Urteil des OLG Köln vom 12.02.1993

OLG Köln (verteidiger, bremen, ermittlungsverfahren, verbindung, pflichtverteidiger, stpo, beschwerde, wahlverteidiger, vorverfahren, höhe)

Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 14/93
Datum:
12.02.1993
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 14/93
Tenor:
1. Die Beschwerde wird verworfen. 2. Das Verfahren über die
Beschwerde ist gebürenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
G r ü n d e :
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I.
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Gegen den Verurteilten waren insgesamt 83 Ermitt-lungsverfahren anhängig. Am 18.
April 1990 hat die Staatsanwaltschaft Aachen 20 Ermittlungsverfahren nach § 170
Abs. 2 StPO und 8 Ermittlungsverfahren nach § 154 Abs. 1 StPO eingestellt sowie 42
Verfah-ren miteinander verbunden, wobei das Verfahren 12 Js 1281/88 zum
führenden bestimmt wurde. Die Ankla-geschrift vom 18. April 1990 legte dem
Verurteilten Betrug in 67 Fällen, davon in 26 Fällen fortgesetzt handelnd, falsche
Versicherung an Eides Statt sowie Hehlerei zur Last, wozu auch Vorwürfe aus
Verfahren gehörten, die nicht eingestellt oder verbunden wor-den sind. Der
Beschwerdeführer ist dem Verurteilten am 21. August 1990 als Pflichtverteidiger
beigeord-net worden. Die 6. große Strafkammer des Landge-richts Aachen hat gegen
den Verurteilten am 18. Ja-nuar 1991 wegen Betruges in 4 Fällen, falscher Ver-
sicherung an Eides Statt und Beihilfe zur Untreue eine Gesamtfreiheitsstrafe von 4
Jahren und 3 Mona-ten verhängt. Das Urteil ist rechtskräftig.
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Mit seinen Anträgen vom 18. Januar 1991 und 24. Fe-bruar 1992 hat der Verteidiger
u.a. die Festsetzung von 83 Vorverfahrensgebühren und ebenso vielen
Auslagenpauschalen beantragt mit der Begründung, er sei in allen Vorverfahren als
Wahlverteidiger tätig gewesen.
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Der Urkundesbeamte der Geschäftsstelle hat mit den Beschlüssen vom 31. Januar
1991 und 19. Mai 1992 für das führende Verfahren 12 Js 1281/88 StA Aachen je eine
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Auslagenpauschale in Höhe von 30,00 DM und eine Vorverfahrensgebühr in Höhe
von 200,00 DM festgesetzt. Gegen den Kostenfestsetzungsbe-schluß vom 19. Mai
1992 hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 26. Mai 1992 Erinnerung eingelegt,
soweit die angemeldeten Vorverfahrensgebühren für die Verteidigertätigkeit in 82
Ermittlungsverfahren nicht festgesetzt worden sind. Der Vorsitzende der 6. großen
Strafkammer des Landgerichts Aachen hat am 23. Dezember 1992 die Erinnerung
zurückgewiesen, weil die Zubilligung von insgesamt 82 Vorverfah-rensgebühren mit
den damit zusammenhängenden Ausla-genpauschalen zu Recht abgelehnt worden
sei. Gegen diesen Beschluß, "mit welchem die Erstattung weite-rer
Vorverfahrensgebühren und damit zusammenhängen-der Auslagenpauschalen
abgelehnt worden ist", hat der Verteidiger mit Schriftsatz vom 06. Januar 1993
Beschwerde eingelegt.
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II.
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Die nach § 98 Abs. 3 BRAGO statthafte und auch im übrigen hinsichtlich ihrer
Zulässigkeit nicht zu beanstandende Beschwerde ist nicht begründet. Dem Antrag
des Verteidigers, für weitere 82 Ermitt-lungsverfahren je eine Vorverfahrensgebühr
(§§ 84, 97 BRAGO) sowie je eine Auslagenpauschale (§§ 27 Abs. 2, 97 Abs. 2
BRAGO) gegen die Staatskasse festzusetzen, ist zu Recht nicht entsprochen worden.
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Dem Verteidiger, der erst nach der Verbindung der Ermittlungsverfahren durch die
Staatsanwaltschaft am 18. April 1990, nämlich am 21. August 1990, zum
Pflichtverteidiger bestellt worden ist, steht nur für das -nach der Verbindung führende-
Verfahren 12 Js 1281/88 StA Aachen je eine Vorverfahrens-gebühr und eine
Auslagenpauschale zu, die auch festgesetzt worden sind. Durch die von der Staats-
anwaltschaft zulässigerweise (vgl. Meier/Goßner in DRiZ 1985, 241 ff)
vorgenommene Verbindung der ver-schiedenen Ermittlungsverfahren bzw. dadurch,
daß Vorwürfe aus mehreren Ermittlungsverfahren in der Anklageschrift vom 18. April
1990 zusammengefaßt wurden, sind die Verfahren -anders als bei einer Verbindung
nach § 237 StPO, bei der die verbundenen Verfahren in ihrer Selbständigkeit
bestehen bleiben (vgl. SenE vom 13.09.1991 -2 Ws 289/91-) - in ent-sprechender
Anwendung von § 4 StPO zu einem Verfah-ren verschmolzen worden (vgl.: LG
Bremen KostRspr. BRAGO § 97 Nr. 38 und 31; OLG Bremen KostRspr. BRA-GO § 97
Nr. 45). Mithin ist der Verteidiger nur in e i n e m Verfahren zum Pfichtverteidiger
bestellt worden. Da das Gebührenrecht dem Prozeßrecht folgt, bedeutet das für die
Gebühren und Auslagen, daß im Falle der Beiordnung nach erfolgter Verbindung
lediglich eine einheitlich Vorverfahrensgebühr und eine Auslagenpauschale
entstehen (OLG Bremen a. a. O.), und zwar auch dann, wenn - wie hier - der
Pflichtverteidiger in den mehreren noch selbständi-gen Vorverfahren als
Wahlverteidiger tätig geworden ist (LG Bremen a. a. O. Nr. 38; a. A.: Lappe Anm. zu
LG Bremen KostRspr. BRAGO § 97 Nr. 38). Anders wäre es allerdings dann, wenn
der Pflichtverteidi-ger schon in den verschiedenen Vorverfahren, solan-ge sie noch
selbständig waren, zum Pflichtverteidi-ger bestellt worden wäre (LG Bremen a. a. O.
Nr. 31). Ob und inwieweit dem Verteidiger aus seiner Tätigkeit als Wahlverteidiger
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vor seiner Bestellung zum Pflichtverteidiger Gebühren- und Auslagenan-sprüche
zustehen, braucht hier nicht entschieden zu werden.
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Die Kostenregelung ergibt sich aus § 98 Abs. 4 BRAGO.
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