Urteil des OLG Köln vom 21.07.1993

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Oberlandesgericht Köln, 17 W 165/93
Datum:
21.07.1993
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 165/93
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 21 O 405/92
Tenor:
Der angefochtene Beschluß wird geändert und wie folgt neu gefaßt: Die
von dem Kläger nach dem Beschluß des Landgerichts Köln vom 30.
November 1992 an die Beklagte zu erstattenden Kosten werden auf
4.469,60 DM nebst 4 % Zinsen aus 886,92 DM seit dem 30. November
1992 und aus 3.582,68 DM seit dem 11. Dezember 1992 festgesetzt. Die
Kosten des Erinnerungs- und Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.
G r ü n d e
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Die formell bedenkenfreie Erinnerung, die aufgrund der Vorlage an den Senat als
sofortige Beschwer- de gilt (§ 11 Abs. 2 RPflG), erweist sich als begründet; sie führt
zu der von der Beklagten erstrebten Anhebung ihres auf 886,92 DM festge- setzten
Kostenerstattungsanspruchs um 3.582,68 DM auf 4.469,60 DM. Anders als die
Rechtspflegerin angenommen hat, gehören die der Beklagten durch die
Ermittlungstätigkeit der V. G. für W. entstandenen Kosten in voller Höhe zu den zu
erstattenden Kosten des vorangegangenen Prozesses.
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Detektivkosten sind nach der in ständiger Recht- sprechung vertretenen Auffassung
des Senats als notwendige Prozeßkosten erstattungsfähig, wenn der Partei die
Einschaltung eines Detektivs nach der im Zeitpunkt seiner Beauftragung gegebenen
Sachlage als zur Förderung des Prozeßerfolges notwendig erscheinen mußte.
Danach ist erforderlich, daß die Detektivkosten in Bezug auf einen unmittelbar be-
vorstehenden oder doch mit Sicherheit zu erwarten- den Prozeß zur Erhärtung eines
bereits bestehenden konkreten Verdachts aufgewandt worden sind, und daß die
Ermittlungen des Detektivs Eingang in den Rechtsstreit gefunden haben. Diese
Voraussetzungen sind hier gegeben.
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Die V. G. hat ihre Ermittlungen aufgrund des ihr von der Beklagten unter dem 27. Juli
1992 erteilten Auftrags im August 1992 aufgenommen. Zu diesem Zeitpunkt war der
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Kläger bereits entschlos- sen, es auf eine gerichtliche Auseinandersetzung mit der
Beklagten ankommen zu lassen. Hiervon hatte auch die Beklagte auszugehen. Zwar
hat der Kläger erst im September 1992 Klage erhoben; er hat sich jedoch schon im
Mai 1992 anwaltlicher Hilfe bedient und die Beklagte mit Schreiben seines späteren
Prozeßbevollmächtigten vom 2. Juni 1992 unter An- drohung einer Klage zur
Regulierung seines Schadens bis spätestens zum 15. Juni 1992 aufgefordert. Bei
dieser Sachlage aber konnte die Beklagte im Zeit- punkt der Beauftragung der V. G.
nicht mehr ernstlich daran zweifeln, daß es früher oder später zu einem Rechtsstreit
mit dem Kläger kommen werde, zumal der Kläger die Beklagte zwischenzeitlich auch
telefonisch hatte mahnen lassen.
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Dem der V. G. erteilten Ermittlungsauftrag lag auch nicht etwa nur eine bloße
Mutmaßung der Beklagten zugrunde, daß der Unfall, aus dem der Kläger seine
Ansprüche hergeleitet hat, vorgetäuscht und von ihm und dem Fahrer des bei ihr
versicherten Pkw in bewußtem und gewolltem Zusammenwirken vorsätzlich
herbeigeführt worden war. Die Beklagte ist vielmehr von Anfang an der Auffassung
gewesen, daß sich ins-besondere die Schäden am rechten Kotflügel, an der rechten
Tür und an der hinteren rechten Seitenwand des Fahrzeugs des Klägers weder mit
dem von diesem behaupteten Geschehensablauf noch mit den Örtlich-keiten in
Einklang bringen ließen. Die dadurch und durch die Angaben des Klägers zum
Unfallhergang bei der Beklagten hervorgerufenen Zweifel an der Be-rechtigung des
von dem Kläger erhobenen Schadenser-satzanspruchs mußten sich
notwendigerweise zu einem festen Verdacht verdichten, nachdem der Kläger ihr auf
ihre Anfrage vom 22. Mai 1992 mitgeteilt hatte, daß das Fahrzeug nur wenige Monate
zuvor in einen Unfall verwickelt und dabei an der rechten Seite beschädigt worden
sei, daß er diesen Vorschaden auf Gutachterbasis abgerechnet habe und keinen
Beleg über eine Reparatur vorzulegen in der Lage sei. Die Beklagte hat sich denn
auch in ihrem an die V. G. vom 27. Juli 1992 gerichteten Schreiben davon überzeugt
gezeigt, "daß das Fahrzeug" des Klägers "vorgeschädigt" und "das dargestellte
Ereignis" ...."fingiert" sei. Der Beschwerde ist mithin darin zuzustimmen, daß die
Beklagte schon damals begrün-deten Anlaß hatte, anzunehmen, der Kläger mache
An-sprüche aus einem manipulierten Unfall geltend. Un-ter diesen Umständen aber
stellt es keinen Verstoß gegen das Gebot einer auch im Interesse der Gegen-partei
tunlichst kostensparenden Prozeßführung dar, daß die Beklagte sich mit Hilfe einer
Detektei die zur Erhärtung und Bestätigung ihres Verdachts er-forderlichen
Beweismittel zu beschaffen und die am 2. Juni 1992 abgegebene Versicherung des
Klägers, den Fahrer des bei ihr versicherten Fahrzeugs nicht persönlich gekannt zu
haben, zu widerlegen getrach-tet hat, um sich erfolgversprechend gegen die zu
erwartende Klage verteidigen zu können.
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Der Erstattungsfähigkeit der streitigen Kosten steht auch nicht entgegen, daß die
Beklagte den Ermittlungsbericht der V. G. im Erkenntnisverfah-ren nicht zu den
Gerichtsakten gereicht hat. Die Beklagte hat bei ihrer Rechtsverteidigung auch auf
solche Tatsachen abgestellt, die ihr nur durch die Ermittlungen der Detektei bekannt
geworden sein können. So hat die Beklagte die von dem Kläger aus- drücklich in
Abrede gestellte Tatsache, daß zu des- sen Bekanntenkreis auch der angebliche
Unfallverur- sacher zählte, durch das Zeugnis mehrerer Personen, die von der V. G.
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ausfindig und namhaft gemacht worden waren, unter Beweis gestellt und damit das
Ergebnis der von der Detektei angestellten Er- mittlungen in den Rechtsstreit
eingeführt.
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Aus alledem folgt, daß die Einschaltung der Veri- tas G. als zur
zweckentsprechenden Rechtsvertei- digung der Beklagten notwendig im Sinne des §
91 Abs. 1 ZPO anzusehen ist. Die Höhe der hiernach als erstattungsfähig
anzuerkennenden Ermittlungsko- sten begegnet keinen durchgreifenden Bedenken.
Da- für, daß andere Detekteien einen Ermittlungsauftrag der vorliegenden Art gegen
ein geringeres Entgelt zu übernehmen und auszuführen bereit gewesen wären, sind
Anhaltspunkte nicht ersichtlich, dies um so weniger, als die Angelegenheit
eilbedürftig war und keinen Aufschub duldete. Als zu erstattende Prozeß-kosten der
Beklagten sind demnach weitere 3.582,68 DM über die bereits titulierten 886,92 DM
hinaus, insgesamt also 4.469,60 DM gegen den Kläger fest-zusetzen, so daß der
unter dem 1. Februar 1993 er-gangene Kostenfestsetzungsbeschluß im Umfang
seiner Anfechtung zu ändern ist.
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Die im Wege der Gegenrechnung zulässige Änderung des Zinsausspruchs zum
Nachteil der Beklagten beruht auf § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Danach beginnt die
Verzinsungspflicht erst, wenn ein zur Zwangs- vollstreckung geeigneter Titel vorliegt,
mag das Kostenfestsetzungsgesuch auch zu einem früheren Zeitpunkt eingereicht
worden sein.
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Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 91, 92 Abs. 2 ZPO.
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Streitwert des Erinnerungs- und Beschwerdeverfah- rens: 3.582,68 DM.
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