Urteil des OLG Köln vom 10.11.1992

OLG Köln (verkehr, sache, tragweite, präsident, vereinbarung, forderung, zweck, verhandlung, verbindlichkeit, höhe)

Oberlandesgericht Köln, 15 U 72/92
Datum:
10.11.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
15. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
15 U 72/92
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 14 O 519/91
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 01.04.1992 verkündete Urteil
des Landgerichts Köln - 14 O 519/91 - aufgehoben. Die Sache wird zur
weiteren Verhandlung und Entscheidung über die Begründetheit der
Klage an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung
über die Kosten des Berufungsverfahrens vorbehalten bleibt.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
1
A.
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Die zulässige Berufung führt zur Aufhebung des ange-fochtenen Urteils und zur
Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
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I.
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Das Landgericht hat die Klage zu Unrecht mit der Begründung als unzulässig
abgewiesen, die Klägerin sei nicht berechtigt, die ihr von der Fa. D. abgetretene
Forderung im eigenen Namen gerichtlich geltend zu machen.
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Das Landgericht geht zutreffend davon aus, daß die geschäftsmäßige Besorgung
fremder Rechtsangelegenheiten der behördlichen Erlaubnis bedarf und daß die
gemäß Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 5 RBerG Inkassoun-ternehmern zu erteilende
Erlaubnis nur die außerge-richtliche Einziehung abgetretener Forderungen umfassen
darf. Der Zweck und die Tragweite dieser gesetzlichen Regelung sind allerdings
umstritten (vgl. dazu und zum folgenden das - von der Klägerin mit ihrem Schriftsatz
vom 19.02.1992 in einer Ablichtung - Bl. 38 ff. d.A. - zu den Akten gereichte - Urteil des
BGH vom 16.05.1991 - VII ZR 225/90 -, dem der Senat folgt). Selbst wenn die
Vorschrift des Art. 1 § 1 Abs. 1 S. 1 und S. 2 Nr. 5 RBerG aber - wie das Landgericht
ange-nommen hat - in dem Sinne verstanden werden müßte, daß ein
Inkassounternehmen eine ihm abgetretene Forderung auch mit Hilfe eines
Rechtsanwalts nicht gerichtlich geltend machen kann (wie es in der vorliegenden
Sache durch die Klägerin geschieht), so wäre die Klägerin aufgrund der Erlaubnis, die
ihr der Präsident des Amts-gerichts Köln am 10.09.1987 erteilt hat (vgl. Bl. 205, 206 d.
A.) und die gemäß dem Schreiben des Präsidenten des Landgerichts Köln vom
28.03.1989 (vgl. Bl. 207, 208 d. A.) in der am 10.09.1987 erteilten Form weiterbe-steht,
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gleichwohl befugt, den vorliegenden Rechtsstreit zu führen.
In der (insoweit auch im Schreiben des Präsidenten des Landgerichts Köln vom
28.03.1989 wiedergegebenen) Er-laubnis vom 10.09.1987 heißt es:
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Diese Erlaubnis erstreckt sich nicht auf die Vertretung und Beratung der Gläubiger in
gericht-lichen ... Verfahren. Demgemäß werden insbesondere die Einreichung von
Anträgen im Mahnverfahren und der Verkehr mit dem Vollstreckungsgericht ... durch
diese Erlaubnis nicht gedeckt. Der Verkehr mit den Gerichtsvollziehern ist dagegen
gestattet, ebenso der Verkehr und der informierende Schrift-wechsel mit den
Prozeßbevollmächtigten in den aus den Inkassoaufträgen erwachsenen Prozessen
und sonstigen gerichtlichen Verfahren.
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Die Erlaubnis besagt nach dem objektiven Erklärungswert ihrer Formulierung (nach
der der Klägerin "in den aus den Inkassoaufträgen erwachsenen Prozessen" der
Verkehr und der informierende Schriftwechsel mit den Prozeßbe-vollmächtigten
gestattet ist), daß die Klägerin Prozes-se der vorliegenden Art, obgleich nur mit Hilfe
eines Rechtsanwalts, selbst auch anstrengen darf (vgl. BGH a.a.O.).
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Die Auffassung des Landgerichts, daß sich ein dahinge-hendes Verständnis der
Erlaubnis im Hinblick auf den Gesetzeswortlaut verbiete, kann schon deswegen nicht
gefolgt werden, weil der Zweck und die Tragweite der gesetzlichen Regelung - wie
bereits angesprochen - um-stritten sind und die Erlaubnis gerade vor diesem Hin-
tergrund sehr wohl auch in dem vom Senat angenommenen Sinne verstanden werden
kann.
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Nach alledem könnte sich nur die Frage stellen, ob die der Klägerin erteilte Erlaubnis
rechtswidrig ist, deren Beantwortung aber dahingestellt bleiben kann, weil jedenfalls
Anhaltspunkte für ihre Nichtigkeit nicht ge-geben sind, auch weder vorgetragen noch
sonst ersicht-lich ist, daß der Präsident des Landgerichts Kön zwi-schenzeitlich etwa
eine Veranlassung gesehen hat, die Erlaubnis zu widerrufen oder abzuändern, und
der Senat sich deswegen bei der Prüfung der Prozeßführungsbefug-nis der Klägerin
über die der Klägerin erteilte Erlaub-nis, selbst wenn diese rechtswidrig sein sollte,
nicht hinwegsetzen kann (vgl. BGH a.a.O.).
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II.
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Da die Klägerin prozeßführungsbefugt ist, kommt es für die Entscheidung des
Rechtsstreits auf die Begründet-heit der Klageforderung an; insoweit ist der Prozeß
noch nicht zur Endentscheidung reif.
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Es kann zwar davon ausgegangen werden, daß der Beklagte gemäß der
Vereinbarung vom 22.09.1989 (vgl. deren Ziff. 1 und 11) verpflichtet ist, außer für die
durch den Vollstreckungsbescheid vom 19.01.1989 titu-lierten Forderungen auch für
"die Kosten notwendiger Vollstreckungsmaßnahmen, soweit sie bisher angefallen sind
oder künftig noch anfallen werden", einzustehen. Der Beklagte dürfte schon angesichts
des unstreitigen Anerkenntnisses der Fa. F. zu Ziff. 2 der Vereinbarung vom
22.09.1989 auch keinen Erfolg haben, soweit er nun-mehr bestreitet, daß die
Inkassozession vom 09.11.1988 (Bl. 10 d. A.) von dem Geschäftsführer der Fa. D. un-
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terschrieben worden sei, und damit geltend machen will, daß eine Verbindlichkeit der
Fa. F. gegenüber der Klä-gerin nicht bestehe. Die Sache bedarf aber jedenfalls
hinsichtlich der Höhe der Klageforderung noch einer weiteren Aufklärung, weil der
Beklagte die Entstehung der geltend gemachten Vollstreckungskosten bestreitet. Der
Rechtsstreit war deswegen gemäß § 538 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zur weiteren Verhandlung
und Entscheidung über die sachliche Berechtigung der Klageforderung an das
Landgericht zurückzuverweisen.
B.
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Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfah-rens war dem Landgericht
vorzubehalten, weil der Umfang des beiderseitigen Obsiegens bzw. Unterliegens noch
nicht feststeht.
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Ein Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ist nicht veranlaßt, da das Urteil keinen
vollstreckungsfä-higen Inhalt hat.
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Gebührenstreitwert für die Berufung: 8.657,32 DM.
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