Urteil des OLG Köln vom 03.09.1996

OLG Köln (amtliches kennzeichen, gefährdung, verbindung, stpo, fahrverbot, 1995, höhe, monat, geld, zahlung)

Oberlandesgericht Köln, Ss 366/96 (B) - 238 B -
Datum:
03.09.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
1. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
Ss 366/96 (B) - 238 B -
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen wird das angefochtene Urteil
des Amtsgerichts Bonn vom 23. April 1996 dahin abgeändert, daß der
Betroffene wegen fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen §§ 37, 49 StVO
in Verbindung mit § 24 StVG zur Zahlung eines Bußgeldes in Höhe von
25O,OO DM verurteilt wird. Dem Betroffenen wird gemäß § 25 StVG für
die Dauer von einem Monat verboten, Kraftfahrzeuge aller Art im
Straßenverkehr zu führen. Die Kosten des Verfahrens vor dem
Beschwerdegericht trägt der Betroffene.
G r ü n d e
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Mit Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 23. April 1996 ist der Betroffene wegen
fahrlässiger Zuwiderhandlung gegen §§ 1 Abs. 2, 37, 49 StVO in Verbindung mit § 24
StVG zur Zahlung eines Bußgeldes in Höhe von 4OO,OO DM und einem einmonatigen
Fahrverbot verurteilt worden.
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In den Feststellungen des Urteils heißt es wie folgt:
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Am 3. März 1995 um 9.38 Uhr befuhr der Betroffene mit dem PKW Marke BMW 3 er -
amtliches Kennzeichen :...... - die R.gasse aus Richtung der Straße A. B. in
Fahrtrichtung M.. Der Betroffene beachtete nicht, daß die Ampelanlage vor der
Einmündung der S.straße in der R.gasse bereits mindestens 2,3 Sekunden lang
Rotlicht zeigte, als er die Haltelinie vor der Ampel passierte und dann weiter durch die
R.gasse fuhr...
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Danach hat der Betroffene jedenfalls fahrlässig gegen die §§ 1 Absatz 2, 37 in
Verbindung mit § 49 OWiG verstoßen und war in Verbindung mit § 24 StVG zu einem
Bußgeld zu verurteilen, daß das Gericht mit 4OO DM festgesetzt hat. Für die Höhe des
Bußgeldes war maßgebend, daß der Verstoß objektiv die Fußgänger gefährdete, die
zu beiden Seiten des Fußgängerüberweges R.gasse auf Grünlicht warteten, um dann
die Straße zu überqueren, die allerdings, als der Betroffene mit dem BMW die
Lichtzeichenanlage "A" bei Rotlicht passierte, noch keinen Fuß auf den Überweg
gesetzt hatten.
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Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen, mit der die Verletzung materiellen Rechts
gerügt wird, war wie erkannt zu entscheiden. Dabei hat der Senat von der Möglichkeit
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des § 79 Abs. 6 OWiG, in der Sache selbst so entscheiden, Gebrauch gemacht.
Zutreffend hat das Amtsgericht die Voraussetzungen eines Rotlichtverstoßes gemäß §
37 StVO festgestellt. Der vom Amtsgericht festgestellte, tateinheitlich begangene
Verstoß gegen § 1 Abs. 2 StVO liegt nach den getroffenen Feststellungen jedoch nicht
vor. Eine Gefährdung im Sinne von § 1 Abs. 2 StVO liegt nur dann vor, wenn eine
konkrete Gefährdung eingetreten ist; der Begriff der Gefährdung eines anderen
Verkehrsteilnehmers ist für § 1 Abs. 2 StVO derselbe wie in den
Gefährdungstatbeständen der §§ 315 ff StGB (OLG Karlsruhe NZV 1992, 248). Eine
konkrete Gefährdung liegt vor, wenn der Täter eine Lage herbeiführt, die auf einen
unmittelbar bevorstehenden Unfall hindeutet ( BGHSt 18, 271; SenE vom 19. 3. 91 - Ss
63/91 = NJW 1991, 3291 und vom 3. 4. 1992 - Ss 100/92 - = VRS 84, 293 = DAR 1992,
469; Mühlhaus-Janiszewski, StVO, 14. Auflage, § 1 Rnr. 71; vgl. auch BGH bei
Janiszewski, NStZ 1996, 268). Die Sicherheit eines bestimmten Rechtsguts muß so
stark beeinträchtigt sein, daß es vom Zufall abhängt, ob es verletzt wird oder nicht (BGH
VRS 68, 116 m.N.). Eine derartige Gefährdung der zu beiden Seiten des
Fußgängerüberweges R.gasse auf grünes Licht wartenden Fußgänger lag nach den
amtsgerichtlichen Feststellungen nicht vor; die Fußgänger hatten noch keinen Fuß auf
den Überweg gesetzt.
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Da ausgeschlossen werden kann, daß vom Amtsgericht noch ergänzende
Feststellungen zur Gefährdung der wartenden Fußgänger getroffenen werden können,
war der Schuldspruch auf einen Verstoß gegen § 37 StVO zu beschränken.
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Bei der Bemessung des Bußgeldes hat das Amtsgericht fehlerhaft die Ziffer 34.2.1 der
BKatV zugrundegelegt. Der mit einem Bußgeld von 4OO DM und einem einmonatigen
Fahrverbot belegte Verstoß gegen § 37 StVO mit Gefährdung oder Sachbeschädigung
setzt ebenfalls eine konkrete Gefährdung voraus (vgl. OLG Karlsruhe, DAR 1996, 33 ff.).
Da auch hier ergänzende Feststellungen nicht möglich sind, hat der Senat auf die nach
der BKatV festgesetzte Regelbuße von 25O DM erkannt. Es bestand im vorliegenden
Falle keine Veranlassung, von dieser Regelbuße abzuweichen.
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Das galt auch für das vom Senat entsprechend Nr. 34.2 für den vom Amtsgericht
fehlerfrei festgestellten qualifizierten Rotlichtverstoß vorgesehene Fahrverbot von einem
Monat. § 2 Abs. 1 Nr. 4 BKatV sieht für ein qualifizierten Rotlichtverstoß gemäß Nr. 34.2
BKatV die Verhängung eines Fahrverbotes vor. Die Erfüllung eines der Tatbestände
des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 BKatV indiziert das Vorliegen eines groben Verstoßes
im Sinne von § 25 Abs. 1 Satz 1 StVG, der zugleich ein derart hohes Maß an
Verantwortungslosigkeit im Straßenverkehr offenbart, daß es regelmäßig der
Denkzettel- und Besinnungsmaßnahme des Fahrverbotes bedarf (vgl. BGHSt 38, 125;
ständige Senatsrechtsprechung vgl. SenE vom 22. Dezember 1995 - Ss 655/95 - (B)).
Dabei lagen nach den Feststellungen des Amtsgerichts keine erheblichen Härten oder
mehrere für sich genommene gewöhnliche und durchschnittliche Umstände vor, die es
nahegelegt hätten, eine Ausnahme vom Regelfahrverbot anzunehmen. Zwar ist
anerkannt, daß Arbeitsplatzverlust und Existenzbedrohung sich als außergewöhnliche
Härten darstellen können, die ein Abweichen vom Regelfahrverbot ermöglichen (vgl.
SenE vom 31. Januar 1995 - Ss 17/95 - (B)). Handelt es sich dagegen nur um berufliche
oder wirtschaftliche Nachteile, so müssen diese hingenommen werden (vgl. OLG Hamm
VRS 75, 312; OLG Düsseldorf VRS 68, 228). Dabei ist es dem Betroffenen auch
zuzumuten, für die Dauer eines einmonatigen Fahrverbots Urlaub zu nehmen, um evtl.
berufliche Schwierigkeiten zu vermeiden (SenE, a. a. O.; BayObLG DAR 1991, 11O).
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Die Entscheidung über die Kosten und Auflagen beruht auf § 473 Abs. 1 StPO, § 473
Abs. 4 StPO war nicht anzuwenden, da - vor allem wegen des verhängten Fahrverbots -
davon auszugehen ist,
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daß der Betroffene das Rechtsmittel auch eingelegt hätte, wenn das Urteil des
Amtsgerichts schon so gelautet hätte wie das des Rechtsmittelgerichts (vgl.
Kleinknecht/Meyer-Goßner, StPO, 42. Aufl., § 473 Rdn. 26).
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