Urteil des OLG Köln vom 30.12.1998

OLG Köln (treu und glauben, entwurf, auftrag, fax, notar, beurkundung, beschwerde, erwerber, gesellschaft, haus)

Oberlandesgericht Köln, 2 WX 13/98
Datum:
30.12.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 WX 13/98
Normen:
KOSTO § 145;
Leitsätze:
Kostenpflicht des Entwurfs einer Urkunde
KostO § 145 Das "Erfordern" im Sinne des § 145 Abs. 3 S. 1 KostO
bedeutet nicht nur die Bitte um Aushändigung des Entwurfs der
Urkunde, sondern es ist auch ein ausdrücklich oder stillschweigend
erteilter Auftrag an den Notar erforderlich. Maßgeblich ist, ob das
Verhalten des Beteiligten für den Notar nach den allgemeinen
Auslegungsgrundsätzen den Schluss zulässt, es werde ihm ein Auftrag
mit der gesetzlichen Kostenfolge erteilt. Für den den Entwurf
Verlangenden muss erkennbar damit zu rechnen sein, dass er nach
Entgegennahme des Entwurfs auch dann zur Kostentragung verpflichtet
ist, wenn es nicht zur Beurkundung kommt.
G r ü n d e:
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Die Beteiligten zu 1) waren Eigentümer eines Grundbesitzes mit 104 Wohnungen in der
M.er Straße in W., eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts W. von W., Blatt 0752.
Durch Vertrag vor Notar H. in A. vom 26. April 1996 - UR-Nr. 872H/96 - verkauften sie
den Grundbesitz an Herrn G. B. aus R.. Zuvor hatten sie mit einer weiteren
Kaufinteressentin, der T. Gesellschaft für Haus- und Grundbesitz mbH in K., über den
Erwerb verhandelt, die auch weiterhin am Kauf interessiert war und mit dem Erwerber B.
in der Folgezeit Verhandlungen darüber führte.
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Am 18. Dezember 1996 meldete sich der Beteiligte zu 2) mit einem Faxschreiben bei
den Beteiligten zu 1) und Herrn B.. In diesem heißt es unter anderem:
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" ... in vorgenannter Angelegenheit hat mir die T. Köln Gesellschaft Haus- und
Grundbesitz mbH mitgeteilt, daß der zwischen Ihnen geschlossene Kaufvertrag
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aufgehoben und rückabgewickelt werden soll. Die Beurkundung der
Aufhebungsvereinbarung soll am 30. Dezember 1996, 11.00 Uhr, in meinem Büro
erfolgen. Eine Kopie des Kaufvertrages liegt mir bereits vor. ..."
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Außerdem bat der Beteiligte zu 2) " zur Vorbereitung der Aufhebungsvereinbarung" um
Vorlage von Unterlagen und weitere Angaben zu dem Objekt. Ebenso wie der Erwerber
B. beantworteten die Beteiligten zu 1) diese Anfrage des Beteiligten zu 2). In ihrem Fax
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vom 27. Dezember 1996 führten sie unter anderem aus:
" In Ergänzung des uns in Kopie vorliegenden Antwortschreibens des Herrn B.
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vom 22. 12. 1996 erhalten Sie beigefügt die zwischen den Beteiligten erfolgte
Abrechnung. Daraus ergibt sich und ist folgendes ergänzend zu sagen: ... 5. Die
Kaufvertrags- und die Rückabwicklungsgebühren gehen u. E. zu Lasten des
seinerzeitigen Käufers. ... Wir bitten Sie, uns kurzfristig einen Entwurf des erforderlichen
Aufhebungsvertrages zukommen zu lassen."
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Darauf antwortete der Beteiligte zu 2) mit an den Beteiligten M. Bo. gerichtetem Fax vom
27. Dezember 1996 unter anderem:
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" in vorgenannter Angelegenheit übersende ich Ihnen beigefügt a) Entwurf des
Aufhebungsvertrages mit Herrn B., b) Entwurf des Kaufvertrages mit der T. Köln
Gesellschaft für Haus- und Grundbesitz mbH, jeweils mit der Bitte um Prüfung.
Hinsichtlich des Aufhebungsvertrages darf ich Sie bitten, mit Herrn B. noch zu klären,
wer die Kosten des ursprünglichen Kaufvertrages und die Kosten des
Aufhebungsvertrages trägt. ... Herrn B. habe ich einen Entwurf des Aufhebungsvertrages
unmittelbar übersandt."
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In der Folgezeit kam es nicht zu der für den 31. Dezember 1996 vorgesehenen
Beurkundung, weil der Erwerber B. sie mit der Begründung absagte, der von der
Interessentin T. gebotene Preis decke die Kosten der Rückabwicklung nicht mit ab.
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Mit Kostenrechnung vom 14. Januar 1997 hat der Beteiligte zu 2) gegen die Beteiligten
zu 1) für den Entwurf eines Aufhebungsvertrages eine gemäß 9.800.000,-- DM
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Geschäftswert berechnete Gebühr nach den §§ 145 Abs.3, 32, 36 Abs. 2 KostO von
14.810,-- DM nebst Post- und Telefongebühren (§ 152 KostO) von 20,-- DM zuzüglich 15
% Mehrwertsteuer in Höhe von 2.224,50 DM, insgesamt Kosten in Höhe von 17.054,50
DM angesetzt. Auf die Beschwerde der Beteiligten zu 1) vom 9. April 1997 hat das
Landgericht Köln durch Beschluß vom 19. Dezember 1997 - 11 T 132/97 - die
Kostenrechnung aufgehoben. Gegen diesen ihm am 12. Januar 1998 zugestellten
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Beschluß richtet sich die weitere Beschwerde des Beteiligten zu 2) vom 10. Februar
1998.
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Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist vom Landgericht in der angefochtenen
Entscheidung zugelassen ( § 156 Abs. 2 Satz 2 KostO ) und fristgerecht ( § 156 Abs.2
Satz 1 KostO ) eingelegt worden. Das Rechtsmittel ist aber nicht begründet. Der
angefochtene Beschluß des Landgerichts beruht nicht auf einer Verletzung des
Gesetzes ( §§ 156 Abs. 2 Satz 4 KostO, 550 ZPO ).
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Rechtsfehlerfrei ist das Landgericht zu dem Ergebnis gelangt, daß die Beteiligten zu 1)
nicht verpflichtet sind, die ihnen von dem Beteiligten zu 2) in Rechnung gestellten
Kosten für den ihnen übersandten Entwurf des Aufhebungsvertrages mit Herrn G. B. zu
bezahlen.
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Nach den tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts fehlt es an dem erforderlichen
Auftragsverhalten der Beteiligten zu 1). Nach § 145 Abs. 3 Satz 1 KostO wird die im
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Absatz 2 der Vorschrift bestimmte Gebühr auch erhoben, wenn der Notar auf Erfordern
den Entwurf einer Urkunde für ein Rechtsgeschäft, das der Beurkundung bedarf,
aushändigt, die Beurkundung aber infolge Zurücknahme des Auftrages oder aus
ähnlichen Gründen unterbleibt. Das " Erfordern" im Sinne der Vorschrift bedeutet nicht
nur die Bitte um Aushändigung des Entwurfs, sondern es ist ein
rechtsgeschäftsähnlicher Auftrag an den Notar erforderlich ( vgl. Bengel in Korintenberg
/ Lappe Bengel. KostO, 13. Aufl., §145 Rn 55 ; H., Kostengesetze, 28. Aufl., § 145
KostO, Rn 35 jeweils mit weiteren Nachweisen ). Ein solcher "Auftrag" braucht
allerdings nicht ausdrücklich erklärt zu werden, er kann auch stillschweigend erteilt sein.
Bei der Würdigung des schlüssigen Verhaltens sind die allgemeinen
Auslegungsgrundsätze betreffend rechtsgeschäftliche Willenserklärungen ( §§ 133, 157
BGB) anzuwenden. Von maßgeblicher Bedeutung ist, ob das Verhalten des Beteiligten
für den Notar als den Empfänger der Erklärung nach Treu und Glauben mit Rücksicht
auf die Verkehrssitte den Schluß zuläßt, es werde ihm ein "Auftrag" mit der gesetzlichen
Kostenfolge erteilt. Für den den Entwurf Verlangenden muß erkennbar damit zu rechnen
sein, daß er nach Entgegennahme des Entwurfs auch dann zur
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Kostentragung verpflichtet ist, wenn es nicht zur Beurkundung kommt. Bei der
betreffenden Feststellung sind die gesamten Umstände des Vorgangs, namentlich das
Interesse der Beteiligten und deren Geschäftserfahrung zu würdigen. Die Ausführungen
des Landgerichts hierzu halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
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Auf Grund der vom Landgericht ohne erkennbare Lücke berücksichtigten Umstände,
insbesondere des Schriftwechsels ist der Schluß vertretbar und sogar naheliegend, daß
der Beteiligte zu 2) erkennen mußte, die Beteiligten zu 1) rechneten nicht damit, als
Auftraggeber und Kostenschuldner angesehen zu werden. Das Fax des Beteiligten zu
2) vom 18. Dezember 1996 belegt, daß er von der Kaufinteressentin T. beauftragt war,
die Aufhebung und Rückabwicklung des früher geschlossenen Kaufvertrages
vorzubereiten. Es ist sogar bereits ein in Aussicht genommener Beurkundungstermin
genannt.
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Außerdem sollten die von den Beteiligten zu 1) angeforderten Unterlagen und Angaben
erkennbar der "Vorbereitung der Aufhebungsvereinbarung" im Auftrag der Gesellschaft
T. dienen. Den Inhalt des daraufhin übermittelten Fax der Beteiligten zu 1) vom 27.
Dezember 1996 mußte der Beteiligte zu 2) dahin verstehen, daß diese davon
ausgingen, keine Kosten übernehmen zu müssen. Sie wiesen den Notar ausdrücklich
darauf hin, daß die Kaufvertrags - und Rückabwicklungsgebühren " zu Lasten des
seinerzeitigen Käufers" gehen sollten. Der Zusatz " u. E. " bedeutet nicht mehr und nicht
weniger als die Kundgabe der Meinung der Beteiligten zu 1), der Erwerber trage die
Kosten. Keinesfalls kann hieraus eine Zustimmung zu einer Kostentragungspflicht der
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Beteiligten zu 1) - sei es für die Beurkundung selbst oder für die Fertigung des Entwurfs
- entnommen werden. Auf die Frage, ob und mit welchem Inhalt ein "Auftrag" der Firma
T. vorgelegen hat, kommt es insoweit nicht an. Jedenfalls spricht nichts für eine
Beauftragung durch die Beteiligten zu 1). Daß der Beteiligte zu 2), der sich das
Verhalten seines damaligen Vertreters Dr. Sickinger zurechnen lassen muß, selbst nicht
von einer Auftragserteilung durch die Beteiligten zu 1) ausgegangen sein dürfte, läßt
sich übrigens seinem Fax vom selben Tage entnehmen. Darin wies er darauf hin, daß
die Frage der Kostentragung noch klärungsbedürftig sei.
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Zwar ist der Begründung der weiteren Beschwerde darin Recht zu geben, daß
grundsätzlich zwischen dem Beurkundungsauftrag und dem Auftrag zur Fertigung eines
Vertragsentwurfs zu unterscheiden ist. Aber in seinem eigenen Fax vom 27. Dezember
1996 hatte der Beteiligte zu 2) diese Differenzierung selbst nicht angesprochen. Dies
hätte aber nahe gelegen, weil die Beteiligten zu 1) in ihrem Fax vom 27. Dezember
1996 darum gebeten hatten, ihnen einen Entwurf des Aufhebungsvertrages zukommen
zu lassen. Vielmehr ist im Fax des Beteiligten zu 2) allgemein von Kostentragung die
Rede, so daß das Landgericht rechtlich bedenkenfrei annehmen konnte, auch nach dem
objektiven Erklärungswert seines Schreibens sei der Beteiligte zu 2) nicht von einem
isolierten Auftrag für einen Entwurf ausgegangen. Andernfalls hätte er dies in seinem
Antwortfax oder in anderer Weise klarstellen müssen. Das bloße Informationsinteresse
reicht für die Annahme eines Auftrages nicht aus.
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Schließlich ist das Landgericht ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, die
Beteiligten zu 1 ) hätten nach der Interessenlage keinen Anlaß zur Kostenübernahme
gehabt. Ihre Position aus dem Kaufvertrag mit dem Erwerber B. war gesichert. Nach den
Feststellungen des Landgerichts hätten die Beteiligten zu 1) durch die Aufhebung und
Rückabwicklung des Vertrages keine greifbaren Vorteile erlangt, die aus ihrer Sicht eine
Übernahme von Kosten rechtfertigen würden.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den § 13 a Abs. 1 Satz 2 FGG.
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Wert des Verfahrens der weiteren Beschwerde: 17.054,50 DM
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