Urteil des OLG Köln vom 04.09.1998

OLG Köln (interesse, gegen die guten sitten, werbung, wirtschaftliches interesse, umstände, kontaktaufnahme, einverständnis, zpo, antrag, telefon)

Oberlandesgericht Köln, 6 U 21/98
Datum:
04.09.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 21/98
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 O 685/97
Schlagworte:
Telefonwerbung
Normen:
UWG § 1
Leitsätze:
Telefonwerbung gegenüber gewerblich tätigen Personen, zu denen
noch kein Kontakt besteht, ist nur zulässig, wenn der Angerufene sein
Einverständnis erklärt hat oder von dem Anrufer aufgrund konkreter
Umstände ein sachliches Interesse an dem Gespräch vermutet werden
kann. Für eine derartige Vermutung reicht ein mögliches Interesse des
angerufenen Gewerbetreibenden, mit Hilfe des Anrufers künftig
eventuell preisgünstiger und effizienter zu werben als bisher, nicht aus.
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 2.12.1997 verkündete
Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 685/97 - wird mit der Maßgabe
zurückgewiesen, daß der Tenor der an-gefochtenen Entscheidung im
Hauptausspruch wie folgt neu gefaßt wird: Die Beklagten werden
verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM,
ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu
unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken der Werbung
außerhalb bestehender Geschäftsbeziehungen unaufgefordert
telefonisch Kontakt zu gewerblichen und/oder selbständigen Inserenten
der Klägerin aufzunehmen oder aufnehmen zu lassen. 2.) Die Kosten
des Berufungsverfahrens haben die Beklagten zu tragen. 3.) Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können jedoch die
Vollstreckung durch Si-cherheitsleistung oder Hinterlegung in
nachbenannter Höhe abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der
Vollstreckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist
Sicherheit in folgender Höhe zu leisten bzw. sind folgende Beträge zu
hinterlegen: Bei Vollstreckung des Anspruches auf a) Unterlassung:
200.000,00 DM; b) Kostenerstattung: 28.500,00 DM. Der Klägerin wird
auf ihren Antrag nachgelassen, die Sicherheiten auch durch Stellung
einer selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder
öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen. 4.) Die Beschwer der
Beklagten wird auf 200.000,00 DM festgesetzt.
T a t b e s t a n d
1
Die Klägerin verlegt in den Bezirken 49-53 das offizielle und das örtliche Telefonbuch
und die "Gelben Seiten".
2
Die Beklagte zu 1), deren Geschäftsführer die Beklagten zu 2) und 3) sind, nimmt zu
Gewerbetreibenden, die in den genannten Telefonbüchern inserieren, Kontakt auf und
bietet ihnen Vorschläge für Werbeeinträge an, durch die gegenüber den von den
Angesprochenen geschalteten Eintragungen angeblich Einsparungen erzielt werden
können.
3
Die geschilderte Kontaktaufnahme geschieht telefonisch. Die Parteien streiten im
vorliegenden Verfahren über das Recht der Beklagten, zu diesem Zweck unaufgefordert
mit Inserenten der Klägerin auf diese Weise Kontakt aufzunehmen.
4
Die Klägerin hat sich u.a. auf Anrufe bei ihren Inserenten G. B. Dental-Labor GmbH
##blob##amp; Co KG in R., Fa. E. in W. und dem Kfz-Sachverständigen M. in M.
berufen und die Auffassung vertreten, die zu Werbezwecken erfolgte Kontaktaufnahme
zu diesen Kunden verstoße unter Berücksichtigung der von dem BGH in seiner
Entscheidung "Telefonwerbung IV" (GRUR 91,764 ff) aufgestellten Grundsätze gegen §
1 UWG.
5
Die Klägerin hat b e a n t r a g t,
6
Die Beklagten zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000 DM, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall Ordnungshaft bis zu 2 Jahren zu
unterlassen,
7
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken außerhalb bestehender
Geschäftsbeziehungen unaufgefordert telefonisch Kontakt zu gewerblichen und/oder
selbständigen Inserenten der Klägerin aufzunehmen oder aufnehmen zu lassen, es sei
denn, der angerufene Gesprächspartner habe zu derartigen Anrufen sein
Einverständnis erklärt, oder es kann aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände ein
sachliches Interesse des Angerufenen an einem solchen Anruf vermutet werden.
8
Die Beklagten haben b e a n t r a g t,
9
die Klage abzuweisen.
10
Sie haben die Auffassung vertreten, alle drei angeführten Kunden hätten Eintragungen
geschaltet gehabt, die aus Kostengründen als ungünstig zu bezeichnen gewesen seien.
Es habe daher das von der Rechtsprechung geforderte Interesse an einer Beratung
durch die Beklagte zu 1) vorausgesetzt werden können. Überdies habe die
erstgenannte GmbH ihre - der Beklagten - Beratungsleistung in Anspruch genommen.
Darüber hinaus seien die Anrufe schon deswegen zulässig gewesen, weil sie keine
Verkaufsgespräche gewesen, sondern nur Gesprächstermine vereinbart worden seien.
11
Im übrigen sei der Antrag zu weit gefaßt und verstoße das beantragte Verbot gegen die
(aus Bl.62 ff ersichtliche) Richtlinie 97/7/EG des europäischen Parlaments und des
Rates, die das Telefon als Mittel zur Werbung und zum Abschluß von Verträgen
12
vorsehe, auch soweit noch keine Geschäftsbeziehung zwischen dem Anrufer und dem
Angerufenen bestehe.
Das L a n d g e r i c h t hat der Klage unter Bezugnahme auf die erwähnte BGH-
Rechtsprechung stattgegeben. Die hiernach wegen des fehlenden Einverständnisses
erforderlichen besonderen Umstände, die ein sachliches Interesse des Angerufenen
vermuten ließen, seien nicht gegeben. Hierfür reiche es nicht aus, daß die Beklagten
aufgrund der Gestaltung der Einträge Anhaltspunkte für ein Interesse der Inserenten an
einer Beratung über eine mögliche Umgestaltung ihrer Eintragungen gehabt hätten. Es
sei nämlich nicht ersichtlich, warum statt auf schriftlichem gerade auf telefonischem
Wege geworben worden sei. Schließlich verstoße das Verbot auch nicht gegen die
erwähnte Richtlinie. Diese noch nicht umgesetzte Norm regele nicht den geschäftlichen
Bereich und lasse im übrigen in ihrem Art.14 strengere nationale Regelungen zu.
13
Ihre B e r u f u n g gegen dieses Urteil begründen die Beklagten wie folgt:
14
Ausgehend von der erwähnten Entscheidung des BGH sei der Anspruch unbegründet.
Zu Unrecht habe das Landgericht bei der Prüfung der Frage, ob ein sachliches Interesse
aufgrund tatsächlicher Umstände vermutet werden dürfe, allein darauf abgestellt, daß
kein Grund gerade für eine telefonische Kontaktaufnahme bestehe. Damit werde der
Rahmen zu eng gesteckt, weil derartige Gründe von den Fällen der Bewerbung äußerst
eiliger Termingeschäfte oder von verderblichen Waren zumindest nahezu nie vorlägen.
Auf diese Weise werde die von dem BGH geforderte Einzelfallprüfung unterlaufen.
15
Die Anrufe seien deswegen zulässig, weil sie allein der Terminsvereinbarung gedient
hätten, sich keiner der Angerufenen gestört gefühlt habe und überdies die telefonische
Gesprächsanbahnung weniger störend sei als der - zweifelsfrei zulässige -
unangemeldete Vertreterbesuch. Letzteres werde daran deutlich, daß nicht wenige
Unternehmen sich Vertreterbesuche ohne telefonische Anmeldung verbäten. Auch das
OLG Hamburg habe in der Entscheidung NJW RR 96,365 f das berechtigte Interesse
allein daraus hergeleitet, daß das angebotene Produkt für den beworbenen Kunden von
Interesse habe sein können.
16
Im übrigen sei die Rechtsprechung des BGH nach inzwischen 7 Jahren und der in
dieser Zeit erfolgten Ausweitung des Telefonmarktes nicht mehr zeitgemäß. Dies
ergebe sich aus der Expansion des sog. "Dialogmarketing". Darüberhinaus habe die
Kammer den europarechtlichen Bezug nicht zureichend gewürdigt. Aus der Richtlinie
ergebe sich, daß grundsätzlich der Fernabsatz über das Telefon gewollt sei und nicht
durch eigene Regelungen der Mitgliedsstaaten unmöglich gemacht werden dürfe.
17
Schließlich sei die gesamte einschlägige Rechtsprechung des BGH nicht überzeugend,
weil sie in nicht sachgerechter Weise die Werbung durch Vertreter oder Brief der
Telefonwerbung vorziehe.
18
Die Beklagten b e a n t r a g e n,
19
Das Urteil des Landgerichts Köln vom 2.12.1997 - 31 O 685/97 - "aufzuheben" und die
Klage abzuweisen.
20
Die Klägerin b e a n t r a g t,
21
die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß im Klageantrag die Worte "es sei
denn... " bis "... vermutet werden" gestrichen werden.
22
Sie wiederholt und vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag und behauptet, die
beanstandeten drei Anrufe hätten nicht nur Terminsvereinbarungen zum Gegenstand
gehabt, sondern in allen drei Fällen seien die Angerufenen bereits gezielt auf die
angeblichen Einsparmöglichkeiten hingewiesen worden. Dies sei auch in zwei weiteren
Fällen, nämlich bei Anrufen bei einer Fa. L. Dieter und einem Herrn G., geschehen.
23
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die bis zur mündlichen
Berufungsverhandlung gewechselten Schriftsätze, die sämtlich Gegenstand der
mündlichen Verhandlung waren, und die den Beklagten nachgelassenen Schriftsätze
vom 24. 8.1998 und 28.8.1998 Bezug genommen.
24
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
25
Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
26
Die unaufgeforderte Telefonwerbung bei geschäftlich tätigen Personen, zu denen vorher
keine Beziehungen bestanden haben, in der Weise, wie die Beklagten sie praktizieren,
verstößt unter Berücksichtigung der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung
(BGH GRUR 91,764 ff - "Telefonwerbung IV") gegen die guten Sitten im Wettbewerb
und ist ihnen daher gem. § 1 UWG zu untersagen. Die Voraussetzungen, unter denen
eine derartige Telefonwerbung ausnahmsweise zulässig sein kann, sind entgegen der
Auffassung der Beklagten nicht erfüllt. Schließlich besteht kein Anlaß, von der
erwähnten Rechtsprechung abzuweichen.
27
A
28
Telefonwerbung gegenüber gewerblich tätigen Personen, zu denen noch kein Kontakt
besteht, ist - wie bereits das Landgericht zutreffend dargelegt hat - nach der
Rechtsprechung des BGH (a.a.O., S.765) nur zulässig, wenn der Angerufene sein
Einverständnis mit derartigen Anrufen erklärt hat oder von dem Anrufer aufgrund
konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden an dem
Gespräch vermutet werden kann. Ausgehend von diesen Kriterien sind den Beklagten
die streitgegenständlichen Anrufe zu verbieten.
29
Zunächst stellen die beanstandeten Anrufe Telefonwerbung der Beklagten dar. Das gilt
ungeachtet ihrer Behauptung, daß bei jenen Telefonaten lediglich Gesprächstermine
vereinbart würden. Es kann dahinstehen, inwieweit dies zutrifft. Denn auch die bloße
Vereinbarung eines mündlichen Gesprächstermins ist bereits Bestandteil der Werbung
der Beklagten und muß sich daher an den für die Telefonwerbung im gewerblichen
Bereich bestehenden Maßstäben messen lassen. Das ergibt sich ohne weiteres aus
dem Umstand, daß die Beklagten bei der ersten Kontaktaufnahme am Telefon
zumindest das Thema der von ihnen angestrebten Gespräche und den Grund dafür
darlegen müssen, warum für die Angerufenen ein solches Gespräch mit Partnern, die
ihnen bis dahin unbekannt sind, sinnvoll und lohnend sein soll. Dabei muß
zwangsläufig ihr Anliegen der angeblichen Einsparungen durch Veränderung der
Werbeeinträge in Telefonbüchern zur Sprache kommen, weswegen die Gespräche in
jedem Falle auch Werbung darstellen.
30
Da die Angerufenen - was auch die Beklagten nicht behaupten - ihr Einverständnis mit
derartigen Anrufen weder ausdrücklich noch in konkludenter Weise erklärt hatten, setzt
die Zulässigkeit der Anrufe nach den vorstehenden Kriterien voraus, daß die Beklagten
aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse der angerufenen
Inserenten an dem Gespräch vermuten konnten. Das ist indes nicht der Fall.
31
Hierfür reicht das möglicherweise bestehende bloße Interesse an den angebotenen
Veränderungen der Inserate selber nicht aus. Erforderlich ist vielmehr das Interesse der
Angerufenen, gerade telefonisch und nicht auf andere, weniger störende Weise über
das Angebot informiert zu werden. Nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O.) kann
sogar dann, wenn das beworbene Produkt gerade den eigentlichen
Geschäftsgegenstand des Angerufenen betrifft, nicht ohne weiteres von einem
derartigen Interesse ausgegangen werden. Erst recht gilt dies dann, wenn die Beklagten
- wie es bei den streitgegenständlichen Anrufen der Fall war - mit dem Ziel der
Veränderung von Werbeeinträgen in Telefonbüchern etwa bei einem Dental-Labor oder
einem KfZ-Sachverständigen anrufen. Aus diesem Grunde rechtfertigt auch der
Umstand, daß das erwähnte Dental-Labor und andere auf die beanstandete Weise
Angesprochene später die Leistungen der Beklagten in Anspruch genommen haben,
den vorher erfolgten Anruf nicht.
32
Entgegen der Auffassung der Beklagten hat auch das OLG Hamburg in seiner
Entscheidung vom 26.1.1995 (NJW-RR 96, 365 f) für die vorliegende Fallkonstellation
nicht angenommen, daß derartige Anrufe bereits dann erlaubt seien, wenn das
angebotene Produkt für den beworbenen Kunden von Interesse sein konnte. Der von
dem OLG Hamburg entschiedene Rechtsstreit unterschied sich dadurch grundlegend
von dem im vorliegenden Verfahren zu entscheidenden Fall, daß es sich um eine
Kontaktaufnahme innerhalb einer bestehenden Geschäftsbeziehung handelte. Die
dortige Antragsgegnerin hatte nämlich für die Telekom deren Kunden angerufen.
33
Auch sonst in Betracht kommende tatsächliche Umstände dafür, daß die angerufenen
Inserenten ein sachliches Interesse daran gehabt haben könnten, gerade auf
telefonischem Wege auf die Änderung der Eintragungen angesprochen zu werden,
liegen nicht vor. So waren zunächst ihre Angebote nicht so eilig, daß eine schriftliche
Werbung ihr Ziel nicht mehr hätte erreichen können. Überdies kann auch entgegen der
Behauptung der Beklagten keineswegs davon ausgegangen werden, daß
Gewerbetreibende heutzutage regelmäßig keine Einwände gegen die beanstandete
Werbung hätten und sich durch diese insbesondere nicht gestört fühlten. Im Gegenteil
ist weiterhin mit dem Bundesgerichtshof (a.a.O.) davon auszugehen, daß derartige
ungebetene Anrufe grundsätzlich eine sittenwidrige Belästigung und Störung der
Angerufenen darstellen und daher nur ausnahmsweise hingenommen werden können.
Der Anrufer nutzt das Telefon nämlich, um in die Geschäftssphäre des Angerufenen
einzudringen, obwohl dieser weder durch den Betrieb des Telefonanschlusses noch auf
irgendeine sonstige Weise gezeigt hat, daß er daran interessiert wäre, auf diese Weise
in Gespräche hineingezogen zu werden.
34
Das Interesse der Angerufenen kann auch nicht daraus gefolgert werden, daß diese
nach dem Vortrag der Beklagten in der Regel mit den als Alternative zur
Telefonwerbung in Betracht kommenden Vertreterbesuchen ebensowenig
einverstanden sein sollen. Dieser Hinweis vermag der Berufung bereits deswegen nicht
zum Erfolg zu verhelfen, weil der angebliche Umstand, daß Werbung durch Vertreter,
die die Unternehmen besuchen, die dort Angesprochenen in weitergehendem Maße
35
stören sollen, nichts daran ändert, daß die praktizierte Telefonwerbung aus den
dargelegten Gründen mit den guten Sitten im Wettbewerb nicht im Einklang steht. Eine
unlautere Handlung wird nicht dadurch zu einer lauteren, daß denkbare Alternativen
ebenfalls oder möglicherweise in noch größerem Maße sittlich verwerflich sind. Es kann
daher die zweifelhafte Frage offenbleiben, ob Vertreterbesuche tatsächlich regelmäßig
und in dem Umfange als lästig empfunden werden, wie die Beklagten dies behaupten.
Es kommt hinzu, daß es den Beklagten freisteht, nicht auf Vertreterbesuche
auszuweichen, sondern anstelle der Telefonwerbung z.B. schriftlich bei den Inserenten
zu werben. Der hiergegen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vorgebrachte
Einwand, eine derartige Werbung sei nicht so effektiv wie diejenige durch die
praktizierten Telefonanrufe, ändert nichts daran, daß den Beklagten diese Möglichkeit
offensteht. Daß sie ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran haben, ihre Art der
Werbung fortzusetzen, kann ohne weiteres unterstellt werden, ändert aber an der
Unlauterkeit des Vorgehens nichts.
36
Schließlich berufen sich die Beklagten auch ohne Erfolg darauf, die von ihr
Angerufenen hätten sich nicht gestört gefühlt. Allein daß diese sich nicht beschwert und
nicht geäußert haben, sie hätten sich belästigt gefühlt, kann nicht zu dem Schluß führen,
tatsächlich würden die Anrufe nicht als Störung empfunden. Das gilt schon für die
Anzahl der namentlich von der Klägerin angeführten Inserenten und erst recht
angesichts des Umstandes, daß die Beklagten - wie die Klägerin in ihrem
erstinstanzlichen Schriftsatz vom 27.10.1997 unwidersprochen vorgetragen und durch
die Anlage K 3 belegt hat - systematisch und in großer Zahl Inserenten angerufen
haben.
37
B
38
Aus den vorstehenden Gründen ist den Beklagten die von ihnen praktizierte
Telefonwerbung bei Zugrundelegegung der von dem Bundesgerichtshof gefundenen
Kriterien zu untersagen. Es besteht auch kein Grund, von dieser Rechtsprechung des
BGH abzuweichen und Telefonwerbung in weiterem Umfange zuzulassen.
39
Das gilt zunächst im Hinblick auf die von den Beklagten angeführte Richtlinie 97/7/EG
des europäischen Parlaments und des Rates. Hierzu wird gem. § 543 Abs.2 ZPO auf
die Ausführungen des Landgerichts auf S.6 der angefochtenen Entscheidung Bezug
genommen, denen auch angesichts des Berufungsvorbringens der Beklagten nichts
hinzuzufügen ist.
40
Aber auch die angeblich gewandelte allgemeine Übung im Bereich des sog.
"Dialogmarketing" vermag die Gesichtspunkte, die Grundlage der höchstrichterlichen
Rechtsprechung sind, nicht zu entkräften. Es mag sein, daß die moderne
Telekommunikationstechnik zu einer Situation geführt hat, in der in weiterem Maße als
früher eine direkte, auch telefonische Kontaktaufnahme zu gewerblichen Kunden
stattfindet. Das besagt indes nicht, daß die unangemeldete telefonische Werbung
inzwischen nicht mehr als störend empfunden wird. Insbesondere bringen die
Unternehmen, die sich moderner Kommunikationstechnik bedienen, auch wenn sie so
eine leichte telefonische Kontaktaufnahme ermöglichen, damit nicht etwa zum
Ausdruck, keine Einwände gegen unangemeldete Telefonwerbung zu haben, zumal
wenn diese - wie in den im vorliegenden Verfahren streitgegenständlichen Fällen - noch
nicht einmal ihr Gewerbe betrifft.
41
Aus den vorstehenden Gründen ist die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Die -
auf dem entsprechenden Antrag der Klägerin beruhende - obige Fassung des
Urteilstenors stellt inhaltlich keine Änderung des von dem Landgericht zu Recht
ausgesprochenen Verbotsumfanges dar. Insbesondere ist es den Beklagten weiterhin
erlaubt, Telefonwerbung zu betreiben, wenn der angerufene Gesprächspartner dazu
sein Einverständnis erklärt hat, oder aufgrund besonderer tatsächlicher Umstände ein
sachliches Interesse des Angerufenen an einem solchen Anruf vermutet werden kann.
Die dem Antrag der Klägerin zugrundeliegende Anregung des Senates, gleichwohl den
mit den Worten "es sei denn" beginnenden Satzteil zu streichen, beruht darauf, daß in
den streitgegenständlichen Fällen weder ein Einverständnis noch das sachliche
Interesse der angerufenen Inserenten vorlag. Überdies waren in dem ursprünglichen
Urteilstenor Verbotselemente aufgeführt, um deren Vorhandensein die Parteien im
vorliegenden Verfahren gerade streiten.
42
In dem Tenor sind schließlich die Worte "zu Wettbewerbszwecken" durch die Worte "zu
Zwecken der Werbung" ersetzt worden, um bereits im Urteilstenor deutlich zu machen,
daß das Verbot gerade eine - telefonische - Werbung betrifft.
43
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
44
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
45
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer der Beklagten entspricht dem Wert
ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
46
Streitwert für das Berufungsverfahren: 200.000,00 DM.
47