Urteil des OLG Köln vom 18.05.1992

OLG Köln (vertrag, verhältnis zwischen, schiedsvereinbarung, bezug, schiedsklausel, vereinbarung, frankreich, schiedsabrede, einverständnis, zpo)

Oberlandesgericht Köln, 19 U 22/92
Datum:
18.05.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
19. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
19 U 22/92
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 2 0 530/90
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 10. Oktober 1991 verkündete
Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 2 0 530/90 - wird auf
ihre Kosten zu-rückgewiesen. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die
Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von
11.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung
in glei-cher Höhe Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d
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Die Klägerin verlangt von der Beklagten Zahlung des Kaufpreises für Software-
Produkte, die sie unter dem 16. Oktober 1987, 31. Juli 1989, 14. September 1989, 26.
September 1989, 24. Oktober 1989 und 21. November 1989 mit insgesamt 365.600 FF
in Rech-nung gestellt hat. Ferner begehrt sie die Erstat-tung von Geldbußen über
400,00 DM und 2.470,00 DM, die sie als Haftungsschuldnerin zahlen mußte, weil die
Beklagte die Zollpapiere für die von ihr impor-tierte Ware nicht fristgerecht vorgelegt hat.
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Im Jahre 1988 fanden zwischen den Parteien Ver-handlungen über den Abschluß eines
sogenannten Ver-tragshändlervertrages statt, in deren Verlauf die Klägerin der
Beklagten einen von ihr unterzeichne-ten Vertragsentwurf mit der Bezeichnung
"Distribu-tion Agreement" übersandte. Dieser Vertrag enthält in Abschnitt XIII "Law"
folgende Bestimmungen:
3
(Deutsche Übersetzung).
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"13.1.a Diese Vereinbarung erfolgt nach der Gesetz-gebung Frankreichs.
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.......
6
13.3. Jeglicher Streit oder Beschwerde die im Bezug mit diesem Vertrag auftritt soll in
Paris, Frankreich durch Schiedsspruch erfolgen, ein Schiedsmann soll für jede Partei
benannt werden und ein dritter durch die bereits ernannten Schiedsmänner. Wenn diese
sich nicht einigen können, muß der Präsident des "Tribunal de commerce" von
Versailles diesen bestimmen".
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Die Beklagte hat im Prozeß ein auch von ihr unterzeichnetes Vertragsformular vorgelegt
8
und sich auf die darin enthaltene Schiedsgerichtsklausel be-rufen.
Die Klägerin hat behauptet, das "Distribution Agreement" sei nicht zustande gekommen,
da die Be-klagte ein von ihr unterzeichnetes Vertragsexemplar nicht zurückgesandt
habe.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 110.838,03 DM nebst 12 % Zinsen seit
Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Sie hat behauptet, sie habe den unterschriebenen Vertrag der Klägerin übersandt, die
ihn auch erhalten habe.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes wird auf
den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
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Das Landgericht hat die Klage als unzulässig abgewiesen und zur Begründung im
wesentlichen ausgeführt, der die Schiedsvereinbarung enthaltene Vertrag sei wirksam
zustande gekommen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe
des landgerichtlichen Urteils verwiesen.
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Gegen dieses Urteil hat die Klägerin form- und fristgerecht Berufung eingelegt und diese
auch rechtzeitig begründet.
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Sie macht weiter geltend, es liege keine wirksame Schiedsgerichtsabrede vor, da der
Vertragshändlervertrag nicht zustande gekommen sei.Es fehle jedenfalls am
rechtzeitigen Zugang einer Annahmeerklärung der Beklagten.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach den erstinstanzlichen
Schlußanträgen zu erkennen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie beruft sich weiter auf die ihrer Meinung nach wirksam vereinbarte
Schiedsgerichtsklausel und behauptet, sie habe das von ihrem Geschäftsführer
unterschriebene Vertragsexemplar mit Schreiben vom 18. August 1988 an die Klägerin
zurückgesandt. Im übrigen ist sie der Ansicht, es genüge für die Wirksamkeit der
Schiedsvereinbarung, daß überhaupt eine von beiden Parteien unterzeichnete
Vertragsur-kunde existiere.
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Wegen weiterer Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf den vorgetragenen
Inhalt der von den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
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Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht als unzulässig abgewiesen, da die
Parteien eine wirksame Schiedsvereinbarung getroffen haben, auf die die Beklagte sich
beruft, § 1027 a ZPO.
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Die in dem "Distribution Agreement" (Bl. 57-65 d. A.) unter Ziffer 13.3 getroffene
Schiedsabrede fällt unter die Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens über
die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit vom 21. April 1961 (BGBl 1964 II,
425), zu dessen Vertragsstaaten Deutschland und Frankreich gehören (BGBl 1965 II,
107; 1967 II, 1194). Die Vereinbarung ist von juristischen Personen geschlossen
worden, die ihren Sitz in verschiedenen Vertragsstaaten haben und enthält eine
Regelung für künftig entstehende Streitig-keiten aus internationalen Handelsgeschäften
(Art. 1 Abs. 1 a EuÜbkSchG).
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Die in Art. 1 Abs. 2 a EuÜbkSchG bestimmte Schriftform ist ebenfalls gewahrt. Nach
dieser Vorschrift bedeutet "Schiedsvereinbarung" eine Schiedsklausel in einem Vertrag
oder eine Schiedsabrede, sofern der Vertrag oder die Abrede von den Parteien
unterzeichnet oder in Briefen, Telegrammen oder Fernschreiben, die sie gewechselt
haben und, im Verhältnis zwischen Staaten, die in ihrem Recht für
Schiedsvereinbarungen nicht die Schriftform fordern, jede Vereinbarung, die in den
nach diesen Rechtsordnungen zulässigen Formen geschlossen worden ist. Vorliegend
ist die Schriftform gewahrt, denn die Beklagte hat eine unstreitig von beiden Parteien
unterzeichnete Schiedsklausel vorgelegt. Wann die Beklagte die Urkunde
unterschrieben hat, ist entgegen der Auffassung der Klägerin unerheb-lich. Es reicht
nämlich auch eine nachträgliche schriftliche Zustimmung aus (BGH NJW 1983, 1267;
Baumbach/Lauterbach/Albers, ZPO, 50. Aufl., Schluß-anhang VI A 2, Bemerkung zu Art.
1). Da die Beklag-te den von der Klägerin unterschriebenen Vertragsentwurf unstreitig
ebenfalls unterzeichnet hat, hat sie dadurch ihr Einverständnis schriftlich erklärt. Dabei
kommt es auf die zwischen den Parteien umstrittene Frage der Rücksendung der
unterschriebenen Vertragsurkunde an die Klägerin für die Beurteilung der Wirksamkeit
der Schiedsvereinbarung nicht an. Erforderlich ist lediglich das schriftliche
Einverständnis beider Vertragsparteien, das nach dem oben Ausgeführten vorliegt. Ob
der Vertrag im übrigen, also der Hauptvertrag, wirksam zustande gekommen ist,
insbesondere ob die Beklagte das Angebot der Klägerin rechtzeitig angenommen hat,
braucht hier nicht entschieden zu werden, denn dar-über hat gerade das Schiedsgericht
zu befinden.
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Die schriftliche Zustimmung der Beklagten ist im übrigen auch dadurch erfolgt, daß sich
die Beklagte im Prozeß mit Schriftsatz vom 18. März 1991, der der Klägerin zugegangen
ist, auf die von der Klägerin unterschriebene Schiedsvereinbarung berufen und dieser
dadurch schriftlich zugestimmt hat. Das erst im Prozeß erklärte Einverständnis genügt
ebenfalls, um eine wirksame Schiedsabrede zu begründen (vgl. BGH a.a.O.).
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Der somit nach den Bestimmungen des Europäischen Übereinkommens wirksamen
Schiedsklausel stehen Vorschriften des nationalen Rechts nicht entgegen. Nach Art. 6
Abs. 2 EuÜbkSchG ist insoweit französisches Recht anzuwenden, da der
Schiedsspruch in Frankreich ergehen soll und Parteien zudem den Vertrag
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französischem Recht unterstellt haben (Ziff. 13.1 a).
Nach dem französischen Recht ist die zwischen den Parteien vereinbarte "clause
compromissoire", die vorliegt, wenn vor Entstehen einer Streitsituation vereinbart wird,
daß anstelle eines staatlichen Gerichts private Schiedsrichter entscheiden sollen, in
Verträgen zwischen Kaufleuten, soweit es um Geschäftsangelegenheiten geht, zulässig,
Art. 2061 Code Civil (Sonnenberger, Französisches Handels- und Wirtschaftsrecht,
1975, Rdnr. 15, 112).
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Zwar ist nach der Rechtsprechung der französischen Gerichte eine
Schiedsvereinbarung grundsätzlich dann unwirksam, wenn der dazugehörige
Hauptvertrag unwirksam ist. Dies gilt jedoch nicht bei Schiedsverträgen mit
ausländischem Bezug (BGH NJW 1980, 2022 unter Hinweis auf Schlosser, Das Recht
der internationalen privaten Schiedsgerichtsbarkeit I, 1975, Rdnr. 285, 286), so daß die
Wirksamkeit des Hauptvertrages hier nicht zu prüfen ist, da die Gültigkeit der
Schiedsklausel hiervon wegen ihres ausländischen Bezugs nicht abhängt.
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Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Ziff. 10, 711 ZPO.
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Gegenstandswert und Beschwer
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für die Klägerin : 110.838,03 DM.
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