Urteil des OLG Köln vom 21.12.2001

OLG Köln: hotel, verkehr, verwechslungsgefahr, international, kennzeichnungskraft, beschreibende angabe, geographische angabe, vollstreckung, begriff, bestandteil

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
1
2
3
4
Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 6 U 144/01
21.12.2001
Oberlandesgericht Köln
6. Zivilsenat
Urteil
6 U 144/01
Landgericht Köln, 81 O 232/00
1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 1.6.2001 verkündete Urteil
der ersten Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O
232/00 - wird zurückgewiesen. 2.) Die Kosten des Berufungsverfahrens
haben die Beklagten zu tragen. 3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten können jedoch die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in nachbenannter Höhe
abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit
jeweils in derselben Höhe leistet. Es ist Sicherheit in folgender Höhe zu
leisten bzw. sind folgende Beträge zu hinterlegen: Bei Vollstreckung des
Anspruches auf a) Unterlassung 37.500 DM; b) Auskunft 18.750 DM; c)
Kostenerstattung 8.200 DM. Die Klägerin kann die Vollstreckung der
Beklagten wegen der erstinstanzlich angefallenen Kosten durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 3.500 DM (bei
Vollstreckung des Beklagten zu 1) bzw. 5.000 DM (bei Vollstre-ckung des
Beklagten zu 2) abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Voll-
streckung Sicherheit jeweils in derselben Höhe leisten. Den Parteien
wird nachgelassen, die Sicherheiten auch durch Stellung einer
selbstschuldnerischen Bürgschaft einer deutschen Großbank oder
öffentlich-rechtlichen Sparkasse zu erbringen. 4.) Die Beschwer der
Beklagten wird auf 65.625 DM festgesetzt.
T a t b e s t a n d
Die Parteien streiten - noch - über die Berechtigung der Beklagten, bestimmte von ihnen
geführte Hotels jeweils mit Zusätzen als "Classic"-Hotel zu bezeichnen.
Die Klägerin, in deren Firmierung seit dem Jahre 1998 der Bestandteil "Classik" enthalten
ist, befasst sich mit dem Betrieb u.a. von Hotels. Sie ist Inhaberin der mit Priorität zum
31.1.1995 für die Beherbergung und Verpflegung von Gästen eingetragenen Wortmarke
"CLASSIK". Derzeit betreibt sie zwei Hotels, zu deren Kennzeichnung auch "Classik"
verwendet wird. Es handelt sich um das Landhotel M. in M.-R. und das Classik Hotel Ma. in
Ma.. Wegen der verwendeten Erscheinungsformen der Bezeichnung "Classik" für diese
beiden Hotels wird auf die als Anlagen K 2 und K 3 zur Klageschrift vorgelegten
Ablichtungen (= Bl. 19-23) Bezug genommen.
Die Beklagten sind Geschäftsführer der B. T. International GmbH mit Sitz in D., die ein
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
Hotelreservierungssystem betreibt. Die für dieses Reservierungssystem bisher verwendete
Bezeichnung "Classic International Hotels" ist inzwischen zur Unterlassung erklärt worden.
Die Beklagten führen darüber hinaus gemeinsam unter der Bezeichnung "Classic Hotel A."
ein Hotel in H., außerdem betreibt der Beklagte zu 2) das "Classic Hotel H:" in K..
Die Klägerin hält beide Bezeichnungen für mit ihrer Marke und Firmierung
verwechslungsfähig. Mit der im Berufungsverfahren nicht mehr aufrechterhaltenen
Behauptung, auch das zuletzt genannte Hotel in K. werde von beiden Beklagten betrieben,
hat sie in erster Instanz zuletzt b e a n t r a g t,
1. die Beklagten zu verurteilen,
1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht
festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu DM 500.000,-- ersatzweise
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlasen,
1. sich im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung von ihnen betriebener Hotels der
"Classic Hotel H:"
und/oder
"Classic Hotel A."
zu bedienen.
1. die Bezeichnung "classic-hotels-com" als Domainnamen im Rahmen des Internets zu
verwenden und/oder verwenden zu lassen, zu bewerben und/oder bewerben zu lassen.
1. ihr über den Umfang der vorstehend bezeichneten Handlungen Auskunft zu erteilen,
und zwar unter Angabe
1. der Adresse des jeweils betriebenen Hotels sowie
1. der Verwendung der unter I. 1. angeführten Kennzeichnungen, insbesondere in der
Außenwerbung (auf Preislisten, Geschäftsbriefen, Rechnungen,
Einrichtungsgegenständen und/oder sonstigen Werbeträgern sowie
1. die Anzahl der jeweils hergestellten Werbeträger sowie die Kosten der Herstellung
II.) festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, ihr allen
Schaden zu ersetzen, der ihr aus Handlungen der im Tenor zu I.1. beschriebenen Art
bereits entstanden ist oder noch entstehen wird.
Die Beklagten haben den vorstehend unter Ziff.I 1 b) dargestellten Antrag nebst
25
26
27
28
29
30
31
32
33
diesbezüglichen Annexansprüchen anerkannt und im übrigen b e a n t r a g t,
die Klage abzuweisen.
Sie haben - soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse - vorgetragen, eine
Verwechslungsgefahr bestehe aus im einzelnen dargelegten Gründen nicht.
Das L a n d g e r i c h t hat - teilweise durch Anerkenntnisurteil - die Beklagten mit der
Einschränkung antragsgemäß verurteilt, dass dem Beklagten zu 1) nur die Verwendung der
Bezeichnung "Classic Hotel A." untersagt worden ist. Soweit der Beklagte zu 1) auch
wegen der Bezeichnung "Classic Hotel H:" in Anspruch genommen worden ist, ist die
Klage mit der Begründung abgewiesen worden, es stehe nicht fest, dass der Beklagte zu 1)
auch dieses Hotel betreibe. Die Verurteilung ist im übrigen darauf gestützt worden, dass
unter dem Gesichtspunkt des Serienzeichens Verwechslungsgefahr bestehe.
Die B e r u f u n g der Beklagten richtet sich gegen dieses Urteil, soweit es nicht auf ihrem
Anerkenntnis beruht, also den Klageantrag zu I 1 b) (Verbot des Domainnamens) zum
Gegenstand hat. Die Beklagten begründen ihre Berufung im wesentlichen wie folgt:
Der klägerischen Marke bzw. dem Firmenbestandteil "CLASSIK" könne nur eine geringe
Kennzeichnungskraft beigemessen werden. Es handele sich um einen beschreibenden
Begriff, der überhaupt nur deswegen eintragungsfähig sei, weil orthographiewidrig die
beiden Konsonanten c und k verwendet worden seien. Vor diesem Hintergrund habe das
Landgericht zu Recht keine unmittelbare Verwechslungsgefahr angenommen. Aus
Rechtsgründen könne bei den Gesamtbezeichnungen "Classic Hotel H:" und "Classic
Hotel A." jeweils nicht allein auf Classic abgestellt werden. Vielmehr sei es umgekehrt
sogar so, dass die Elemente "A." bzw. "H:" die Zeichen maßgeblich prägten. Anderes
ergebe sich auch nicht mit Blick auf die Kennzeichnungskraft von "CLASSIK", weil diese
nur gering sei.
Zu Unrecht habe das Landgericht auch auf den Gesichtspunkt des Serienzeichens
abgestellt. Die Klägerin verfüge über ein derartiges Serienzeichen nicht: Nur das von ihr
geführte "CLASSIK Hotel Ma." führe die Bezeichnung CLASSIK. In den beiden übrigen von
ihr geführten Hotels (Landhotel M. bei M. und A. Plaza in B.) werde CLASSIK nicht
verwendet. Unter dem Gesichtspunkt der Serienmarke müsse das angegriffene Zeichen mit
der gesamten Markenserie der angreifenden Partei verglichen werden, an einer solchen
fehle es indes. Es komme hinzu, dass der Bezeichnung "CLASSIK" eine warenbezogene
Bedeutung zukomme und sie aus diesem Grunde nach der Rechtsprechung des BGH als
Stammbestandteil einer Markenserie grundsätzlich ausscheide. Im übrigen scheide eine
Verwechslungsgefahr auch deswegen aus, weil sich der Schutzumfang der Klagemarke
"CLASSIK" nicht auf die rein beschreibende Angabe "Classic" erstrecke. Der Verkehr gehe
bei Hotels auch davon aus, dass sich Hotelnamen in verschiedenen Orten wiederholten,
und erwarte andererseits nicht, dass jedes Hotel zu einer Kette gehöre. Im übrigen kämen
ihnen auch ältere, von der B. T. International GmbH abgeleitete Rechte zu Gute. Diese
habe nämlich bereits seit März 1989 die Bezeichnung "Classic International Hotels" als
besondere Geschäftsbezeichnung benutzt.
Die Beklagten b e a n t r a g e n,
das Teilanerkenntnis- und Schlussurteil der 1. Kammer für Handelssachen des
Landgerichts Köln - 81 O 232/00 - abzuändern und die Klage abzuweisen, soweit
33
34
35
36
37
38
39
40
41
42
43
44
45
46
47
48
49
50
51
52
53
54
55
1. sie verurteilt wurden,
1. es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht
festzusetzenden Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu DM 500.000,--, ersatzweise
Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten zu unterlassen, sich
im geschäftlichen Verkehr zur Kennzeichnung von ihnen betriebener Hotels der
Kennzeichnung
(beide Beklagte)
"Classik Hotel A."
und/oder
(nur Beklagter zu 2)
"Classik Hotel H:"
zu bedienen.
1. der Klägerin über den Umfang der hier vorstehend bezeichneten Handlungen Auskunft
zu erteilen, und zwar unter Angabe
1. der Adresse des jeweils betriebenen Hotels sowie
1. der Verwendung der hier unter Ziffer I 1 angeführten Kennzeichnung, insbesondere in
der Außenwerbung (auf Preislisten, Geschäftsbriefen, Rechnungen,
Einrichtungsgegenstände und/oder sonstigen Werbeträgern) sowie
1. die Anzahlung der jeweils hergestellten Werbeträger sowie die Kosten der
Herstellung.
II. festgestellt wurde, dass sie (in Bezug auf "Classik Hotel A. gesamtschuldnerisch)
verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der ihr aus Handlungen der im
Tenor zu I 1a) beschriebenen Art bereits entstanden ist oder noch entstehen wird;
Die Klägerin b e a n t r a g t,
56
57
58
59
60
61
62
63
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Urteil und meint insbesondere, der Marke CLASSIK und
ihrem entsprechenden Firmenschlagwort komme durchschnittliche Unterscheidungskraft
zu. Es liege auch ein Fall sogar unmittelbarer Verwechslungsgefahr vor, weil der Verkehr
die angegriffenen Bezeichnungen irrig als einer Hotelkette der Klägerin zugehörig ansehen
könne.
Das vorliegende Verfahren ist von dem ursprünglich gegen die Beklagten und die B. T.
International GmbH gerichteten Verfahren 81 O 199/99 LG Köln abgetrennt worden. Wegen
der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf die Akten jenes Verfahrens und die
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen
Verhandlung waren.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
Die Berufung ist zulässig, hat in der Sache aber keinen Erfolg, weil der Klägerin bezüglich
der Bezeichnungen "Classic Hotel A." und "Classic Hotel H:" im zuerkannten Umfange
sowohl die geltendgemachten Unterlassungs- und Auskunftsansprüche als auch - dem
Grunde nach - Schadensersatzansprüche zustehen.
Die Unterlassungsansprüche sind hinsichtlich der noch streitgegenständlichen
Bezeichnungen unter dem Gesichtspunkt der mittelbaren Verwechslungsgefahr aus § 14
Abs.2 Ziffer 2 MarkenG begründet.
Die Prüfung der Frage, ob bei einander gegenüberstehenden Marken die Gefahr einer
Verwechslung besteht, ist auf der Grundlage des jeweiligen Gesamteindrucks der in Frage
stehenden Marken vorzunehmen. Ob danach eine Verwechslungsgefahr begründet ist, ist
unter Berücksichtigung der Nähe der in Betracht zu ziehenden Waren bzw.
Dienstleistungen, für welche die zu vergleichenden Zeichen geschützt oder verwendet
sind, sowie der Kennzeichnungskraft der Klagemarke und nach der Ähnlichkeit der zu
beurteilenden Zeichen zu entscheiden, wobei die genannten, die Verwechslungsgefahr
bestimmenden Faktoren in einer Wechselbeziehung dergestalt miteinander stehen, dass
der Ähnlichkeitsgrad umso geringer sein kann, je größer die Kennzeichnungskraft und/oder
die Warennähe ist, während umgekehrt ein höherer Ähnlichkeitsgrad erforderlich ist, wenn
die Kennzeichnungskraft der Marke nur schwach und/oder der Warenabstand größer ist
(vgl. BGH GRUR 2000, 875 f -"Davidoff"-; WRP 1998,755,757 -"nitrangin"-; EuGH GRUR
1998, 387 -"Springende Raubkatze"-). Dabei ist nicht auf den Standpunkt eines flüchtigen,
dem angesprochenen Verkehr zugehörigen Adressaten der Zeichen abzustellen, sondern
auf denjenigen eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen
Adressaten der betroffenen Art von Waren oder Dienstleistungen. Ausgehend hiervon
besteht zwar nicht die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen der streitgegenständlichen
Bezeichnungen, wohl aber die Gefahr mittelbarer Verwechslungen, nämlich der Annahme
des Verkehrs, die von den Beklagten geführten Hotels gehörten zu einer von der Klägerin
betriebenen Hotelkette.
Die für die Klägerin eingetragene Marke CLASSIK ist von durchschnittlicher
Kennzeichnungskraft. Dass ihr überhaupt Kennzeichnungskraft zukommt, steht im
Verletzerprozess aufgrund der Eintragung der Marke fest (vgl. Ingerl/ Rohnke, MarkenG §
14 RZ 15,197 m.w.N.). Die Kennzeichnungskraft ist indes nicht nur schwach, sondern
durchschnittlich, weil ihre beschreibenden Elemente nicht überwiegen. So ist zum einen
schon nicht deutlich, was durch den Begriff "Klassik" hinsichtlich eines Hotels beschrieben
64
65
66
67
werden sollte. Es handelt sich um eine kaum aussagekräftige Floskel, die allenfalls auf
eine eher traditionelle Führung des betreffenden Hotels hindeutet. Es kommt die - deutlich
ins Auge fallende - orthographisch unrichtige Schreibweise CLASSIK hinzu, durch die die
beiden in Betracht kommenden Schreibweisen "Klassik" und "Classic" miteinander
vermischt werden.
Die Zeichen sind - bei bestehender Branchenidentität - auch insofern ähnlich, als auch die
angegriffenen Bezeichnungen der Beklagten - wenn auch in abweichender Schreibweise -
das Wort "Classic" aufweisen. Der gemeinsame Bestandteil "classik" bzw. "classic" ist in
klanglicher Hinsicht und vom Sinngehalt des Wortes her sogar identisch.
Gleichwohl besteht eine unmittelbare Verwechslungsgefahr, also die Gefahr, dass der
Verkehr die eine Bezeichnung für die andere halten könnte, nicht. Die angegriffenen
Bezeichnungen "Classic Hotel A." und "Classic Hotel H:" sind als zusammengesetzte
Zeichen in ihrer Gesamterscheinung der Bewertung zugrunde zu legen. Eine Reduzierung
allein auf "Classic" käme nach gefestigter Rechtsprechung (vgl. z.B. BGH WRP
1999,189,191 - "Tour de culture"-;GRUR 1996, 200 f -"Innovadiclophlont") nur in Betracht,
wenn dieser Bezeichnungsbestandteil jeweils allein die angegriffenen Bezeichnungen
prägen würde. Davon kann aber ersichtlich nicht die Rede sein. Aus diesem Grunde
scheidet die Gefahr unmittelbarer Verwechslungen aus. Denn die sich
gegenüberstehenden Bezeichnungen "Classic Hotel A." bzw. "Classic Hotel H:" einerseits
und CLASSIK andererseits sind auch bei Verwendung in der identischen Branche zu
verschieden, als dass derartige Verwechslungen befürchtet werden müssten.
Es besteht aber mittelbare Verwechslungsgefahr. Diese ist dann gegeben, wenn die sich
gegenüberstehenden Zeichen in einem Bestandteil übereinstimmen, den der Verkehr als
Stamm mehrerer Zeichen eines Unternehmens ansieht, und wenn der Verkehr deshalb
wegen dieses wesensgleichen Stamms beide Zeichen demselben Inhaber zuordnet (vgl.
BGH a.a.O. - "Innovadiclophlont", GRUR 89,350,352 - "Abbo/ Abo"; GRUR 75,312 f -
"BiBA"). Grundlage dieser Rechtsprechung ist die dem Verkehr bekannte Übung vieler
Unternehmen, sich eines Stammzeichens für alle ihre Waren zu bedienen und es für
einzelne Waren- bzw. Dienstleistungsarten lediglich abzuwandeln bzw. zu ergänzen (vgl.
BGH a.a.O.; Ingerl/ Rohnke a.a.O. § 14 Rz.428 m.w.N.). Ein solches Serienzeichen kommt
insbesondere dann in Betracht, wenn das Stammzeichen von dem Markeninhaber bereits
zur Bildung mehrerer derartiger abgewandelter Zeichen benutzt und im Verkehr verwendet
worden ist. Zwingende Voraussetzung ist dies jedoch nicht, vielmehr kann auch in einem
erstmalig verwendeten Zeichen ein Stammzeichen gesehen werden. In diesen Fällen sind
allerdings hohe Anforderungen an die Wesensgleichheit des Stammbestandteils zu stellen
sowie konkrete Anhaltspunkte dafür zu verlangen, dass sich das Zeichen zu einem
Serienzeichen entwickelt (vgl. BGH a.a.O. - "Innovadiclophlont"). Insgesamt sind an die
Voraussetzungen mittelbarer Verwechslungsgefahr überhaupt strenge Anforderungen zu
stellen, weil sonst ein Schutz von einzelnen Elementen der Marke gewährt würde, der
jedoch grundsätzlich unzulässig ist (vgl. BGH a.a.O. "BiBA"). Auch unter Zugrundelegung
dieser hohen Anforderungen drohen indes die beschriebenen mittelbaren
Verwechslungen.
Serienzeichen sind in der Hotelbranche nicht unüblich. Der Verkehr ist vielmehr daran
gewöhnt, bestimmte Hotelbezeichnungen wie etwa Ibis, Dorint oder Steigenberger mit
jeweils unterschiedlichen, meist geographischen Zusätzen in verschiedenen Städten
wiederzufinden. Auch der relativ farblose Begriff "Classic" bietet sich als Bezeichnung
weniger für ein einzelnes Hotel als für eine Hotelkette an. So liegt die bloße Angabe
"Classic Hotel" als Bezeichnung für ein Hotel fern. Der Verkehr wird viel eher erwarten,
68
69
dass zumindest ein geographischer Zusatz gemacht wird, die Bezeichnung also vollständig
z.B. "Classic Hotel Köln" lautet, und bei einer solchen Kennzeichnung davon ausgehen,
mit einem in Köln gelegenen Hotel einer Hotelkette "Classic" konfrontiert zu sein. Das ist
bei den beiden angegriffenen Bezeichnungen nicht anders: Es handelt sich eben - so wird
der maßgebliche durchschnittlich aufmerksame Interessent zwanglos annehmen - um das
"A." bzw. "H:" Hotel der Kette der Classic-Hotels. Der Verkehr wird, soweit er die
Klagemarke CLASSIK kennt‚ erwarten, dass die so bezeichneten Hotels eben dem Inhaber
dieser Marke zuzuordnen sind. Das gilt auch angesichts der unterschiedlichen
Schreibweise und des Umstandes, dass nach der Behauptung der Beklagten die
Eintragung des nicht durchgesetzten Begriffes "CLASSIC" in zutreffender Schreibweise für
sämtliche Warenklassen als nicht kennzeichnungskräftig abgelehnt worden sein soll.
Die unterschiedliche Schreibweise ist im akustischen Bereich nicht wahrnehmbar. Indes
kommt der akustischen Wahrnehmung eine nicht unerhebliche Bedeutung zu, weil
Hotelbuchungen nicht selten fernmündlich vorgenommen werden. Weiter stimmen die
Begriffe auch in ihrem Sinn überein. Es kommt im übrigen für den bildlichen Teil hinzu,
dass der Verkehr die Zeichen nicht gleichzeitig nebeneinander sieht. Auch der Umstand,
dass die Beklagten den Begriff Classic in einer orthographisch richtigen Schreibweise und
damit in einer Form von geringerer Kennzeichnungskraft verwenden, steht dem
klägerischen Anspruch nicht entgegen. Denn durch das Verbot wird den Beklagten
"Classic" nur in der angegriffenen Form verboten, die sich nicht als rein beschreibend,
sondern als ein wie ein Serienzeichen wirkender Bestandteil eines Gesamtzeichens
darstellt.
Entgegen den von den Beklagten in der mündlichen Verhandlung geäußerten Zweifeln
benutzt die Klägerin ihre Marke CLASSIK auch bereits als Serienzeichen. So ist zunächst
offenkundig, dass die Marke CLASSIK bei der Bezeichnung des in Ma. belegenen Hotels
"CH CLASSIK Hotel Ma." nach Art eines Serienzeichens verwendet wird. Der Verkehr wird
durch die aus der Anlage K 2 (= Bl.20) ersichtliche Kombination von CLASSIK Hotel mit
dem geographischen Zusatz Ma. nämlich annehmen, es handele sich um ein Haus einer
Hotelkette, die für alle zu ihr gehörenden Hotels die Bezeichnung CLASSIK verwendet.
Nichts anderes gilt im Ergebnis bezüglich des in M.-R. belegenen Hauses. Die Klägerin
verwendet für dieses Hotel zwar die Bezeichnung "Landhotel M.", die das Zeichen
CLASSIK nicht aufweist, in den Geschäftspapieren wird das Haus aber - wie aus der
Anlage K 3 (= Bl.22) ersichtlich ist - ausdrücklich auch als CLASSIK-HOTEL bezeichnet.
Diese Verwendung zum einen eines individuellen Zeichens (Wortbildmarke "Landhotel
M.") und zum anderen zusätzlich eines weiteren Zeichens mit dem Bestandteil "Hotel"
("CLASSIK-HOTEL") vermittelt sogar nachhaltig den Eindruck der Zugehörigkeit zu einer
entsprechenden Hotelkette, eben der Hotelkette der Classik Hotels. Gegen den
Seriencharakter von CLASSIK spricht auch nicht, dass - wie in der mündlichen
Verhandlung unstreitig geworden ist - in N. ein gleichnamiges Hotel existiert, das nicht von
der Klägerin betrieben wird und zu dem sie auch keine wirtschaftlichen Verbindungen hat.
Denn der Verkehr weiß das nicht und wird daher nicht wegen dieses einen Hotels
vermuten, der Begriff CLASSIK-Hotel werde beliebig von unterschiedlichen Hotelbetreibern
verwendet, die miteinander nicht in Verbindung stehen. Auch die beschriebene
unterschiedliche Verwendungsform von CLASSIK für die Hotels der Klägerin steht der
Annahme eines Serienzeichens nicht entgegen. Der Verkehr wird vielmehr annehmen, die
unterschiedliche Verwendung des Zeichens beruhe auf Besonderheiten des betreffenden
Hauses, etwa einer schon früheren Verwendung von "Landgasthof" als Bezeichnung. Nach
alledem reicht der Auftritt der Klägerin auf dem Markt zur Begründung des Serienzeichens
aus. Angesichts des Umstandes, dass eine vorherige Verwendung als Serienzeichen in
Einzelfällen sogar überhaupt nicht erforderlich ist, genügen die beiden erwähnten Hotels,
70
71
72
73
74
75
76
77
um bei dem Verkehr die Vorstellung der Existenz einer Hotelkette "CLASSIK" zu
begründen. Es kommt hinzu, dass die Eintragung der Wortmarke CLASSIK die Absicht
erkennen lässt, die Priorität der Bezeichnung für weitere Hotels zu sichern.
Der Verkehr wird auch die beiden streitgegenständlichen Bezeichnungen der so
beschriebenen Hotelkette zuordnen. Dem steht nicht entgegen, dass die
Bezeichnungsbestandteile "A." und "H:" nicht in einer Reihe mit den von der Klägerin
verwendeten Zusätzen stehen. Der Umstand, dass das "CH CLASSIK Hotel Ma." außer
dem Serienzeichen mit Ma. eine geographische Angabe enthält, vermittelt bei dem Verkehr
nicht den Eindruck, zu der Kette gehörten nur solche Hotels, die ebenfalls geographische
Angaben als weitere Kennzeichnungsbestandteile aufwiesen. Das zeigt schon die
abweichende Verwendung des Serienzeichens für das in M. belegene Hotel. Im übrigen
reichen die geringfügigen Unterschiede in der Schreibweise aus den dargestellten
Gründen nicht aus, als dass durch sie die beschriebenen Fehlvorstellungen des Verkehrs
verhindert werden könnten.
Ohne Erfolg berufen sich die Beklagten auf angebliche ältere Rechte der von ihr geführten
B. T. International GmbH an der Bezeichnung "Classic International Hotels". Das
Unternehmen hat die hier streitgegenständlichen Bezeichnungen nicht verwendet.
Überdies könnte ihr früheres Auftreten den Beklagten hinsichtlich des
Unterlassungsanspruchs auch deswegen nicht zu Gute kommen, weil die B. T.
International GmbH sich in dem erwähnten Ursprungsverfahren inzwischen zur
Unterlassung der Bezeichnung verpflichtet hat.
Ist aus den vorstehenden Gründen von der Verletzung eines Serienzeichens auszugehen,
so kommt die von den Beklagten angeführte regionale Beschränkung des Schutzes der
klägerischen Marke ersichtlich nicht in Betracht.
Hat damit das Landgericht die Beklagten zu Recht zur Unterlassung verurteilt, so sind auch
die Annexansprüche auf Auskunftserteilung und - dem Grunde nach -
Schadensersatzleistung begründet. Dies bedarf keiner näheren Begründung, weil die
Beklagten Berufungsgründe, die gerade die Annexansprüche betreffen, nicht vorbringen.
Im übrigen greift der Einwand angeblicher älterer Rechte der T. International GmbH auch
bezüglich der Ansprüche auf Auskunft und Schadensersatz nicht durch. Abgesehen davon,
dass diese die streitgegenständlichen Bezeichnungen nicht benutzt hat, setzt sich die
eingetragene Marke der Klägerin auch gegen ältere, nicht geschützte Bezeichnungen
durch (vgl. nur Ingerl-Rohnke a.a.O. § 14 Rz.19).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer der Beklagten entspricht dem Wert
ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
Streitwert: 65.625 DM