Urteil des OLG Köln vom 23.02.2010

OLG Köln (anlage, klage auf zahlung, abweisung der klage, vertrag, höhe, ortsübliche vergütung, auftrag, preis, einheitspreis, leistung)

Oberlandesgericht Köln, 3 U 33/09
Datum:
23.02.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
3. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
3 U 33/09
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 5 O 239/08
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 27. Januar 2009 verkündete
Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 5 O 239/08 - teilweise
abgeändert.
Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte über die
Verurteilung im Teil-Anerkenntnisurteil der 5. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 09.12.2008 und im angefochtenen Urteil hinaus
verurteilt, an die Klägerin weitere 99.516,40 € nebst Zinsen in Höhe von
8 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.04.2007 zu
zahlen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die
Klägerin vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.
G r ü n d e :
1
I.
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Die Klägerin macht restlichen Werklohn für Straßenbauarbeiten geltend.
3
Sie erhielt durch Zuschlagsschreiben der Beklagten vom 27.09.2004 (Anlage K 1) den
Auftrag zur Neuherstellung der Umgehungsstraße Beklagte 00 N in X. entsprechend
dem Lageplan in Anlage K 3 (dunkelgrau gekennzeichnet), wozu auch der Neuausbau
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der U.-Straße gehörte. Die Beklagte hatte in ihrem Leistungsverzeichnis (Anlage K 2)
unter Pos. 00.08.0004 10 Tonnen besonders überwachungsbedürftige Abfallentsorgung
angegeben. Die Klägerin hatte die Position mit einem Einheitspreis von 527,21 € pro
Tonne angeboten (Anlage K 2, Angebot S. 44).
Bei der Aufnahme der Bordsteinanlage wurde am 04.07.2005 festgestellt, dass der
gesamte Oberbau in der Fahrbahn und der Gehweg Ostseite als PAK-belasteter
Straßenaufbruch zu entsorgen war (vgl. Anlage K 9, 10). Diese Arbeiten fielen unter die
Position 00.08.0004 des Leistungsverzeichnisses.
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Im Nachgang zu der Baubesprechung am 05.07.2005 beauftragte die Beklagte die
Klägerin mündlich mit der Sanierung der Straße im Zwischenbereich und
Anbindungsbereich der U.-Straße an die C. Straße (vgl. Plan in Anlage K 3 hellgrau
markiert). Die Klägerin führte die Arbeiten in dem ursprünglich vertraglich vereinbarten
Bereich und in dem sog. Zwischenbereich in jeweils einheitlichen Arbeitsgängen durch.
Sie rechnete die Entsorgung teerkontaminierten Straßenaufbruchs (PAK-belastetes
Material) in der 6. Abschlagsrechnung vom 12.07.2005 einheitlich mit dem Einheitspreis
von 527,21 € pro Tonne für insgesamt 606,72 Tonnen ab. Davon entfielen ca.
200 Tonnen auf den sog. Zwischenbereich. Ebenso rechnete die Klägerin in ihrer
Schlussrechnung vom 15.05.2006 (Anlage K 4) ab. Die Beklagte kürzte die
Rechnungen jeweils u.a. zu der Pos. 00.08.004.
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In der Folgezeit einigten sich die Parteien entsprechend dem dritten Nachtrag der
Klägerin (Anlage K 17) über die Zahlung von 478,95 € pro Tonne für die über 10 %
hinausgehende Überschreitung des Mengenansatzes von 10 Tonnen in vorgenannter
Position, jedoch nur bezüglich des auf Grund des ersten Vertrages entsorgten
teerkontaminierten Straßenaufbruchs. Der entsprechende Werklohn wurde an die
Klägerin gezahlt.
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In diesem Rechtsstreit hat die Klägerin verschiedene Kürzungen der Schlussrechnung
durch die Beklagte angegriffen, u.a. die Reduzierung des Einheitspreises für die
Entsorgungsleistungen im sog. Zwischenbereich auf 50,00 € pro Tonne. Die Beklagte
hat einzelne Positionen in Höhe von insgesamt 4.414,52 € und 2.135,50 € anerkannt.
Insoweit hat das Landgericht ein Teil-Anerkenntnisurteil erlassen (Bl. 57 d. A.).
8
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, auch für das im sog. Zwischenbereich
aufgenommene und entsorgte PAK-Material stehe ihr der ursprünglich vereinbarte
Einheitspreis gemäß § 2 Nr. 6 in Verbindung mit § 2 Nr. 3 VOB/B zu, der für die
Mehrmengen auf 478,95 € pro Tonne reduziert sei. Jedenfalls habe die Beklagte die
Arbeiten im sog. Zwischenbereich konkludent zu den Einheitspreisen des
ursprünglichen Vertrages angeboten.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Beklagte zu verurteilen, an sie 106.302,57 € nebst Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2005 aus 99.516,04 € und
im Übrigen seit dem 03.08.2006 zu zahlen, unter Berücksichtigung der
anerkannten Beträge von 4.414,52 € und 2.135,50 €.
11
Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage – im über die anerkannten Beträge hinausgehenden Umfang –
abzuweisen.
13
Sie hat die Ansicht vertreten, für die Entsorgung des PAK-Materials im sog.
Zwischenbereich nur die ortsübliche Vergütung von 50,00 € pro Tonne gemäß § 632
Abs. 2 BGB zu schulden.
14
Das Landgericht hat u.a. die Klage auf Zahlung der Entsorgungskosten in Höhe von
99.516,40 € abgewiesen, weil die Beklagte insoweit nur den von ihr bereits gezahlten
Betrag von 50,00 € pro Tonne schulde. Ein Anspruch nach § 2 Nr. 6 VOB/B oder § 2 Nr.
3 VOB/B bestehe nicht. Die Vergütung richte sich nach § 632 Abs. 2 BGB, da eine
konkludente Preisvereinbarung nicht zu Stande gekommen sei. Während der gesamten
Arbeiten sei für die Klägerin schon auf Grund der Verhandlungen über den Preis klar
gewesen, dass Ungewissheit über die Abrechnung bestanden habe. Der Klägerin –
einem im Straßenbau erfahrenen Unternehmen – sei klar gewesen, dass es einer
eindeutigen Preisregelung mit der Beklagten bedurft habe, bevor sie von einem
vereinbarten Preis habe ausgehen dürfen.
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Mit der gegen dieses Urteil eingelegten Berufung macht die Klägerin geltend: wenn im
Zeitpunkt der Auftragserteilung bereits ein Vertragsverhältnis bestanden habe, das
Leistungen zum Inhalt habe, wie sie identisch im Zuge der Auftragserweiterung zu
erbringen seien, wenn der Auftraggeber den Auftragsumfang dann erweitere, noch
bevor die nach dem Ursprungsvertrag geschuldeten Leistungen ausgeführt seien, und
wenn dann absprachegemäß alle Arbeiten in einem Zuge ausgeführt würden, könne
aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers dieser Zusatzauftrag nur so
verstanden werden, dass er zu denselben Bedingungen wie der Ursprungsauftrag erteilt
werden solle. Wenn die Beklagte dies nicht gewollt habe, sei sie verpflichtet gewesen,
die Klägerin darauf hinzuweisen, dass der Zusatzauftrag grundlegend anders – unter
Aufrechterhaltung aller Leistungspflichten im Übrigen – vergütet würde als die
identische Leistung des Ursprungsauftrages. Bei der Ausführung der Arbeiten sei nicht
klar gewesen, dass Ungewissheit über die Abrechnung bestanden habe. Denn im
Zeitpunkt des Beginns der Preisdiskussion seien die Arbeiten längst abgeschlossen
und abgerechnet gewesen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter teilweiser Abänderung der angefochtenen Entscheidung zu
verurteilen, an sie weitere 99.516,40 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 8
Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2005 zu zahlen,
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hilfsweise, die Revision zuzulassen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das angefochtene Urteil und macht erstmals Sittenwidrigkeit des
verlangten Preises geltend, weil dieser mehr als das Elffache des üblichen Preises
ausmache. Im Übrigen hält sie eine ergänzende Vertragsauslegung über die
Einbeziehung der Vergütungsregelung im Hauptvertrag in den Zusatzvertrag nicht für
möglich und führt dazu näher aus.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das
angefochtene Urteil und die von den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst
eingereichter Unterlagen Bezug genommen.
23
II.
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Die zulässige Berufung der Klägerin hat – mit Ausnahme eines Teils des
Zinsanspruches – in der Sache Erfolg.
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Der mit der Klage geltend gemachte Werklohnanspruch ist gemäß § 631 Abs. 1 BGB, §
2 VOB/B in Höhe von 99.516,40 € begründet.
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1.
27
Die Parteien haben mit dem von der Beklagten im Juli 2005 mündlich erteilten und von
der Klägerin angenommenen Auftrag, in dem sog. Zwischenbereich der U.-Straße in X.
eine Straßensanierung durchzuführen, einen neuen, selbstständigen Werkvertrag
geschlossen.
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Die nachträglich in Auftrag gegebenen Arbeiten stellen keine Zusatzleistung gemäß § 2
Nr. 6 VOB/B zu dem von den Parteien am 27.09.2004 geschlossenen Vertrag über den
Vollausbau der U.-Straße auf eine Länge von 110 m dar. Eine solche Zusatzleistung
setzt eine in technischer Hinsicht und/oder von der beabsichtigten Nutzung her
bestehende unmittelbare Abhängigkeit zu der bisher vereinbarten Leistung voraus (vgl.
BGH NJW 2002, 1492). Daran fehlt es hier. Die Straßensanierung im sog.
Zwischenbereich steht in keinem Zusammenhang mit dem Leistungsziel des ersten
Vertrages. Der zweite Auftrag wurde allein aus Praktikabilitätsgründen zeitnah zum
ersten Auftrag erteilt und sollte möglichst zeitgleich erfüllt werden, weil die U.-Straße
ohnehin voll gesperrt war und sich die Deckenerneuerung im sog. Zwischenbereich
daher verkehrstechnisch anbot.
29
2.
30
Der zweite Werkvertrag wurde zu den gleichen vertraglichen Bedingungen – und damit
auch zu den gleichen Vergütungsregelungen – geschlossen, wie der erste Vertrag vom
27.09.2004. Nur in diesem Sinne ist der Auftrag der Beklagten gemäß §§ 133, 157 BGB
auszulegen. Der Beklagten kam es darauf an, dass die Klägerin die Sanierung der
Straße im sog. Zwischenbereich aus den oben genannten Gründen in einem
Arbeitsgang mit dem Vollausbau des benachbarten Straßenabschnitts durchführte. Die
Arbeiten wurden nicht ausgeschrieben, die Klägerin erhielt keine neuen
Vertragsunterlagen, es wurde kein Leistungsverzeichnis erstellt, über Preise wurde nicht
gesprochen oder gar verhandelt. Unter diesen Umständen konnte die Klägerin
redlicherweise den mündlich vor Ausführung der Arbeiten gemäß dem ersten Vertrag
erteilten weiteren Auftrag nicht anders verstehen als ein Angebot zum Abschluss eines
Vertrages zu genau den gleichen Bedingungen wie denjenigen des ersten Vertrages
vom 27.09.2004, das die Klägerin jedenfalls mit der Ausführung der Arbeiten
angenommen hat.
31
An diesem Verständnis war die Klägerin entgegen der Auffassung des Landgerichts
nicht dadurch gehindert, dass während der gesamten Arbeiten auf Grund der
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Verhandlungen über den Preis klar gewesen sei, dass Ungewissheit über die
Abrechnung bestanden habe. Diese Ungewissheit begann erst nach Abschluss des
zweiten Vertrages, der spätestens mit Beginn der Ausführung der Arbeiten durch die
Klägerin geschlossen war, nämlich mit der Kürzung der 6. Abschlagsrechnung vom
12.07.2005 durch die Beklagte. Mit den Arbeiten im sog. Zwischenbereich hatte die
Klägerin aber bereits vor dem 12.07.2005 begonnen, wie sich aus dem
Baubesprechungsprotokoll vom 12.07.2005 (Anlage K 11) ergibt. Nach dem
unbestrittenen Vortrag der Klägerin waren die Arbeiten bis zum 11.07.2005 ganz
überwiegend abgeschlossen und wurden unter Übersendung der Wiegescheine in der
6. Abschlagsrechnung vom 12.07.2005 abgerechnet. Der geprüfte Rückläufer dieser
Rechnung mit der von der Beklagten vorgenommenen Kürzung ging am 17.08.2005 und
damit ca. vier Wochen nach Abschluss der Arbeiten bei der Klägerin ein. Erst danach
begann die Diskussion der Parteien über die Abrechnung.
Dass auch die Beklagte von dem oben dargestellten Verständnis des Vertragsinhalts
ausging, belegt der Umstand, dass sie die einheitliche Abrechnung aller Arbeiten aus
dem ersten und dem zweiten Vertrag akzeptiert hat. Die Klägerin hat die auf Grund des
zweiten Vertrages erbrachten Leistungen mit denselben Einheitspreisen abgerechnet
wie die Leistungen auf Grund des Vertrags vom 27.09.2004. Dies hat die Beklagte mit
Ausnahme der Preise für die streitgegenständliche Entsorgung des teerhaltigen
Straßenaufbruchs zur Position 00.08.0004 des Leistungsverzeichnisses akzeptiert.
Dass allein für diese Position eine andere oder keine Preisvereinbarung gelten sollte, ist
weder dargetan noch sonst ersichtlich.
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Haben die Parteien somit konkludent vereinbart, dass die Preise des ersten Vertrages
auch für den zweiten Vertrag gelten sollten, so gilt dies auch für die Vereinbarung eines
Preises gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B für eine Mengenüberschreitung um mehr als 10
%. Hiernach war für die Entsorgung des teerhaltigen Straßenaufbruchs gemäß dem
zweiten Vertrag der Parteien entsprechend der Vereinbarung für die Mehrmenge gemäß
dem ersten Vertrag ein Betrag von 478,95 pro Tonne zu vergüten.
34
3.
35
Diese Preisvereinbarung ist entgegen der Auffassung der Beklagten nicht wegen
Sittenwidrigkeit nichtig (§ 138 BGB).
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In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass die Vereinbarung eines Preises gemäß § 138
Abs. 1 BGB sittenwidrig sein kann, wenn der Preis in einem auffälligen Missverhältnis
zur Gegenleistung steht. Dafür erforderlich ist sowohl ein objektiv auffälliges,
wucherähnliches Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung als auch das
Hinzutreten subjektiver Umstände, wie zum Beispiel das Zutagetreten einer
verwerflichen Gesinnung des Begünstigten (vgl. BGH NJW 2009, 835, 836).
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Ob ein objektiv auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliegt, kann
dahinstehen. Zwar hat die Klägerin nicht den Vortrag der Beklagten bestritten, wonach
ein Preis von 50,00 € pro Tonne der üblichen Vergütung für die Entsorgung besonders
überwachungsbedürftigen Abfalls (PAK-Aufbruch) entspreche. Die Beklagte selbst hat
aber im Schreiben vom 13.06.2007 einen marktüblichen Rahmen bis zu einer Höhe von
200,00 € pro Tonne genannt (Anlage K 23). Auch insoweit kommt jedoch die Annahme
eines auffälligen Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung in Betracht.
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Jedenfalls fehlt es an den subjektiven Umständen, die hinzutreten müssen, um eine
Preisvereinbarung als sittenwidrig zu bewerten. Die Beklagte stützt sich allein auf eine
Vermutung, der Preisvereinbarung liege ein sittlich verwerfliches Gewinnstreben der
Klägerin zu Grunde. Eine solche widerlegbare Vermutung besteht in den Fällen, in
denen der Auftragnehmer in einer Position des Leistungsverzeichnisses einen
außerordentlich überhöhten Einheitspreis anbietet. Hier gilt die Vermutung, dass er in
dieser Position auf eine Mengenmehrung hofft und durch Preisfortschreibung auch für
diese Mengenmehrung einen außerordentlich überhöhten Preis erzielen will (vgl. BGH
NJW 2009, 835, 836). So lag der Fall hier aber gerade nicht. Nicht die Klägerin hat für
den zweiten Vertrag einen Einheitspreis angeboten, sondern die Beklagte hat – wie
ausgeführt – mit der Beauftragung weiterer Leistungen konkludent die Einheitspreise
des Leistungsverzeichnisses aus dem ersten Vertrag angeboten. Die Annahme dieses
Angebots durch die Klägerin begründet nicht die Vermutung eines sittlich verwerflichen
Gewinnstrebens. Davon ist auch die Beklagte, der die Preisstrukturen im Straßenbau
bestens bekannt waren, nicht ausgegangen. Sie hat die Zahlung der Vergütung für die
Entsorgungsleistungen gemäß dem zweiten Vertrag vielmehr allein mit der Begründung
abgelehnt, insoweit sei überhaupt kein Preis vereinbart worden, so dass § 632 Abs. 2
BGB zur Anwendung komme (Schreiben vom 13.06.2007, Anlage K 23). Die Beklagte
hat auch die Preisvereinbarung für die Mehrmengen nach dem ersten Vertrag gemäß §
2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B nicht für sittenwidrig gehalten. Auch wenn bei der Berechnung des
neuen Einheitspreises bezüglich der Mehrmengen die Preisermittlungsgrundlagen des
bisherigen Einheitspreises heranzuziehen waren, wäre die Beklagte nicht gehindert
gewesen, den Einheitspreis in der dem Preisanpassungsverlangen zu Grunde
liegenden Position 00.08.0004 des Leistungsverzeichnisses (527,21 € pro Tonne) als
sittenwidrig zu bewerten und dementsprechend das Nachtragsangebot der Klägerin Nr.
3 (Anlage K 17) zurückzuweisen. Dies ist jedoch nicht geschehen.
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4.
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Für unstreitig 200 Tonnen im sog. Zwischenbereich aufgenommenes PAK-Material sind
daher entsprechend dem von der Beklagten akzeptierten Nachtrag Nr. 3 der Klägerin
478,95 € pro Tonne zu zahlen. Da die Beklagte 50,00 € pro Tonne gezahlt hat, besteht
ein weiterer Anspruch in Höhe von 200 x 428,95 € = 85.790,00 € zuzüglich 16 %
Mehrwertsteuer (13.726,40 €), insgesamt also 99.516,40 €.
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5.
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Der Zinsanspruch ist aus dem Gesichtspunkt des Verzugs erst ab 26.04.2007 begründet
(§§ 286, 288 BGB). Die geforderte Vergütung war erst mit der Vereinbarung der
Mehrmengenvergütung im November 2006 fällig geworden. Der mit der 6.
Abschlagsrechnung geltend gemachte Vergütungsanspruch war wegen des
berechtigten Verlangens der Beklagten gemäß § 2 Nr. 3 Abs. 2 VOB/B nicht fällig. Nach
der Vereinbarung im November 2006 ist eine Inverzugsetzung durch die Klägerin mit
Schreiben vom 11.04.2007 (Anlage K 20), das eine Fristsetzung zur Zahlung bis
25.04.2007 enthält, erfolgt.
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6.
44
Die Kostenentscheidung ergeht nach § 92 Abs. 2 ZPO. Die Entscheidung zur
vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
45
7.
46
Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des §
543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
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Berufungsstreitwert: 99.516,40 €
48