Urteil des OLG Köln vom 09.01.2009

OLG Köln (stand der technik, tatsächliche vermutung, regisseur, bezug, miturheber, in verkehr bringen, treu und glauben, kläger, anlage, film)

Oberlandesgericht Köln, 6 U 86/08
Datum:
09.01.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 86/08
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 28 O 297/07
Normen:
rhG §§ 2 Abs. 1 Nr. 6, 7, 8 Abs. 1 und 2 Nr. 3, 10, 15 Abs. 1, 16 Abs. 2,
17 Abs. 1, 31 Abs. 4, 43, 65 Abs. 2, 97, 132 Abs. 1 S. 1; InsO §§ 103, 119
Tenor:
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 19. März 2008 ver-kündete
Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln teilweise abgeändert
und zu Nr. V wie folgt neu gefasst:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, den je-weils aus
dem Kläger und weiteren Personen bestehenden Mit-
urhebergemeinschaften an den unter Nr. I genannten Filmwer-ken allen
materiellen Schaden zu erstatten, der ihnen daraus entstanden ist und
künftig noch entstehen wird, dass die Be-klagte diese Filmwerke als
Videogramme vervielfältigte und/oder der Öffentlichkeit anbot und/oder
in den Verkehr brachte und/oder vervielfältigen ließ und/oder der
Öffentlichkeit anbieten ließ und/oder in Verkehr bringen ließ.
Mit dem insoweit gestellten Hauptantrag wird die Klage abge-wiesen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme
der Kosten der Streithilfe, die der Streithelferin auferlegt werden.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die
Vollstreckung des Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruchs durch
Sicherheitsleistung in Höhe von 15.000,00 € abwenden, wenn nicht der
Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Sie
kann die Vollstreckung des Zahlungs- und Kos-tenerstattungsanspruchs
durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils
vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu
vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird zugelassen.
G r ü n d e
1
I.
2
Der Kläger ist der Sohn und Alleinerbe des Filmregisseurs Dr. I.S., der unter anderem
bei dreizehn zwischen 1957 und 1965 entstandenen Spielfilmen (der Heimatkomödie
"Almenrausch und Edelweiß", den sechs "Edgar-Wallace"-Filmen "Der Frosch mit der
Maske", "Die Bande des Schreckens", "Der Fälscher von London", "Der Würger von
Schloss Blackmoor", "Zimmer 13" und "Der unheimliche Mönch", den beiden Filmen "Im
Stahlnetz des Dr. Mabuse" und "Die unsichtbaren Krallen des Dr. Mabuse" sowie den
vier "Karl-May"-Filmen "Der Schatz im Silbersee" und "Winnetou I" bis "Winnetou III")
Regie führte. Neun dieser Filme produzierte die Streithelferin; die Kinoauswertung lag
überwiegend (nach dem Beklagtenvorbringen: immer) bei der D.-Filmverleih GmbH
(nachfolgend: D.).
3
Die Beklagte vertrieb seit Ende 2004 digitale Videogramme (DVDs) der Filme (auch
zusammen mit anderen Filmen als Teil von DVD-Kollektionen). Der Kläger hält diese
Art der Auswertung für urheberrechtswidrig, weil sein Vater alleiniger Urheber aller
dreizehn Filme gewesen sei und niemandem – insbesondere keinem Rechtsvorgänger
der Beklagten – entsprechende Nutzungsrechte eingeräumt habe. Er nimmt die
Beklagte auf Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht, Auskunft und Rechnungslegung
in Anspruch; außerdem macht er Rechtsverfolgungskosten und Zinsen (auch in Bezug
auf vier weitere seit 1966 entstandene, sonst nicht mehr streitgegenständliche Filme)
geltend.
4
Das Landgericht, auf dessen Urteil wegen aller Einzelheiten des Sach- und
Streitstandes und der Klageanträge erster Instanz verwiesen wird, hat die Beklagte (mit
klarstellender Beschränkung des Feststellungsausspruchs auf materielle Schäden)
antragsgemäß verurteilt. Dagegen richtet sich die Berufung der Beklagten, die mit
Unterstützung der Streithelferin ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Sie
vertieft und ergänzt unter näherer schriftsätzlicher Darlegung ihr bisheriges Vorbringen,
bestreitet insbesondere die Alleinurheberschaft des Regisseurs Dr. S. und behauptet,
dieser habe in seinen Verträgen mit der D. über sämtliche Rechte an den Filmen auch in
Bezug auf damals noch unbekannte Nutzungsarten verfügt. Der Kläger verteidigt das
angefochtene Urteil und beantragt hilfsweise, die Beklagte zur Auskunft gegenüber der
Gemeinschaft der Miturheber zu verurteilen und ihre Schadensersatzverpflichtung
entsprechend festzustellen.
5
II.
6
Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt in der Sache überwiegend ohne Erfolg; das
angefochtene Urteil war nur insoweit abzuändern, als entsprechend dem Hilfsantrag des
Klägers eine Schadensersatzpflicht der Beklagten nicht gegenüber ihm allein, sondern
gegenüber den Miturhebergemeinschaften an den dreizehn streitgegenständlichen
Filmwerken festzustellen war.
7
1. Zu Recht hat das Landgericht einen urheberrechtlichen Schadensersatzanspruch
des Klägers (§ 97 Abs. 1 S. 1 UrhG in der bis zum 31.08. und § 97 Abs. 2 UrhG in
der seit dem 01.09.2008 geltenden Fassung) dem Grunde nach bejaht. Das
Berufungsvorbringen führt zu keiner anderen Beurteilung.
8
9
Unstreitig war der Vater des Klägers als Regisseur (zumindest Mit-) Urheber (§§ 7, 8
Abs. 1 UrhG) der streitbefangenen Filmwerke (§ 2 Abs. 1 Nr. 6 UrhG). Die DVD-
Auswertung der Filme durch die Beklagte verletzte sein dem Kläger vererbtes (§§ 28
Abs. 1, 30 UrhG) ausschließliches Vervielfältigungs- und Verbreitungsrecht (§§ 15 Abs.
1 Nr. 1 und 2, 16 Abs. 2, 17 Abs. 1 UrhG). Das Vorbringen der Berufung, dass Dr. S. in
Verträgen mit der D. den jeweiligen Filmherstellern vor den Dreharbeiten umfassende
Nutzungsrechte eingeräumt habe, die das Recht zur Videozweitverwertung
einschlossen, findet in dem von der Beklagten und der Streithelferin vorgetragenen
Sachverhalt keine hinreichende Stütze.
10
Zwischen den Parteien ist nicht im Streit, dass es sich bei der Videozweitauswertung
um eine bis 1965 völlig unbekannte Art der Nutzung von Kinofilmen handelt. Der
Bundesgerichtshof hat im Fall des 1968 ebenfalls unter der Regie von Dr. S.
entstandenen Films "Winnetou und Old Shatterhand im Tal der Toten" angenommen,
dass sich eine mögliche Vermarktung von Spielfilmen auf Videokassetten, gegenüber
der die Auswertung auf DVD keine wirtschaftlich eigenständige Verwertungsform
darstellt (BGH, GRUR 2005, 937 [939] – Der Zauberberg), erst im Laufe der siebziger
Jahre abzeichnete (BGH, GRUR 1991, 133 [136] – Videozweitauswertung I; vgl. auch
BGHZ 128, 336 = GRUR 1995, 212 [213] – Videozweitauswertung III).
11
Dass der Vater des Klägers bei den streitgegenständlichen Filmen wirksame
Rechtseinräumungen (nach damaligem Sprachgebrauch: Urheberrechtsübertragungen)
auch für diese damals noch unbekannte Nutzungsart vorgenommen (und der Kläger als
sein Erbe die DVD-Auswertung der Filme deshalb ohne neue vergütungspflichtige
Lizenz hinzunehmen) hätte, kann zum prozessualen Nachteil der Beklagten nicht
festgestellt werden.
12
Verträge über Nutzungsrechte für noch nicht bekannte Nutzungsarten waren vor 1966
zwar nicht schlechthin unwirksam, weil es damals keine Vorschrift wie den von 1966 bis
2007 geltenden § 31 Abs. 4 UrhG gab (vgl. nur BGH, GRUR 1988, 296 [299] – GEMA-
Vermutung IV; OLG München, ZUM 2000, 61 [64 f.] = OLGR 2000, 144 – Das kalte Herz;
Wandtke / Holzapfel, GRUR 2004, 284 [286] m.w.N.). Entgegen dem
Berufungsvorbringen sprechen aber weder eine (rechtliche oder tatsächliche)
Vermutung noch hinreichend konkrete Indizien für eine so umfassende (ausdrückliche
oder stillschweigende) Rechtseinräumung durch den Regisseur Dr. S..
13
a) Während die zum 01.01.2008 in Kraft getretene Neufassung des
Urheberrechtsgesetzes für zwischen 1966 und 2007 abgeschlossene umfassende
Nutzungsrechtsverträge eine Übergangsregelung für die bei Vertragsschluss
"unbekannten Nutzungsrechte" eingeführt hat, die den Filmurhebern ein begrenztes
Widerspruchsrecht (§ 137l Abs. 1 und 4 UrhG) und mit Aufnahme der Nutzung einen
14
verwertungsgesellschaftspflichtigen Anspruch auf gesonderte angemessene Vergütung
gibt (§ 137l Abs. 5 UrhG, vgl. § 32 c UrhG), ist für Altverträge aus der Zeit vor
Inkrafttreten der Urheberrechtsgesetzes zum 01.01.1966 die damalige Rechtslage
maßgeblich (§ 132 UrhG; vgl. Wandtke / Bullinger / Braun / Jani, UrhR, 3. Aufl. [2008], §
132 Rn. 2 f.; Jani, ebd., § 137l Rn. 5; Dreier / Schulze, UrhG, 3. Aufl. [2008], § 137l Rn.
11).
Diese wurde im Rahmen von § 8 Abs. 3 LUG und § 10 Abs. 3 KUG, die beschränkte und
unbeschränkte Rechtsübertragungen für zulässig erklärten, insbesondere durch die
1927 von Goldbaum begründete und vom Reichsgericht (RGZ 118, 282 [285] –
Musikantenmädel; RGZ 123, 312 [318] – Wilhelm Busch) übernommene
Zweckübertragungstheorie und den das gesamte Urheberrecht beherrschenden
Leitgedanken einer möglichst weitgehenden Beteiligung des Urhebers an der
wirtschaftlichen Verwertung seines Werks bestimmt (vgl. von Gamm, UrhG [1968], § 31
Rn. 1, 19; Schricker, Verlagsrecht, 3. Aufl. [2001], § 8 Rn. 5 a m.w.N.). Hieraus hat das
Reichsgericht (a.a.O.; vgl. das zustimmende Zitat in BGHZ 11, 135 [143 f.] = GRUR
1954, 216 [219] – Schallplatten-Lautsprecherübertragung) den Schluss gezogen, dass
selbst bei einer uneingeschränkten Übertragung des Urheberrechts die Ausnutzung
neuer Verwertungsmöglichkeiten, die die Parteien nach dem Stand der Technik im
Zeitpunkt der Rechtsübertragung nicht in Rechnung gestellt hatten, dem Werkschöpfer
vorbehalten bleibe. Diese Erwägungen schlossen es nicht aus, im Einzelfall auch erst
künftig relevant werdende Rechte (wie die Tonfilmrechte bei Verträgen aus der
Stummfilmzeit) als mitübertragen anzusehen, wenn eine Gewinnbeteiligung des
Urhebers vertraglich vorgesehen war (RGZ 140, 255 [257 f.] – Hampelmann).
15
Der Bundesgerichtshof hat den allgemeinen Zweckübertragungsgedanken, wonach
urheberrechtliche Nutzungsbefugnisse im Zweifel nur im Rahmen des konkreten
wirtschaftlichen Vertragszwecks übertragen werden sollen, aufgegriffen und in ständiger
Rechtsprechung angewandt (vgl. nur BGHZ 9, 262 = BGH, GRUR 1953, 299 [300 f.] –
Lied der Wildbahn I; BGHZ 15, 249 [255 f.] – Cosima Wagner; BGH, GRUR 1957, 611
[612] – Bel ami). Weil der Urheber tunlichst an den Früchten seines Werks zu beteiligen
sei, hat er eine Auslegung gesetzlicher Erlaubnistatbestände abgelehnt, durch die eine
auch nur potentiell wirtschaftlich bedeutsame Auswertung des Werks durch neuartige
Wiedergabetechniken dem Schutzbereich des Urhebers entzogen worden wäre (so für §
22a LUG: BGHZ 11, 135 [143 f.] = GRUR 1954, 216 [219] – Schallplatten-
Lautsprecherübertragung; für § 15 Abs. 2 LUG und private Tonbandaufnahmen: BGHZ
17, 266 = GRUR 1955, 492 [498 f.] – Grundig-Reporter).
16
Damit stand schon vor Einführung des § 31 Abs. 4 UrhG in seiner von 1966 bis 2007
gültigen Fassung der allgemeine Zweckübertragungsgedanke der Einräumung von
Rechten an einer noch nicht bekannten Nutzungsart an sich regelmäßig entgegen
(BGH, GRUR 1988, 296 [299] – GEMA-Vermutung IV; vgl. von Gamm, a.a.O., § 31 Rn.
15; Wandtke / Holzapfel, GRUR 2004, 284 [286] m.w.N.), und zwar auch im Verhältnis
zwischen Filmschaffenden und Filmherstellern (so in einem obiter dictum BGH, GRUR
1991, 133 [135] – Videozweitauswertung I).
17
b) Fehl geht die Ansicht der Berufung, dass für die Rechtsübertragung im Bereich der
Filmherstellung vor 1966 grundlegend andere rechtliche Maß-stäbe in Bezug auf
unbekannte Nutzungsarten gegolten hätten.
18
In mehreren Entscheidungen aus dieser Zeit (BGH, GRUR 1955, 596 [597] – Lied der
19
Wildbahn II; Ufita Bd. 24 [1957], 399 [404] – Lied der Wildbahn III; GRUR 1960, 199
[200] – Tofifa) ist zwar davon die Rede, dass die Übertragung der an einem Film
bestehenden Urheberrechte auf den nicht originär berechtigten Kostenträger des Films
(Filmhersteller) auch stillschweigend erfolgen könne und bei der Auslegung des
Erklärungsverhaltens der an der Herstellung des Films schöpferisch beteiligten
Personen nach Treu und Glauben auf die in der Filmbranche herrschenden
wirtschaftlichen Gegebenheiten Rücksicht zu nehmen sei.
Soweit diese Gegebenheiten bereits damals regelmäßig für eine Einwilligung der
Filmurheber in die übliche Verwertung des Films gesprochen haben mögen, die der
Filmhersteller – unter besonderer Würdigung seines Kostenrisikos – für eine ungestörte
Auswertung des Films im Rahmen des Vertragszwecks benötigte, entsprach dies
sachlich der später in das Urhebergesetz aufgenommenen Auslegungsregel für
Filmwerke (§ 89 Abs. 1 UrhG in der bis zum 31.12.2007 geltenden Fassung), nach der
ein Filmurheber dem Filmhersteller durch seine Mitwirkung an der Herstellung des Films
im Zweifel ein Nutzungsrecht für alle bekannten Nutzungsarten einräumt (vgl. BGH,
Ufita Bd. 55 [1970], 313 [316] – Triumph des Willens; LG München I, GRUR 1991, 377
[379] – Veit-Harlan-Videorechte). Die Regierungsbegründung aus dem Jahr 1962 (zu §
99 UrhG-E, BT-Drucks. IV/270, S. 100) sah in dieser Auslegungsregel den bisherigen
Rechtszustand abgebildet, der in der Praxis kaum zu Streitfällen Anlass gegeben habe,
weil bei den unmittelbar im Filmwerk aufgehenden schöpferischen Beiträgen eine
solche umfassende vertragliche Rechtseinräumung schon bisher die Regel gebildet
haben dürfte; der weitergehende Vorschlag eines originären alleinigen Urheberrechts
des Filmherstellers aus dem Referentenentwurf von 1954, der in der Erörterung auf
grundsätzliche Bedenken gestoßen sei, wurde verworfen.
20
Für noch unbekannte Nutzungsarten lässt sich aus dieser dem allgemeinen
Zweckübertragungsgedanken vorgelagerten besonderen Auslegungsregel für
Filmwerke (vgl. BGH, GRUR 2005, 937 [939] – Der Zauberberg) jedoch nichts
gewinnen. Denn dass aus einer vermuteten Einwilligung der mitwirkenden Filmurheber
in die übliche Verwertung des Films noch keine Rechtsübertragung für Nutzungsarten
abgeleitet werden kann, die zur Zeit der Filmherstellung nach dem Stand der Technik
oder jedenfalls als wirtschaftlich eigenständige Verwertungsform nicht einmal bekannt
waren, liegt auf der Hand und entspricht auch der Sicht des historischen Gesetzgebers,
der Wert darauf legte, dem Urheber stets die Entscheidung darüber vorzubehalten, ob
und gegen welches Entgelt er mit der Nutzung seines Werks auch auf eine neu
entwickelte Art einverstanden ist (Regierungsbegründung zu § 31 UrhG-E, BT-Drucks.
IV/270, S. 56).
21
Dass für Arten der Filmnutzung, mit denen die Vertragspartner zur Zeit der
Rechtsübertragung noch nicht rechnen mussten, im Interesse der Urheber der
allgemeine Zweckübertragungsgedanke gegenüber anderen möglichen
Auslegungsgesichtspunkten der Vorrang gebührt, hat der Bundesgerichtshof denn auch
in weiteren Entscheidungen aus jener Zeit sowohl für die Nutzung vorbestehender
Werke (BGH, GRUR 1957, 611 [612] – Bel ami) als auch für technisch neuartige
Verwertungsmöglichkeiten nach umfassender Übertragung von
Filmauswertungsrechten (BGH, GRUR 1960, 197 [199] – Keine Ferien für den lieben
Gott) ausgesprochen: Ein allgemeiner Grundsatz des Urheberrechts, der sowohl auf mit
dem Werkschöpfer selbst abgeschlossene Verwertungsverträge als auch auf die
Übertragung abgeleiteter Werknutzungsrechte anwendbar sei, gehe insbesondere bei
erst nachträglich bekannt gewordenen Verwertungsmöglichkeiten dahin, dass eine
22
Übertragung urheberrechtlicher Nutzungsbefugnisse in der Regel nur dann
vorgenommen werden könne, wenn ein dahingehender Parteiwille unzweideutig zum
Ausdruck gekommen sei (BGH, a.a.O.; vgl. BGH, GRUR 1969, 143 [144 f.] – Curt-Goetz-
Filme II, wonach die ausdrückliche Einräumung der "Televisionsrechte für Deutschland"
keine hinreichend eindeutige Übertragung des bei Vertragsabschluss noch
unbekannten Senderechts für Spielfilme darstellte).
c) Die Berufung vertritt gleichwohl die Auffassung, dass es sich bei der Filmherstellung
seit jeher um einen Sonderbereich gehandelt habe, in dem Rechtseinräumungen für
bekannte und unbekannte Nutzungsarten einer langjährigen Vertragspraxis
entsprochen hätten und regelmäßig gewollt gewesen seien. In tatsächlicher Hinsicht
liege die Beweislast für den Vorbehalt eigener Rechte deshalb bei den Filmurhebern,
zumindest spreche der erste Anschein für eine einschränkungslose Rechteübertragung
auch in Bezug auf alle unbekannten Nutzungsarten. Dem kann nicht beigetreten
werden.
23
Der Senat braucht nicht abschließend dazu Stellung zu nehmen, ob im Einzelfall
Beweiserleichterungen zu Gunsten der Filmhersteller eingreifen können, wenn der
Abschluss bestimmter Standardverträge nachgewiesen oder überwiegend
wahrscheinlich ist und bei realistischer Betrachtung jede andere Möglichkeit des
Vertragsinhalts ausscheidet (so Wandtke / Bullinger / Manegold, a.a.O., § 89 Rn. 3 f.
m.w.N.). Denn keinesfalls lässt sich über konkrete Einzelfälle hinaus eine tatsächliche
Vermutung dahin aufstellen, dass bis 1966 sämtliche Filmschaffende den
Filmherstellern umfassende Rechte auch in Bezug auf unbekannte Nutzungsarten
übertragen hätten. Stillschweigende Rechtseinräumungen dieser Art sind zwar im
Hinblick auf die Videoauswertung anonymer Filme aus der NS-Zeit angenommen
worden (LG München I, ZUM 1993, 370 [374 f.] – NS-Propagandafilme; ZUM-RD 1998,
89 [92] – Wochenschauen 1940-1942). Diese dem besonderen Charakter solcher Filme
geschuldete Annahme lässt sich indessen nicht verallgemeinern. Denn ein genereller
Erfahrungssatz, wonach auch namentlich bekannte Filmurheber und selbst berühmte
Regisseure in Verträgen vor 1966 den Filmherstellern ausnahmslos alle Rechte auch
für unbekannte Nutzungsarten übertragen hätten, besteht nicht und eine so
weitreichende stillschweigende Rechtseinräumung kann gerade nicht ohne weiteres
angenommen werden (OLG München, ZUM 1985, 514 [515] – Olympiafilm; LG München
I, GRUR 1991, 377 [379] – Veit-Harlan-Videorechte; ZUM 1993, 370 [374] – NS-
Propagandafilme; Dreier / Schulze, a.a.O., § 31a Rn. 21 f.; Schricker / Katzenberger,
UrhG, 3. Aufl. [2006], § 89 Rn. 3).
24
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den erstinstanzlich von der
Streithelferin vorgelegten Verträgen mit dem Regisseur W. aus den Jahren 1963 bis
1965 (Anlagenkonvolut S 1.3 [Bl. 520-527 d.A.]; die ebenfalls vorgelegten Verträge mit
den Regisseuren W. und T. aus den Jahren 1966 und 1967 sind für die Rechtslage vor
Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes ohnehin unergiebig), deren Inhalt und
Erscheinungsbild sogar eher gegen eine weitgehende Standardisierung der
Regieverträge jener Zeit sprechen dürften (nur für einen Vertrag aus dem Jahr 1965
wurde das Muster "Anstellungsvertrag für Filmschaffende" verwendet). In sämtlichen
Verträgen, die sowohl eine Pauschalvergütung als auch ein Beteiligungshonorar
vorsahen, wurde allerdings ergänzend auf den Tarifvertrag für Filmschaffende vom
19.12.1959 Bezug genommen, dessen (in die folgenden Tarifverträge bis zum
Inkrafttreten des Urheberrechtsgesetzes unverändert übernommener) § 3 Nr. 1
auszugsweise lautet (Anlage B 14, Bl. 260 d.A.):
25
"Alle Urheber-, Leistungsschutz- und Eigentumsrechte am Film ... stehen, ohne
Rücksicht auf die vom Filmschaffenden geleistete Mitarbeit, allein dem Filmhersteller zu
dessen ausschließlicher Verwertung in unveränderter oder geänderter Gestalt und
gleichviel auch, mit welchen technischen Mitteln sie erfolgt, zu, insbesondere für Fälle
der Wieder- und Neuverfilmung, der Verwertung durch Rundfunk, Fernsehen und
andere zur Zeit bekannte oder erst in Zukunft bekannt werdende Verfahren."
26
Eine Regelung, die die "Urheberrechte, auch auf zur Zeit des Vertragsabschlusses noch
nicht bekannten Verwendungsgebieten" und die Übertragung der Filmaufnahmen
"durch Rundfunk, Television oder andere z.Zt. bekannte oder erst in Zukunft bekannt
werdende Verfahren" ausschließlich dem Filmhersteller zuwies, enthielt schon vor dem
genannten Tarifvertrag die Tarifordnung für Filmschaffende vom 19.08.1943 unter § 3
Nr. 1 und 2 (Anlage B 13, Bl. 250 d.A.).
27
Ein für die gesamte Filmbranche typischer Geschehensablauf, wonach eine
entsprechende Bestimmung in alle Verträge mit Regisseuren und anderen
Filmschaffenden jener Zeit aufgenommen worden wäre, ergibt sich daraus –im Licht der
individuellen Vertragsfreiheit und des Zweckübertragungsgedankens – aber noch nicht,
zumal das von der Streithelferin für den Vertrag mit dem Regisseur W. vom 23.02.1965
verwendete Formular ausdrücklich die Möglichkeit vorsieht, nichtzutreffende
Formularbedingungen zu streichen und nicht ersichtlich ist, dass von dieser Möglichkeit
niemals Gebrauch gemacht worden wäre. Die volle Darlegungs- und Beweislast für ihre
Behauptung, dass sich der unstreitig nie tarifgebundene, juristisch vorgebildete Vater
des Klägers (der sich bis zur Mitte der fünfziger Jahre bereits durch erfolgreiche
Heimatfilme ["Rosen-Resli" 1954; "Die Fischerin vom Bodensee" 1956] einen Namen
gemacht hatte, vgl. Anlage B 27 [Bl. 672 f. d.A.] und Meyers Lexikon online [2008] s.v.
I.S.) auf eine entsprechende vertragliche Vereinbarung eingelassen habe, liegt nach
alledem bei der Beklagten.
28
d) Hinreichend konkrete tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass entsprechende
Vereinbarungen erfolgt seien, der Regisseur Dr. S. mithin seinen Vertragswillen
unzweideutig kundgetan habe, alle Rechte an den streitbefangenen Filmen auch in
Bezug auf noch unbekannte Nutzungsarten ausschließlich den Filmherstellern
einzuräumen, sind nicht dargetan oder ersichtlich. Dies hat auf Grund des
erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes bereits das Landgericht zutreffend ausgeführt.
Aus dem Vorbringen der Parteien im Berufungsrechtszug ergibt sich nichts anderes:
29
aa) Von Dr. S. unterzeichnete Vertragsurkunden liegen nicht vor, obwohl der Abschluss
entsprechender Verträge für sich genommen unstreitig ist und zumindest die
Streithelferin als Filmherstellerin daran hätte interessiert sein müssen, schriftlich erfolgte
Rechtseinräumungen zu ihren Gunsten bis zum Ablauf der urheberrechtlichen
Schutzfrist (§§ 64 ff. UrhG) aufzubewahren. Der Kläger hat angegeben, im Nachlass
seines Vaters vergebens nach schriftlichen Unterlagen gesucht zu haben. Zu Unrecht
hält die Berufung diese Erklärung mit Nichtwissen (§ 138 Abs. 4 ZPO) für unzulässig;
denn eine Wissenszurechnung zwischen Erblasser und Erben findet nicht statt (vgl.
Zöller / Greger, ZPO, 27. Aufl., § 138 Rn. 15 f. m.w.N.). Die Beklagte ihrerseits hat neben
dem einen anderen Film betreffenden Vertragsentwurf vom 20.04.1958 (Anlage B 11 [Bl.
232 f. d.A.; vgl. jetzt auch Bl. 1215 d.A.]) lediglich den Entwurf eines Jahresvertrages
vom 30.01.1960 (Anlage B 32 [Bl. 725 f. d.A.] und jetzt auch Anlage zum Schriftsatz vom
12.11.2008 [Bl. 1211-1214]) vorgelegt; ob die Verträge letztlich mit diesem Inhalt
30
abgeschlossen wurden, ergibt sich daraus nicht zweifelsfrei.
Die in der Berufungsbegründung nochmals angebotene Vernehmung der Zeugin L. (der
Agentin des Regisseurs) bildet bereits deshalb keinen tauglichen Beweisantritt, weil die
in das Wissen der Zeugin gestellte Behauptung (Bl. 465 f., 650 f. d.A.), dass Dr. S. stets
großen Wert auf den Abschluss schriftlicher Verträge gelegt und darin keinerlei
Rechtebeschränkungen zu Lasten der D. vereinbart habe, im Ergebnis nichts zu der
entscheidenden Frage beiträgt, ob Dr. S. in den Verträgen – gerade umgekehrt –
eindeutige Rechtseinräumungen für noch unbekannte Nutzungsarten vorgenommen
hatte.
31
Als hinreichendes Indiz in diese Richtung hat das Landgericht auch nicht die Angaben
des verstorbenen Rechtsberaters der D., des Rechtsanwalts Dr. N.-H., anzusehen
vermocht, die ihm durch das Schreiben vom 30.06.1986 (Anlage B 10 [Bl. 225 ff. d.A.])
und die Wiedergabe der Zeugenaussage im Urteil des Landgerichts München I – 21 O
15957/88 – vom 20.10.1988 (Anlage B 12 [Bl. 234 ff., 241, 244 d.A.]) vermittelt worden
waren. Durchgreifende Mängel dieser Feststellung (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) zeigt die
Berufung im Ergebnis nicht auf. Bei ihrer Erwägung, dass die Bewertung der
Glaubhaftigkeit der Aussage und der persönlichen Glaubwürdigkeit des am
Prozessausgang nicht uninteressierten Zeugen ohne unmittelbaren Eindruck von
seinem Aussageverhalten nicht mehr hinreichend möglich sei, hat die Kammer zwar
noch nicht die nunmehr – nach der Berufungsverhandlung – von der Beklagten mit
Schriftsatz vom 12.11.2008 vorgelegten weiteren Auszüge aus den Akten des
Verfahrens 21 O 15957/88 LG München I (namentlich des Protokolls über die
Vernehmung des Zeugen Dr. N.-H. am 07.07.1989 und der dort in Bezug genommenen
schriftlichen Beantwortung der Beweisfrage vom 19.06.1989) gewürdigt. Die im
angefochtenen Urteil angesprochenen Umstände, die – aus Sicht der Kammer und auch
des Senats – einer abschließenden Bewertung des Richtigkeitsgehalts der Angaben
entgegenstanden, werden vom Inhalt dieser Unterlagen aber nicht entscheidend
berührt:
32
Zum einen erfolgte die Zeugenaussage im Rahmen eines Verfahrens, das sich auf zwei
1967 und 1973 gedrehte Filme und einen Jahresvertrag vom 11.02.1966 bezog, also auf
einen Sachverhalt, für den bereits das Urheberrechtsgesetz galt. Zum anderen beruhte
die Aussage, dass die D. von 1960 bis etwa 1971/72 Jahresverträge mit Dr. S.
geschlossen habe, nach denen ergänzend die Bestimmungen der Tarifordnung für
Filmschaffende vom 19.08.1943 oder die des jeweils gültigen Tarifvertrags vom
19.12.1959 (in Kraft seit 01.04.1960), 23.04.1963 oder 15.04.1965 gelten sollten, auf
damals bereits mehr als zwanzig Jahren zurückliegenden Vorgängen, für die der Zeuge
sich nach eigenen Angaben nicht mehr auf Originalunterlagen der 1977 in Konkurs
gefallenen D. (vgl. Bl. 667 d.A.), sondern nur auf einige Konzepte (nämlich die bereits
oben erwähnten Vertragsentwürfe Bl. 1211-1214 d.A.) stützen konnte. Für die beiden
ersten – vor Januar 1960 entstandenen – streitbefangenen Filme "Almenrausch und
Edelweiß" und "Der Frosch mit der Maske" fehlt sogar jeder urkundliche Anhaltspunkt
(der im Schreiben vom 30.06.1986 [Bl. 227 d.A.] erwähnte Vertrag zum letztgenannten
Film ist nie zu den Akten gelangt).
33
bb) Selbst wenn die schriftlichen Angaben des Rechtsanwalts Dr. N.-H. als richtig
unterstellt werden, wonach die D. mit Dr. S. jedenfalls seit seinem ersten in deren
Verleih aufgenommenen Edgar-Wallace-Film jährliche Anstellungsverträge
geschlossen hatte, die ergänzend auf das jeweils gültige Tarifrecht Bezug nahmen, folgt
34
daraus nicht, dass der Regisseur Dr. S. damit über sein Verwertungsrecht in Bezug auf
die seinerzeit noch unbekannte Nutzungsart der Videoauswertung wirksam verfügt hat.
Wie das Landgericht zutreffend hervorgehoben hat, ist unklar, inwieweit neben den
Jahresverträgen Einzelvereinbarungen zur Übertragung der Nutzungsrechte des
Regisseurs an den konkreten Filmproduktionen (sei es gegenüber der D. zur
Weiterübertragung auf den Filmhersteller, sei es unmittelbar diesem gegenüber, vgl.
BGH, GRUR 1991, 133 [135] – Videozweitauswertung I) getroffen wurden. Isoliert
betrachtet kann aber der Bezugnahme auf Tarifordnung oder Tarifvertrag in den
Jahresverträgen noch keine unzweideutige Kundgabe des Willens zu einer Abgeltung
sämtlicher Urheberrechte des Regisseurs auch in Bezug auf bei Vertragsabschluss
noch unvorhersehbare Arten der Nutzung durch die vereinbarte monatliche
Pauschalvergütung entnommen werden.
Allerdings ist das OLG München im Falle eines 1949/1950 unter Mitwirkung des
Regisseurs Q.X.entstandenen DEFA-Films davon ausgegangen, dass mit den dort
unstreitig in den Vertrag einbezogenen, mit der Tarifordnung vom 19.08.1943
übereinstimmenden "Normativbedingungen für Filmschaffende", nach denen der DEFA
die Urheberrechte auch auf "zur Zeit des Vertragsabschlusses noch nicht bekannten
Verwendungsgebieten" übertragen worden waren, eine das noch unbekannte Recht der
Videoauswertung einschließende Rechtsübertragung hinreichend deutlich kundgetan
worden sei, so dass für eine Auslegung anhand der Zweckübertragungstheorie kein
Raum bleibe (ZUM 2000, 61 [65 f.] = OLGR 2000, 144 – Das kalte Herz). Das LG
München I hat die unstreitige Einbeziehung von Tarifvertrag oder Tarifordnung in den
Anstellungsvertrag des Kameramannes eines vor 1966 entstandenen Films ("Der
Ölprinz") bei nicht tarifgebundenen Vertragspartnern ebenfalls als eine die
Zweckübertragungstheorie verdrängende eindeutige Individualvereinbarung über noch
unbekannte Nutzungsarten angesehen (ZUM 1999, 332 [334 f.] – Miturheberschaft des
Kameramanns; vgl. für die Übertragung der Rechte an einem Filmdrehbuch aus dem
Jahr 1956 auch LG Hamburg, ZUM-RD 1999, 134 [135 f.] – Heinz Erhard).
35
Der Senat teilt zwar die diesen Entscheidungen zu Grunde liegende Erwägung, dass
die vor 1966 mögliche Rechtsübertragung für noch unbekannte Nutzungsarten nicht
grundsätzlich an der notwendig pauschalen und allgemein gehaltenen Formulierung
einer entsprechenden Klausel scheitert, weil erst in Zukunft bekannt werdende
Verfahren der Werkverwertung sich naturgemäß einer konkreten Beschreibung zur Zeit
des Vertragsabschlusses entziehen (OLG München, a.a.O. [66]). Soweit es sich um
vorformulierte Klauseln handelt, werden diese (zumal bei Einbeziehung eines tariflichen
Gesamtwerks) in der Regel auch einer Inhaltskontrolle nach den vor Inkrafttreten des
AGB-Gesetzes (aus § 242 BGB) entwickelten Grundsätzen standhalten (OLG München,
a.a.O.; LG München I, a.a.O. [335]).
36
Daraus folgt nach Auffassung des Senats aber noch nicht, dass jede pauschale
Bezugnahme in einem mit Filmurhebern abgeschlossenen Vertrag auf das jeweils
gültige Tarifrecht (mit der darin enthaltenen Regelung einer Rechtsübertragung für
"andere zur Zeit bekannte oder erst in Zukunft bekannt werdende Verfahren" der
Filmverwertung) bereits als unzweideutige Bekundung eines Parteiwillens anzusehen
ist, der auf die Übertragung sämtlicher Rechte auch für erst nachträglich bekannt
werdende Verwertungsmöglichkeiten gerichtet ist und insoweit jeder weiteren
Auslegung entsprechend dem Zweckübertragungsgedanken entgegensteht. Vielmehr
muss der aus diesem Gedanken entwickelte Beteiligungsgrundsatz (vgl. oben zu lit. a)
schon bei Klärung der Frage berücksichtigt werden, ob die vertraglichen Erklärungen
37
des Urhebers überhaupt als hinreichend deutliche Bekundung seines Willen zur
umfassenden Abgeltung seiner Rechte auch in Bezug auf zu diesem Zeitpunkt noch gar
nicht bekannte und kalkulierbare Verwertungsformen angesehen werden können.
Enthält die Vergütungsvereinbarung (anders als im Fall RGZ 140, 255 – Der
Hampelmann) keine Beteiligungsregel, die (wie jetzt § 32c UrhG) eine angemessene
Partizipation des Urhebers auch an erst später bekannt gewordenen Nutzungsarten
sicherstellt, wird dies nur ausnahmsweise angenommen werden können, wenn zu der
Bezugnahme auf ein umfangreiches Tarifwerk weitere, einen entsprechenden
Parteiwillen nahelegende Anhaltspunkte hinzutreten (vgl. in diesem Sinne Schricker /
Katzenberger, a.a.O., § 89 Rn. 3; vor §§ 120 ff. Rn. 36; zustimmend Dreier / Schulze,
a.a.O., § 31a Rn. 23).
Für diese Auffassung spricht die vom Bundesgerichtshof betonte Maßgeblichkeit des
Zweckübertragungsgedankens – bei möglicher Berücksichtigung des besonderen
Verhältnisses von Urheber und Verwertungsgesellschaft –schon für die Frage, ob in
Altverträgen die Rechte an einer noch nicht bekannten Nutzungsart wirksam eingeräumt
worden sind (BGH, GRUR 1988, 296 [299] – GEMA-Vermutung IV). Sie steht auch im
Einklang mit der unter Geltung des § 31 Abs. 4 UrhG entwickelten Rechtsprechung zur
Wirksamkeit von Risikoverträgen, wonach – individuelle oder formularvertragliche –
Rechtseinräumungen für eine zwar technisch bekannte, aber wirtschaftlich noch
bedeutungslose Nutzungsform wirksam sind, wenn sie ausdrücklich vereinbart und von
den Vertragspartnern auch erörtert und damit erkennbar zum Gegenstand von Leistung
und Gegenleistung gemacht wurden (BGHZ 128, 336 = GRUR 1995, 212 [214] –
Videozweitauswertung III m.w.N.). Auf Altverträge vor 1966 übertragen spricht dieser
Gedanke dafür, nicht nur für technisch bereits bekannte (Schneider, ZUM 2000, 310
[313]), sondern gerade auch für noch völlig unbekannte Nutzungsarten eine Erörterung
und erkennbare Berücksichtigung bei der Festlegung von Leistung und Gegenleistung
zu verlangen.
38
Im Streitfall sind – auch nach den schriftlichen Angaben des Rechtsanwalts Dr. N.-H. –
keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass in den Vertragsverhandlungen zwischen
Dr. S. und der D. die Frage einer Nutzungsrechtseinräumung für noch unbekannte
Nutzungsarten thematisiert, insoweit auf die Vereinbarung eines Beteiligungshonorars
verzichtet und bewusst die Abgeltung auch erst künftig bekannt werdender
Verwertungsformen durch die an Dr. S. zu zahlende pauschale Monatsvergütung
vorgesehen wurde. Bei dieser Sachlage stellt sich die in den vorgelegten
Vertragsentwürfen nicht in irgendeiner Weise hervorgehobene, lediglich "ergänzende"
Bezugnahme auf die Tarifordnung oder den jeweils gültigen Tarifvertrag für
Filmschaffende, deren Kenntnis im hier entscheidenden Punkt bei dem nicht
tarifgebundenen Regisseur nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden kann, gerade
nicht als hinreichend deutliche Kundgabe des auf eine so umfassende
Rechtsübertragung gerichteten Parteiwillens dar.
39
e) Etwas anderes folgt auch nicht aus § 43 UrhG i.V.m. § 132 Abs. 1 S. 1 UrhG, wonach
für die Urheberrechte von Arbeitnehmern auf das Wesen des Arbeits- oder
Dienstverhältnisses Rücksicht zu nehmen ist. Wie das Landgericht – von der Berufung
nicht angegriffen – zutreffend ausgeführt hat, kann von einer persönlichen Abhängigkeit
und Weisungsgebundenheit des Regisseurs Dr. S. von der D. oder dem jeweiligen
Filmhersteller, die im Streitfall (für das Verhältnis zu § 31 Abs. 4 UrhG in seit 1966
abgeschlossenen Verträgen vgl. BGH, GRUR 1991, 133 [135] – Videozweitauswertung
I) möglicherweise von vornherein gegen eine Beteiligung an Verwertungserlösen aus
40
erst künftig bekannt werdenden Nutzungsformen hätte sprechen können, keine Rede
sein. Das Beispiel des von der Streithelferin mit dem Regisseur W. vereinbarten
Beteiligungshonorars spricht ebenfalls dagegen.
f) Die Verletzung des nach alledem bei dem Regisseur Dr. S. und seinem Erben
verbliebenen ausschließlichen Rechts zur Videozweitverwertung der unter seiner Regie
entstandenen Filme durch die Beklagte erfolgte schuldhaft, weil sie – wie vom
Landgericht zutreffend festgestellt – mit der Aufnahme der DVD-Verwertung ohne
ausreichende Klärung der Rechtekette wenigstens leicht fahrlässig handelte. Ob sie
rechtsirrig annahm, dass die jeweiligen Filmhersteller von dem Regisseur auch das
seinerzeit noch unbekannte Recht zur Videoverwertung erworben hatten, ist
unerheblich.
41
2. Zu Unrecht wendet sich die Berufung gegen die Annahme des Landgerichts, dass der
Kläger durch den Vergleichsvertrag vom 07.11.1997 zwischen der mit Wirkung für ihn
handelnden Nachlassverwalterin und der U. Film GmbH & Co. als Rechtsvorgängerin
der später insolventen M.O.GmbH & Co. KGaA nicht gehindert ist, die nach der
Klagebegründung auf Verletzungshandlungen seit dem Jahr 2004 gestützten
Ansprüche gegen die Beklagte zu verfolgen. Die in diesem Vertrag für einen Teil der
streitgegenständlichen Filme erteilte befristete Videoauswertungs-Lizenz blieb nicht bis
zum 31.12.2006 wirksam, sondern erlosch mit der Ausübung des dem
Insolvenzverwalter gemäß § 119 InsO verbliebenen Wahlrechts aus § 103 InsO, als
dieser mit Schreiben vom 05.11.2003 die weitere Erfüllung des Vertrages ablehnte (was
das Landgericht dem Urteil des LG München I vom 02.06.2005 – 7 O 6791/04 –
entnommen hat und im Berufungsrechtszug nach Vorlage der Anlage K 71 [Bl. 1180
d.A.] unstreitig geworden ist).
42
3. Verjährt oder verwirkt sind die geltend gemachten Ansprüche nicht. Aus den vom
Landgericht dargestellten Gründen, auf die der Senat Bezug nimmt, konnten sich weder
die Beklagte noch ihre Rechtsvorgänger darauf einstellen, dass Dr. S. und seine Erben
aus der Videoauswertung der unter seiner Regie entstandenen Filme keine weiteren
Ansprüche geltend machen werde. Dass er sich nach ersten Videoveröffentlichungen
seiner Karl-May-Filme durch andere Unternehmen seit 1979 zunächst darauf
beschränkte, eine Verletzung seiner Rechte an dem 1968 – unter Geltung des § 31 Abs.
4 UrhG – entstandenen Film "Winnetou und Old Shatterhand im Tal der Toten" geltend
zu machen (vgl. BGH GRUR 1991, 133 – Videozweitauswertung I), lässt sich schon für
sich genommen nicht als Verzicht auf mögliche Ansprüche wegen der Verletzung seiner
Rechte an älteren Filmen interpretieren. Davon abgesehen genügt es aber auch nicht,
dass dritte Unternehmen mit Kenntnis oder (wie die U. Film GmbH & Co. auf Grund des
Vergleichsvertrages vom 07.11.1997) sogar in Zusammenarbeit mit dem Rechteinhaber
bereits ähnliche Verwertungshandlungen vorgenommen hatten, wie sie Gegenstand
dieses Prozesses sind. Vielmehr müsste die Beklagte selbst in Bezug auf die von ihr
seit 2004 vorgenommene Verwertung schon einen schutzwürdigen Besitzstand
erworben haben (vgl. Schricker / Wild, a.a.O., § 97 Rn. 93 f. m.w.N.), wovon keine Rede
sein kann.
43
4. Der Schadensersatzanspruch, dessen Bestehen das Landgericht nach alledem zu
Recht festgestellt hat, steht dem Kläger nach Lage der Dinge nicht allein zu.
Entsprechend seinem zulässigen Hilfsbegehren kann er von der Beklagten aber
Leistung an alle Miturheber (§ 8 Abs. 2 S. 3 UrhG) verlangen, womit er im Rahmen der
von ihm bisher nur erstrebten Schadensersatzfeststellung wirtschaftlich überwiegend
44
erfolgreich bleibt.
a) Nach dem vom Senat zu Grunde zu legenden Sachverhalt war Dr. S. nicht
Alleinurheber der streitgegenständlichen Filmwerke. Vielmehr ist davon auszugehen,
dass es sich bei dem verstorbenen Regisseur nur um einen (besonders wichtigen)
Miturheber der streitbefangenen Filme handelte, neben dem aber auch andere
Mitwirkende (wie Kameramann, Tonmeister, Cutter, Kostüm- und Szenenbildner)
schöpferische Leistungen erbracht haben, die in untrennbarer Weise in die gemeinsam
geschaffenen Filmkunstwerke eingegangen sind (§ 8 Abs. 1 UrhG).
45
Der Regisseur, der in der Regel den entscheidenden Einfluss auf die schöpferische
Gestaltung der technischen Realisierung eines Filmstoffes nimmt, ist zwar in erster Linie
als Filmurheber anzusehen (BGH, GRUR 1991, 133 [135] – Videozweitauswertung I).
Damit streitet aber noch keine Vermutung für seine Alleinurheberschaft; auch aus § 10
UrhG und der Ankündigung "Ein I.-S.-Film" im Vorspann einiger (nicht aller)
streitbefangener Filme folgt keine so weitgehende Vermutung. Zu bedenken ist nämlich,
dass die Entstehung eines Filmwerks typischerweise eine Vielzahl kreativer und
urheberrechtlich potentiell relevanter Leistungen voraussetzt (vgl. von Hartlieb /
Schwarz / Dobberstein / Schwarz, Handbuch des Film-, Fernseh- und Videorechts, 4.
Aufl., 37. Kap. Rn. 2), so dass neben dem Regisseur als Miturheber insbesondere die für
die Bildgestaltung und den Schnitt verantwortlichen Personen, also Kameramann und
Cutter, in Betracht kommen, unter Umständen aber auch der Mischtonmeister und der
Filmarchitekt (vgl. BGH, GRUR 2002, 961 [962] – Mischtonmeister; BGH, GRUR 2005,
937 [938] – Der Zauberberg) und bei untrennbarer Verbindung ihrer Beiträge mit dem
Filmwerk auch die in § 65 Abs. 2 UrhG genannten Urheber vorbestehender Werke wie
der Komponist der Filmmusik und der Drehbuchautor (zum Ganzen Hartlieb / Schwarz /
Dobberstein / Schwarz, a.a.O., Rn. 3; Schricker / Katzenberger, a.a.O., vor §§ 88 ff Rn.
60 f.; § 89 Rn. 1 und 7; Möhring / Nicolini / Lütje, UrhG, 2. Aufl., § 89 Rn. 7; Fromm /
Nordemann / Hertin, UrhR, 9. Aufl., § 89 Rn. 3 ff; Wandtke / Bullinger / Manegold, a.a.O.,
vor §§ 88 ff. Rn 28 ff.; Dreier / Schulze, a.a.O., vor §§ 88 ff Rn. 8; § 89 Rn. 9 ff). Auch die
Gesetzesmaterialien gehen vom Regelfall einer Miturhebergemeinschaft an Filmwerken
aus, zu der neben dem Regisseur namentlich der Kameramann und der Cutter gehörten
(Regierungsbegründung, BT-Drucks. IV/270 S. 98). Im Schrifttum gehen einige beim
Kameramann ohne weiteres von der für den Urheberrechtsschutz nötigen
Gestaltungshöhe (§ 2 Abs. 2 UrhG) des eigenen Mitwirkungsbeitrags (BGH GRUR
2002, 961, 962 – Mischtonmeister) aus (Möhring / Nicolini / Lütje, a.a.O.; Fromm /
Nordemann / Hertin, a.a.O., Rn. 4; Schulze, GRUR 1994, 855 [856]; Dreier / Schulze
a.a.O. § 89 Rn. 11; wohl auch Wandtke / Bullinger / Manegold, a.a.O., vor §§ 88 ff. Rn
29). In seinem Urteil vom 10.06.2005 (GRUR-RR 2005, 337 [338] – Dokumentarfilm
Massaker) ist der Senat nach einzelfallbezogener Prüfung (im Anschluss an Hartlieb /
Schwarz / Dobberstein / Schwarz, a.a.O., Rn. 9) zum gleichen Ergebnis gelangt. Dass
sich gerade der Beitrag des Kameramanns bei Lichtgebung, Motivwahl und szenischer
Umsetzung in erheblicher Weise auf die Gestaltung des fertigen Filmwerks auswirken
und so die urheberrechtliche Schutzhöhe erreichen kann, liegt auf der Hand und wird in
der Regel nur dann zu verneinen sein, wenn er hinsichtlich der visuellen Umsetzung
des Filmstoffs vollständig den Anweisungen des Regisseurs unterliegt und sich seine
Tätigkeit auf eine rein handwerklich-technische Bedienung der Kamera beschränkt.
46
Nach diesen Kriterien spricht im Streitfall auch ohne ergänzenden substantiierten
Sachvortrag der Beklagten alles dafür, dass neben Dr. S. als Regisseur mindestens
einzelne der von ihr namhaft gemachten weiteren Filmmitwirkenden (Anlage 24, Bl. 661
47
d.A.) schöpferische Beiträge zu den jeweiligen Spielfilmen erbracht haben. Der Vortrag
des Klägers, dass Dr. S. allen Filmen durch seine herausragende schöpferische
Gestaltungskraft ihre einzigartige Charakteristik verliehen und als künstlerischer
Oberleiter die individuelle Form der Filmwerke geprägt habe, umschreibt dabei letztlich
nur das Wesen der Regietätigkeit, ohne eine schöpferische Mitwirkung Dritter
auszuschließen. Bei Filmen mit einer Vielzahl von Szenen und Mitwirkenden, wie sie
hier in Rede stehen, liegt eine solche künstlerische Mitwirkung weiterer Filmschaffender
sogar nahe. Wie in der Berufungsverhandlung erörtert, ist den Mitgliedern des Senats
aus eigener Anschauung – teils aus früheren Fernsehausstrahlungen der Filme, teils auf
Grund erfolgter Einsichtnahme in die überreichten Videogramme – bekannt, dass in den
Filmen der Edgar-Wallace- und Dr.-Mabuse-Reihe durch die Ausleuchtung einzelner
Szenen und das Spiel mit Licht und Schatten Spannung aufgebaut wird, die Karl-May-
Filme einen Teil ihrer besonderen Wirkung aus dem Wechsel von (musikunterlegten)
Landschaftsaufnahmen und Spielszenen beziehen und die Heimatkomödie
"Almenrausch und Edelweiß" neben ähnlich wechselnden Kameraeinstellungen zum
Teil rasante Kamerafahrten (mit dem Hauptdarsteller V.P.oder seinem Double durch
einen Eiskanal) zeigt. Die künstlerisch-ästhetische Wirkung der Filmwerke hängt damit
nicht allein von der Tätigkeit des Regisseurs, sondern in nicht unbedeutendem Umfang
auch von schöpferischen Beiträgen weiterer Mitwirkender wie des Kameramanns, des
Schnitt- und des Tonmeisters ab.
b) Die Mehrheit der Miturheber bildet hinsichtlich des Verwertungsrechts eine
Gesamthandsgemeinschaft (§ 8 Abs. 2 S. 1, 1. Halbs. UrhG), was nicht ausschließt,
dass jeder Miturheber die Ansprüche wegen Verletzung des gemeinsamen
Urheberrechts auch selbständig geltend machen kann. Leistung kann er allerdings nur
an alle Miturheber verlangen (§ 8 Abs. 2 S. 3 UrhG). Den hier verwendeten Begriff der
Leistungsklage hat der Bundesgerichtshof, nachdem er den auf Unterlassung, Auskunft,
Rechnungslegung und Feststellung der Schadensersatzpflicht gerichteten Antrag des
als Miturheber angesehenen Regisseurs Dr. S. im Fall Videozweitauswertung I (BGH,
GRUR 1991, 133) unbeanstandet gelassen hatte, in späteren Entscheidungen (BGHZ
128, 336 = GRUR 1995, 212 [213] – Videozweitauswertung III; BGH, GRUR 2003, 1035
[1037] – Hundertwasserhaus) auch auf alle vorgenannten Ansprüche mit Ausnahme des
Unterlassungsanspruchs bezogen. Für den Anspruch auf Feststellung der
Schadensersatzpflicht schließt sich der Senat dieser Auffassung insoweit an, als es in
der Tat geboten erscheint, die gesamthänderische Bindung der
Schadensersatzgläubiger bereits im Tenor des – eine Leistungsklage lediglich
vorbereitenden – Feststellungsurteils zum Ausdruck zu bringen, weil andernfalls die
Gefahr fehlender Einbeziehung der Mitgläubiger in ein etwa folgendes Betragsverfahren
und die Gefahr gesamthandswidriger Verfügungen des Titelgläubigers drohen könnte.
Um dieser Gefahr zu begegnen, bedarf es allerdings keiner namentlichen Bezeichnung
aller anderen Mitgläubiger, denen gegenüber das von einem einzelnen Miturheber
erstrittene Feststellungsurteil ohnehin nicht in Rechtskraft erwachsen könnte (vgl. Dreier
/ Schulze, a.a.O., § 8 Rn. 21 m.w.N.).
48
5. Die dem Kläger vom Landgericht zuerkannten Ansprüche auf Auskunft und
Rechnungslegung über die begangenen Verletzungshandlungen, deren nähere
Umstände und den dadurch erzielten Gewinn dienen ebenfalls der Vorbereitung einer
künftigen Zahlungsklage auf Schadensersatz und bestehen nach Streichung des § 97
Abs. 1 S. 2 UrhG a.F. auf vom Gesetzgeber ausdrücklich anerkannter
gewohnheitsrechtlicher Grundlage (BT-Drucks. 16/5048 S. 48). Soweit der
Bundesgerichtshof (a.a.O.) bei diesen Ansprüchen möglicherweise einen auf Leistung
49
(Auskunft und Rechnungslegung) gegenüber der Miturhebergemeinschaft gerichteten
Antrag fordert, hält der Senat dies weder für notwendig noch für praktikabel: Das von
einem einzelnen Miturheber in zulässiger Weise erstrittene Auskunftsurteil wäre für ihn
wertlos, wenn er daraus nur zusammen mit allen anderen, bisher nicht am Verfahren
beteiligten Miturhebern vollstrecken könnte; wenn dagegen die erstrebte Auskunft auch
gegenüber dem klagenden Miturheber allein erteilt werden könnte, wäre die
Bezugnahme auf die Gemeinschaft der Miturheber im Tenor obsolet. Da eine
Beeinträchtigung der Rechtsstellung der Miturheber durch die Ausübung des Auskunfts-
und Rechnungslegungsanspruchs durch einen einzelnen Miturheber nicht ersichtlich ist,
spricht aus Sicht des Senats nichts dagegen, ihm insofern ein uneingeschränktes
alleiniges Klagerecht zuzubilligen (wie hier: Dreier / Schulze, a.a.O., § 8 Rn. 21 m.w.N.).
5. Soweit sich die Berufung gegen ihre Verurteilung zur Zahlung von Verzugszinsen
und zum Ersatz außergerichtlicher Kosten des Klägers wendet, nimmt der Senat zur
Vermeidung von Wiederholungen auf die eingehenden und zutreffenden, durch das
zweitinstanzliche Vorbringen der Beklagten nicht entkräfteten Ausführungen des
Landgerichts Bezug.
50
III.
51
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 2 Nr. 1, 97 Abs. 1, 101 Abs. 1 ZPO.
52
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 11,
711, 709 S. 2 ZPO.
53
Der Anregung beider Parteien folgend hat der Senat die Revision zugelassen (§ 543
Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 2 ZPO), weil der Frage, nach welchen Grundsätzen
sich bei Altverträgen vor 1966 die Rechtsübertragung für noch nicht bekannte
Verwertungsmöglichkeiten von Filmwerken richtet, sowie der Frage der Antragsfassung
bei Auskunftsansprüchen von Miturhebergemeinschaften eine über den Einzelfall
hinausreichende Bedeutung zukommt und eine höchstrichterliche Klärung auch zur
Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich erscheint.
54