Urteil des OLG Köln vom 08.08.1997

OLG Köln (ersatz der kosten, wohnung, eigentum, eigentümer, raum, beschwerde, heizungsanlage, sache, heizung, räumung)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 144/97
Datum:
08.08.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 144/97
Normen:
WEG §§ 5, 43;
Leitsätze:
Nutzung fremden Sondereigentums durch Installation eines Heiztanks
WEG §§ 5, 43 Ist in einem Raum, der im Sondereigentum eines
Wohnungseigentümers steht, ein Heiztank fest installiert, der allein der (-
im übrigen in dessen Sondereigentum installierten) Heizung eines
anderen Wohnungseigentümers dient, so ist der Eigentümer der
Heizung auch Eigentümer des Heiztanks. § 5 WEG ermöglicht eine
derartige von der Regel der §§ 93, 94 BGB abweichende Zuordnung.
Der Streit der Wohnungseigentümer über die dingliche Zuordnung ist vor
den allgemeinen Zivilgerichten auszutragen. Dagegen gehört der Streit
über die Nutzungsbedingungen des fremden Sondereigentums in die
Zuständigkeit der Gerichte für Wohnungseigentumssachen.
Rechtskraft:
unanfechtbar
G r ü n d e
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I.
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Die Beteiligten waren bis Juli 1996 Eigentümer je einer Wohnung der
Wohnungseigentumsanlage K.straße 14 in B.. Die Antragstellerin und die
Antragsgegnerin sind Geschwister. Die Wohnungseigentumsanlage entstand durch
Teilungserklärung ihrer Eltern im Jahre 1992. Der Antragstellerin wurde das
Sondereigentum an der Wohnung Nr. 1 übertragen. Im Jahre 1995 wurden die
Antragsgegner Eigentümer der Wohnung Nr. 2, die sie bereits seit 1984 als Mieter
bewohnten.
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Das Sondereigentum der Antragstellerin (Wohnung Nr. 1) umfaßte nach der
Teilungserklärung u.a. einen darin ausdrücklich angesprochenen Tankraum. Hierin
befanden sich zwei, bereits im Jahre 1983 eingebaute Öltanks. Die Ölheizung selbst
stand in nach der Teilungserklärung zur Wohnung Nr. 2 gehörenden Räumen. Sie
diente nur der Beheizung dieser Wohnung. Die Wohnung Nr. 1 wurde seit ihrer
Errichtung durch einen Anbau an das ursprünglich bestehende Gebäude mit einer
Gasheizung beheizt.
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Ende Februar 1996 forderte die Antragstellerin die Antragsgegner auf, den Tankraum
bis zum 01.05.1996 geräumt herauszugeben, da sie ihre Wohnung veräußern wolle.
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bis zum 01.05.1996 geräumt herauszugeben, da sie ihre Wohnung veräußern wolle.
Mit notariellem Vertrag vom 07.03.1996 verkaufe die Antragstellerin ihre
Eigentumswohnung an einen Dritten, der am 12.07.1996 als Eigentümer im Grundbuch
eingetragen wurde. In dem notariellen Kaufvertrag heißt es:
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,Zu der verkauften Wohnung gehört auch der Tankraum, der derzeit noch von den
Eigentümern der anderen Wohnung des Objekts genutzt wird. Der Verkäufer verpflichtet
sich, den Tankraum dem Käufer zum 30.04.1996 geräumt zu übergeben frühestens
jedoch bei vollständiger Hinterlegung des Kaufpreises. Sollte der Tankraum zu diesem
Zeitpunkt nicht geräumt sein, verpflichtet sich der Verkäufer dem Käufer, für jeden
angefangenen Monat eine Nutzungsentschädigung von 80,00 DM zu zahlen. Bis zu
dem Zeitpunkt der Räumung dieses Raumes. Der Raum ist jedoch spätestens zum
31.12.1996 geräumt zu übergeben.
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Eventuelle Kosten für die Räumung trägt der Verkäufer".
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Die Antragsgegner stellten Ende Oktober 1996 die Heizung ihrer Wohnung auf Gas um
und ließen die Tanks entleeren. Den Tankraum stellten sie zur Verfügung, ohne die
Tanks und die darin enthaltenen Ölrückstände zu entfernen.
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Die Antragstellerin hat die Herausgabe des Tankraums in geräumtem Zustand begehrt.
Sie hat die Auffassung vertreten, daß die Antragsgegner aufgrund einer stillschweigend
geschlossenen Vereinbarung der Wohnungseigentümer zur unentgeltlichen, jedoch
jederzeit kündbaren Nutzung des Tankraums berechtigt gewesen seien. Aufgrund ihrer
Kündigung seien die Antragsgegner verpflichtet, den Raum bis zum 01.05.1996 geräumt
zu übergeben. Seit diesem Zeitpunkt schuldeten sie Schadenersatz in Höhe von 80,00
DM monatlich sowie weitere 10,00 DM Kontoführungsgebühren und Auslagen, die
durch die Zahlung der im notariellen Vertrag mit dem neuen Eigentümer vereinbarte
Entschädigung anfielen.
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Die Antragstellerin hat zunächst beantragt:
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1. die Antragsgegner zu verpflichten, an die Antragstellerin den in ihrem
Sondereigentum stehenden Tankraum in dem Objekt K.straße 14 in B.-K. im geräumten
und besenreinen Zustand herauszugeben;
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2. die Antragsgegner zu verpflichten, an sie, beginnend mit dem 01.05.1996 für jeden
angefangenen Monat, in dem die Nutzung des unter Ziff. 1 näher bezeichneten
Tankraumes durch die Antragsgegner fortdauert, eine Entschädigung in Höhe von 90,00
DM, fällig jeweils am 3. Werktag eines Monats zu zahlen;
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3. die unter Ziff. 2 genannte Entschädigung im Falle des Verzuges der Antragsgegner
mit 4 % zu verzinsen.
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Die Antragsgegner haben beantragt,
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die Anträge abzuweisen.
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Die Antragsgegner haben den Anspruch auf Herausgabe des Tankraums nicht in
Abrede gestellt und gehen -wie die Antragstellerin- von einer stillschweigenden
Absprache der Wohnungseigentümer über die Benutzung des Tankraums aus. Sie
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vertreten jedoch die Auffassung, die Beseitigung der Öltanks sei Sache der
Antragstellerin, da sie deren Eigentümerin sei. Zur Zahlung einer
Nutzungsentschädigung seit Mai 1996 seien sie nicht verpflichtet, da ihnen eine
Rückgabe des Tankraums vor Oktober 1996 im Hinblick auf die lange Nutzungsdauer
nicht zumutbar gewesen sei.
Das Amtsgericht Bonn hat die Anträge mit Beschluß vom 09.12.1996 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluß hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt.
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Am 04.01.1997 hat sie die Kunststofftanks aus dem Tankraum entfernen lassen. Hierfür
hat sie 2.977,34 DM aufgewandt.
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Sie hat daraufhin beantragt,
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die Antragsgegner zu verpflichten, an sie 2.977,34 DM zu zahlen und hat im übrigen die
Anträge zu 2 und 3 weiter- verfolgt.
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Die Antragsgegner haben beantragt,
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die Anträge und die sofortige Beschwerde zurückzuweisen.
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Das Landgericht hat die Beschwerde mit der Begründung zurückgewiesen, die
Antragstellerin habe keinen Anspruch gegen die Antragsgegner auf Entsorgung der
Öltanks, da die Tanks im Sondereigentum der Antragstellerin als Rauminhaberin
gestanden hätten. Die Tanks und die übrige Heizungsanlage könnten
eigentumsrechtlich auseinander fallen. Die Tanks seien derartig mit dem Tankraum
verbunden, daß sie ohne ihre Zerstörung oder Zerstörung des Mauerwerkes nicht von
diesem getrennt werden könnten, so daß sie als wesentliche Bestandteile des
Sondereigentums der Antragstellerin anzusehen seien.
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II.
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Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 27 FGG statthaft. Das
Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
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Der Senat hatte durch Beschluß den Streit nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG zu entscheiden.
Zwar sind Streitigkeiten der Wohnungseigentümer über den Inhalt und den Umfang
ihres Sondereigentums grundsätzlich nicht im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit
zu klären. Die Entscheidung der sachenrechtlichen Grundlagen der
Wohnungseigentümergemeinschaft gehört vielmehr in die Zuständigkeit der
allgemeinen Zivilgerichte (BGH NJW 1995, 2851, (2852)). Im vorliegenden Fall geht es
jedoch um Ansprüche aus der zwischen den Wohnungseigentümern stillschweigend
geschlossenen Vereinbarung über die Nutzung des im Sondereigentum der
Antragstellerin stehenden Tankraums. Diese Vereinbarung regelt die Rechte und
Pflichten der Wohnungseigentümer aus ihrer Gemeinschaft. Diese
Gemeinschaftsbezogenheit des Streits genügt für die Begründung der Zuständigkeit des
Gerichts in Wohnungseigentumssachen im Sinne des weit auszulegenden § 43 Abs. 1
WEG (OLG Frankfurt MDR 1982, 151; BayObLG NJW 1972, 1377; OLG Stuttgart NJW
1970, 102).
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Der Anspruch der Antragstellerin auf Ersatz der Kosten für den Ausbau der Öltanks,
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deren Entsorgung und die Beseitigung der Ölrückstände ergibt sich unter dem
Gesichtspunkt der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten (PVV) aus der zwischen den
beteiligten Wohnungseigentümern zustande gekommenen Nutzungsvereinbarung.
Nach der zwischen den Parteien stillschweigend zustande gekommenen Abrede waren
die Antragsgegner berechtigt, die zu ihrer Heizungsanlage gehörenden Tanks in dem
zum Sondereigentum der Antragstellerin gehörenden Tankraum zu belassen. Diese
Rechtsbeziehung war damit rechtlich als (Raum-)Leihe im Sinne der § 598 ff BGB zu
qualifizieren. Nach der Kündigung des Leihvertrages durch die Antragstellerin
entsprechend § 605 Nr. 1 BGB waren die Antragsgegner verpflichtet, den Tankraum
herauszugeben und die Tanks zu entfernen.
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Gegenstand des Leihvertrages war im vorliegenden Fall nämlich nur der Tankraum als
solcher und nicht die darin befindlichen Tanks. Entgegen der Auffassung des
Landgerichts war nicht die Antragstellerin, sondern waren vielmehr die Antragsgegner
Eigentümer der Öltanks.
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Bei der Beurteilung der eigentumsrechtlichen Zuordnung von Anlagen, die wesentliche
Bestandteile i.S.d. §§ 93, 94 BGB eines einer Wohnungseigentümergemeinschaft
gehörenden Gebäudes sind, ist nach dem Gedanken des § 5 WEG eine
zweckorientierte Betrachtungsweise maßgeblich. Teile und auch Anlagen, die dem
gemeinschaftlichen Gebrauch und der Erhaltung des gemeinschaftlichen Eigentums
dienen, unterliegen nach § 5 Abs. 2 WEG dem Sondereigentumsverbot und sind allein
wegen ihrer Zweckbestimmung Miteigentum. Hingegen sind die Gebäudeteile und
Anlagen, die verändert, beseitigt oder eingefügt werden können, ohne das
gemeinschaftliche Eigentum oder das Sondereigentum eines anderen Eigentümers zu
berühren, nach § 5 Abs. 1 WEG sondereigentumsfähig. Insofern ist die
eigentumsrechtliche Zuordnung innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft
losgelöst von dem Grundsatz zu beurteilen, daß Gebäude oder Teile von Gebäuden als
wesentliche Bestandteile des Grundstücks oder des Gebäudes nicht Gegenstand
besonderer Rechte sein können (BGH NJW 1975, 688, (689)). Dies betrifft auch
Anlagen, die sich in einem Raum befinden, der dem Sondereigentum eines
Wohnungseigentums zuzurechnen ist (BGHZ 73, 302 (331)). Es ist insbesondere für
Heizungsanlagen anerkannt, daß gemäß § 5 Abs. 2 WEG eine der Gemeinschaft
dienende Anlage unabhängig davon gemeinsames Eigentum sein kann, in wessen
(Sonder-)Eigentum die Heizungsräume stehen (BGHZ 73, 302 (331); Hurst, Das
Eigentum an Heizungsanlagen, DNotZ 1984, 66 (146f)).
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Demgegenüber hat -entgegen der Auffassung des Landgerichts- die Art der Verbindung
der Anlage mit dem Raum, in dem sie aufgestellt ist, für die eigentumsrechtliche
Beurteilung keine Bedeutung, solange sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks ist
(§ 94 BGB). Denn nur für wesentliche Bestandteile greift die Sonderregelung des § 5
WEG ein (BGHZ 73, 302 (309)). Im vorliegenden Fall war die Heizung mit den
dazugehörigen Tanks zur Herstellung des Gebäudes eingebaut worden und war damit
wesentlicher Bestandteil des Gebäudes (§ 94 Abs. 2 BGB).
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Auch wenn § 5 Abs. 1 und Abs. 2 WEG nicht unmittelbar einschlägig ist, muß nach dem
der Vorschrift zugrundeliegenden Gedanken einer zweckorientierten Zuordnung der
Eigentumsverhältnisse im vorliegenden Fall -entgegen der Auffassung des
Landgerichts- davon ausgegangen werden, daß die Tanks Eigentum der Antragsgegner
waren. Sie dienten nämlich ausschließlich der von ihnen betriebenen und in ihrem
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Eigentum stehenden Heizungsanlage, die ohne die Tanks nicht arbeiten konnte. Bei der
maßgeblichen, zweckorientierten Beurteilung waren die Tanks als Teile der
Funktionseinheit ,Heizung" Eigentum der Anlagenbetreiber. Die Antragstellerin war
hingegen auf die Tanks nicht angewiesen und hatte an ihnen kein Interesse, da ihre
Wohnung seit deren Errichtung mit einer Gasheizung ausgestattet war.
Die Verpflichtung der Antragsgegner, die in ihrem Eigentum stehenden Tanks zu
entfernen, wird nicht dadurch berührt, daß im Zuge des Ausbaues Eingriffe in die
Substanz des im Eigentum der Antragstellerin stehenden Tankraumms erforderlich
geworden wären. Grundsätzlich hat der Entleiher die Sache in dem Zustand
zurückzugeben, der dem vertragsgemäßen Gebrauch entspricht (Palandt-Putzo, BGB,
55. Auflage, § 604 Rdn. 2). Der Inhalt des Leihvertrages kann es dabei einschließen,
den entliehenen Gegenstand zu reparieren, auszubessern oder sonst zu verändern.
Dieser Verpflichtung kann der Entleiher grundsätzlich nicht entgegen halten, die
entliehene Sache stehe im Eigentum des Verleihers. Die schuldrechtliche Verpflichtung
zur vertragsgemäßen Rückgabe der Sache schließt vielmehr gerade Maßnahmen zur
Herrichtung des fremden Eigentums ein.
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Die Antragstellerin hat darüber hinaus einen Anspruch auf Erstattung der gemäß dem
notariellen Vertrag mit dem neuen Eigentümer gezahlten Nutzungsentschädigung ab
Mai 1996 bis Januar 1997 in Höhe von 80,00 DM monatlich also insgesamt 720,00 DM.
Seit Anfang Mai befanden sich die Antragsgegner nämlich mit der Räumung des
Tankraums und der damit einhergehenden Beseitigung der Tanks in Verzug (§ 284
BGB). Nachdem die Antragstellerin das Leihverhältnis gemäß § 605 Nr. 1 BGB
gekündigt hatte, waren die Antragsgegner gehalten, nach einer angemessenen, zur
Umstellung ihrer eigenen Heizungsanlage erforderlichen Übergangsfrist die
Räumlichkeiten geräumt herauszugeben. Bei der gebotenen Beschleunigung hätte für
die Umstellung ihrer eigenen Heizungsanlage ein Zeitraum von zwei Monaten genügt,
so daß sie aufgrund des Herausgabeverlangens der Antragstellerin vom 28.02.1996 zur
Räumung bis zum 01.05.1996 verpflichtet war. Der Antragstellerin steht allerdings kein
Anspruch auf Zahlung der darüberhinaus geltend gemachten 1o,-DM monatlich (wegen
Kontoführung) zu. Es ist nämlich nicht ersichtlich, daß ihr ein entsprechender
monatlicher Vermögensnachteil entstanden ist.
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Der Anspruch auf die zuerkannten Zinsen ergibt sich unter dem Gesichtspunkt des
Verzuges aus §§ 284, 288 Abs. 1 BGB. Bei der Bestimmung des Zinsschadens war
allerdings zu berücksichtigen, daß entsprechend § 551 Abs. 1 BGB die mit dem
Erwerber der Eigentumswohnung vereinbarte Nutzungsausfallentschädigung jeweils
am Monatsende fällig wurde. Erst ab diesem Zeitpunkt entstand der verzugsbedingte
Schaden.
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Es entspricht billigem Ermessen, den Antragsgegnern die gerichtlichen Kosten des
Verfahrens aufzuerlegen. Es besteht keine Veranlassung, von dem Grundsatz
abzuweichen, wonach im Wohnungseigentumsverfahren jeder Beteiligte seine
außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 47 Abs. 1 WEG).
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Wert des Beschwerdegegenstandes 3.787,34 DM.
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