Urteil des OLG Köln vom 16.12.2002

OLG Köln: gegen die guten sitten, positive vertragsverletzung, nebenkosten, beweislast, abrechnung, mieter, rechtsgrundlage, verwaltung, unterlassen, einzug

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 225/02
Datum:
16.12.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 225/02
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 29 T 151/00
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 29.
Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 03.06.2002 - 29 T 151/00 - wird
zurückgewiesen.
Auf die Beschwerde der Antragsgegner wird der vorgenannte Beschluss
der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln, soweit durch ihn der
Gegenantrag der Antragsgegner in Höhe von 122.961,00 DM =
62.868,96 € (betrifft nicht eingetriebene Mieteinnahmen in Höhe von DM
14.971,24; nicht beigetriebene bzw. umgelegte Nebenkosten in Höhe
von DM 99.935,31; nicht umgelegter Umlageausfallwagniszuschlag in
Höhe von DM 8.054,45) zurückgewiesen wurde, aufgehoben und zur
erneuten Entscheidung und Verhandlung an das Landgericht
zurückverwiesen.
Die weitergehende Beschwerde der Antragsgegner wird
zurückgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens
bleibt dem Landgericht vorbehalten.
G r ü n d e
1
Die weitere sofortige Beschwerde sowohl der Antragstellerin als auch der
Antragsgegner ist zulässig. In der Sache teilweise Erfolg hat jedoch nur die weitere
sofortige Beschwerde der Antragsgegner. Im Rechtsbeschwerdeverfahren nach § 45
WEG kann nur entschieden werden, ob die Entscheidung des Landgerichts aus
Rechtsgründen zu beanstanden ist (§§ 27 FGG, 45 WEG, 545, 546 ZPO).
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Die Entscheidung des Landgerichts, die amtsgerichtliche Entscheidung, durch die der
Antrag der Antragstellerin, die Antragsgegner gesamtschuldnerisch zur Zahlung von
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33.116,86 DM als Aufwendungsersatz für Kontenausgleich am Ende der
Verwaltungstätigkeit nebst 15,5% Zinsen seit dem 24.11.1996 zu verpflichten,
zurückgewiesen worden war, zu bestätigen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Schon
das Amtsgericht und ihm folgend das Landgericht haben rechtsfehlerfrei festgestellt,
dass nicht nachzuvollziehen sei, in welcher Weise die Antragstellerin Aufwendungen für
die Antragsgegner, die diese zu erstatten hätten, getätigt hat. Die Antragstellerin kann
sich insoweit nicht auf ihren Abrechnungssaldo zum Ende des Jahres 1995 berufen;
denn dieser Saldo ist zwischen den Parteien nicht bindend. Die Antragstellerin kann
sich, wie bereits das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, insoweit nicht auf § 6
des Hausverwaltungsvertrages vom 28.01.1987 berufen. Die Bestimmung ist
unwirksam, soweit sie von einem Anerkenntnis des Jahressaldos ausgeht, falls der
Hauseigentümer der ihm zugesandten Abrechnung des Verwalters nicht innerhalb von 2
Wochen widerspricht. Dabei kann dahinstehen, ob das AGBG zwischen den Parteien
anwendbar ist oder nicht. Ist das AGBG anwendbar, so verstößt die Bestimmung gegen
§ 10 Nr. 5 AGBG. Ist das Gesetz nicht anwendbar, so verstößt die Klausel in § 6 Abs. 3
des Hausverwaltervertrages gegen die guten Sitten. Die dort vorgesehene Frist von 2
Wochen ist unbillig kurz, bedenkt man, dass die Hausverwaltung sich auf ein
Vielparteienhaus bezieht. Abrechnungen einer Größenordnung, wie hier vorliegend,
müssen in Ruhe unter Hinzuziehung Sachverständiger, etwa des Steuerberaters oder
von Personen, die Detailkenntnisse im Mietrecht besitzen, geprüft werden können. Dies
ist innerhalb einer 2-Wochen-Frist nicht möglich. Ohne die Grundlage des Saldos 1995
fehlt es aber, wie das Landgericht bereits zutreffend dargestellt hat, an hinreichend
nachvollziehbaren Darlegungen zur Höhe der von der Antragstellerin geltend
gemachten Forderung. Auf die überzeugenden ausführlichen Darlegungen des
Landgerichts insoweit in seiner Entscheidung kann vollinhaltlich Bezug genommen
werden. Der Senat schließt sich insoweit den landgerichtlichen Ausführungen an.
Soweit die Antragstellerin sich nunmehr zur Begründung ihrer Rechtsbeschwerde auf
die von ihr als Anlage K 13 vorgelegten Jahresabrechnungen für die Jahre 1987 – 1996
beruft und versucht, ihre Forderung anhand dieser Abrechnungen zu erläutern und
soweit sie dafür, dass die in den Abrechnungen aufgeführten Buchungen auch
tatsächlich alle ausgeführt worden seien, sich auf das Zeugnis der hierfür bei ihr
zuständigen Buchhalterin Frau P. beruft, kann dieser neue Vortrag samt Beweisangebot
in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht mehr berücksichtigt werden. Darüber hinaus ist
der Vortrag auch jetzt noch unzureichend, da es nicht Sache des Gerichts ist, die
benötigten Zahlen aus vorgelegten Gesamtabrechnungen zu entnehmen, sondern weil
es weiterhin Sache der Antragstellerin ist, die genaue Entwicklung ihrer Forderung im
einzelnen darzulegen und zu beweisen.
Die weitere Beschwerde der Antragstellerin ist auch nicht begründet, soweit dem
Antragsgegner zu 1) ein Anspruch in Höhe von 14.895,71 DM nebst 4% Zinsen seit dem
18.02.2000 zugesprochen worden ist. Der Anspruch als solcher ist unstreitig. Da es an
einer Forderung der Antragstellerin gegen den Antragsgegner zu 1) fehlt, mit der sie
gegen diesen Anspruch hätte aufrechnen können, ist diese unstreitige Forderung
zurecht tituliert worden.
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Die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner ist nicht begründet, soweit
Schadensersatz wegen angemaßter Hausverwaltung nach dem 30.06.1996 geltend
gemacht wird (DM 11.087,58 für vereinnahmte Miete nach dem 30.06.1996 und DM
3.397,00 für einbehaltene Verwaltervergütung nach dem 30.06.1996) sowie, soweit
Schadensersatz für die Nichtvermietung von vier Stellplätzen im Gesamtwert von
2.640,00 DM geltend gemacht wird. Hinsichtlich dieser Positionen nimmt der Senat
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vollinhaltlich Bezug auf die rechtsfehlerfreien und überzeugenden Ausführungen des
Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung. Die Antragsgegner haben in ihrer
weiteren sofortigen Beschwerde insoweit auch keine neuen Überlegungen vorgebracht,
die die Ausführungen des Landgerichts in Zweifel stellen könnten.
Erfolg hat jedoch die weitere sofortige Beschwerde der Antragsgegner, soweit das
Landgericht ihre Schadensersatzansprüche wegen nicht beigetriebener Mieteinnahmen
sowie nicht beigetriebener bzw. nicht umgelegter Nebenkosten sowie wegen des nicht
umgelegten Ausfallwagniszuschlages zurückgewiesen hat. Insoweit hat das
Landgericht die Darlegungs- und Beweislast verkannt. Da die Sache diesbezüglich
noch nicht entscheidungsreif ist, war die Entscheidung des Landgerichts insoweit
aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das
Landgericht zurückzuverweisen.
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Als Mietverwalterin ist es Sache der Antragstellerin, die Wohnungen jeweils
ordnungsgemäß zu vermieten, für den Eingang der Mieten auf dem Verwaltungskonto
zu sorgen, darauf zu achten, dass keine Mietrückstände auftreten und gegebenenfalls
gegen säumige Mieter im Prozesswege vorzugehen. Sie hat in diesem Rahmen die
jeweils vertraglich und gesetzlich zulässigen Mieten beizutreiben, die jeweils vertraglich
und gesetzlich zulässigen Nebenkosten umzulegen und beizutreiben und auch alle
Zuschläge zum Mietzins, die den Mietern auferlegt werden können, umzulegen und
beizutreiben. Rechtsgrundlage für diese Verpflichtung sind die §§ 675, 667 BGB i. V. m.
§ 4 Abs. 2 des Verwaltervertrages vom 28.01.1987 sowie den Regeln über die positive
Vertragsverletzung. Die Antragsgegner müssen zur Begründung ihres
Schadensersatzanspruches insoweit nur darlegen, welche Mieteinnahmen sowie
Einnahmen aus Nebenkosten und Umlagen während der Zeit der Mietverwaltung durch
die Antragstellerin möglich waren, welche Unkosten theoretisch hieraus zu bezahlen
und welche Überschussbeträge tatsächlich an sie abgeführt wurden. Es ist dann Sache
der Antragstellerin, im einzelnen darzulegen und zu beweisen, warum sie ohne
Verschulden nur geringere Mieteinnahmen erzielen, geringere Nebenkostenbeträge und
Umlagebeträge beitreiben oder warum sie höhere Ausgaben zulasten der
Antragsgegner aus den Einnehmen bestreiten musste. Diese Verteilung der
Darlegungs- und Beweislast folgt aus den auf das Vertragsverhältnis der Parteien
anzuwendenden §§ 666, 667 BGB, die vorliegend durch die Regelungen in den §§ 4
und 6 des Hausverwaltervertrages sogar noch weiter zugunsten der Antragsgegner
ausgestaltet worden sind. Der Senat kann insoweit auf die zutreffenden
Rechtsausführungen der Antragsgegner in ihrem Schriftsatz vom 28.10.2002 auf S. 5
unter 3 verweisen. Diese Rechtsausführungen macht sich der Senat ergänzend zu
eigen. Es wird hiernach zur Vorbereitung der erneuten möglichen Verhandlung und
Entscheidung Sache der Antragstellerin sein, im einzelnen darzulegen und
gegebenenfalls unter Beweis zu stellen, warum in welchen Zeiträumen sie welche
Mietbeträge bzw. Nebenkostenbeträge oder Umlagebeträge nicht einziehen konnte oder
nicht eingezogen hat. Nur dann, wenn diese Beträge auch bei ordnungsgemäßer
Mietverwaltung nicht zu realisieren waren, entfällt der Anspruch gegen die
Antragstellerin, da das Solvenzrisiko hinsichtlich der Mieter bei den Antragsgegnern
verbleibt und nicht über die Darlegungs- und Beweislast etwa auf die Antragstellerin
übertragen werden kann.
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Soweit Beträge nach der Übergabe der Verwaltung an die neue Verwalterin noch
einzuziehen waren und nicht eingezogen worden sind, wird hinsichtlich der Anwendung
des § 254 BGB zu unterscheiden sein: War aus der Abrechnung der Antragstellerin
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ohne weiteres zu entnehmen, dass gerade diese Beträge noch offen stehen und dass
sie alsbald eingezogen werden müssen und hat die neue Verwalterin den Einzug dann
unterlassen, geht dies zulasten der Antragsgegner. War nicht ohne weiteres klar, welche
Beträge noch offen sind, so geht dies zu Lasten der Antragstellerin, da sie grundsätzlich
bis zum Ende des Vertrages dafür sorgen musste, dass die Antragsgegner die ihnen
gebührenden Einnahmen auch erzielen.
Da vor einer erneuten Aufklärung und Entscheidung durch das Landgericht nicht
entgültig klar ist, in welchem Umfange die Antragsgegner in der
Rechtsbeschwerdeinstanz tatsächlich obsiegt haben, war dem Landgericht auch die
Kostenentscheidung für die Rechtsbeschwerdeinstanz zu übertragen. Das Landgericht
wird sich dabei im Rahmen des § 47 WEG an den Grundsätzen der §§ 91 ff. ZPO,
insbesondere auch des § 97 ZPO zu orientieren haben, wie es dies schon zurecht bei
seiner Kostenentscheidung im angefochtenen Beschluss getan hat.
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