Urteil des OLG Köln vom 15.10.2003

OLG Köln (kläger, kreditvertrag, ablösung, finanzierung, auflösende bedingung, kauf, vereinbarung, zpo, behauptung, kreditgeber)

Oberlandesgericht Köln, 13 U 32/03
Datum:
15.10.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 32/03
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 29 O 136/02
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 14.11.2002 verkündete Urteil
der 29. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 29 O 136/02 - wird
zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten der Berufung zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird nicht zugelassen.
G r ü n d e
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I.
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Am 28.06.2000 erwarb der Kläger für seine Einzelfirma von dem Autohaus H. einen von
der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der A. Privat- und Handelsbank AG, finanzierten
PKW Saab 9-3S Coupé 2.0t Ecopower (Fahrgestellnummer xxxxxxxxxxxxxxxxxxxx)
zum Gesamtpreis von 51.570,00 DM. Am 28.06.2001 vereinbarte der Kläger mit der Fa.
H. die Rückgabe dieses Fahrzeugs gegen Ablösung der Finanzierung jenes Fahrzeugs
und Kauf eines - wiederum von der Rechtsvorgängerin der Beklagten finanzierten -
Neufahrzeugs Saab 9-3SE 5T 2.0 Turbo Limited Edition (Fahrgestellnummer
xxxxxxxxxxxxxxxxxx) zum Gesamtpreis von 50.375,00 DM. Nachdem sich die Fa. H.
wegen Vermögensverfalls außerstande sah, die Ablösevereinbarung zu erfüllen, und
sich die Rechtsvorgängerin der Beklagten (im folgenden nur noch: Beklagte) weigerte,
den Kläger aus dem Kreditvertrag über das Neufahrzeug zu entlassen, nahm der Kläger
das Altfahrzeug wieder an sich und vereinbarte mit der Beklagten die - im Laufe des
erstinstanzlichen Rechtsstreits erfolgte - Verwertung des Neufahrzeugs.
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Mit der Klage hat der Kläger in erster Linie die Feststellung erstrebt, dass der am
19.07.2001 mit der Beklagten geschlossene Kreditvertrag (Finanzierungsnr.
xxxxxxxxxxx) über das vorgenannte Neufahrzeug nicht wirksam zustande gekommen
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sei, hilfsweise, dass dieser Kreditvertrag aufgrund der vom Kläger mit Schreiben vom
05.03.2002 erklärten Anfechtung von Anfang an als nichtig anzusehen sei. Mit Urteil
vom 14.11.2002, auf das Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage
abgewiesen. Mit der Berufung verfolgt der Kläger seinen Hauptantrag weiter, nunmehr
ergänzt durch den Hilfsantrag festzustellen, dass die Beklagte den Kaufvertrag vom
28.06.2000 über das genannte Altfahrzeug und den hierzu unter dem 28.06.2000
geschlossenen Kreditvertrag zur Finanzierung jenes PKWs abzulösen habe.
II.
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Das angefochtene Urteil hält den Angriffen der Berufung stand. Der Kreditvertrag vom
19.07.2001 ist entgegen der vom Kläger begehrten Feststellung wirksam zustande
gekommen. Die Beklagte ist auch nicht verpflichtet, den Kaufvertrag über das
Altfahrzeug und den zur Finanzierung jenes Fahrzeugs geschlossenen Kreditvertrag
abzulösen. Die zwischen dem Kläger und der Fa. H. getroffene Vereinbarung über die
Ablösung des Altkredits begründet nicht die Annahme, der zur Finanzierung des
Neukaufs abgeschlossene Kreditvertrag vom 19.07.2001 sei aufgrund der Nichterfüllung
der Ablösevereinbarung hinfällig geworden (sei es, dass man die Erfüllung bzw.
Nichterfüllung der Ablösevereinbarung als aufschiebende bzw. auflösende Bedingung
sowohl des Kauf- als auch des Kreditvertrages ansieht, oder sei es, dass man auf
anderweitige Verknüpfungskonstruktionen - wie etwa das Rechtsinstitut des Wegfalls
der Geschäftsgrundlage - zurückgreift). Der Beklagten kann die vom Kläger bei der
Bestellung des Neufahrzeugs mit der Fa. H. getroffene Ablösevereinbarung weder unter
dem Gesichtspunkt des verbundenen Geschäfts (gemäß § 242 BGB) noch unter dem
Gesichtspunkt einer Zurechnung nach Pflichtenkreisen (gemäß §§ 123, 278 BGB)
entgegen gehalten werden.
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1. Da es sich um einen Kredit für eine vom Kläger ausgeübte gewerbliche Tätigkeit
handelte, findet das Verbraucherkreditgesetz keine Anwendung. Auf die mit der
Berufung vertretene Auffassung, dass insoweit auf die von der Rechtsprechung
unter der Geltung des Abzahlungsgesetzes entwickelten Grundsätze für
verbundene Verträge zurückzugreifen sei - dort wurde der geschützte
Personenkreis in Analogie zu § 8 AbzG bestimmt, so dass mit Ausnahme von
Vollkaufleuten auch Kleinkaufleute, Handwerker, Kleingewerbetreibende und
Freiberufler darunter fielen -, braucht nicht eingegangen zu werden (zur Frage
eines verbleibenden Anwendungsbereichs jener Rechtsprechungsgrundsätze auf
jenen vom Verbraucherkreditgesetz nicht geschützten Personenkreis vgl. MüK/
Habersack, 3. Aufl., § 9 VerbrKrG, Rz. 79 mit weiteren Schrifttumsnachweisen;
Reinking/Eggert, Der Autokauf, 8. Aufl., Rz. 738, stellen als "bezeichnend" fest,
dass seit Inkrafttreten des Verbraucherkreditgesetzes keine Entscheidungen
veröffentlicht wurden, die sich mit dieser Fragestellung überhaupt noch befassen).
Denn selbst bei Anwendung dieser Grundsätze könnte der Kläger der Beklagten
nicht die mit der Verkäuferin getroffene Ablösevereinbarung entgegen halten. Dem
Kreditgeber ist auch bei verbundenen Geschäften nur zumutbar, die Risiken zu
übernehmen, die sich bei Abschluss des Kreditvertrages aus dem finanzierten
Geschäft absehbar ergeben. Der Schutz des Verbrauchers vor den besonderen
Gefahren, die sich aus der Aufspaltung des verbundenen Geschäfts in zwei
Verträge ergeben, rechtfertigt es folgerichtig nicht, dem Verbraucher auch solche
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Risiken abzunehmen und auf den Kreditgeber zu überbürden, die aus anderen -
wenn auch mit dem Kauf in mehr oder weniger engem Zusammenhang stehenden
- Rechtsgeschäften erwachsen (BGH, NJW 1973, 1275). Es ist dem
Käufer/Kreditnehmer somit nicht gestattet, dem Kreditgeber Einwendungen
entgegen zu setzen, die nicht entscheidend aus dem Kauf, sondern aus anderen
neben dem Kauf einher laufenden Abreden mit dem Verkäufer erwachsen, mögen
diese Abreden auch mit dem Kauf wirtschaftlich und rechtlich mehr oder weniger
eng verknüpft sein (BGH, a.a.O.; zur Frage, ob und inwieweit dies auch im
Anwendungsbereich des VerbrKrG gilt, vgl. MüK/Habersack, BGB, 3. Aufl., Rz. 74
zu § 9 VerbrKrG; Soergel/Häuser, BGB, 12. Aufl., Rz. 98 zu § 9 VerbrKrG; Fueller,
ZBB 2001, 157, 161). Die Ablösevereinbarung hatte die Abwicklung des
Kaufvertrages über das Altfahrzeug und dessen Finanzierung zum Gegenstand.
Sie begründete damit unabhängig davon, ob und inwieweit es sich rechtlich um
ein einheitliches Vertragswerk, um bedingungsmäßig oder als
Geschäftsgrundlage miteinander verknüpfte Vereinbarungen handelt, keine dem
Risikobereich der Beklagten zurechenbare Einwendung aus dem mit dem
Kreditvertrag vom 19.07.2001 finanzierten Neukauf (so auch OLG Koblenz, WM
2003, 1811). Als nachträgliche Vereinbarung begründete sie (selbst im
Anwendungsbereich des Verbraucherkreditgesetzes, § 9 Abs.3 S.2, 2. Alt.) auch
keine Einwendung gegen die Beklagte aus dem finanzierten Altkauf (vgl. OLG
Düsseldorf, OLGR 1999, 318, 320).
1. Die Beklagte muss sich die zwischen dem Kläger und der Fa. H. getroffene
Ablösevereinbarung ferner nicht deshalb zurechnen lassen, weil sie sich der Fa.
H. als Verhandlungsführerin hinsichtlich des Kreditvertrages vom 19.07.2001
bedient hat. Richtig ist - wie die Berufung unter Bezugnahme auf BGH, NJW 2001,
358 anführt -, dass ein Vermittler, der mit Wissen und Wollen einer der späteren
Vertragsparteien Aufgaben wahrnimmt, die typischerweise ihr obliegen, in ihrem
Pflichtenkreis tätig wird und zugleich als ihre Hilfsperson zu betrachten ist. Die
Ablösevereinbarung hatte die Befreiung des Klägers von seinen
Zahlungsverpflichtungen aus dem Altkreditvertrag zum Gegenstand. Mit dieser
Vereinbarung hat die Fa. H. somit keine Aufgaben der Kreditgeberin
wahrgenommen, sondern dem Kläger gegenüber die Verpflichtung übernommen,
ihn von seiner Altdarlehensverpflichtung zu befreien. Die Ablösevereinbarung ist
damit fraglos dem Pflichtenkreis des Klägers und nicht demjenigen der Beklagten
zuzuordnen. Insoweit ist die Fa. H. auch als Dritter i.S.d. § 123 Abs.2 BGB
anzusehen. Der Beklagten wäre die Ablösevereinbarung daher nur zuzurechnen,
wenn sie nicht nur diese Vereinbarung gekannt, sondern auch gewusst hätte oder
hätte wissen müssen, dass der Kreditvertrag zur Finanzierung des Neufahrzeugs
von der Erfüllung dieser Ablösevereinbarung durch die Fa. H. abhängig sein
sollte. Für ein solches Wissen oder Wissenmüssen bietet das Vorbringen des
Klägers indessen keine konkreten Anhaltspunkte. Die Behauptung des Klägers,
Herr H. habe im Beisein des Klägers und dessen Ehefrau "die Kundendaten, die
Kaufbedingungen und die Informationen zur Finanzierung telefonisch an den
Mitarbeiter der Beklagten weiter" gegeben (Bl. 119 GA), ist unergiebig. Die
Beklagte schließt selbst nicht aus (Bl. 144 unten GA), von Herrn H. darüber
informiert gewesen zu sein, dass er den alten Kreditvertrag ablösen wolle. Das
gab der Beklagten indessen keinen Anlass zu der Annahme, dass nach der
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Vorstellung der Kaufvertragsparteien der neue Kreditvertrag nur und erst mit der
Ablösung des Altvertrages wirksam sein solle. In tatsächlicher Hinsicht erschöpfte
sich das erstinstanzliche Vorbringen des Klägers hierzu in der Rechtsbehauptung
(Bl. 57 GA), das Zustandekommen des zweiten Finanzierungsvertrages sei mit
Zustimmung der Beklagten "unter der Maßgabe" der Ablösung des ersten
Vertrages erfolgt. Herr H. habe erklärt, von der Beklagten dazu bevollmächtigt zu
sein, den vorangegangenen Finanzierungsvertrag abzulösen und gleichzeitig
einen neuen Finanzierungsvertrag für die Beklagte zu vermitteln, und habe auch
mit Mitarbeitern der Beklagten wegen der Ablösesumme telefoniert. Dass der neue
Kreditvertrag erst Hand in Hand mit der Ablösung des Altkredits wirksam werden
sollte, konnte und musste die Beklagte hieraus nicht entnehmen. Es ging nicht um
eine bloße Kreditzusage der Beklagten für den Fall der Ablösung des Altkredits.
Ebenso wenig sollte etwa der Neukredit erst nach Ablösung des Altkredits an die
Fa. H. ausgezahlt werden. Weder der Kläger noch Herr H. konnten indessen
ernsthaft erwarten, dass die Beklagte bereits den Neukredit an die Fa. H.
auszahlte, wenn die Wirksamkeit dieses Kreditvertrages von der Ablösung des
Altkredits durch die Fa. H. abhängig sein sollte. Wenn das - für die Beklagte
erkennbar - gewollt gewesen wäre, hätte vielmehr eine Verrechnung nahegelegen
mit der Folge, dass lediglich der Differenzbetrag zwischen dem finanzierten
Kaufpreis für das Neufahrzeug und der Ablösesumme des Altkredits an die Fa. H.
zur Auszahlung gekommen wäre. Stattdessen ist der Neukredit durch Auszahlung
des Kaufpreises für das vom Kläger in Empfang genommene Neufahrzeug
valutiert worden, während der Altkredit noch weiter lief, wie dem Kläger bekannt
war, da er erklärtermaßen von Herrn H. informiert war (Bl. 16 GA), dass die
Ablösung ggf. zwei bis drei Monate dauern könne und der Kläger solange beide
Raten (d.h. die Raten für beide Kredite) zu zahlen habe (die
Ratenzahlungsverpflichtung für den Neukredit setzte allerdings erst am
01.09.2001 ein). Das Landgericht hat die Rechtsbehauptung des Klägers, die
Beklagte sei damit einverstanden gewesen, dass der Kreditvertrag vom
19.07.2001 erst mit Ablösung des Altkredits wirksam werden solle, daher mit
Recht als unschlüssig angesehen, ohne Anlass zu haben, dem Kläger hierzu
eigens noch einen rechtlichen Hinweis zu erteilen. Da das vom Kläger
angenommene Einverständnis der Beklagten erklärtermaßen lediglich auf dem
beruhte, was er aus der in seiner Anwesenheit geführten telefonischen
Finanzierungsanfrage des Herrn H. bei der Beklagten entnommen hatte, konnte
und musste das Gericht davon ausgehen, dass hierzu vollständig vorgetragen war.
Es beruht daher auf prozessualer Nachlässigkeit (§ 531 Abs.2 Nr.3 ZPO n.F.),
wenn erstmals mit der Berufung die Behauptung aufgestellt wird, bei dieser
Finanzierungsanfrage habe Herr H. darauf hingewiesen, "dass der
Finanzierungsvertrag nur nach Ablösung der Verträge wegen des zuvor
erworbenen PKWs und der dazugehörigen Finanzierung erfolgt" (Bl. 120 GA), und
die Beklagte habe die Finanzierung in dieser Form bestätigt. Der Kläger bleibt
folglich gemäß § 529 Abs.1 Nr.2 ZPO n.F. mit dieser zweitinstanzlich nicht mehr
berücksichtigungsfähigen Behauptung ausgeschlossen.
III.
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Aus den vorstehenden Ausführungen folgt zugleich, dass eine Zulassung der Revision
ausscheidet. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch bedarf es aus
Gründen der Rechtsfortbildung oder der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung
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einer Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs.2 ZPO n.F.). Die prozessualen
Nebenentscheidungen im übrigen beruhen auf den §§ 97 Abs.1, 708 Nr.10, 713 ZPO.
Streitwert der Berufung und Beschwer des Klägers durch dieses Urteil: bis 13.000 EUR
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(das Interesse des Klägers an der Feststellung der Unwirksamkeit des Kreditvertrages
vom 19.07.2001 beschränkt sich auf die Restschuld, die nach Anrechnung aller
Zahlungen, des Verwertungserlöses und der Gebührenrückvergütung verbleibt, von der
Beklagten in der Anlage zum Schriftsatz vom 23.09.2003 auf aktuell 11.435,77 EUR
berechnet; für eine Höherbewertung des Hilfsantrages besteht kein Anhalt).
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