Urteil des OLG Köln vom 29.10.1999

OLG Köln: gesellschafter, zwangsvollstreckung, vorläufiger rechtsschutz, parteifähigkeit, firma, auskunft, verfahrenskosten, rechtsnachfolger, heimatrecht, identifikation

Oberlandesgericht Köln, 16 W 26/99
Datum:
29.10.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 W 26/99
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 3 O 318/99
Schlagworte:
Urteil gegen eine GbR nicht in einen Titel gegen die Gesellschafter
persönlich umdeutbar
Normen:
ZPO § 736
Leitsätze:
Das Urteil eines italienischen Gerichts gegen eine deutsche
Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist im Klauselerteilungsverfahren nach
dem EuGVÜ nicht in einen Titel gegen die Gesellschafter persönlich
umzudeuten.
Rechtskraft:
unanfechtbar
Tenor:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluß des
Landgerichts Köln vom 7.9.99 - 3 O 318/99 - wird auf ihre Kosten
zurückgewiesen. Beschwerdewert: bis 4.300 DM.
G r ü n d e:
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Die Antragstellerin erwirkte unter dem 2.5.97 eine Entscheidung des Friedensrichters
des Bezirks Cividale del Friuli gegen die "Firma Ristorante A. M. - GbR, in der Person
ihres gesetzlichen Vertreters, aus K. - B.straße Nr. ", wodurch diese zur Zahlung der
gesetzlichen Zinsen aus dem Kapitalbetrag von Lit. 4.122.ooo,- "ab 19.7.1995 bis zum
Endsaldo" und zur Erstattung der Verfahrenskosten und -honorare verurteilt wird.
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Vorliegend begehrt die Antragstellerin unter Vorlage der hierfür erforderlichen
Unterlagen die Vollstreckbarerklärung der italienischen Entscheidung gegen die
Antragsgegner zu 1) und 2), durch das diese "zur Zahlung eines Hauptsachebetrages
von Lit. 4.122 zuzüglich Verfahrenskosten und -honorare in Höhe von Lit. 1.747.25o
sowie Verzugszinsen in Höhe von 1o% aus Lit. 4.122.ooo vom 19.7.95 bis 31.12.97 und
in Höhe von 5% aus Lit. 4.122.ooo ab 1.1.98" verurteilt worden seien. Sie trägt hierzu
u.a. vor: Die eingeholte und beigefügte Auskunft der Fa. K. vom 2o.2.98 ergebe, daß die
Antragsgegner Gesellschafter der GbR sind und die Gesellschaft seit April 1992
Bestand hat.
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Das Landgericht hat durch den angefochtenen Beschluß den Antrag zurückgewiesen
und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt: Mangels Rechtsfähigkeit einer GbR
könne ein richterlicher Leistungsbefehl nicht an die GbR gehen, sondern müsse sich
gegen die Gesellschafter richten. Weder der Bezeichnung im Rubrum noch der
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Urteilsbegründung lasse sich indes entnehmen, daß sich das Urteil gegen die
Antragsgegner in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter der GbR richte. Auf außerhalb des
Verfahrens liegende Umstände wie die vorgelegte Auskunft der Fa. Kreditreform vom
2o.2.98 könne sich die Antragstellerin zur Konkretisierung der Passivlegitimation der
Antragsgegner nicht berufen. Abgesehen davon müsse auch eine ordnungsgemäße
Ladung der Antragsgegner verneint werden, die ausgehändigt worden war "Herrn U. V.
Angestellter der Firma Ristorante A. M., gesetzlich vertreten durch den Inhaber M. A.".
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig (Art. 4o EuGVÜ). In der Sache kann sie
aber keinen Erfolg haben.
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Mit Recht und mit letztlich zutreffender Begründung hat das Landgericht den Antrag auf
Zulassung der Zwangsvollstreckung aus der italienischen Entscheidung gegen die
Antragsgegner
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zurückgewiesen, denn diese sind im Titel als Schuldner namentlich nicht ausgewiesen.
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Die Vollstreckungsklausel kann nur zur Zwangsvollstreckung gegen den als
Prozeßbeteiligten im Titel bezeichneten Schuldner (oder seinen Rechtsnachfolger, §§
727 - 729) erteilt werden (§ 724 ZPO). Die vorgenannte Entscheidung führt als beklagte
Partei auf die Firma Ristorante A. M. - GbR, "in der Person ihres gesetzlichen
Vertreters", wobei die Antragsgegner weder als die damaligen Mitglieder der GbR noch
sonst wie als Schuldner namentlich aufgeführt sind.
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Ganz unabhängig davon, daß die Entscheidung ersichtlich auch nicht den von der
Antragstellerin geforderten Zahlungsbetrag ausweist, sondern ausdrücklich nur auf die
Zinsen der bereits bezahlten Hauptsumme lautet, scheidet damit die Erteilung der
beantragten Klausel aus, auch wenn für die Kaufpreisklage italienisches Recht
anwendbar und auch das italienische Gericht zur Entscheidung zuständig gewesen sein
sollte. Dabei kann zugunsten der Antragstellerin als richtig unterstellt werden, daß das
italienische Recht - wie sie vorträgt - eine GbR kennt, es dieser - anders als im
deutschen Recht - Rechts- und damit auch prozessuale Parteifähigkeit zuerkennt, und
es überdies nicht ohne weiteres einen Titel gegen die Gesellschafter einer italienischen
GbR zuläßt. Darum geht es hier nicht. Bei der streitigen GbR handelt es sich nicht um
eine Gesellschaft nach italienischen (Art. 2266 und 2267 Codice Civile), sondern eine
GbR nach deutschem Recht (§§ 7o5 ff BGB); denn diese ist in der Bundesrepublik von
den hier lebenden und wohnenden Antragsgegnern gegründet und betrieben worden.
Die Frage der Rechts- und Parteifähigkeit der beklagten Gesellschaft bestimmt sich
damit nach ihrem Heimatrecht, dh nach deutschem Recht. Nach deutschem Recht ist
die Gesellschaft bürgerlichen Rechts aber nicht rechts- und demzufolge nach § 5o Abs.
1 ZPO auch nicht parteifähig (h.M., vgl. BGH NJW 81, 1953 und NJW 87, 1719; Ulmer in
MünchKomm: § 718 Rdnr. 42 + 67; Palandt/Sprau BGB § 7o5 Rdnr. 17 mwN;
Thomas/Putzo ZPO § 5o Rdnr. 9;
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Zöller/Vollkommer ZPO § 5o Rdnr. 26 mwN). Parteifähig sind vielmehr nur die
jeweiligen Gesellschafter der BGB-Gesellschaft, so daß sich eine Klage gegen diese
richten und auch das Urteil gegen sie ergehen muß. Der fehlenden Parteifähigkeit der
GbR trägt in der Vollstreckung § 736 ZPO dadurch Rechnung, daß er zur
Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einen einheitlichen oder mehrere
Titel gegen alle Gesellschafter verlangt. Dem ist dann auch nur Genüge getan, wenn
alle Gesellschafter in dem(n) Titel(n) namentlich (§ 75o Abs. 1 ZPO) bezeichnet sind
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(vgl. Zöller/Stöber ZPO § 736 Rdnr. 1; Arnold in MünchKomm: § 736 Rdr. 13). In einen
solchen Titel ist ein gegen die BGB-Gesellschaft selbst unter ihrer vermeintlichen Firma
lautender Titel nicht ausleg- und umdeutbar, so daß dieser wegen fehlender
Parteifähigkeit unwirksam ist und eine Zwangsvollstreckung nicht zuläßt (vgl. LG Mainz
DGVZ 73, 157; LG Berlin Rpfleger 73, 1o4; Schuschke/Walker, Vollstreckung und
vorläufiger Rechtsschutz, § 736 ZPO Rdnr. 6; Thomas/Putzo ZPO § 36 Rdnr. 4).
Danach ist aus dem italienischen Urteil eine Zwangsvollstreckung gegen die
Antragsgegner nicht möglich. Ebensowenig zu beanstanden ist nämlich die Auffassung
des Landgerichts, daß die vorgelegte Auskunft der Kreditreform nichts ändert, dh keine
tragfähige Grundlage zur Erteilung der Klausel gegen die Antragsgegner darstellen
kann. Selbst wenn die Auskunft belegen würde, daß die Antragsgegner zum damaligen
Zeitpunkt - und auch jetzt - die alleinigen Gesellschafter waren, rechtfertigt das eine
Klauselerteilung gegen die Antragsgegner nicht. Es ist allgemein anerkannt, daß zur
Feststellung der Identität des Titelschuldners nicht hilfsweise außerhalb des Titels
liegende Umstände herangezogen werden können. In der Zwangsvollstreckung muß
der Titel aus sich heraus taugliche Vollstreckungsgrundlage sein, dh in diesem oder der
beigefügten Vollstreckungsklausel müssen insbesondere die Personen, für und gegen
die die Zwangsvollstreckung stattfinden soll, namentlich bezeichnet sein (§ 75o Abs. 1
S. 1 ZPO). Lassen aber wie hier die Bezeichnung der beklagten Partei und die übrigen
Angaben im Titel eine zweifelsfreie Identifikation des Schuldners aus dem Titel nicht zu,
ist der Titel zur Zwangsvollstreckung ungeeignet, es sei denn, es käme seine
Berichtigung in Betracht.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.
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