Urteil des OLG Köln vom 03.02.1997

OLG Köln (ehemann, zahlung, löschung, besitz, eigenes interesse, graphologisches gutachten, einstweilige verfügung, schutzwürdiges interesse, höhe, grundbuch)

Oberlandesgericht Köln, 16 U 64/96
Datum:
03.02.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 U 64/96
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 3 0 546/95
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 3. Zivilkammer des
Landgerichts Köln vom 16.07.1996 - 3 0 546/95 - unter Zurückweisung
des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt
neu gefaßt: Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin und ihren
geschiedenen Ehemann J.H. 29.000,-- DM nebst 4 % Zinsen seit dem
18.12.1995 zu zahlen. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die
Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 3/4 und der Beklagte zu
1/4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die
Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 35.000,-- DM
abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in
gleicher Höhe leistet. Beide Parteien dürfen die Sicherheit durch eine
unbefristete selbstschuldnerische Bürgschaft einer deutschen Großbank,
Genossenschaftsbank oder öffentlich-rechtlichen Sparkasse erbringen.
Der Wert der Beschwer beträgt für die Klägerin 87.000,-- DM, für den
Beklagten 29.000,-- DM.
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T a t b e s t a n d
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Die Klägerin und ihr inzwischen von ihr geschiede-ner Ehemann waren zu je 1/2
Eigentümer eines Haus- und eines Geragengrundstücks in W., die mit einer
Grundschuld von 58.000,-- DM zugunsten der Kreis-sparkasse Köln belastet waren.
Da die Grundschuld nicht mehr valutierte, hatte die Kreissparkasse den Eheleuten
unter dem 09.08.1989 Löschungsbewilligung erteilt und ausgehändigt.
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Die Klägerin betrieb im Zusammenhang mit dem Ehe-scheidungsverfahren die
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Teilungsversteigerung des Grundbesitzes. Dieser wurde dem Beklagten zuge-
schlagen. Da die Grundschuld zwischenzeitlich nicht gelöscht worden war, fiel sie ins
geringste Gebot; die Eintragung blieb bestehen.
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Nachdem der Beklagte vom Ehemann der Klägerin die Löschungsbewilligung der
Kreissparkasse Köln erhalten hatte, ließ er die Grundschuld löschen. Die Klägerin
forderte den Beklagten vergeblich auf, die entstandene Bereicherung von 58.000,--
DM aus-zugleichen.
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Die Klägerin erwirkte gegen den Beklagten ferner eine einstweilige Verfügung des
Amtsgerichts Brühl vom 05.02.1996, wonach ein Widerspruch gegen die Richtigkeit
der Löschung der Briefgrundschuld auf den Grundstücken des Beklagten zugunsten
der Kreis-sparkasse Köln im Grundbuch eingetragen wurde. Der hiergegen erhobene
Widerspruch ist beim Landgericht Köln erfolglos geblieben.
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Die Klägerin hat behauptet, sie habe von der Löschungsbewilligung und der
Rückgabe des Grund-schuldbriefs durch die Kreissparkasse keine Kennt-nis gehabt.
Beide seien im Alleinbesitz ihres Ehemannes gewesen. Dieser habe beides ohne ihr
Einverständnis an den Beklagten weitergegeben. Von Zahlungen des Beklagten an
ihren Ehemann sei ihr nichts bekannt. Dieser sei unbekannten Aufenthalts,
wahrscheinlich in Rumänien. Sie habe ihren Ehemann nie bevollmächtigt,
Zahlungen für sie entgegen-zunehmen. Die Klägerin hat gemeint, der Beklagte sei
durch die Löschung der Grundschuld um 58.000,-- DM bereichert, die er an sie und
ihren Ehemann herausgeben müsse.
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Sie hat ferner die Ansicht vertreten, durch die Löschung der Grundschuld sei das
Grundbuch unrich-tig geworden, denn mangels eigener Rechtsinhaber-schaft hätte
der Beklagte diese nicht herbeiführen dürfen. Die Kreissparkasse Köln habe hiernach
Anspruch auf Wiedereintragung der Grundschuld. Sie könne dann gegenüber ihr, der
Klägerin, und ihrem geschiedenen Mann die Rückabwicklung der Darlehens- und
Grundschuldbestellungsvereinbarung nur noch in Form einer Abtretung der
Grundschuld (bzw. Geltend-machung der Grundschuld und Auskehr des Erlöses)
vornehmen. Sie und die Kreissparkasse hätten sich für den letzteren Weg
entschieden. Die Kreis-sparkasse habe sie ermächtigt, ihre Ansprüche gegen den
Beklagten im Wege der Prozeßstandschaft zu verfolgen.
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Die Klägerin hat beantragt,
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1. den Beklagten zu verurteilen, an sie und ihren geschiedenen Ehemann J.H.
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58.000,-- DM nebst 4 % Zinsen ab 18.12.1995 zu zahlen,
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2. den Beklagten zu verurteilen, seine Zu- stimmung zur Grundbuchberichtigung
dahin- gehend zu erteilen, daß
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a) die erstrangige Briefgrundschuld in Höhe von 58.000,-- DM nebst 15 % Zinsen in
das Grundstück W., W.er Weg 19, eingetragen beim AG Brühl im Grundbuch von K.,
Blatt 1184, Flur 11, Flurstück 723 und 714, zugunsten der Kreissparkasse Köln wie-
der einzutragen ist und
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b) die sechstrangige Briefgrundschuld in Höhe von 58.000,-- DM nebst 15 % Zinsen
auf den 1/14-Anteil des Beklagten - Abt. I, lfd. Nr. der Eintragungen 2 e - an dem
Grundstück W., W.er Weg, eingetragen beim AG Brühl im Grund- buch von K., Blatt
1183, Flur 11, Flurstück 724, zugunsten der Kreisspar- kasse Köln wieder
einzutragen ist,
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3. den Beklagten zu verurteilen, wegen eines Betra-ges von 58.000,-- DM die
Zwangsvoll- streckung aus der (Gesamt-) Briefgrund- schuld, eingetragen in den
Grundbüchern von K., Blatt 1184, Flur 11, Flur-stück 723 und 714, sowie Blatt 1183,
Flur 11, Flur-stück 724, zugunsten der Kreissparkasse Köln in die Grundstücke W.,
ein- getragen im Grundbuch von K., Blatt 1183 und 1184 zu dulden.
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Der Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat behauptet, der Ehemann der Klägerin habe von ihm zur Ablösung der
Grundschuld 58.000,-- DM in bar erhalten. Da er im Besitz des Grundschuld-briefes
und der Löschungsbewilligung gewesen sei, habe er, der Beklagte, keinerlei Zweifel
an seiner Verfügungsbefugnis gehabt. Wegen der Zahlung an den Ehemann der
Klägerin hat der Beklagte eine Bereicherung geleugnet.
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Er hat weiter ausgeführt, die bisher von der Klägerin mit Erfolg betriebene
Wiederherstellung der Grundschuld als Eigentümergrundschuld zu ihren Gunsten
schließe eine Entreicherung begrifflich aus. Die Klägerin könne nicht beide
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Ansprüche nebeneinander geltend machen.
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Der Beklagte hat über die behauptete Zahlung an den Ehemann der Klägerin eine
handschriftliche Quittung vom 29.10.1994 vorgelegt, deren Echtheit die Klä-gerin
bestritten hat. Das Landgericht hat hierüber ferner Beweis erhoben durch
Vernehmung des Zeugen K., des Vaters des Beklagten. Auf die Vernehmungs-
niederschrift vom 25.06.1996 wird verwiesen.
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Durch Urteil vom 16.07.1996, auf das vollinhaltlich Bezug genommen wird, hat das
Landgericht die Klage als unzulässig abgewiesen, weil die nebeneinander gestellten
Klageanträge sich widersprächen und die Klägerin sich trotz Hinweises nicht habe
entschließen können, die Anträge im Verhältnis von Haupt- und Hilfsantrag zu
stellen. Hilfsweise hat das Landgericht den Zahlungsanspruch als unbegründet
angesehen. Es hat die Zahlung des Beklagten an den Ehemann der Klägerin für
erwiesen erachtet und angenommen, die Klägerin müsse sich diese Zahlung wegen
einer von ihr hervorgerufenen Rechtsscheinvollmacht zurechnen lassen. Die
weiteren Klageanträge zu 2) und 3) hat das Landgericht auch als Hilfsanträge als
unzulässig angesehen, da die Klägerin kein schutzwürdiges Interesse der
Kreissparkasse geltend mache, sondern nur ihr eigenes Interesse. Insoweit sei sie
allen-falls auf einen Bereicherungsanspruch beschränkt, der vorliegend aber
ausscheide.
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Gegen dieses ihr am 24.07.1996 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 23.08.1996
Berufung eingelegt und diese nach wirksamer Fristverlängerung bis zum 15.11.1996
an diesem Tage begründet.
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Die Klägerin wendet sich gegen die Annahme der Unzulässigkeit ihrer Klage. Sie
dürfe einen schuld-rechtlichen und einen dinglichen Anspruch nebenein-ander
geltend machen. Es sei seitens des Beklagten keine Zahlung an den Berechtigten
erfolgt. Sie habe keinen Rechtsschein gesetzt, weil sie von der Übersendung der
Löschungsbewilligung durch die Kreissparkasse nichts gewußt habe. Im übrigen be-
streitet sie nach wie vor jegliche Zahlung und be-ruft sich auf ein graphologisches
Gutachten Dr. R. vom 18.10.1996, wonach die Quittung mit hoher Wahr-scheinlichkeit
gefälscht sei.
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Die Klägerin beantragt,
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unter Abänderung des angefochtenen Urteils nach ihren erstinstanzlichen
Schlußanträgen zu erkennen, vorsorglich: zulässige oder erforderliche Sicherheit
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auch durch Bürgschaft einer deutschen Großbank, Genossenschaftsbank oder
öffentlichen Sparkasse leisten zu können.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung der Klägerin zurückzuweisen und ihm zu gestatten, zulässige oder
erforderliche Sicherheiten auch durch Bürgschaft einer Großbank,
Genossenschaftsbank oder Sparkasse leisten zu dürfen.
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Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil. Alle Klageansprüche seien darüber
hinaus unbe-gründet.
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Der Beklagte rügt, daß die Klägerin von ihrem Ehe-mann nicht zur Geltendmachung
des Zahlungsanspruchs ermächtigt sei. Er wiederholt, daß er an diesen ge-zahlt
habe, und beruft sich wegen der Echtheit der erteilten Quittung auf das
Schriftsachverständigen-gutachten K. vom 02.02.1996. Infolgedessen liege in der
späteren Löschung der Grundschuld keine unge-rechtfertigte Bereicherung. Der
Beklagte behauptet, die Klägerin habe gegenüber seinem Vater geäußert, sie habe
die Löschungsbewilligung in ihrem Besitz. Als der Ehemann sodann mit der
Löschungsbewilligung erschienen sei, habe er, der Beklagte, davon ausge-hen
müssen, daß die Eheleute dieses Vorgehen abge-stimmt hätten.
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Der Beklagte meint weiter, das Grundbuch sei nicht unrichtig, weil die Grundschuld
nicht mehr valu-tiere. Aus diesem Grunde dürfe die Kreissparkasse hieraus auch
nicht mehr die Zwangsvollstreckung betreiben.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die zulässige Berufung der Klägerin ist hinsicht-lich des Zahlungsantrags zur Hälfte
begründet. Im übrigen hat sie keinen Erfolg.
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Gegen die Zulässigkeit der gesamten Klage bestehen allerdings keine Bedenken.
Zwar liegt es auf der Hand, daß die Klägerin für sich und ihren Ehemann keinesfalls
vom Beklagten zweimal 58.000,-- DM verlangen kann, nämlich einmal im Wege der
unmit-telbaren Zahlung und einmal im Wege der Verwertung seines Grundstücks
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durch die Kreissparkasse und Auskehrung des Erlöses. Von daher war es sach-
gerecht, wenn das Landgericht angeregt hat, beide Ansprüche im Eventualverhältnis
geltend zu machen. Wenn die Klägerin hiervon abgesehen hat, berührt dies aber die
Zulässigkeit ihrer Klage nicht. Es ist vielmehr eine Frage der Begründetheit der
Klage, welcher der erhobenen Ansprüche, von denen allenfalls einer zum Zuge
kommen kann, ganz oder teilweise gerechtfertigt ist oder nicht.
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Die Klägerin ist nach § 432 BGB als Mitgläubigerin des geltend gemachten
Zahlungsanspruchs kraft Gesetzes berechtigt, allein die Leistung an sich und ihren
Ehemann zu fordern, ohne daß es einer besonderen Ermächtigung durch den
Ehemann bedarf. Die Mitgläubigerschaft ergibt sich daraus, daß beide Eheleute als
ehemalige Miteigentümer des Grundstücks die Grundschuld gemeinsam bestellt
hatten, daß sie gemeinsam deren Rückgewähr verlangen konnten und ihnen nun
auch ein etwaiger Zahlungsanspruch im Hinblick auf die Übertragung ihrer
Rechtsposition an den Beklagten und die von diesem erwirkte Löschung der
Grundschuld gemeinsam zusteht.
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Der Klägerin und ihrem geschiedenen Ehemann als Mitgläubigern steht ein
Zahlungsanspruch gegen den Beklagten entweder aus einem zwischen diesen
Betei-ligten zustande gekommenen Ablösungsvertrag bezüg-lich der Grundschuld
oder aber aus ungerechtfertig-ter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. BGB
in Höhe von 29.000,-- DM zu. Der Ehemann der Klägerin und der Beklagte hatten
eine vertragliche Absprache getroffen, die dahin ging, daß die Ehe-leute H. ihre
Rechtsposition gegenüber der Kreis-sparkasse Köln in bezug auf die nicht mehr valu-
tierende Grundschuld, die bei dem Zuschlag im Ver-steigerungsverfahren bestehen
geblieben war (vgl. hierzu BGH NJW 1989, 1349 ff.), auf den Beklagten übertrugen
und dieser hierfür einen Geldbetrag von mindestens 58.000,-- DM zahlte. Die
Übereinkunft ist seitens der Eheleute H. erfüllt worden, in-dem Grundschuldbrief und
Löschungsbewilligung der Kreissparkasse an den Beklagten ausgehändigt wur-den,
während umgekehrt keine Zahlung mit befreien-der Wirkung geleistet worden ist, weil
die Klägerin sich eine an ihren geschiedenen Ehemann allein be-wirkte Zahlung
nicht zurechnen lassen muß.
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Durch die Löschung der Grundschuld ist der Beklagte von seiner dinglichen
Verpflichtung endgültig frei geworden. Die Eheleute H. und die Kreissparkasse Köln
hatten nach Tilgung des gewährten Darlehens in Erfüllung der der
Grundschuldbestellung zugrunde liegenden Sicherungsabrede, deren Zweck
entfallen war, vereinbart, die Rückgewähr der Sicherheit in der Weise vorzunehmen,
daß die Kreissparkasse die Grundschuld aufgab und deren Löschung im Grundbuch
eingetragen wurde. Eine derartige Aufhebung der Grundschuld im Sinne des § 875
BGB unterscheidet sich von einem Verzicht auf die Grundschuld im Sinne der §§
1192 Abs. 1, 1168 BGB dadurch, daß das Grundpfandrecht im ersteren Falle erlischt,
während es im letzteren Falle auf den Grundstücks-eigentümer als
Eigentümergrundschuld übergeht. Daß vorliegend eine Aufhebung der Grundschuld
gewollt war, geht daraus hervor, daß die Kreissparkasse keine
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Umschreibungsbewilligung auf die Eheleute H., sondern eine Löschungsbewilligung
erteilt hat und die Eheleute H. hiermit einverstanden waren, da sie die
Löschungsbewilligung widerspruchslos entge-gengenommen haben. Selbst wenn
die Klägerin davon seinerzeit keine Kenntnis erlangt haben sollte, so muß mangels
jeglicher gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgegangen werden, daß der damalige
Ehemann der Klägerin im Jahre 1989 in der noch intakten Ehe befugt war, das
Geschäft mit der Kreissparkasse auch mit Wirkung für und gegen die Klägerin zu re-
geln. Die vorgesehene Aufhebung der Grundschuld ist wirksam geworden. Es
bedurfte hierzu nach § 875 BGB nur der einseitigen Aufgabeerklärung der Rechtsin-
haberin, die zugleich in der von der Kreissparkasse abgegebenen
Löschungsbewilligung zu sehen ist, wel-che durch Aushändigung an die Eheleute H.
als dama-lige Grundstückseigentümer und Begünstigte sofort wirksam geworden ist.
Die zum Erlöschen der Grund-schuld weiter notwendige Grundbucheintragung ist mit
der nach §§ 1192, 1183 BGB ebenfalls erforder-lichen Zustimmung des Beklagten
als neuen Eigentü-mers wirksam erfolgt. Dabei ist es unerheblich, daß die Aufgabe
des Rechts gegenüber dem alten Eigentü-mer bewilligt und die Zustimmung zur
Eintragung der Löschung durch den neuen Eigentümer erklärt worden ist.
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Selbst wenn die Klägerin damit einverstanden war, daß ihr Ehemann mit dem
Beklagten die Ablösungsver-einbarung bezüglich der Grundschuld traf, oder wenn
sie diese Vereinbarung zumindest nachträglich bil-ligte, bedeutet dies nicht, daß sie
auch mit seinem Inkasso einverstanden war. Ebensowenig läßt sich feststellen, daß
sie sich eine von ihr hervorge-rufene Rechtsscheinvollmacht entgegenhalten lassen
muß. Die verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten des Beklagten, da er die wirksame
Erfüllung seiner Ver-bindlichkeit beweisen muß. Eine ausdrückliche Ein-
verständniserklärung der Klägerin mit dem Inkasso durch ihren geschiedenen
Ehemann behauptet der Be-klagte selbst nicht. Er trägt lediglich vor, er ha-be nach
den gesamten Umständen von einer derartigen Inkassovollmacht ausgehen müssen.
Dies trifft indes nicht zu. Die Tatsache, daß der Beklagte im Besitz von
Grundschuldbrief und Löschungsbewilligung war, besagt hierzu nichts, da der Besitz
auch unberech-tigt gewesen sein kann. Soweit der Beklagte behaup-tet, der
Ehemann der Klägerin habe die Löschungsbe-willigung von dieser erhalten, um sie
ihm zukommen zu lassen, folgert er diesen angeblichen Sachver-halt daraus, daß die
Klägerin seinem Vater gegen-über bei einem vorangegangenen Telefonat bestätigt
habe, sie habe die Löschungsbewilligung in ihrem Besitz. Selbst wenn diese
Äußerung gefallen sein sollte, würde sich aus dem früheren Besitz der Klä-gerin nicht
zwingend ergeben, daß sie die Urkunde ihrem geschiedenen Ehemann
ausgehändigt haben muß. Darüber hinaus ist der Senat von der Richtigkeit der
entsprechenden Bekundung des Zeugen K. nicht überzeugt. Die Klägerin hat
demgegenüber bei ihrer persönlichen Anhörung nachvollziehbar bekundet, daß die
Löschungsbewilligung sich im früheren Haus der Eheleute befunden habe, aus dem
ihr Ehemann sie hinausgeworfen habe. Bei dem überstürzten Verlassen des Hauses
habe sie die Löschungsbewilligung nicht mitgenommen, die sie nie in ihrem
alleinigen Besitz gehabt habe. Diese nicht unglaubhafte Einlassung der Klägerin ist
mit der Bekundung des Zeugen, der als Vater des Beklagten selbst die
Verhandlungen mit dem Ehemann der Klägerin geführt hat und am Ausgang des
Rechtsstreits interessiert ist, nicht vereinbar. Die verbleibenden Zweifel gehen zu
Lasten des Beklagten, der für die Inkassovollmacht des Ehemannes der Klägerin
oder einen von ihr zumindest gesetzten Rechtsschein einer derartigen Vollmacht
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beweispflichtig ist.
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Soweit die Klägerin für sich und ihren Ehemann nach wie vor die Erfüllung der
Ablösungsvereinbarung in Höhe von 58.000,-- DM fordert, steht ihrem Begehren in
Höhe des halben Betrages der Einwand der unzu-lässigen Rechtsausübung
entgegen. Der Senat hält es in Übereinstimmung mit dem Landgericht für erwie-sen,
daß der Beklagte an den Ehemann der Klägerin bereits mindestens 58.000,-- DM
gezahlt hat. Dies entnimmt der Senat der insoweit glaubhaften Aussage des Zeugen
K., für deren Richtigkeit der Umstand spricht, daß Herr H. dem Beklagten den
Grundschuld-brief und die Löschungsbewilligung ausgehändigt hat, die er zuvor in
seinem Besitz hatte. Ohne den Empfang des Geldes wäre er hierzu nicht bereit ge-
wesen. Ob die vorgelegte Quittung echt ist, spielt demgegenüber keine
entscheidende Rolle. Selbst wenn sich ihre Echtheit nicht feststellen ließe, würde
dies die Zahlung nicht in Frage stellen. Aufgrund der vorgelegten einander
widersprechenden grapholo-gischen Gutachten ist eine abschließende Beurtei-lung
nicht möglich. Die Klägerin hat für die be-hauptete Unechtheit der Quittung keinen
neuen Sach-verständigenbeweis angetreten, so daß offen bleiben kann, ob eine
erwiesene Unechtheit Zweifel an der Zahlung aufkommen ließe.
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Die vom Beklagten geleistete Zahlung, die nur an Herrn H. geflossen ist, braucht sich
die aus den geschiedenen Eheleuten H. bestehende Gläubigerge-meinschaft zwar
grundsätzlich nicht anrechnen zu lassen. Im vorliegenden Fall steht aber fest, daß die
Forderung gegen den Beklagten im Innenverhält-nis beiden Eheleuten je zur Hälfte
zusteht. Der Ehemann, der bereits den vollen Betrag vom Beklag-ten erhalten hat,
könnte im Innenverhältnis von der Klägerin nicht nochmals den hälftigen Betrag für
sich beanspruchen, weil sich ein derartiges Verlan-gen als rechtsmißbräuchlich
darstellen würde. Unter diesen besonderen Umständen ist es auch rechtsmiß-
bräuchlich, wenn die Klägerin vom Beklagten für sich und ihren geschiedenen
Ehemann nochmals die volle Leistung fordert. Der Gläubigergemeinschaft steht nur
der halbe Anspruch zu, der im Innenver-hältnis der Klägerin allein zukommt.
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Geht man davon aus, daß die Klägerin mit der von ihrem Ehemann auch für sie
getroffenen Ablösungs-vereinbarung betreffend die Grundschuld nicht ein-verstanden
war, würde die vertragliche Grundlage für den Zahlungsanspruch entfallen. In diesem
Falle könnte sie aber den Zahlungsanspruch auf eine un- gerechtfertigte
Bereicherung des Beklagten stützen, so daß offen bleiben kann, welche
Sachverhalts-variante zutrifft, was angesichts des widersprüch-lichen Verhaltens der
Klägerin, die sowohl Zahlung als auch Wiedereintragung der Grundschuld im Grund-
buch verlangt, nicht sicher beurteilt werden kann.
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Der Bereicherungsanspruch der geschiedenen Eheleute H. folgt aus § 812 Abs. 1
Satz 1 2. Alt. BGB. Der Beklagte hat auf ihre Kosten ohne rechtlichen Grund
Befreiung von der Grundschuld in Höhe von 58.000,-- DM erlangt, die auf dem von
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ihm erworbenen Grund-besitz lastete. Infolge des Eigentümerwechsels ist die
Löschung der Grundschuld nicht den Eheleuten H., sondern dem Beklagten zugute
gekommen. Auf die obigen Ausführungen (auf die Entscheidung des BGH in NJW
1989, 1349 ff.) wird Bezug genommen. Fehlt es an einem Einverständnis der
Klägerin mit der Ab-sprache zwischen ihrem geschiedenen Ehemann und dem
Beklagten, liegt auch kein die Vermögensverschie-bung rechtfertigender Grund vor.
Aus den bereits oben dargelegten Gründen, die hier in gleicher Wei-se gelten,
reduziert sich der Bereicherungsanspruch der Eheleute H. auf 29.000,-- DM.
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Der Zinsanspruch ist nach §§ 284, 286 BGB be-gründet.
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Soweit die Klägerin in Prozeßstandschaft für die Kreissparkasse die
Grundbuchberichtigung durch Beseitigung der Löschung der Grundschuld erstrebt, ist
die Klage zwar nicht unzulässig, aber unbegrün-det. Das vom Landgericht zutreffend
bejahte eigene Interesse der Klägerin an der Realisierung des angeblichen
Berichtigungsanspruchs der Kreisspar-kasse steht der Prozeßstandschaft der
Klägerin nicht entgegen, sondern ist im Gegenteil Voraus-setzung für deren
Zulassung. Der Berichtigungs-anspruch besteht aber nicht, da das Grundbuch - wie
oben ausgeführt - nicht unrichtig ist.
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Entsprechendes gilt für den Antrag auf Duldung der Zwangsvollstreckung aus der
Grundschuld. Auch insoweit ist die Klage zulässig, aber unbegründet, da die
Grundschuld erloschen ist.
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Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreck-barkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711,
108 ZPO.
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