Urteil des OLG Köln vom 12.09.1994

OLG Köln (einleitung des verfahrens, eltern, geburt, berichtigung, form, einschränkung, namensrecht, erklärung, gerichtsbarkeit, hauptsache)

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 46/91
Datum:
12.09.1994
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 46/91
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 5 T 173/90
Tenor:
Das Verfahren ist in der Hauptsache erledigt. Eine Kostenentscheidung
ist nicht veranlaßt.
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G r ü n d e :
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Nachdem sich aufgrund des am 01.04.1994 in Kraft getretenen Gesetzes zur
Neuordnung des Familienna-mensrechtes vom 16.12.1993 (FamNamRG) die
Rechtsla-ge geändert hat und der von den Beteiligten zu 1) und 2) als Eltern
bestimmte, ins Geburtenbuch ein-getragene Doppelnamen der Kinder nunmehr nach
deut-schem internationalem Privatrecht zulässig ist, war zu verfügen, daß das
Verfahren in der Hauptsache erledigt ist.
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Der weiterhin auf Sachentscheidung gerichtete An-trag des Beteiligten zu 3) steht
dem nicht entge-gen. In Amts- und Antragsverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
wie dem vorliegenden, hat das Ge-richt nämlich von Amts wegen ungeachtet der
Anträge der Beteiligten die Erledigung formlos festzustel-len (Bay ObLG 58, 222),
wenn nach Einleitung des Verfahrens der Verfahrensgegenstand durch ein Er-eignis,
das die Veränderung der Sach- und Rechtsla-ge herbeiführt, wegfällt.
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Die beantragte Berichtigung eines Geburteneintrags nach § 47 PStG setzt voraus,
daß der Eintrag zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung noch unrichtig ist. Ist
ein zunächst unrichtiger Ein-trag nachträglich richtig geworden, so kommt eine
Berichtigung, die in Wahrheit das Geburtenbuch un-richtig machen würde, nicht in
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Betracht (OLG Zwei-bürcken, OLGZ 82, 154).
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Nach früherem Recht war die gewählte Form des Doppelnamens, der sich aus den
unterschiedli-chen Familiennamen beider Eltern zusammensetzt, unzulässig (§ 1616
BGB a.F., Artikel 220 Abs. 5 EGBGB a.F.). Dies galt auch dann, wenn die Eltern - wie
hier - nach spanischen Recht Doppelnamen führten (OLG Ffm NJW-RR 90, 772).
Artikel 10 Abs. 5 EGBGB a.F. gab Eltern nichtdeutscher Nationalität zwar die
Möglichkeit der Namenswahl für ihre Kinder nach dem Recht des Staates, dem einer
der Eltern angehörte. Diese Vorschrift enthielt jedoch die Einschränkung, daß kein
Elternteil Deutscher sein dürfe.
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Nachdem diese Einschränkung nunmehr gemäß Artikel 2 Ziffer 1 FamNamRG in
Fortfall geraten ist, können die Kinder nach dem Recht des spanischen Heimat-
staates des Beteiligten zu 1) den dort gesetzmäßi-gen Doppelnamen, der ansonsten
auch nach heute gel-tenden deutschen materiellen Namensrecht unzulässig ist,
führen. Der nach der Bestimmung der Eltern ins Geburtenbuch eingetragene
zusammengesetzte Fami-lienname der Kinder entspricht damit der geltenden
Rechtslage.
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Einer Nachholung des Namensbestimmungsrechtes im Sinne der
Übergangsregelung in Artikel 7 § 5 Abs. 2 FamNamRG bedarf es vorliegend nicht.
Die Betei-ligten zu 1) und 2) haben ihr Namensbestimmungs-recht schon bei der
Geburt der Kinder ausgeübt. Dies ist auch in der erforderlichen Form geschehen und
beurkundet worden, wie das Geburtenbuch gemäß § 60 PStG beweiskräftig
ausweist. Wenn die Namens-wahl auch nach damaliger Rechtslage unstatthaft war,
so nimmt ihr das nicht den Charakter einer weiter geltenden Willenserklärung, zumal
sie der heutigen Rechtslage und dem weiter geltenden Willen der Eltern, wie schon
dieses Verfahren ausweist, entspricht. Die angesprochene Übergangsregelung in
Artikel 10 FamNamRG trifft nicht solche Fälle wie den vorliegenden, in denen
Familiennamen dem El-ternwille und der heutigen Rechtslage entsprechend
entgegen den damals geltenden Vorschriften in die Personenstandsbücher
eingetragen wurden; vielmehr soll hiermit Eltern, die entgegen ihrem eigentli-chen
Willen durch die damalige Gesetzeslage gehal-ten waren, von ihrem
Namensbestimmungsrecht nur in dem damals definierten Sinne Gebrauch zu
machen, die Möglichkeit eingeräumt werden, nach der neuen Rechtslage den
Geburtsnamen ihrer Kinder neu zu bestimmen. Eine andere Auslegung des Gesetzes
würde nur sinnlosen Formalismus beinhalten und unnötigen Verwaltungsaufwand
herbeiführen.
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Insbesondere ist keine Notwendigkeit gegeben, in den Personenstandsregistern
kenntlich zu machen, daß die Eintragungen von nunmehr zulässigen Nachna-men
der Gesetzeslage vor Inkrafttreten des FamNamRG nicht entsprachen. Wie sich aus
den Gesetzesformu-lierungen "den Geburtsnamen...neu zu bestimmen" in Artikel 7 §
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3 FamNamRG und "die Bestimmung des Namens...kann...nachgeholt werden" in
Artikel 7 § 5 Abs. 2 ergibt, fällt der Neubestimmung rückwirkende Kraft zu. Es liegt
keine Namensänderung im Sinne des Namensänderungsgesetzes vor; vielmehr
handelt es sich um eine ab Geburt wirkende Neudefinition. Dies entspricht auch dem
Willen des Gesetzgebers, für den einer der maßgeblichen Gründe der Novel-lierung
das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 05.03.1991 - NJW 91, 1602 - zur
Verfassungswid-rigkeit der Regelung in § 1355 Abs. 2 BGB und den dadurch
erweckten Zweifeln an der Verfassungsgemäß-heit des Artikels 220 Abs. 5 Satz 3
EGBGB war. Da in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts lediglich eine
Übergangsregelung hinsichtlich der Namensführung in den von § 1355 Abs. 2 BGB
erfaßten Fällen getroffen war, mußte der Gesetzgeber letzt-lich insoweit Regelungen
mit rückwirkender Kraft treffen.
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Die von den Beteiligten zu 1) und 2) bei der Geburt zur Bestimmung des Namens
abgegebenen Erklä-rungen sind letztlich auch inhaltlich ausreichend. Keinesfalls
kann, wie der Beteiligte zu 3) meint, eine Erklärung des Inhalts gefordert werden, daß
spanisches Namensrecht angewendet werden soll. Eine solche Erklärung wird vom
Gesetz nicht gefordert. In Artikel 10 Abs. 5 EGBGB a.F., Artikel 10 Abs. 3 EGBGB n.F.
und Artikel 7 § 5 Abs. 2 FamNamRG ist von der Bestimmung des Namens die Rede
und nicht davon, daß die Anwendung eines bestimmten staatlichen Rechtes gewählt
wird. Daß der Name dem Recht eines Staates entspricht, dem einer der beiden Eltern
angehört, ist lediglich Voraussetzung für die Zulässigkeit des gewählten Namens.
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Eine Kostenentscheidung war nicht veranlaßt.
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Gerichtskosten fallen gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO nicht an. Es bestand auch
kein Anlaß, von dem in § 13 a FGG normierten Grundsatz abzuweichen, daß im
Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit je-der Beteiligte seine
Rechtsverfolgungskosten selbst trägt und gegenseitige Kostenerstattung in der Re-
gel nicht stattfindet.
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Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren: 1.500,00 DM (3 x 500,00
DM).
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