.F. - die Zuerkennung des Auskunftsanspruches auch im Umfange des
(landgerichtlichen) Urteilstenors zu II b) und c). Die Kritik geht fehl: Der
Auskunftsanspruch stützt sich insoweit nicht auf § 19 Abs. 2 MarkenG a.F., sondern auf
§ 242 BGB, weil die erstrebten Auskünfte als Grundlage für die Schadensberechnung
dienen sollen. Hierzu hat das Landgericht zutreffend ausgeführt, dass der Gläubiger im
Erkenntnisverfahren noch nicht verpflichtet ist, zwischen den ihm zur Verfügung
stehenden drei Berechnungsmethoden des Schadenersatzes zu wählen. Danach kann
die Klägerin die Auskünfte über die Gestehungskosten (Urteilstenor zu II b) zumindest
zur Berechnung des Verletzergewinns verlangen. Ihr stehen aber auch Auskünfte über
den Umfang der betriebenen Werbung zu (Urteilstenor zu II c), weil der Umfang der
Werbung Auswirkungen auf die Höhe der fiktiven Lizenzgebühr haben kann.
40
b)
41
Soweit die Klägerin die Auskünfte auch von der Beklagten zu 4) verlangt, ist die
Berufung begründet.
42
Die Klägerin macht mit den Anträgen zu II a) – c) auf § 242 BGB gestützte
unselbständige Auskunftsansprüche zur Bezifferung von Schadensersatzanträgen
geltend, hat aber den Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht gegen die
Beklagte zu 4) in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen. Nachdem sie so zum
Ausdruck gebracht hat, etwaige Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte zu 4)
nicht weiter zu verfolgen, besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die Geltendmachung
der Auskunftsansprüche nicht mehr.
43
Soweit die Klägerin mit dem Antrag zu II d) von der Beklagten zu 4) auch Auskünfte über
Namen und Anschriften von Abnehmern und Adressaten von Angeboten verlangt, ist
dieses auf § 19 Abs. 2 MarkenG a.F. gestützte Begehren unbegründet, weil nicht
vorgetragen ist, dass die Beklagte zu 4) als reine Holdinggesellschaft die hierfür
erforderliche Kenntnis hat.
44
3.)
45
Der nach Teilrücknahme des Antrags in der mündlichen Verhandlung noch gegen die
Beklagten zu 1) – 3) geltend gemachte Antrag auf Feststellung der
Schadensersatzpflicht ist begründet.
46
Die Beklagten wenden sich nicht gegen die zutreffenden Ausführungen der Kammer,
wonach vom Eintritt eines schuldhaft herbeigeführten Schadens auszugehen ist. Für
diesen Schaden haftet entgegen der Auffassung der Berufung auch der Beklagte zu 3).
Dieser ist auch Geschäftsführer der Beklagten zu 2), die Komplementär-GmbH der
Beklagten zu 1) ist, und hat daher im Rahmen der Organhaftung (§ 31 BGB) für die
durch diese verursachten Schäden einzustehen.
47
4.)
48
Soweit sich die Berufung gegen die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung von
Abmahnkosten richtet, ist sie teilweise begründet.
49
Die Klägerin kann – was die Beklagten nicht in Abrede stellen – aus §§ 670, 677, 683
50
BGB die ihr entstandenen Abmahnkosten ersetzt verlangen.
a)
51
Das Landgericht hat mit dem Urteilstenor zu IV die Beklagten zu 1) – 3) zur Erstattung
der Kosten der unter dem 11.12.2007 ausgesprochenen (ersten) Abmahnung verurteilt,
obwohl sich diese nach ihrem Wortlaut nur gegen die Beklagte zu 1) gerichtet hat. Das
beanstandet die Berufung zu Unrecht. Der Senat schließt sich hierzu der Begründung
der Kammer an: In dem der Abmahnung vom 11.12.2007 beigefügten Entwurf einer
Unterlassungserklärung waren die Beklagten zu 2) und 3) ausdrücklich als Erklärende
aufgeführt. Das konnte nur so verstanden werden, dass neben der in der Abmahnung
selbst als einzige ausdrücklich erwähnten Beklagten zu 1) auch diese Funktionsträger
abgemahnt sein sollten.
52
b)
53
Die danach von den Beklagten zu 1) – 3) zu erstattenden Abmahnkosten betragen
ungeachtet der Beteiligung der Patentanwälte nur 4.869,80 €. Bei dem von der Kammer
unangegriffen zugrundegelegten Gegenstandswert von 750.000,00 € beträgt eine
Gebühr 3.746,00 €. Die nach der Entscheidung der Kammer zuzuerkennende 1,3-
Gebühr beträgt danach abweichend von dem Urteilstenor zu IV nicht 4.889,80 €,
sondern nur 4.869,80 €. Diesen Betrag hat die Klägerin im übrigen – wenn auch für die
Terminsgebühr - in der Klageschrift selbst (S. 30) errechnet.
54
c)
55
Der Klägerin steht auch der Ersatz der ihr mit dem Urteilstenor zu V zuerkannten Kosten
für die (zweite) Abmahnung vom 17.12.2007 gegen die Beklagte zu 4) zu.
56
Die Berufung ist aber begründet, soweit der Klägerin die Abmahnkosten auch gegen
den Beklagten zu 3) zugesprochen worden sind. Die Abmahnung vom 17.12.2007 war
zwar trotz ihrer Adressierung nur an die Beklagte zu 4) aus den vorstehend unter a)
dargelegten, auch hier geltenden Gründen auch gegen den Beklagten zu 3) gerichtet.
Sie ist aber nicht im Interesse des Beklagten zu 3) als Geschäftsherrn einer
Geschäftsführung ohne Auftrag erfolgt, weil dieser bereits abgemahnt war. Die
Abmahnung hatte nämlich denselben Gegenstand wie diejenige vom 11.12.2007. Dass
nur die der Beklagten zu 4) im Entwurf übermittelte Unterlassungserklärung auch andere
Waren als Bekleidungsstücke zum Gegenstand hatte, ist unerheblich, weil sich die
Abmahnung trotzdem ausschließlich auf denselben Vorwurf, nämlich die Verwendung
des Zeichens (nur) für Kleidungsstücke, bezogen hat.
57
d)
58
Die Beklagten haben der Klägerin im zuerkannten Umfang auch die Patentanwaltkosten
zu ersetzen.
59
Es ist anerkannt, dass die Kostenbestimmung des § 140 Abs. 3 MarkenG, die die
Erstattungsfähigkeit von gerichtlich angefallenen Patentanwaltskosten betrifft, auf die
hier in Rede stehenden Abmahnkosten analog anzuwenden ist (vgl. Hacker, § 140, Rz.
53; im Ergebnis auch BGH GRUR 09, 888 – "Thermoroll"). Hierzu kommt es allein auf
die Frage an, ob ein Patentanwalt mitgewirkt hat (BGH a.a.O.), nicht aber darauf, ob der
60
sachbearbeitende Rechtsanwalt die Tätigkeit auch selbst hätte ausüben können (BGH
a.a.O.). Danach können die Patentanwaltskosten nicht aberkannt werden, nachdem
Patentanwalt Dr. M. die beanstandeten Kleidungsstücke in Münchner
Einzelhandelsgeschäften entdeckt und die Abmahnverfahren eingeleitet hat.
II
61
Anschlussberufung der Klägerin
62
Mit ihrer (unselbständigen) Anschlussberufung verfolgt die Klägerin – bis auf den
Zinsanspruch – den Klageantrag insoweit weiter, als er in erster Instanz aberkannt
worden ist.
63
Die Klägerin hat mit dem Antrag zu IV Kosten der Abmahnung der Beklagten zu 1) – 3)
sowie der Besprechung am 31.1.2008 und mit dem Antrag zu V Kosten für die
Abmahnung der Beklagten zu 3) und 4) geltend gemacht. Das Landgericht hat den
Anspruch auf Erstattung der Besprechungsgebühr für gänzlich unbegründet angesehen
und abweichend von dem Klageantrag zu IV hinsichtlich der durch die Abmahnung der
Beklagten zu 1) – 3) entstandenen Kosten einen Ansatz nicht von 1,5, sondern nur von
1,3 angenommen. Die mit dem Antrag zu V verfolgten Kosten für die Abmahnung der
Beklagten zu 4) hat die Kammer nach einem Gegenstandswert nicht von 750.000 €
sondern von lediglich 500.000 € zuerkannt.
64
1.
65
Soweit sich die Anschlussberufung gegen die Zugrundelegung des geringeren
Gebührenansatzes einerseits und des geringeren Gegenstandswertes andererseits
richtet, ist sie unzulässig, weil es an einer Begründung fehlt. Die Anforderungen des §
519 Abs. 2 ZPO gelten auch für die Anschlussberufung (§ 524 Abs. 3 ZPO). Die
Klägerin hat sogar ausdrücklich formuliert, Gegenstand der Anschlussberufung seien
die geltend gemachten Terminsgebühren. Es kommt damit nicht darauf an, dass der
niedrigere Gegenstandswert mit zutreffender Begründung (Urteil Seite 12) zu Recht
festgesetzt worden und auch zumindest zweifelhaft ist, ob die Ausführungen Bl. 29 unter
b) den geltend gemachten höheren Ansatz von 1,5 Gebühren rechtfertigen könnte.
66
2.
67
Soweit der Antrag auf Erstattung der der Klägerin durch die Besprechung am 31.1.2008
entstandenen Kosten abgewiesen worden ist, ist die Anschlussberufung zulässig, aber
unbegründet.
68
Die Klägerin könnte zwar nicht – wie die Kammer hilfsweise angeführt hat – auf das
Kostenfestsetzungsverfahren verwiesen werden, weil die Besprechungsgebühr ebenso
wie vorgerichtliche Abmahnkosten dort nicht festgesetzt werden kann; ihr steht ein
Erstattungsanspruch aber nicht zu.
69
Die Kosten könnten der Klägerin nur im Rahmen des gem. § 14 Abs. 6 MarkenG
geschuldeten Schadensersatzes zustehen. Der Senat lässt offen, ob dies unter dem
Gesichtspunkt der psychisch vermittelten Kausalität (vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 67.
Aufl., vor § 249 Rz 66, 77) auch angesichts des Umstandes in Betracht kommt, dass die
Teilnahme der Anwälte der Klägerin auf deren freiem Entschluss beruhte. Ebenso kann
70
dahinstehen, ob - wie die Beklagten erstmals in zweiter Instanz behaupten - das
Gespräch nicht auf ihre, sondern die Initiative der Klägerin zustandegekommen ist.
Denn die Parteien haben stillschweigend eine Vereinbarung dahingehend getroffen,
dass Kosten für die Besprechung nicht geltend gemacht werden. Die Situation war
dadurch gekennzeichnet, dass die Klägerin zwar im einseitigen Verfügungsverfahren
eine einstweilige Verfügung erlangt hatte, aber noch gänzlich ungeklärt war, welche
Seite sich nach Widerspruch im Verfügungsverfahren bzw. in einem
Hauptsacheverfahren durchsetzen würde. In dieser Lage, in der auch die Klägerin die
Führung eines Gespräches mit dem Ziel, eine gütliche Einigung zu finden, für sinnvoll
gehalten hat, brachten die Parteien mit der Vereinbarung des Besprechungstermins zum
Ausdruck, dass hierfür Kosten nicht geltend gemacht werden würden.
Hierfür spricht schon der Zweck des Termins: das Ziel, eine Einigung zur Beendigung
der Auseinandersetzung zu erreichen, legt es zumindest nahe, nicht neue Ansprüche
gegen den als potenziellen Verletzer angegriffenen Gesprächspartner zu begründen.
Zudem wäre das Erreichen einer Einigung ebenso wie eine zeitgleich stattfindende
Zwangsvollstreckung erschwert, wenn die Beklagten bei einem Scheitern auch noch für
die Besprechungskosten der Klägerin hätten aufkommen sollen. Vor diesem
Hintergrund war die Vereinbarung eines Besprechungstermins so zu verstehen, dass
dafür Kosten nicht geltend gemacht werden würden.
71
C
72
Nebenentscheidungen
73
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs. 1, 100 Abs. 4, 269 Abs. 3 S. 2, 525 ZPO.
74
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
75
Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die der
Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsfragen sind einschließlich der Frage der
Kennzeichnungskraft von Registermarken höchstrichterlich geklärt. Die Anwendung
dieser Rechtsfragen auf den vorliegenden Einzelfall hat nicht im Sinne des § 543 Abs. 2
Ziff. 1 ZPO grundsätzliche Bedeutung. Ebenso ist aus diesem Grunde eine
Entscheidung des Bundesgerichtshofes weder zur Fortbildung des Rechts noch zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO).
76
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird in Abänderung des Senatsbeschlusses
(§ 63 Abs. 3 GKG) endgültig unter nachfolgender Aufgliederung auf
77
771.429,20 € festgesetzt:
78
Unterlassungsansprüche
650.000,00 €
Auskunft
40.000,00 €
Schadensersatzfeststellung
60.000,00 €
Anschlussberufung
21.429,20 €
Gesamtwert
771.429,20 €
79
Soweit sich die Berufung der Beklagten gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von
Abmahnkosten richtet (LG-Urteilstenor zu IV und V), bleiben die geltend gemachten
Beträge wie in erster Instanz in Anwendung von § 43 Abs. 1 GKG außer Ansatz. Soweit
die Klägerin den abgewiesenen Teil der Abmahnkosten und die Besprechungsgebühr
in zweiter Instanz geltend macht, bilden die Beträge gem. § 43 Abs. 2 GKG den Wert der
Anschlussberufung, weil mit dieser nur die Kosten und nicht die Hauptsache geltend
gemacht wird.
80