Urteil des OLG Köln vom 13.08.1996

OLG Köln (kläger, eintritt des versicherungsfalles, fahrzeug, unterbrechung der frist, treu und glauben, versicherungsnehmer, amtliches kennzeichen, frist, entschädigung, sicherstellung)

Oberlandesgericht Köln, 9 U 12/96
Datum:
13.08.1996
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
9. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 U 12/96
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 23 O 158/94
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 6.12.1995 verkündete Urteil
der 23. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 23 O 158/94 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
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Die in formeller Hinsicht unbedenkliche Berufung hat in der Sache keinen Erfolg.
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Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht die Klage abgewiesen, soweit sie sich auf
die Verpflichtung der Beklagten zur Zahlung der Neupreisentschädigung für den am
7.4.1993 in Stettin gestohlenen PKW M. Benz 300 SL (amtliches Kennzeichen) des
Klägers richtete. Der Kläger hat insofern keinen Anspruch aus § 13 Nr. 2 und 10 AKB.
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1.
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Allerdings kann der Ansicht des Landgerichts, der Kläger erfülle bereits nicht die
Voraussetzungen des § 13 Nr. 2 AKB, weil er nicht als derjenige angesehen werden
könne, der den PKW als Neufahrzeug unmittelbar vom Hersteller oder Händler
erworben habe, nicht gefolgt werden.
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Nach § 13 Nr. 2 AKB ist Leistungsgrenze der Neupreis des Fahrzeugs, wenn sich das
Fahrzeug bei Eintritt des Versicherungsfalles inner-halb der ersten beiden Jahre nach
Erstzulassung im Eigentum dessen befindet, der es als Neufahrzeug unmittelbar vom
Kraftfahrzeughändler oder Kraftfahrzeughersteller erworben hat. Nach einer Meinung
muß damit zwischen dem Ersterwerber des Fahrzeugs und demjenigen, auf den es
erstmals zugelassen worden ist, Identität bestehen (Stiefel-Hofmann, AKB, 16. Aufl. §
13, Rz. 28; OLG Koblenz, VersR 86, 335). Diese Ansicht findet jedoch weder im
Wortlaut noch im Sinn der Vorschrift eine Grundlage. Nach der herrschenden Ansicht in
der Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat, ist vielmehr, entsprechend
dem Wortlaut der Bestimmung, neben der Zweijahresfrist nach Erstzulassung
maßgeblich, ob sich das Fahrzeug bei Eintritt des Versicherungsfalles im Eigentum
dessen befindet, der es als Neufahrzeug unmittelbar vom Kraftfahrzeughändler oder -
hersteller erworben hat (BGH VersR 80, 159; OLG Karlsruhe ZfS 95, 18; OLG Köln OLG
Report 96, 90 m.w.N.). Auf die formale Eintragung im Kfz-Brief kommt es bereits deshalb
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nicht entscheidend an, weil umgekehrt der Anspruch auf Kaskoentschädigung in Höhe
des Neupreises nicht deshalb ausgeschlossen wird, weil vor dem die Entschädigung
beanspruchenden Versicherungsnehmer beispielsweise der Kraftfahrzeughändler im
Kraftfahrzeugbrief eingetragen war (BGH a.a.O.).
Maßgeblich für die Eingrenzung des Kreises der Anspruchsberechtig-ten ist der Sinn
der Vorschrift des § 13 Abs. 2 AKB. Durch die Be-schränkung der Entschädigung auf
den Ersterwerber soll das subjek-tive Risiko begrenzt werden; der
Versicherungsnehmer soll nur dann eine Kaskoentschädigung in Höhe des Neupreises
erhalten, wenn das Fahrzeug von vornherein nur von ihm gefahren worden ist, so zum
Beispiel im Fall eines indirekten Erwerbs durch Eintritt in einen fremden Kaufvertrag mit
Umschreibung des Fahrzeugbriefs oder bei Zulassung auf den Händler, ohne daß
dieser das Fahrzeug für seine Zwecke genutzt hat (BGH a.a.O.). Der weitere Sinn dieser
Bestimmung liegt sodann darin, den Versicherungsnehmer vor den Nachteilen zu
bewahren, die mit der in den ersten beiden Jahren eintretenden überproportionalen
Wertminderung und einer dementsprechend geringen Zeitwertentschädigung
verbunden sind (OLG Köln VersR 92, 90).
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Nach dem Vortrag des Klägers liegt unzweifelhaft ein Sachverhalt vor, nach dem er
entsprechend den Grundsätzen der erwähnten Rechtsprechung als Ersterwerber
anzusehen ist. Unstreitig ist zwar im vorliegenden Fall die seinerzeitige Arbeitgeberin
des Klägers, die E. GmbH, als Käuferin in dem Kaufvertrag über das später entwendete
Fahrzeug aufgetreten mit der Folge, daß der gesamte Schriftverkehr einschließlich der
Rechnungen über diese Firma lief, wobei allerdings der Kläger selbst die Schreiben
verfaßte und entgegennahm. Das Fahrzeug sollte trotzdem von Anfang an allein vom
Kläger genutzt werden. Der Kläger hat auch allein den Kaufpreis bezahlt, indem er die
E. GmbH von der Begleichung des Kaufpreises freistellte und diesen auch sofort bei der
Firma M. Benz beglich. Unzweifelhaft war hierbei, daß die E. GmbH das Fahrzeug
niemals selbst gehalten oder auch nur genutzt hätte. Die am 19.12.1991 erfolgte
Zulassung auf den Kläger vollzog nach seinem Vortrag nur das nach, was bereits bei
der Erstzulassung am 12.12.1991 hätte erfolgen sollen. Hiernach trug alleine der Kläger
als faktischer Ersterwerber das Risiko des überproportionalen Wertverfalls in den ersten
beiden Jahren. Der Kläger hat darüber hinaus bewiesen, daß die Bezahlung des
streitgegenständlichen Fahrzeugs allein über sein Privatkonto floß.
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Soweit die Beklagte sich demgegenüber darauf beruft, der Vortrag des Klägers sei in
zahlreichen Einzelfragen widerlegt, ist dies zwar tatsächlich zutreffend, im Ergebnis
jedoch für die Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen des § 13 Nr. 2
AKB unerheblich. Richtig ist, daß der Versicherungsantrag vom 26.11. 1991 (Bl. 127
d.A.) als Versicherungsnehmerin die E. GmbH vorsah. Offensichtlich sind auch die
Angaben in diesem durchgestrichenen Formular noch am 12.12.1991 ergänzt worden,
da vorher das amtliche Kennzeichen und das Auslieferungsdatum des PKW noch nicht
bekannt gewesen sein dürften. Das wird belegt durch die Übersendung der Kopie des
Fahrzeugscheins durch die E. GmbH an die Beklagte unter dem 12.12.1991 (Bl. 129
d.A.). Das zeigt, daß das Betreiben des Fahrzeugs auf den Namen der E. GmbH
jedenfalls vorläufig geplant war und daß es sich bei dem Antrag vom 26.11.1991
entgegen dem Vortrag des Klägers nicht um eine falsa demonstratio handelte. Noch am
16.12.1991 beabsichtigte der Kläger, das Fahrzeug unter der Zulassung der E. GmbH
zu fahren, sonst hätte er an diesem Tag den Antrag auf Übertragung des
Schadensfreiheitsrabatts nicht gestellt (Bl. 130 d.A.). Dafür, daß das Fahrzeug zunächst
auf die Firma E. GmbH laufen sollte, spricht auch der Umstand, daß der Kläger erst am
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17.12.1991 einen Antrag auf Abschluß des Versicherungsvertrages auf seinen Namen
abgab, der ursprünglich am 19.12.1991 beginnen sollte und dann insoweit auf den
12.12.1991 geändert wurde (Bl. 55 d.A.); in dem Formular ist als Erstzulassung der
12.12.1991 erwähnt.
Nach Aktenlage spricht alles dafür, daß bei dem Kauf des Fahrzeugs und noch bis zum
16.12.1991 geplant war, den unter der Fa. E. gekauften PKW zunächst auch auf deren
Namen laufen zu lassen - so wie zuvor auch das Interimsfahrzeug, das bis zum
12.12.1991 im
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Eigentum der Arbeitgeberin des Klägers verblieb. Erst am 17.12.1991 entschied sich der
Kläger nach den vorliegenden Urkunden anders.
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Diese Umstände sind indes nicht geeignet, dem Kläger die Entschädigung auf
Neupreisbasis zu verwehren. Die beiden Regelungszwecke des § 13 Abs. 2 AKB -
einerseits den Versicherungsnehmer bei einem Verlust des Fahrzeugs vor den
Nachteilen der in der ersten Zeit nach Erstzulassung eintretenden überproportionalen
merkantilen Wertminderung zu bewahren, andererseits das subjektive Risiko des
Versicherers nur auf den Versicherungsnehmer zu beschränken, der das Fahrzeug von
vornherein gefahren hat - sind auch angesichts der zutage getretenen Umstände erfüllt.
Es sprechen nämlich keine Umstände dafür, daß die E. GmbH über die formale Stellung
hinaus Rechte im Hinblick auf das Fahrzeug erwerben sollte. Vielmehr sollte der Kläger,
der es bezahlt hatte, von vornherein dessen alleiniger Nutzer und auch dessen
Eigentümer sein. Dies wird insbesondere auch dadurch belegt, daß der Kläger den
PKW auch bei seinem Ausscheiden aus der Firma E. GmbH behielt und daß bei dem
Konkurs dieser Firma keine Rechte auf das streitgegenständliche Fahrzeug geltend
gemacht wurden. Das subjektive Risiko des Versicherers ist in einem solchen Fall des
Erwerbs über eine Mittelsperson nicht erhöht (vgl. OLG Köln OLG-Report 96, 89 f.). Er
kann nicht anders beurteilt werden als der Erwerb vom Händler nach dessen
Voreintragung, wenn das Fahrzeug von jenem nur zu Überführungs-, Probe- und
Rangierfahrten benutzt wurde (BGH VersR 80, 159).
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2.
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Allerdings hat der Kläger die Voraussetzungen des § 13 Nr. 10 AKB nicht erfüllt, weil er
nicht innerhalb der ihm nach dieser Vorschrift zur Verfügung stehenden Frist von zwei
Jahren nach Feststellung der Entschädigung die Wiederbeschaffung eines anderen
Fahrzeugs sichergestellt hat.
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Eine solche Sicherstellung ist unstreitig nicht durch die Anschaffung der drei von dem
Kläger angeschafften M.-Dieselfahrzeuge bzw. des Ford-Fiesta erfolgt. Zwar kann die
Versicherungsleistung auch auf mehrere geringerwertige Ersatzfahrzeuge aufgeteilt
werden; Voraussetzung für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 13 Nr. 10 AKB in
diesem Fall ist es aber, daß diese Fahrzeuge nebeneinander und nicht nacheinander
genutzt werden sollen (OLG Hamm r + s 88, 37). Das ist nach dem Vortrag des Klägers
überwiegend nicht der Fall gewesen. Zudem erreichen die Anschaffungspreise der
Fahrzeuge auch in keinem Fall den Wiederbeschaffungswert des gestohlenen
Fahrzeugs und schon gar nicht seinen Neupreis am Schadenstag.
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Sichergestellt ist der Neuerwerb indes auch, wenn ein Kaufvertrag verbindlich
geschlossen wurde (BGH VersR 81, 273; 86, 756; OLG Hamm ZfS 95, 221). Dies muß
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allerdings innerhalb der Zweijahresfrist geschehen. Diese Voraussetzung hat der Kläger
nicht erfüllt. Er hat frühestens am 22.5.1996 eine verbindliche Bestellung bei der Firma
Autohaus H. GmbH für einen M. Benz SL 320 Roadster abgegeben, die später - folgt
man dem Nachweis im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.7.1996 - von der M.-
Vertretung in Leverkusen bestätigt worden ist. Es bedarf keiner Entscheidung, ob bereits
der erstgenannte Zeitpunkt für die Sicherstellung des Neuerwerbs hätte maßgeblich
sein können, weil auch dieser nicht mehr rechtzeitig im Sinne von § 13 Nr. 10 AKB
gewesen wäre. Damit bedurfte es auch keiner Wiedereröffnung der mündlichen
Verhandlung (§§ 523, 156 ZPO). Unstreitig hat die Beklagte nämlich ihre Eintrittspflicht
für die Entwendung des PKW des Klägers bereits Mitte des Jahres 1993 dem Grunde
nach anerkannt, indem sie den unstreitigen Netto-Wiederbeschaffungswert des
Fahrzeugs in Höhe von 103.440,00 DM ausgezahlt hat. Sie verweigerte lediglich die
Entrichtung der hierauf entfallenden Mehrwertsteuer - zu der sie erstinstanzlich verurteilt
worden ist - sowie die weitergehende Neupreisentschädigung.
Dem Kläger ist es innerhalb der folgenden zwei Jahre bis Mitte des Jahres 1995 nicht
gelungen, den Neuerwerb eines Fahrzeugs zu einem unter den
Wiederbeschaffungswert hinausgehenden Preis sicherzustellen. Noch in der
Berufungsschrift hatte er geltend gemacht, ihm sei der Abschluß eines Kaufvertrags so
lange nicht zumutbar, als nicht feststünde, daß er die erhöhte Ersatzleistung erhalte (Bl.
189 d.A.). Soweit er sich darüber hinaus darauf berufen hat, er habe mit einem Zeugen
Glomb verbindlich vereinbart, daß er einen neuen M. Benz SL bestellen werde, sobald
der Restbetrag von der Beklagten zur Verfügung gestellt worden sei, reichte dieses
Inaussichtstellen eines Kaufvertrages zur Annahme der erforderlichen vertraglichen
Bindung nicht aus. Die in § 13 Nr. 10 AKB geforderte Sicherstellung setzt die gesicherte
Prognose voraus, der Versicherungsnehmer werde die Neupreisentschädigung zur
Anschaffung eines entsprechenden Ersatzfahrzeuges verwenden; eine
Absichtserklärung reicht nicht aus (OLG Köln r + s 90, 45).
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Erforderlich wäre vielmehr gewesen, daß der Kläger - etwa wie jetzt mittels eines
Kaufvertrages - innerhalb von zwei Jahren seit der Auszahlung der
Versicherungsentschädigung in Höhe des Wiederbeschaffungswertes die erst später
erfolgte Sicherstellung der Anschaffung eines entsprechenden Ersatzfahrzeuges
nachgewiesen hätte. Es handelt sich nach gefestigter Rechtsprechung bei dem Merkmal
der Sicherstellung der Verwendung der Entschädigung für eine Ersatzbeschaffung
entsprechend dem Wortlaut der Bestimmung um eine materielle
Anspruchsvoraussetzung zum Grunde, also um ein Tatbestandsmerkmal der Norm,
nicht lediglich um eine Fälligkeitsvoraussetzung (OLG Köln a.a.O.). Das bedeutet, daß
der Anspruch auf Auszahlung des den Wiederbeschaffungswert übersteigenden
Betrages nur und erst dann besteht, wenn die Voraussetzungen des § 13 Nr. 10 AKB
gegeben sind. Hieraus ergibt sich, daß eine Klage - auch auf Feststellung - der
Neuwertentschädigung so lange keinen Erfolg haben kann, als nicht die Sicherstellung
durch den Versicherungsnehmer dargetan ist.
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Bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals der "Feststellung der Entschädigung" in §
13 Nr. 10 AKB kann nicht davon ausgegangen werden, daß hiermit die Feststellung der
Neuwertentschädigungspflicht gemeint ist. Vielmehr ist erforderlich, aber auch
ausreichend, daß der Versicherer seine Deckungspflicht dem Grunde nach anerkennt,
wie dies vorliegend durch Auszahlung Mitte 1993 geschehen ist, oder seine
Eintrittspflicht in anderer Weise verbindlich festgestellt wird. Von diesem Zeitpunkt an
bleibt dem Versicherungsnehmer eine weitere Frist von zwei Jahren, innerhalb derer er
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die Voraussetzungen für eine darüber hinausgehende Neupreisentschädigung schaffen
kann. Diese Frist war für den Kläger bereits Mitte 1995 abgelaufen.
Dem Kläger kann nicht zugute kommen, daß er in diesem seit Februar 1994
rechtshängigen Zivilprozeß von Anfang an Erstattung in Höhe der
Neuwertentschädigung geltend gemacht hat, ohne indes bis Juni 1996 eine
Fahrzeugbestellung vorlegen zu können. Durch die Klageerhebung ist die Frist des § 13
Nr. 10 AKB weder gehemmt noch unterbrochen worden. Es handelt sich bei der
genannten Bestimmung um eine Ausschlußfrist. Anders als bei der Verjährungsfrist
endet bei dieser das Recht mit Fristablauf (RGZ 128, 47). Die entsprechende
Anwendung einzelner für die Verjährung geltender Regelungen des BGB ist auf
Ausschlußfristen zwar nicht schlechthin ausgeschlossen; vielmehr ist von Fall zu Fall
nach Sinn und Zweck der jeweiligen einzelnen Bestimmung zu entscheiden, inwieweit
Verjährungsfristen auf Ausschlußfristen auch dann anzuwenden sind, wenn nicht
ausdrücklich auf sie verwiesen wird (BGH NJW 1993, 1586 m.w.N.).
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Abgesehen davon, daß vorliegend keiner der in §§ 202 ff. BGB genannten
Hemmungsgründe vorliegt, kommt auch eine Unterbrechung der Frist des § 13 Nr. 10
AKB durch Klageerhebung (§ 209 BGB) jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn nicht
zugleich - oder zumindest innerhalb der maßgeblichen Zweijahresfrist - die Verwendung
der Entschädigung für die Ersatzbeschaffung sichergestellt ist. Sinn und Zweck der
Regelung ist es, daß der Versicherer innerhalb von zwei Jahren nach Feststellung der
Entschädigung Klarheit haben soll, ob er darüber hinaus eine Entschädigungsleistung
in Höhe des Neuwertes schuldet. Würde es zugelassen, daß der Versicherungsnehmer,
ohne sich um den Sicherstellungsnachweis zu kümmern, mit einer von vornherein
unschlüssigen Klage die Neuwertdifferenz geltend machen könnte, um dann -
möglicherweise erst nach Jahren unmittelbar vor dem Schluß der mündlichen
Verhandlung in der Tatsacheninstanz - den erforderlichen Kaufvertrag vorzulegen,
könnte er nach seinem Belieben die Ausschlußfrist verlängern. Hierfür besteht jedoch
kein Schutzbedürfnis auf Seiten des Versicherungsnehmers. Sobald die Eintrittspflicht
des Versicherers dem Grunde nach festgestellt ist, bleiben ihm zwei Jahre, um sich über
die Verwendung der Entschädigungsleistung für ein gleichwertiges Ersatzfahrzeug
klarzuwerden. Wenn er sich nicht sicher ist, ob er die Neuwertentschädigung erhalten
wird, ist es ihm sogar unbenommen, einen Kaufvertrag abzuschließen, der unter dem
ausdrücklichen Vorbehalt der Neupreisentschädigungszahlung durch den Versicherer
steht (OLG Hamm ZfS 95, 221), da es sich hierbei um die Vereinbarung einer
aufschiebenden Bedingung handelt, die dem Sinn und Zweck der
Wiederherstellungsklausel des § 13 Nr. 10 AKB nicht entgegensteht.
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Bei dieser Sachlage kann der Kläger auch nicht geltend machen, die Berufung des
Versicherers auf die Ausschlußfrist zur Wiederbeschaffung verstoße gegen Treu und
Glauben. Die von dem Kläger zitierte Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom
6.12.1978 (VersR 79, 173 ff.) zu § 3 der Sonderbedingungen für die
Neuwertversicherung von Industrie und Gewerbe ist nicht einschlägig. Anders als die
genannte Bestimmung stellt § 13 Nr. 10 AKB für den Fristbeginn nicht auf den
Versicherungsfall ab, sondern setzt bereits eine für den Versicherungsnehmer positive
Entscheidung über die grundsätzliche Eintrittspflicht des Versicherers voraus.
Abweichend von dem zu entscheidenden Fall hatte dort der Versicherer zudem jegliche
Ersatzpflicht abgestritten. Damit hatte der Versicherungsnehmer keine auch nur
annähernd gesicherte Aussicht, ob er überhaupt eine Versicherungsleistung zur
Ersatzbeschaffung erhalten würde. Demgegenüber war dem Kläger seit Mitte 1993 klar,
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daß die Beklagte sich im Hinblick auf die versicherte Fahrzeugentwendung für
eintrittspflichtig hielt; es war dann an ihm, durch Vorlage eines Kaufvertrages die
weiteren Voraussetzungen für das Entstehen seines Anspruchs auf
Neuwertentschädigung zu schaffen.
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Mithin war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus
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§§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Die Zulassung der Revision gemäß § 546 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 ZPO war nicht geboten, da
die Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne der genannten Bestimmung
aufweist. Allein der Umstand, daß die hier maßgebliche Rechtsfrage noch nicht
höchstrichterlich entschieden ist, gab zur Zulassung der Revision keinen hinreichenden
Anlaß. Darüber hinaus wäre erforderlich gewesen, daß über diese Rechtsfrage
unterschiedliche Auffassungen oder divergierende Ansichten vertreten worden sind.
Dies ist bei der eindeutig zu entscheidenden Rechtsfrage, die bisher keinen Anlaß zu
einer höchstrichterlichen Entscheidung gegeben hat, nicht der Fall.
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Streitwert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer des Klägers: 50.872,71
DM
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