Urteil des OLG Köln vom 18.03.1998

OLG Köln (öffentlich, versorgung, beschwerde, träger, anwartschaft, rechtsform, zpo, splitting, höhe, ehegatte)

Oberlandesgericht Köln, 26 UF 19/98
Datum:
18.03.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
26. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
26 UF 19/98
Vorinstanz:
Amtsgericht Eschweiler, 12 F 224/95
Tenor:
Auf die Beschwerde der Beschwerdeführerin wird die Entscheidung des
Amtsgerichts - Familiengericht - Eschweiler zum Versorgungsausgleich
in dem Verbund-urteil vom 15.12.1997 (12 F 224/95) - dort Ziffer 2.) -
aufgehoben und der Antrag der Antragstellerin auf Durchführung des
Versorgungsausgleichs zurückgewiesen. Die Kostenentscheidung des
angefochtenen Urteils bleibt aufrechterhalten. Die Kosten des
Beschwerdeverfahrens werden zwischen Antragstellerin und
Antragsgegner gegeneinander aufgehoben.
G r ü n d e
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In der Ehezeit (01.11.1985 bis 30.06.1997) hat die Antragstellerin Rentenanwartschaften
bei der Beschwerdeführerin in Höhe von DM 552,26 und daneben unverfallbare und
nichtdynamische Versorgungsanwartschaften gegenüber der Beteiligten zu 2)
erworben, die das Amtsgericht dynamisiert und umgerechnet mit DM 18,94 ermittelt hat.
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Der Antragsgegner ist im Ersatzschuldienst angestellter Lehrer an einem privaten
Gymnasium unter der Trägerschaft des Beteiligten zu 3), der ihm Versorgungsbezüge
nach beamtenrechtlichen Grundsätzen zugesagt hat. Bei dem Beteiligten zu 3) hat er
während der Ehezeit eine Anwartschaft auf Versorgung nach beamtenrechtlichen
Vorschriften erlangt, deren Wert - bezogen auf das Ende der Ehezeit - das Amtsgericht
mit DM 1.648,17 festgestellt hat.
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Das Amtsgericht hat durch Verbundurteil die Ehe der Parteien geschieden und den
Versorgungsausgleich dahin geregelt, daß es zu Lasten der für den Ehemann bei dem
Schulträger bestehenden Anwartschaften auf dem Versicherungskonto der Ehefrau bei
der BfA Rentenanwartschaften in Höhe von monatlich DM 536,71 begründet hat.
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Gegen diese Regelung des Versorgungsausgleichs hat die Beteiligte zu 1) mit der
Begründung Beschwerde eingelegt, bei dem Beteiligten zu 3) handele es sich nicht um
einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger. Nur ein solcher biete jedoch
hinreichende Sicherheit für Erstattungsleistungen nach § 225 Abs. 1 SGB VI oder für die
Ablösung der Erstattungspflicht durch Beitragszahlung nach § 225 Abs. 2 SGB VI.
Entgegen der Auffassung des Amtsgerichtes sei lediglich auf die Rechtsform des
Versorgungsträgers abzustellen. Unmaßgeblich sei dagegen, ob zwischen dem
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Versorgungsträger und dem Versicherten ein öffentliches oder privates Rechtsverhältnis
bestehe.
Der Beteiligte zu 3) ist der Beschwerde entgegengetreten. Er weist darauf hin, daß
gemäß § 6 Abs. 1 und 2 Ersatzschulfinanzierungsgesetz Nordrhein-Westfalen der
Schulträger und damit der Versorgungsträger im vorliegenden Fall nur 6 % der
finanziellen Mittel des Schulbetriebes einschließlich der Personalkosten und
Verwaltungslasten als Eigenleistung aufzubringen habe, während der verbleibende
Betrag von 94 % vom Land Nordrhein-Westfalen erstattet werde. Das Land Nordrhein-
Westfalen stehe daher als Gewährträger im wesentlichen für die Finanzierung der
Versorgungslasten und damit auch für das Verfahren nach § 225 SGB VI ein. Wegen
des verbleibenden Eigenanteils von 6 % stehe hinter seiner Organisation faktisch das
Bistum, also ebenfalls ein öffentlich-rechtlicher Gewährträger. Der Beteiligte zu 3) ist
daher der Auffassung, daß er als Versorgungsträger trotz seiner nichtöffentlich-
rechtlichen Organisation wegen der Besonderheiten des
Ersatzschulfinanzierungsgesetzes dieselbe finanzielle Gewähr für die Erfüllung
eventueller Verbindlichkeiten aus § 225 SGB VI biete wie ein öffentlich-rechtlicher
Versorgungsträger. Daher seien die Vorschriften für öffentlich-rechtlichen
Versorgungsträger im Versorgungsausgleich entsprechend anwendbar.
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Die gemäß §§ 20 Abs. 1 FGG, 629 a Abs. 2, 621 e Abs. 1 und 3 ZPO statthafte und auch
im übrigen zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 516 ZPO) eingelegte Beschwerde ist
in der Sache begründet.
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Entgegen der Auffassung des Amtsgerichtes findet der öffentlich-rechtliche
Versorgungsausgleich des zu Gunsten des Antragsgegners bestehenden
Wertunterschiedes der Anwartschaften beider Ehegatten hier nicht gemäß § 1587 b
Abs. 2 BGB durch sogenanntes Quasi-Splitting statt. Hierfür genügt nicht, daß nach den
Bewertungsgrundsätzen des § 1587 a BGB bei dem ausgleichspflichtigen Ehepartner
eine Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen vorliegt (vgl.
Palandt/ Diederichsen, 56. Aufl., § 1587 Rdn. 17). Denn bei dieser Vorschrift handelt es
sich nur um eine Bewertungsanordnung. Die Voraussetzung für die Übertragung und
Begründung von Rentenanwartschaften ist vielmehr durch § 1587 b BGB geregelt. Nach
Absatz 2 dieser Vorschrift findet die Neubegründung von Rentenanwartschaften der
gesetzlichen Rentenversicherung (Quasi-Splitting) nur statt, wenn der
ausgleichspflichtige Ehegatte Beamter ist oder wenn die Versorgung des
ausgleichspflichtigen Ehegatten von beamtenrechtlich gleichgestellten Körperschaften
und Verbänden gewährt wird. Keine Anwendung findet das Quasi-Splitting nach § 1587
b Abs. 2 BGB dagegen auf Versorgungen nach beamtenrechtlichen Grundsätzen im
Sinne von § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB sowie auf die Versorgungen durch Privatschulen
(vgl. Palandt/Diederichsen, a.a.O., § 1587 b Rdn. 26). So hat der Bundesgerichtshof
bereits im Jahre 1985 (FamRZ 85, 794) in einem Parallelfall entschieden, daß der
Versorgungsausgleich nicht in der Ausgleichsform des Quasi-Splittings durchgeführt
werden kann, wenn ein Ehegatte eine Anwartschaft aus einem Arbeitsverhältnis mit
Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen gegenüber einem
privatrechtlich organisierten Schulträger (hier: eingetragener Verein) erworben hat.
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Als Grund für diese Entscheidung gibt der Bundesgerichtshof an, daß der
Antragsgegner seine werthöhere Anwartschaft nicht gegenüber einer Körperschaft oder
einem Verband des öffentlichen Rechts erworben hat. Einer entsprechenden
Anwendung des § 1587 b Abs. 2 BGB stünden die Belange der Beschwerdeführerin
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entgegen, denen der Gesetzgeber im System der Ausgleichsregelung Rechnung
getragen habe. Der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, bei dem der
ausgleichsberechtigte Ehegatte mit der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung eine
eigenständige Rentenversicherung erwerbe, habe im Falle des Quasi-Splittings für die
dadurch begründeten Rentenanwartschaften keine Gegenleistung durch Beiträge
erhalten. Zum Ausgleich seiner Aufwendungen gegenüber dem ausgleichsberechtigten
Ehegatten bei Eintritt eines Versicherungsfalles sei er auf einen Erstattungsanspruch
gegen den Träger der Versorgungslast des ausgleichspflichtigen Ehegatten
angewiesen. Um jedes sich hieraus ergebende Risiko auszuschließen und die
Erstattung sicherzustellen, habe der Gesetzgeber diese Ausgleichsform auf solche
Anrechte beschränkt, die sich gegen öffentlich-rechtliche Versorgungsträger richteten,
weil deren Anzahl für die Rentenversicherungsträger überschaubar sei und ihnen
gegenüber mit vertretbarem Verwaltungsaufwand und ohne wirtschaftliches Risiko das
Erstattungsverfahren durchgeführt werden könne. Allein der Umstand, daß nach dem
Ersatzschulfinanzierungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen der Schulträger einer
genehmigten Ersatzschule Anspruch auf Landeszuschüsse habe, die auch zur
Sicherung der Altersversorgung der Lehrer zu verwenden und nach dem
Haushaltsfehlbetrag der Schule abzüglich einer Eigenleistung zu bemessen seien,
führe nicht zu einer anderen Betrachtungsweise. Denn die Fortdauer derartiger
Zuschüsse für Privatschulen in unveränderter Höhe sei keineswegs gesichert.
Da nach alledem die Regelung des § 1587 b Abs. 2 BGB auch nicht analog
angewendet werden kann, und ein Ausgleich nach § 1 Abs. 2 VAHRG (Realteilung) für
das Anrecht des Antragsgegners nicht vorgesehen ist, verbleibt lediglich der
schuldrechtliche Versorgungsausgleich nach § 2 VAHRG, den die Parteien erst bei
Eintritt des Versorgungsfalls beantragen können.
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Die Frage, ob es sich bei dem Träger der Versorgungslast des ausgleichspflichtigen
Ehegatten um einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsträger handelt, richtet sich -
worauf die Beschwerdeführerin zutreffend hingewiesen hat - allein nach seiner
Rechtsform. Auch dies hat der Bundesgerichtshof inzwischen bereits mehrfach
entschieden (vgl. BGH FamRZ 85, 56). Da der Schulträger als eingetragener Verein in
einer Rechtsform des Privatrechts besteht, ist § 1 Abs. 3 FAHRG nicht anwendbar. Einer
entsprechenden Anwendung dieser Bestimmung auf Versorgungen, die gegen andere
als öffentlich-rechtliche Versorgungsträger gerichtet sind, stehen die gleichen Gründe
entgegen, die bereits eine analoge Anwendung des § 1587 b Abs. 2 ausgeschlossen
haben.
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Die Versorgung des Antragsgegners kann danach im öffentlich-rechtlichen
Versorgungsausgleich nicht ausgeglichen werden. Sie unterliegt vielmehr dem
schuldrechtlichen Versorgungsausgleich, der nach Maßgabe der Vorschriften der §§
1587 g bis 1587 k BGB durchzuführen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 93 a ZPO analog.
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Wert des Beschwerdeverfahrens: DM 6.440,52
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