Urteil des OLG Köln vom 18.06.2009

OLG Köln: treu und glauben, vergleich, vollstreckungstitel, verzicht, glaubhaftmachung, kostenregelung, firma, gebühr, disposition, prozesskosten

Oberlandesgericht Köln, 17 W 144 u. 145/09
Datum:
18.06.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
17. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
17 W 144 u. 145/09
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 28 O 313/08 u. 28 O 314/08
Schlagworte:
Einigungsgebühr, Kostenerstattung, Kostenfestsetzung
Normen:
§§ 2, 13 RVG, Nr. 1000, 1003 VV RVG
Leitsätze:
Die Einigungsgebühr kann nach Maßgabe der
Kostengrundentscheidung auch dann erstattungsfähig sein, wenn die
Prozessparteien zu einer außergerichtlichen Eingiung ohne förmliche
Niederlegung eines Prozessvergleichs und ohne ausdrückliche
Kostenregelung über die Einigungsgebühr gelangt sind.
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 17.02.2009 wird der
Kos-tenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts
Köln vom 28.01.2009 - 28 O 313/08 - unter Zurückweisung des weiter
gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des Urteils der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom
16.10.2008 sind von der Beklagten (Firma B. T. AG) 3.667,40 EUR nebst
Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach §
247 BGB seit dem 21.01.2008 an den Kläger zu erstatten.
2. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers vom 12.03.2009 wird der
Kos-tenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin des Landgerichts
Köln vom 17.02.2009 - 28 O 314/08 - unter Zurückweisung des weiter
gehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Aufgrund des Urteils der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom
15.10.2008 sind von der Beklagten (Firma C.E. GmbH & Co. KG) * EUR
nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basis-zinssatz
nach § 247 BGB seit dem 21.01.2008 an den Kläger zu erstatten.
3. Die Kosten der Beschwerdeverfahren tragen jeweils der Kläger zu 1/3
und die Beklagte zu 2/3.
4. Die Beschwerdegebühr wird hinsichtlich beider Rechtsmittel auf 1/3
reduziert.
5. Hinsichtlich der Frage, ob eine Einigungsgebühr festsetzbar ist, wird
die Rechtsbeschwerde zugelassen.
6. Gegenstandswert für die Beschwerden: jeweils 1.255,50 EUR
G R Ü N D E
1
I. Der Kläger hat die Beklagten in den beiden zugrunde liegenden Rechtsstreitigkeiten
auf Unterlassung von Presseveröffentlichungen in Anspruch genommen. Im
Verhandlungstermin hat das Landgericht den Parteien vorgeschlagen, sich
dahingehend gütlich zu einigen, dass die jeweilige Beklagte die Klageansprüche
anerkennen und der Kläger im Gegenzug erklären solle, dass er keine weiteren
Ansprüche aus den streitgegenständlichen Veröffentlichungen mehr geltend machen
werde. Die Parteien sollten bis zum 15.10.2008 mitteilen, ob eine entsprechende
Einigung zu erzielen sei.
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Mit Schriftsätzen vom 13.10.2088 teilte der Prozessbevollmächtigte des Klägers dem
Landgericht zu beiden Verfahren mit, dass die Parteien sich im Sinne des gerichtlichen
Vorschlags geeinigt hätten. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten bestätigte dies
mit seinen Schreiben vom 14.10.2008 und erklärte das Anerkenntnis des jeweiligen
Klageanspruchs. Das Landgericht erließ sodann jeweils ein Anerkenntnisurteil, mit dem
der jeweiligen Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt wurden.
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Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragte mit seinen Schriftsätzen vom
20.10.2008 jeweils die Festsetzung der dem Kläger entstandenen Kosten. Dabei
meldete er für beide Verfahren u. a. eine 1,0 Einigungsgebühr nach §§ 2, 13 RVG Nr.
1000, 1003 VV RVG in Höhe von 902,00 EUR zur Festsetzung an, ferner die hälftigen
Anreisekosten von jeweils 353,50 EUR für die Anreise des in Berlin residierenden
Prozessbevollmächtigten zum Verhandlungstermin in Köln.
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Die Rechtspflegerin des Landgerichts hat die beiden vorstehend bezeichneten Ansätze
mit den angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlüssen unberücksichtigt gelassen. Zur
Begründung hat sie ausgeführt, eine Einigungsgebühr sei zwar zur Entstehung gelangt.
Sie gehöre jedoch nach der Rechtsprechung des BGH (Beschl. v. 25.09.2008 – V ZB
66/08 -) nur dann zu den erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits, wenn die
Parteien dies vereinbart hätten. Eine entsprechende Absprache sei hier – was unstreitig
ist – nicht getroffen worden. Die Kosten hätten dann gemäß § 98 ZPO als
gegeneinander aufgehoben zu gelten.
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Die zur Festsetzung angemeldeten Anwaltsreisekosten seien abzusetzen, weil der in
Köln wohnhafte Kläger einen am Wohn- und Gerichtsort residierenden Rechtsanwalt mit
presserechtlicher Qualifikation hätte beauftragen können.
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Gegen die Kostenfestsetzungsbeschlüsse der Rechtspflegerin wenden sich die
Rechtsmittel des Klägers, der an seinen Kostenfestsetzungsanträgen festhält. Der
Kläger macht zur Begründung seiner Beschwerden geltend, auch die Kosten einer
außergerichtlich erzielten Einigung seien im Rahmen der gerichtlichen
Kostenfestsetzung erstattungsfähig. Zu erstatten seien auch die Reisekosten des
Prozessbevollmächtigten, weil dieser der Vertrauensanwalt des Klägers sei und über
besondere Erfahrungen und Kenntnisse auf dem Gebiet des Pressrechts verfüge.
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II. Die sofortigen Beschwerden des Klägers sind zulässig und haben auch in der Sache
teilweise Erfolg. Die zur Festsetzung angemeldete Einigungsgebühr ist nach Maßgabe
der gerichtlichen Kostengrundentscheidung zu berücksichtigen. Außer Ansatz bleiben
dagegen die Anwaltsreisekosten, welche die Rechtspflegerin mit Recht abgesetzt hat.
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Im Einzelnen gilt Folgendes:
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1. Die Beklagten haben in beiden Verfahren die gemäß § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr.
1000, 1003 VV RVG angefallene 1,0 Einigungsgebühr zu erstatten.
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a. Die Prozessbevollmächtigten der Parteien haben beim Abschluss eines Vertrags
mitgewirkt, durch den der Streit über den Gegenstand beider Verfahren beseitigt
worden ist. Diese Einigung steht schon aufgrund des Akteninhalts fest, ohne dass
es weiterer Glaubhaftmachung bedürfte (zur Glaubhaftmachung vgl. BGH NJW
2007, 2187).
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Der Vertrag beschränkte sich auch nicht ausschließlich auf ein Anerkenntnis
oder einen Verzicht im Sinne von Nr. 1000 Abs. 1 S. 2 VV RVG, denn dem
Anerkenntnis der jeweiligen Beklagten stand ein Verzicht des Klägers auf weiter
gehende Ansprüche gegenüber. Gegenseitige Anerkenntnisse und Verzichte
stehen dem Anfall der Einigungsgebühr nicht entgegen (vgl. BGH MDR 2007,
492; Müller-Rabe in: Gerold/Schmidt u.a., RVG, 18. Aufl., Nr. 1000 VV RVG
Rdnr. 182).
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b. Die Einigungsgebühr ist entsprechend der Kostengrundentscheidung im jeweils
ergangenen Anerkenntnisurteil von den Beklagten zu erstatten. Dem steht nicht
entgegen, dass die Parteien zu einer außergerichtlichen Einigung ohne förmliche
Niederlegung eines Prozessvergleichs und ohne ausdrückliche vertragliche
Kostenregelung zur Einigungsgebühr gefunden haben.
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Die höchstrichterliche und obergerichtliche Rechtsprechung zu dieser Frage ist
allerdings uneinheitlich:
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Unter dem Geltungsbereich der BRAGO ist der II. Zivilsenat des BGH (vgl. NJW
2002, 3713) zunächst davon ausgegangen, dass eine Vergleichsgebühr (§ 23
BRAGO) im Kostenfestsetzungsverfahren nur dann berücksichtigt werden
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könne, wenn das Gericht einen Vergleich formgerecht protokolliert habe.
Nach Einführung des RVG hat der VII. Zivilsenat des BGH (vgl. NJW 2006,
1523) diese Rechtsprechung dahingehend fortgeführt, dass auch die
Festsetzung einer Einigungsgebühr nach § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 1000, 1003
VV RVG einen als Vollstreckungstitel tauglichen Vergleich voraussetze (ebenso:
OLG Brandenburg MDR 2006, 235; vgl. hierzu auch BGH, VIII. Zivilsenat, NJW-
RR 2005, 1303).
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Der IV. Zivilsenat des BGH (vgl. Beschl. v. 17.09.2008 – IV ZB 11/08 – juris;
Beschl. v. 17.09.2008 – IV ZB 14/08 – juris) ist dagegen (im Rahmen der
Kostenfestsetzung nach § 699 Abs. 3 ZPO) ohne weiteres von der
Festsetzungsfähigkeit der Einigungsgebühr ausgegangen, wenn die Parteien
sich nach Erlass eines Mahnbescheids auf eine Ratenzahlungsvereinbarung
einigen, der zufolge der Antragsteller zwar einen Vollstreckungsbescheid
erwirken durfte, jedoch bei Zahlung der vereinbarten Raten von
Vollstreckungsmaßnahmen abzusehen hatte.
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Der II. Zivilsenat (vgl. NJW 2007, 2187) hat es für die Festsetzung einer
Einigungsgebühr ausreichen lassen, dass eine Vereinbarung im Sinne von Nr.
1000 VV RVG glaubhaft gemacht sei. Die Protokollierung eines Vergleichs als
Vollstreckungstitel sei dagegen nicht erforderlich. In den Gründen (vgl. a.a.O.) ist
ausgeführt worden, dass der VII. Zivilsenat des BGH (vgl. NJW 2006, 1523,
wobei die vom BGH zitierte Fundstelle allerdings die bereits angeführte
Entscheidung des VIII. Zivilsenats betrifft) mitgeteilt habe, dass er an seiner
gegenteiligen Auffassung nicht mehr festhalte. Der Entscheidung des II.
Zivilsenats (vgl. a.a.O.) lag ein Rechtsstreit zugrunde, in dem der
Beklagtenvertreter im Verhandlungstermin erklärte, dass seine Partei
außergerichtlich weitere 1.000,- EUR zahlen werde, wenn der Kläger seine
Klage zurücknehme. Daraufhin nahm der klägerische Prozessbevollmächtigte
die Klage zurück. Das Landgericht erlegte dem Kläger die Kosten des
Rechtsstreits auf.
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Die Festsetzungsfähigkeit der Vergleichs- oder Einigungsgebühr nach Maßgabe
der gerichtlichen Kostengrundentscheidung haben auch mehrere
Oberlandesgerichte bei Fehlen einer ausdrücklichen Kostenvereinbarung der
Parteien bejaht (vgl. OLG Zweibrücken JurBüro 1978, 1881; OLG München
OLGR 1992, 47; OLG Bamberg JurBüro 2003, 144; OLG Celle OLGR 2007,
453). Dabei ist teilweise hervorgehoben worden, dass die Regelung des § 98
ZPO im Rahmen der (etwa nach § 269 Abs. 3 ZPO zu treffenden)
Kostenentscheidung zu berücksichtigen sei (vgl. OLG Celle a.a.O.).
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Der V. Zivilsenat des BGH (vgl. Beschl. v. 25.09.2008 – V ZB 66/08 – juris) hat
demgegenüber die Kosten eines außergerichtlichen Vergleichs nur dann zu den
erstattungsfähigen Kosten des Rechtsstreits gezählt, wenn die Parteien dies
vereinbart haben. In dem zugrunde liegenden Fall hatten sich die
Prozessparteien im Rahmen einer Vollstreckungsgegenklage darauf geeinigt,
dass die Klage gegen Zusage eines vorläufigen Vollstreckungsverzichts und die
Übernahme bestimmter Kosten, die nicht die Kosten der Einigung bzw. des
Vergleichs zum Gegenstand hatten, zurückgenommen werden sollte. Nach
erklärter Klagerücknahme erging zu Lasten der klagenden Partei ein
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Kostenbeschluss. Der BGH (a.a.O.) hat die Regelungen des § 98 ZPO dahin
ausgelegt, dass die Kosten eines gerichtlichen wie außergerichtlichen
Vergleichs ohne ausdrückliche Kostenvereinbarung nicht zu den Kosten des
Rechtsstreits gehörten, sondern gegeneinander aufgehoben seien.
Auch in der obergerichtlichen Rechtsprechung findet sich diese Auffassung
teilweise wieder, dies jedoch mit der Maßgabe, dass die Kosten eines
gerichtlichen Vergleichs nach einer Auffassung durchaus entsprechend der
gerichtlichen Kostenentscheidung festzusetzen sein sollen (vgl. OLG München
OLGR 1997, 179; OLG Brandenburg Beschl. v. 21.03.2007 – 6 W 185/06 – juris),
während die Kosten einer außergerichtlichen Einigung nach Auffassung anderer
Oberlandesgerichte nur aufgrund einer entsprechenden Parteivereinbarung
erstattungsfähig sind (vgl. OLG Karlsruhe JurBüro 1991, 90; OLG München
FamRZ 1999, 1674; OLG Frankfurt/Main NJW 2005, 2465; OLG Hamm OLGR
2007, 738).
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c. Der Senat geht mit dem II. und IV. Zivilsenat des BGH und der hiermit
korrespondierenden Rechtsprechung anderer Oberlandesgerichte (vgl. jew.
a.a.O.) davon aus, dass die Einigungsgebühr ohne weiteres nach Maßgabe der
gerichtlichen Kostengrundentscheidung bei der Festsetzung zu berücksichtigen
ist, auch wenn die Parteien sich außergerichtlich geeinigt haben und keine
Kostenvereinbarungen, insbesondere keine mit einer abweichenden Kostenfolge,
getroffen haben.
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Im Gesetz, namentlich in §§ 91 ff., 103 ff. ZPO, Nr. 1000 VV RVG, finden sich
keine Anhaltspunkte dafür, dass die Erstattung dieser Gebühr nicht der
gerichtlichen Kostenentscheidung und –festsetzung unterfallen oder nur dann zu
berücksichtigen sein soll, wenn die Parteien dies ausdrücklich vereinbart haben.
Einigungen der hier zugrunde liegenden Art führen auch ohne Niederlegung
eines förmlichen Prozessvergleichs mit unmittelbarem Prozessbezug dazu, dass
sich der prozessuale Streit (ganz oder teilweise) erledigt und gehören deshalb
nach dem Verständnis des Senats ohne weiteres zu den Kosten des
Rechtsstreits (so auch: Müller-Rabe, a.a.O., Nr. 1000 VV RVG Rdnr. 376;
Schneider in Schneider/Wolf, RVG, 4. Aufl., VV 1000 Rdnr. 237; Hartmann, 39.
Aufl., Nr. 1000 VV Rdnr. 88).
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Wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, unterliegt nach Maßgabe der §§
91 ff. ZPO der Entscheidung des Prozessgerichts. Das Landgericht hat
vorliegend Kostengrundentscheidungen getroffen, die sich uneingeschränkt zu
den Kosten des (gesamten) Rechtsstreits verhalten.
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Der Senat hält es nicht für angängig, die Reichweite dieser
Kostengrundentscheidung entsprechend den Erwägungen des V. Zivilsenats
des BGH (vgl. a.a.O.) einzuschränken und hinsichtlich der Einigungsgebühr
darauf abzustellen, ob die Parteien die Erstattung dieser Kosten zum
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Gegenstand einer ausdrücklichen Parteivereinbarung gemacht haben.
Bei Fehlen einer solchen Vereinbarung besteht nach Auffassung des Senats
keine verfahrensrechtliche Handhabe, die gerichtliche Kostenentscheidung
wieder zur Disposition zu stellen. Wenn die Parteien eine Kostenvereinbarung
getroffen haben, erübrigt sich eine gerichtliche Kostenentscheidung im Regelfall
ohnehin (vgl. Müller-Rabe a.a.O. Rdnr. 377). Der Senat hält es im Übrigen nicht
für sachgerecht, dass die Vorschrift des § 98 ZPO ohne ausdrückliche
gesetzliche Grundlage dazu herangezogen wird, eine ergangene
Kostenentscheidung bezüglich der Einigungsgebühr zu verdrängen. Dabei zieht
der Senat nicht in Zweifel, dass die Regelungen aus § 98 ZPO im Rahmen der
gerichtlichen Kostenentscheidung durchaus zu berücksichtigen sein können
(vgl. Müller-Rabe a.a.O.; Schneider a.a.O. Rdnr. 239). Dagegen wird keine
hinreichende rechtliche Grundlage dafür ersichtlich, dass § 98 ZPO eine ggf.
unter Verstoß gegen die sich aus § 98 ZPO ergebenden Grundsätze ergangene
– Kostenentscheidung (teilweise) hinfällig machen sollte.
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2. Zusätzliche Anwaltsreisekosten hat der Beklagte nicht zu erstatten.
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Erstattungsfähig sind gemäß § 91 Abs. 1 ZPO nur diejenigen Kosten, die zur
zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder –verteidigung notwendig sind. Eine
vernünftige, kostenbewusste Partei, die im Anwaltsprozess an ihrem Wohn- oder
Geschäftsort klagt oder verklagt wird, ist in aller Regel gehalten, einen am Ort des
Prozessgerichts residierenden Rechtsanwalt zu mandatieren (vgl. BGH NJW 2003,
901 = JB 2003, 205 = AnwBl. 2003, 181). Nur ein solches Verhalten entspricht dem
auf dem Grundsatz von Treu und Glauben basierenden Gebot, dass eine jede
Partei die Pflicht hat, die Prozesskosten so niedrig zu halten, wie sich dies mit der
vollen Wahrung ihrer berechtigten prozessualen Belange vereinbaren lässt
(Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl., § 91 Rn. 12 m.w.N.).
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Wenn auch einer Partei grundsätzlich ein besonderes Interesse zuzubilligen sein
mag, sich von einem Rechtsanwalt ihres Vertrauens vertreten zu lassen (vgl. BGH
MDR 2004, 838 = NJW-RR 2004, 858), so folgt daraus aber nicht zugleich, dass
sie hiervon erstattungsrechtlich ohne Inkaufnahme von Nachteilen
einschränkungslos Gebrauch machen kann (vgl. BGH NJW-RR 2007, 1071 =
Rpfleger 2007, 429 = AnwBl. 2007, 465). Vielmehr reicht allein die Tatsache des
Vertrauens ohne Hinzutreten ganz besonderer Umstände nicht aus, dass die am
Wohn- oder Geschäftsort verklagte oder klagende Partei bei Einschaltung eines
auswärtigen Rechtsanwaltes die dadurch entstehenden Mehrkosten erstattet
verlangen kann (vgl. BGH NJW 2003, 901 = JB 2003, 205 = AnwBl. 2003, 181;
Beschluss vom 22. April 2008 – XI ZB 20/07 – juris). Desgleichen begründet eine
seit Jahren andauernde Zusammenarbeit zwischen Mandant und Anwalt noch
keine Erstattungspflicht des Gegners (vgl. BGH MDR 2008, 946 = NJW-RR 2009,
283 = Rpfleger 2008, 534).
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Eine Ausnahme ist allenfalls dann zuzulassen, wenn die Beauftragung eines
auswärtigen Anwaltes, der über besondere Spezialkenntnisse verfügt, deshalb
notwendig war, weil ein vergleichbar qualifizierter ortsansässiger Anwalt nicht
beauftragt werden konnte (vgl. BGH NJW 2003, 901 = JB 2003, 205 = AnwBl.
2003, 181; BGH Beschluss vom 22. April 2008 – XI ZB 20/07 – juris). Das
Vorliegen eines solchen Ausnahmetatbestands scheidet vorliegend aus, denn im
Presserecht erfahrene und qualifizierte Rechtsanwälte sind in Köln, einer Stadt mit
vielfältigen Medienbezügen, gerichtsbekannt ohne weiteres aufzufinden.
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3. Unter zusätzlicher Berücksichtigung der streitwertgerecht angemeldeten
Einigungsgebühr sind die angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlüsse
abzuändern.
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In beiden Verfahren erhöht sich der festgesetzte Erstattungsbetrag
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von 2.765,40 EUR
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um 902,00 EUR
40
auf jeweils 3.667,40 EUR.
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4. Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92, 97 Abs. 1 ZPO.
5. Die Rechtsbeschwerde war wegen der nach wie vor uneinheitlichen
höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Frage der Festsetzung einer
Einigungsgebühr zuzulassen.
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