Urteil des OLG Köln vom 11.11.2002

OLG Köln: firma, treu und glauben, ausführung, bauvertrag, vertreter, ausschreibung, vollmacht, geschäftsführer, unternehmen, erde

Oberlandesgericht Köln, 13 U 240/92
Datum:
11.11.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 240/92
Vorinstanz:
Landgericht Aachen, 22 O 176/92
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird - unter Zurückweisung ihres
Rechtsmittels im üb-rigen - das am 8. Oktober 1992 verkündete Urteil der
2. Zivilkammer des Landge-richts Aachen - 2 O 176/92 - teilweise
abgeändert und wie folgt gefaßt: Die Beklagte wird verurteilt, an die
Klägerin 47.164,29 DM zu zahlen. Im übrigen wird die Klage
abgewiesen. Die Kosten des gesamten Rechtsstreits werden der
Beklagten zu 95 % und der Klä-gerin zu 5 % auferlegt. Das Urteil ist
vorläufig vollstreckbar. Revision wird nicht zugelassen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung hat in der Sache überwie-gend Erfolg.
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Die Klage ist im wesentlichen begründet, weil die Klägerin gegen die Beklagte aus
dem Bauvertrag über die Demontage der Fassadenverkleidung an der katholischen
Pfarrkirche St. J.B. in S. einen Ersatzanspruch auf Erstattung von Mehraufwand so-
wie Schadensbeseitigungskosten im Gesamtumfang von 47.164,29 DM hat.
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1.
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Zum Ersatz des Mehraufwandes.
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Die Klägerin hat im Bezug auf den geltend gemach-ten Mehraufwand für die
Vertragsdurchführung ei-nen Ersatzanspruch gemäß § 4 Nr. 7 Satz 3 i.V.m. § 8 Nr. 3
Abs. 2 VOB/B i.H.v. 26.931,47 DM. Zwi-schen den Parteien ist auf der Grundlage der
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Ausschreibung der Klägerin betreffend die Demon-tage an der Fassadenverkleidung
der Pfarrkirche St. J.B. in S. ein Bauvertrag unter Einbeziehung der
Verdingungsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) wirksam zustandegekommen,
nachdem die Beklagte unter dem 29. August 1991 ein entspre-chendes Angebot
abgab und die von der Klägerin mit der Durchführung der gesamten Maßnahme
beauf-tragten Architekten O. und R. dieses Angebot als Vertreter der Klägerin mit
Wirkung für und gegen diese durch Erteilung des Auftrages angenommen haben (§§
164 ff. BGB). Die von der Beklagten unter Hinweis auf § 14 Satz 2 Vermögensverwal-
tungsgesetz (VermVerwG) geäußerten Bedenken gegen die Wirksamkeit des
Vertragsschlusses greifen nicht durch. Dabei bedarf es keiner Entscheidung der
umstrittenen Frage, ob es sich bei der fraglichen Bestimmung um eine Formvorschrift
im Sinne von § 125 Satz 1 BGB (vgl. hierzu OLG Hamm NJW RR 1988, 467) oder um
eine Zuständigkeitsregel als Organisations- und Vertreterregelung mit vor-
geschriebenen Förmlichkeiten (vgl. hierzu BGHZ 6, 330, 332 f.; 32, 375, 380 f.; 92,
164, 174) handelt und ob der Beklagten gemäß § 242 BGB die Berufung auf eine
etwa daraus resultierende Unwirksamkeit des Vertrages zu versagen wäre (vgl.
hierzu Münchener Kommentar-Förschler § 125 Rn. 53). Denn hier hat nicht die
Klägerin selbst, sondern ihr Vertreter in Person des Architekten R. die erforderlichen
Vertragserklärungen abgege-ben; da nach § 167 Abs. 2 BGB die Bevollmächtigung
grundsätzlich nicht der Form bedarf, die für das Rechtsgeschäft bestimmt ist, auf das
sich die Vollmacht bezieht, konnte die Klägerin den Archi-tekten ohne Beobachtung
der Bestimmung des § 14 Satz 2 VermVerwG bevollmächtigen und dieser durch
einfache Erklärung gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten namens der
Klägerin den Bauvertrag abschließen. Eine Umgehung des § 14 VermVerwG ist
darin nicht zu sehen; denn die Vorschrift des § 167 Abs. 2 BGB, derzufolge die
Formfreiheit für die Vollmacht die Regel darstellt, ist eindeutig und vom Gesetzgeber
in Kenntnis des Problems in das Gesetz aufgenommen worden. Einer der Fälle, in
denen ausnahmsweise die Erteilung der Vollmacht entgegen § 167 Abs. 2 BGB der
für das Vertreterge-schäft bestimmten Form aufgrund einer besonderen gesetzlichen
Regelung oder eines in Rechtsprechung und Schrifttum entwickelten Grundsatzes
bedarf (vgl. z.B. zur unwiderruflichen Vollmacht beim Grundstückskauf und weiteren
Ausnahmen vom Grund-satz der Formfreiheit: Münchener Kommentar-Thiele § 167
BGB Rn. 17 ff. m.N.), liegt nicht vor. In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen
werden, daß eine Bestimmung wie § 14 VermVerwG nicht dem Schutz des
Geschäftspartners einer öffent-lich-rechtlichen Körperschaft dient, sondern zu deren
Schutz gegen unbedachte und sie gefährden-de Willenserklärungen besondere
Anforderungen auf-stellt und insofern nur Warnfunktion hat (vgl. BGHZ 6, 330, 332 f.;
NJW 1984, 606). In den Fällen der bloßen Warnfunktion findet aber durch formlose
Vollmachtserteilung, die grundsätzlich frei wider-ruflich ist, keine Gesetzesumgehung
statt (vgl. Staudinger-Dilcher § 167 Rn. 20; RGRK-Steffen § 167 Rn. 5). Schließlich
steht einem wirksamen Vertragsschluß zwischen den Parteien auch nicht § 21 Abs. 2
VermVerwG i.V.m. Nr. 3 der Anordnung betreffend die Veröffentlichung der Regelung
der Rechtsgültigkeit der Beschlüsse der kirchlichen Verwaltungsorgane durch die
bischöflichen Behörden vom 20. Februar 1958 in der geänderten Fassung vom 1. Juli
1979 entgegen, wonach ein Beschluß bzw. ein Vertrag über Gegenstände im Werte
von mehr als 10.000,00 DM erst durch die Genehmigung der bischöflichen Behörde
rechtsgültig wird; denn die erforderliche kirchenaufsichtliche Genehmigung wurde
durch die zuständige bischöfliche Behörde mit Bescheid vom 17. September 1991
erteilt.
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Die nach dem Bauvertrag von der Beklagten zu erbringenden Leistungen waren
bereits während der Ausführung vertragswidrig im Sinne von § 4 Nr. 7 VOB/B.
Danach ist als vertragswidrig eine Leistung immer dann anzusehen, wenn sie nicht
den Vereinbarungen entspricht, wobei sich die Vertragswidrigkeit in der Leistung
selbst zeigen muß. Nach dem Bauvertrag hatte die Beklagte die vorhandene
Fassadenverkleidung bestehend aus asbestfasergebundenen Platten unter
Beachtung der einschlägigen gesetzlichen und aufsichtsbehördli-chen
Bestimmungen vorsichtig abzunehmen, zur Erde zu transportieren und nach
Vorschrift zu entsor-gen. Entgegen dieser eindeutigen Vereinbarung und den ebenso
eindeutigen einschlägigen Bestimmungen wurden die Platten durch Mitarbeiter eines
Subun-ternehmens der Beklagten nicht vorsichtig abgenom-men und zur Erde
transportiert, sondern mittels Hammer in einer Weise unfachgerecht abgeschlagen,
daß sie in kleinen Bruchstücken auf dem Dach des Kirchenanbaus, den Gerüsten
und neben der Kirche niederfielen und liegenblieben, wodurch in nicht
unerheblichem Umfang Asbeststaub freigesetzt wurde. Für diese Vertragswidrigkeit
bereits zu Beginn der Ausführung hat die Beklagte einzustehen (§ 278 BGB).
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Die Klägerin ist zur Geltendmachung der Mehrauf-wendungen für die
Vertragsausführung ohne Einhal-tung der in § 4 Nr. 7 Satz 3 VOB/B vorgesehenen
Förmlichkeiten berechtigt. Der Setzung einer ange-messenen Frist zur Beseitigung
des Mangels unter Androhung der Auftragsentziehung nach fruchtlosem Fristablauf
bedurfte es nicht, weil die Beklagte durch ihr Verhalten bei der bisherigen
Abwicklung des Vertrages sich als derart unzuverlässig und den Vertragszweck
gefährdend erwiesen hat, daß bei objektiver Würdigung der Klägerin die Fort-setzung
des Vertragsverhältnisses nicht mehr zu-gemutet werden konnte (vgl. hierzu BGHZ
11, 80, 85; BGHB 1986, 1604, 1605; vgl. auch Palandt-Hein-richs, § 276 BGB Rn.
124 m.w.N.). Die besondere Unzuverlässigkeit der Beklagten ergibt sich be-reits aus
der grob fachwidrigen Ausführung des von ihr begonnenen Teils der
Vertragsarbeiten, bei denen sie sich mindestens grob fahrlässig über die
Vertragsabmachungen und sämtliche behörd-lichen Vorschriften hinwegsetzte. Das
durch die Klägerin in sie aufgrund der erteilten Auskünfte über angebliche, u.a. bei
der Schulsanierung er-worbene Fachkenntnisse gesetzte Vertrauen auf ord-
nungsgemäße Vertragserfüllung hat sie auch durch die unwahre Auskunft über den
Arbeitsbeginn in erheblichem Maße erschüttert; so hat sie trotz ihres eigenen
Hinweises vom 18. September 1991 und trotz ausreichenden zeitlichen Spielraums
nach Auftragserteilung auf die Anzeige der Sanierungs-arbeiten beim
Gewerbeaufsichtsamt verzichtet; auch der vorzeitige, zeitlich ungewöhnliche
Arbeitsbe-ginn am 21. Oktober 1991 gegen 16.30 Uhr hat zu dem Vertrauensverlust
der Klägerin beigetragen, weil er den Verdacht nahelegt, daß die unsachge-mäße
Arbeitsweise gegenüber der Klägerin und dem Gewerbeaufsichtsamt verheimlicht
werden sollte. Hinzu kommt schließlich, daß die Beklagte auf die mit Telefax vom 22.
Oktober 1991 an sie gerich-tete berechtigte Aufforderung hinsichtlich einer Erklärung
über die weitere Gestaltung der Ver-tragsdurchführung, insbesondere den Nachweis
der Eignung für die fachgerechte Durchführung der Arbeiten nicht reagierte, sondern
bei der Baustel-lenbesprechung vom 24. Oktober 1991 erklärte, den Auftrag
zurückzugeben, und unmittelbar danach die Baustelle verließ. Aus der Sicht der
Klägerin konnte zu diesem Zeitpunkt von einer Leistungs-fähigkeit und - bereitschaft
der Beklagten nicht (mehr) ausgegangen werden. Die Klägerin kann den in § 8 Nr. 3
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Abs. 2 Satz 1 VOB/B geregelten Erstattungsanspruch auch ohne ausdrückliche ein-
seitige Kündigung geltend machen. Einer solchen Entziehung des Auftrags bedarf es
nämlich dann nicht, wenn die Parteien den Vertrag einvernehm-lich mit Wirkung "ab
sofort" aufgelöst haben, weil dann dem Auftraggeber unter dieser Voraussetzung die
fraglichen Rechte nach § 8 Nr. 3 VOB/B auch zustehen, wenn er zur
Vertragsentziehung im Zeit-punkt der Vertragsaufhebung berechtigt war (vgl. BGH
NJW 1973, 1463, 1464; OLG Celle MDR 1973, 136, 137; Ingenstau-Korbion § 8
VOB/B Rn. 80, 151). Eine ausdrückliche Aufhebungsvereinbarung ist hierfür nicht
erforderlich; vielmehr ist eine einvernehmliche Vertragsaufhebung, die nicht der
Schriftform bedarf, bereits dann anzunehmen, wenn sich aus dem Verhalten der
Parteien die Einig-keit darüber ergibt, daß der Vertrag nicht mehr durchgeführt
werden soll. So lag es hier. Die Klägerin hatte durch das Telefax ihres Architekten
vom 22. Oktober 1991 klar zum Ausdruck gebracht, daß angesichts der bisherigen
vertragswidrigen Ausführung die Beklagte ohne einen entsprechenden
Eignungsnachweis zur Durchführung der Asbestsanie-rungsarbeiten die Arbeiten
nicht wieder beginnen dürfe und daß Mehrkosten und eventuelle Strafen zu deren
Lasten gingen. Dies bedeutet nichts anderes als die Erklärung, sich von der weiteren
Vertrags-ausführung bei Aufrechterhaltung der Ersatzansprü-che zu lösen, falls die
Beklagte die Vertragsbe-dingungen nicht erfülle. Dies hat die Beklagte ersichtlich
nicht getan. Anläßlich der Baustel-lenbesprechung vom 24. Oktober 1991 erfuhr der
Geschäftsführer der Beklagten, daß wegen der mit dem freiwerdenden Asbeststaub
verbundenen Gefahren schnellstens Aufräumarbeiten unter Beachtung not-wendiger
sicherheitstechnischer Auflagen durchge-führt werden mußten und die Fortführung
der Sanie-rungsarbeiten durch die Beklagte von der nachzu-holenden Anzeige beim
Gewerbeaufsichtsamt abhing. Indem der Geschäftsführer der Beklagten in Kennt-nis
dieser Umstände erklärte, er gebe den Auftrag zurück, und überdies die Baustelle
verließ, hat er seinerseits eindeutig zum Ausdruck gebracht, daß er an der weiteren
Vertragsdurchführung nicht mehr interessiert war und den Vertrag aufheben wollte.
Einer - nochmaligen - zustimmenden Stellungnahme des bei der Besprechung als
Vertreter der Klägerin anwesenden Architekten R. zu dieser Erklärung im Sinne eines
Einverständnisses mit der Vertragsauf-hebung "ab sofort" bedurfte es nicht. Überdies
hat der Architekt aber auch sein Einverständnis da-durch zu erkennen gegeben, daß
er nach allem dar-auf verzichtete, die Beklagte erneut um die Fort-führung der
Arbeiten zu bitten, und sich stattdes-sen noch am selben Tage an die Firma F.
wandte, mit dieser eine Baustellenbesichtigung durchführte und ihr nach Erhalt ihres
Nachtragsangebotes den Auftrag für die Durchführung der Aufräumungsar-beiten und
die Fortführung der Sanierungsarbeiten erteilte. Auch dieses Verhalten als Reaktion
auf die besonderen Vorkommnisse bei der Vertragsdurch-führung mit der Beklagten
in Verbindung mit der Tatsache, daß die Klägerin - spätestens - nach der
Baustellenbesprechung ihr Vertrauen in eine ord-nungsgemäße Vertragserfüllung
durch die Beklagte endgültig verloren hatte, läßt nur den Schluß zu, daß auch die
Klägerin nicht mehr an der Fortfüh-rung der Sanierungsarbeiten durch die Beklagte
interessiert war. Der Würdigung des Erklärungsver-haltens der Parteien im Sinne
einer Abstandnahme von der weiteren Vertragsdurchführung und deshalb
Vertragsaufhebung für die Zukunft steht nicht entgegen, daß im Prozeß die Klägerin
eine andere Rechtsansicht - die für das Gericht nicht bindend ist - geäußert hat;
abgesehen davon wollte die Klägerin lediglich nicht ihre Vertragsansprüche auf
Ersatz der Mehrkosten und Schadensersatz ver-lieren, wie dies bei einer Aufhebung
des Vertrages mit rückwirkender Kraft der Fall gewesen wäre; letzteres haben die
Parteien aber gerade nicht vereinbart.
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Der der Klägerin somit nach § 8 Nr. 3 Abs. 2 Satz 1 VOB/B zustehende
Erstattungsanspruch ist auf den Ausgleich der Mehraufwendungen gerichtet und
berechtigt den Auftraggeber, von seinem frü-heren Auftragnehmer den Betrag ersetzt
zu verlan-gen, den er durch die Beauftragung eines dritten Unternehmers über den
Preis des bisherigen Bauver-trages hinaus, orientiert an dessen vereinbartem
Leistungsinhalt, aufwenden muß. Dabei kommt es auf die Differenz zwischen dem
vertraglich mit dem gekündigten Auftragnehmer vereinbarten Einheits-preis und dem
Betrag an , den der Auftraggeber an den Dritten zu zahlen hat. Bei der Ermittlung des
Mehraufwandes ist vorliegend zu beachten, daß die zu sanierende Fläche nach dem
genauen Aufmaß 1.462,76 qm betrug, wobei die gesamte Flächte an-zusetzen war,
weil die durch die Beklagte erbrach-te Arbeit insoweit unbrauchbar war, als die von
ihr bearbeitete Fläche komplett mit dem gleichen Aufwand bearbeitet werden mußte,
der auch ohne ih-re Leistung angefallen wäre; die bisherige Tätig-keit der Beklagten
bedeutete also keine Arbeits-ersparnis für das Drittunternehmen. Ferner ist zu
bedenken, daß der Preis des bisherigen Bauvertra-ges, orientiert an dessen
vereinbartem Leistungs-inhalt, maßgeblich ist; dies bedeutet, daß auf alle Positionen
des Angebotes des gekündigten Auf-tragnehmers abzustellen ist, weil ansonsten die
in allen Preisen zum Ausdruck kommende Gesamtkalkula-tion des Anbieters
umgangen bzw. verfälscht würde. Demzufolge sind hier auch die
Facharbeiterstunden zu dem von der Beklagten angegebenen Preis in der durch die
Firma F. in Rechnung gestellten Anzahl von 80 Stunden anzusetzen. Unter
Berücksichtigung dieser Grundsätze ergibt sich folgende Gegenüber-stellung:
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a)
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Hochgerechneter Vertragspreis der Beklagten:
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Position 1: 13,85 DM x 1.462,76 DM = 20.259,23 DM Position 2: 1,00 DM x 1.462,76
DM = 1.462,76 DM
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Position 3: 59,70 DM x 80 Std. = 4.776,00 DM
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26
Summe: 26.497,99 DM
27
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zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer 3.709,72 DM
29
30
Gesamtpreis: 30.207,71 DM
31
32
b)
33
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Berechnung Firma F.:
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36
Position 1: 30,00 DM x 1.462,76 DM = 43.882,80 DM
37
38
Position 2: 2,70 DM x 1.462,76 DM = 3.949,45 DM
39
40
Position 3: 48,00 DM x 80 Std. = 3.840,00 DM
41
42
Summe: 51.672,25 DM
43
44
zuzüglich 14 % Mehrwertsteuer 7.234,12 DM
45
46
58.906,37 DM
47
48
abzüglich 3 % Skonto 1.767,19 DM
49
50
Gesamtpreis: 57.139,18 DM
51
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Damit beläuft sich der erstattungs-fähige Mehraufwand auf 26.931,47 DM (57.139,18
DM - 30.207,71 DM).
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Weitergehende Kürzungen des Erstattungsanspruchs der Klägerin, als sie sich durch
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rechnerische Berücksichtigung der Position 3 des ursprünglichen
Leistungsverzeichnisses ergeben (die gemäß Posi-tion 4 der Rechnung F.
tatsächlich zur Ausführung gekommen ist), sind nicht gerechtfertigt. Dabei hat der
Senat nicht verkannt, daß gemäß dem all-gemeinen in § 633 Abs. 2 Satz 2 BGB zum
Ausdruck kommenden Rechtsgedanken dem Auftraggeber der Er-stattungsanspruch
nur in der Höhe zusteht, soweit die Mehrkosten nach einer sorgfältigen und die
Umstände des einzelnen Falles berücksichtigenden Prüfung angemessen, d.h. nach
Treu und Glauben er-forderlich waren. In diesem Sinne ist der Klägerin kein Verstoß
gegen die Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB bei der Auswahl des
Ersat-zunternehmers anzulasten. Die Klägerin konnte sich einen neuen Unternehmer
auswählen, der ihr als hinreichend zuverlässig erschien, die noch ausste-henden
Arbeiten ordnungsgemäß und in der vorgese-henen Zeit auszuführen. Dies hat sie
mit Beauftra-gung der Firma F. für die Ausführung der noch aus-stehenden Arbeiten
zur Entfernung und Entsorgung der Asbestplatten getan. Bei diesem Unternehmen
handelt es sich um eine Fachfirma auf dem Gebiet der Asbestsanierung, von der die
Klägerin erwarten konnte, daß sie die anstehenden Arbeiten ordnungs-gemäß und
unter Beachtung aller einschlägigen Bestimmungen ausführen würde, nachdem im
Nachtrag zum Angebot auf die aktuelle Fassung der TRSG 519 hingewiesen worden
war. Zudem hatte sich die Firma F. an der Ausschreibung der durch die Klägerin
beauftragten Architekten für das Bauvorhaben an der Pfarrkirche in S. beteiligt. Das
ergibt sich aus der Überschrift des Angebotes der Firma F. vom 25. Oktober 1991,
das außerdem auf das von dieser Firma im Rahmen der Ausschreibung abgegebe-
ne Angebot Bezug nimmt. Da das für die Arbeiten benötigte Gerüst bereits errichtet
war und nicht nur bei den Aufräumarbeiten, sondern auch bei der weiteren
Vertragsdurchführung das Zeitmoment eine Rolle spielte, mußte die Klägerin keine
weitere Ausschreibung durchführen, zumal auch kein anderes Unternehmen zur
Verfügung stand, das die Arbeiten zu einem geringeren Preis kurzfristig übernommen
hätte. Abgesehen davon war die Firma F. ohnehin das Unternehmen, das bei der
ursprünglichen Aus-schreibung zum zweitgünstigsten Preis angeboten hatte.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Klägerin auch kein Mitverschulden im
Sinne von § 254 BGB wegen Verstoßes gegen eine Hinweis-pflicht im
Zusammenhang mit der der Beklagten fehlenden Befähigung für
Asbestsanierungsarbeiten anzulasten. Es war nicht Aufgabe der Klägerin als
Auftraggeberin, die Beklagte als Anbieterin über die einschlägigen Bestimmungen
aufzuklären. Denn nach § 4 Nr. 2 Abs. 1 VOB/B ist jeder Auftragneh-mer vertraglich
verpflichtet, die einschlägigen gesetzlichen und behördlichen Bestimmungen zu be-
achten. Die von der Beklagten danach zu beachtende TRSG 519, die unter Ziffer 7.4
vorschreibt, daß mit dem Entfernen von asbesthaltigen Materialien nur Firmen zu
beauftragen sind, die mit den Arbeiten, den dabei auftretenden Gefahren und den
erforderlichen Schutzmaßnahmen vertraut sind und über die erforderlichen Geräte
und Ausrüstungen verfügen, sieht eine förmliche Zulassung für asbestentsorgende
Firmen nicht vor und kennt auch keinen diesbezüglichen besonderen Berechti-
gungsnachweis. Nach Ziffer 7.4 der fraglichen Be-stimmung genügt vielmehr, daß
Sanierungsarbeiten vor Ausführungsbeginn dem zuständigen Gewerbeauf-sichtsamt
mittels eines auszufüllenden Formblatts, das die Beklagte kannte, seitens der
ausführenden Firma angezeigt wird, und daß bei den Arbeiten ei-ne sachkundige
Person anwesend ist. Daß diese Per-son der beauftragten Firma angehören muß, ist
der TRSG 519 nicht zu entnehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem
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Umstand, daß der Vertreter des Gewerbeaufsichtsamtes anläßlich der Baustel-
lenbesprechung am 24. Oktober 1991 erklärte, daß nur eine Fachfirma beauftragt
werden dürfe, weil dies auf die Durchführung der Aufräumungsarbeiten bezogen war,
die wegen des freigesetzten Asbest-staubes unter besonderen
Sicherheitsvorkehrungen durchgeführt werden mußten. Die Beklagte kann sich somit
nicht auf die in dem mit der Klägerin geschlossenen Vertrag enthaltene Klausel über
den Berechtigungsnachweis mit dem Ziel berufen, sich möglichen, gegen sie
gerichteten Ansprüchen zu entziehen. Abgesehen davon, daß ein derartiger
Berechtigungsnachweis nicht gesetzlich oder be-hördlich vorgeschrieben ist,
verhielte sich die Beklagte dann widersprüchlich und treuwidrig im Sinne von § 242
BGB. Sie hatte nämlich bei der Klägerin den Eindruck erweckt, mit der Ausführung
von Asbestsanierungsarbeiten vertraut (das genügt den Anforderungen der TRGS
519) und in der Lage zu sein, die Arbeiten unter Beachtung sämtlicher einschlägiger
Bestimmungen auszuführen, um sich so den Auftrag zu sichern.
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Entgegen der Ansicht der Beklagten muß sich die Klägerin auch keine Kürzung des
Erstattungs-anspruchs aufgrund der Änderungen der TRGS 519 gefallen lassen.
Denn daraus resulierte keine Verpflichtung zu einer etwaigen Vertragsanpassung
und Vereinbarung eines höheren Entgelts für die Beschäftigung sachkundiger
Mitarbeiter seitens der Beklagten. Die TRGS 519 aus dem Jahre 1990, die die
Beklagte aus den erwähnten Gründen vor Abgabe ihres Angebots kennen und
einhalten mußte, un-terscheidet sich in den hier erheblichen Punkten nicht von der im
September nach Angebotsabgabe er-schienenen Fassung des Jahres 1991.
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Schließlich ist der Einwand der Beklagten unbe-rechtigt, die Firma F. habe die
bereits von der Beklagten bearbeitete Fläche nicht erneut zum Einheitspreis
abgerechnet, was zu einem entspre-chenden Abzug bei der Ermittlung des
Mehraufwands führen müße. Wie ein Vergleich der Rechnung der Firma F. vom 6.
November 1991 mit deren Schluß-rechnung vom 30. Juni 1992 zeigt, ist das Gegen-
teil richtig. Mit der ersten Rechnung wurden nur die Aufräumarbeiten, insbesondere
das Einsammeln der Asbestbruchstücke nach besonderer Behandlung und die
Reinigung der Dachflächen, Gerüste und des Erdbodens berechnet, während die
Schlußrechnung die Abrechnung für die dem Angebot entsprechenden
Sanierungsarbeiten enthält; dabei ist zu berück-sichtigen, daß die Firma F. auch die
Fläche, an der die Beklagte schon tätig war, ohne dadurch bedingte Arbeits- und
Zeitersparnis bearbeiten mußte, da sie die noch vorhandenen Plattenstücke nebst
Nägeln entfernen und zur Erde transportieren mußte, eine Arbeit, die auch angefallen
wäre, wenn die Platten nicht bereits heruntergeschlagen wor-den wären, sondern
komplett hätten entfernt werden müssen.
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2.
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Zum Ersatzanspruch hinsichtlich der Aufräumungsar-beiten.
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Bezüglich der Aufräumungsarbeiten steht der Kläge-rin ein Schadensersatzanspruch
i.H.v. 20.232,82 DM gemäß § 4 Nr. 7 Satz 2 VOB/B zu. Der Anspruch aus § 4 Nr. 7
Satz 2 VOB/B ist ein Schadensersatzan-spruch aus positiver Vertragsverletzung, der
zu seinem Entstehen oder Fortbestehen weder der mit Fristsetzung verbundenen
Aufforderung zur Wieder-herstellung noch der Auftragsentziehung gemäß § 4 Nr.7
Satz 3 VOB/B bedurfte und der Schadensersatz-ansprüche auch dann noch gewährt,
wenn der Auftrag entzogen wurde. Demzufolge berührt der Umstand, daß hier der
Vertrag nach vorstehenden Ausführun-gen einvernehmlich aufgelöst wurde - was
einer Auftragsentziehung gleichkommt -, die Verpflich-tung der Beklagten zum
Schadensersatz nicht; viel-mehr bedeutet er zugleich, daß die Klägerin der Beklagten
entgegen deren Ansicht keine Gelegenheit zu geben brauchte, die
Aufräumungsarbeiten ,zu denen sie nach eigenem Eingeständnis ohnehin nicht in
der Lage war, selbst durchzuführen, weil eine etwa nach § 4 Nr.7 Satz 1 VOB/B die
Klägerin tref-fende entsprechende Pflicht nicht mehr bestand.
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Wie bereits ausgeführt, ließ die Beklagte in ver-tragswidriger Weise die Asbestplatten
der Kirchen-fassade in dem von ihr bearbeiteten Teilbereich mittels Hammer in der
Weise abschlagen, daß Bruch-stücke auf das Kirchendach, die Gerüste und den
Erdboden fielen, wodurch nicht unerhebliche Mengen Asbeststaubes freigesetzt
wurden. Da die Beklagte für die Mitarbeiter des Subunternehmens als Erfül-
lungsgehilfin (§ 278 BGB) einstehen muß, ist sie zum Ersatz des Schadens
verpflichtet, der der Klä-gerin dadurch entstanden ist, daß diese auf Anwei-sung des
Gewerbeaufsichtsamtes eine Fachfirma be-auftragen mußte, die die
Asbestbruchstücke im Wege aufwendiger Aufräumarbeiten unter Beachtung der
sicherheitstechnischen Vorschriften beseitigte. Für diese Arbeiten hat die Firma F.
21.670,36 DM unter dem 6. November 1991 in Rechnung gestellt, die überwiegend
erstattungsfähig sind. Die Kläge-rin muß sich lediglich insoweit einen Abzug gefal-
len lassen, als die Firma F. die Position "Entsor-gungskosten Zusatz 20 x 40
Plattendeckung 400 qm und Abtransport pauschale 1.300,00 DM" zu Unrecht in ihre
Rechnung vom 6. November 1991 aufgenommen hat. Diese Firma hat nämlich
entsprechende Zusatz-entsorgungskosten wegen angeblich veränderter Grö-ße der
Platten gegenüber dem Angebot nach dem tat-sächlichen Aufmaß von 1.462,76 qm
mit 4.753,97 DM als Mehraufwendungen im Zusammenhang mit der Durchführung
des Vertrages abgerechnet; das bedeu-tet, daß die Firma F., wenn sie einen
Zusatzbetrag von 1.300,00 DM fordert, insoweit eine doppelte Inrechnungstellung
vornimmt, obwohl ein zusätzli-cher Schadensbeseitigungsaufwand nicht eingetreten
ist. Da die angesprochene, in der Schlußrechnung enthaltene Position bei der
Berechnung des Mehr-aufwands mangels Vergleichsposition im Angebot der
Beklagten keine Berücksichtigung finden konnte (es ist ohnehin nicht ersichtlich und
auch nicht dar-gelegt, wieso durch größeres Format der einzelnen Asbestplatten ein
höherer vertraglich berechen-barer Arbeitsaufwand entstehen sollte), ist der in Ansatz
gebrachte Pauschalbetrag von 1.300,00 DM jedenfalls im Verhältnis zwischen den
Parteien aus der Schadensberechnung bezüglich der Aufräum-kosten
herauszunehmen. Unter Berücksichtigung von Mehrwertsteuer und nach Abzug von
3 % Skonto macht dies einen Differenzbetrag von 1.437,54 DM aus, so daß sich die
berechtigte Ersatzforderung der Klä-gerin auf 20.232,82 DM stellt.
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3.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 92, 97 Abs. 1, 708 Nr.
10, 713 ZPO.
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Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung liegen nicht vor (§ 548 Abs. 1
ZPO).
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 49.800,21 DM.
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Wert der Beschwer:
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a) für die Beklagte: 47.164,29 DM;
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b) für die Klägerin: 2.635,92 DM.
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