Urteil des OLG Köln vom 01.09.2000

OLG Köln: farbe, zahl, markt, abrede, warentest, begriff, wiederholungsgefahr, stiftung, vollstreckbarkeit, verwechslung

Oberlandesgericht Köln, 6 U 31/00
Datum:
01.09.2000
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 31/00
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 31 O 794/99
Tenor:
1.) Die Berufung der Beklagten gegen das am 23.12.1999 verkündete
Urteil des Landgerichts Köln - 31 O 794/99 - wird zurückgewiesen. 2.)
Die Kosten des Berufungsverfahrens hat die Beklagte zu tragen. 3.) Das
Urteil ist vorläufig vollstreckbar. 4.) Die Beschwer der Beklagten wird auf
30.000 DM festgesetzt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten ist die Klage zunächst zulässig, insbesondere
ist der Kläger gem. § 13 Abs.2 Ziff.2 UWG befugt, den vorliegenden Prozess zu führen.
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Der Kläger ist - was gerichtsbekannt ist und von der Beklagten auch nicht in Abrede
gestellt wird - ein rechtsfähiger Verband zur Förderung gewerblicher Interessen im
Sinne der Vorschrift, der zur Verfolgung seiner Ziele personell und sachlich ausreichend
ausgestattet ist. Ihm gehören auch in ausreichender Zahl Mitglieder an, die Waren
gleicher Art auf demselben Markt wie die Beklagte vertreiben. Diese Voraussetzung ist
bereits deswegen erfüllt, weil nach dem unbestrittenen Vortrag des Klägers auch der
Hauptverband des deutschen Einzelhandels zu seinen Mitgliedern gehört und diesem
Verband wiederum in repräsentativer Zahl Einzelhändler angehören, die wie die
Beklagte Farben anbieten. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist es
demgegenüber nicht erforderlich, dass gerade auch Warenhäuser oder
Verbrauchermärkte auf die beschriebene Weise mittelbar (vgl. Baumbach/Hefermehl,
Wettbewerbsrecht, 21.Aufl., § 13 UWG RZ 23 c m.w.N.) oder sogar unmittelbar als
Mitglied dem Kläger angehören. Denn der streitgegenständliche Wettbewerbsverstoß ist
durch die Art der Bewerbung der Farbe und nicht dadurch gekennzeichnet, dass die
Farbe gerade in einem Verbrauchermarkt vertrieben worden ist.
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Der Anspruch ist auch begründet. Nach gefestigter Rechtsprechung, von der
abzuweichen kein Anlass besteht, z.B. nach den von der Beklagten selbst angeführten
Entscheidungen "unbestimmter Unterlassungsantrag I" und "Werbebeilage" des BGH
(WRP 91,216,218 und 99,924,927) ist der wettbewerbliche Unterlassungsanspruch
nicht auf eine mit dem bereits erfolgten Verstoß identische Verletzungsform beschränkt,
sondern erfasst er auch solche zukünftigen Handlungen, die mit dem ursprünglichen
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Verstoß zwar nicht identisch, gleichwohl aber im Kern gleich sind. Dieser Grundsatz gilt
entgegen der Auffassung der Beklagten auch dann, wenn die wettbewerbswidrige
Handlung auf einer bloßen Verwechslung beruht, wie sie nach ihrer Behauptung dem
vorliegenden Fall zugrunde liegt. Denn die Gesichtspunkte, die einen im gewissen
Maße über eine identische Wiederholung des Verstoßes hinausgehenden Umfang des
Unterlassungsanspruches rechtfertigen, gelten unabhängig davon, wie es zu dem
verschuldensunabhängigen Verstoß gekommen ist. Ausgehend hiervon geht der
geltendgemachte Antrag nicht zu weit.
Das Wesen des der Sache nach zwischen den Parteien unstreitigen
Wettbewerbsverstoßes liegt darin, dass die Beklagte eine Dispersionsfarbe mit dem
angeblichen Testurteil beworben hat, obwohl die Farbe nicht getestet worden war. Dass
es sich dabei um eine für Innenräume vorgesehene Farbe gehandelt hat, kennzeichnet
den Verstoß ebenso wenig wie etwa die Form des Farbeimers oder die Farbe von
dessen Deckel. Zu dem Kernbereich des Verstoßes gehören damit zunächst alle
Dispersionsfarben, aber im Rahmen der zulässigen gewissen Verallgemeinerung auch
sonstige in Verbrauchermärkten üblicherweise vertriebenen Farben und Lacke. Denn
auch diese gehören zu den Produkten, die von der Stiftung Warentest geprüft werden.
Der Umstand, dass es sich bei der betroffenen Farbe gerade um eine Dispersionsfarbe
gehandelt hat, macht nicht den Kern des Verstoßes aus.
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Schließlich erfasst das von dem Landgericht ausgesprochene Verbot nur Farben und
Lacke und erkennt dem Kläger damit nicht mehr zu, als ihm zusteht. Der im allgemeinen
Sprachgebrauch ungewöhnliche Terminus "Anstrichmittel" verläßt diesen Rahmen
nicht. Schon nach seinem Wortlaut verbietet es sich, ihm - wie dies die Beklagte tut -
etwa Gerüste und Leitern zuzurechnen. Auch sonstige Hilfsmittel, wie Abklebeband,
Spachtel, Abrollgitter usw. stellen keine Anstrichmittel dar. Soweit der ungebräuchliche,
zumindest in erste Linie Farben und Lacke umfassende Wortlaut Zweifel hinsichtlich der
Grenzen seines Bedeutungsgehaltes offen lassen sollte, werden diese durch die
Begründung des landgerichtlichen Urteils, das der Kläger verteidigt, beseitigt. Danach
erfasst der Begriff die vorgenannten Hilfsmittel nicht, sondern - was auch dem Vortrag
des Klägers im Berufungsverfahren entspricht - nur Farben für den Innen- und solche für
den Außenanstrich sowie Lacke.
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Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner näheren Begründung, dass die
Unterlassungserklärung der Beklagen vom 29.7.1999 die Wiederholungsgefahr nicht
hat beseitigen können.
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Dass schließlich der Verstoß im Sinne des § 13 Abs.2 S.2 UWG geeignet war, den
Wettbewerb auf dem Markt wesentlich zu beeinträchtigen, stellt die Beklagte mit Recht
nicht in Abrede.
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Ein Anlass, entsprechend dem Antrag der Beklagten die Revision zuzulassen, besteht
nicht. Die Voraussetzungen des § 546 Abs.1 S.2 ZPO liegen ersichtlich nicht vor.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs.1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 713 ZPO.
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Die gemäß § 546 Abs.2 ZPO festgesetzte Beschwer der Beklagten entspricht dem Wert
ihres Unterliegens im Rechtsstreit.
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 30.000 DM.
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