Urteil des OLG Köln vom 15.12.1998
OLG Köln (führung der vormundschaft, vormund, jugendamt, vormundschaft, bestellung, beschwerde, behörde, versehen, unterliegen, entstehen)
Oberlandesgericht Köln, 4 UF 257/98
Datum:
15.12.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 UF 257/98
Vorinstanz:
Amtsgericht Bonn, 43 FH 16/98
Tenor:
Die Beschwerde wird auf Kosten der Beschwerdeführerin
zurückgewiesen.
G r ü n d e
1
Die nach § 57 Abs. 1 Nr. 3 FGG zulässige Beschwerde der Bundesstadt Bonn ist nicht
begründet.
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Das Amtsgericht hat zu Recht die Bestellung eines Ergänzungspflegers für die
asylrechtlichen Angelegenheiten des jugendlichen Flüchtlings M. B. abgelehnt.
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Die Regelung dieser Angelegenheiten gehört zum Aufgabengebiet des bestellten
Vormunds, der gemäß § 1793 BGB das Recht und die Pflicht hat, für die Person und das
Vermögen des Mündels zu sorgen und diesen in allen Angelegenheiten zu vertreten.
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Ein Ergänzungspfleger ist gemäß § 1909 Abs. 1 Satz 1 BGB nur für solche
Angelegenheiten zu bestellen, an deren Besorgung der Vormund gehindert hat. Eine
derartige Verhinderung kann auch bei einem Interessenwiderstreit vorliegen. Die
Beschwerdeführerin meint, ein Interessenwiderstreit bestehe hier, weil ihr Jugendamt
derselben Behördenspitze untergeordnet sei wie ihr für Asylfragen zuständiges Amt.
Dem vermag sich der Senat ebensowenig wie das Familiengericht anzuschließen. Nicht
die Oberbürgermeisterin der Stadt Bonn, sondern das Jugendamt ist als Vormund
bestellt. Wie jeder Vormund übt auch das Jugendamt als Amtsvormund seine Tätigkeit
in eigener Verantwortung und grundsätzlich selbständig aus (vgl. Palandt-Diederichsen,
Einf. vor § 1793 Rnr. 1 ff; § 1793 Rnr. 1). Seine Selbständigkeit ist eingeschränkt nur
durch die gesetzlichen Vorschriften über die Ausübung der Vormundschaft sowie durch
die gesetzlich vorgesehenen Anordnungen des Vormundschaftsgerichts. Darüber
hinaus hat selbst das Vormundschaftsgericht nicht die Befugnis, den Vormund in
Fragen, die seiner Entscheidung unterliegen, mit hindernden Anweisungen zu
versehen. Erst recht ist es der dienstvorgesetzten Behörde des Amtsvormunds nicht
gestattet, mit Anweisungen in die Führung der Vormundschaft einzugreifen.
5
Das Jugendamt hat ausschließlich die Interessen des Mündels, nicht auch
ausländerrechtliche und asylpolitische Belange zu vertreten.
6
Ein beachtlicher Interessenkonflikt wegen etwaiger den Belangen des Mündels
widerstreitenden Vorstellungen des Ausländeramtes kann deshalb bei
ordnungsgemäßer Führung der Vormundschaft nicht entstehen.
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Es kommt hinzu, daß die Anordnung einer Ergänzungspflegschaft ein besonderes
Bedürfnis voraussetzt, das durch einen gegenwärtigen konkreten Anlaß begründet sein
muß (vgl. BGHZ 65, 93, 95; BayObLG FamRZ 1989, 1342, 1343). Sog.
"Vorratsbestellungen" - vorsorgliche Pflegschaften für eventuelle künftige Anlässe -
haben zu unterbleiben (vgl. Staudinger/Bienwald, BGB, 12. A., § 1909 Rn. 25). Eben
darauf aber liefe die Bestellung eines Ergänzungspflegers wegen noch nicht existenter,
vielleicht noch entstehender ausländerrechtlicher Auseinandersetzungen hinaus.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 13 a FGG.
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Beschwerdewert: 5.000,00 DM
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