Urteil des OLG Köln vom 25.01.2005

OLG Köln: fahrzeug, firma, mangelhaftigkeit, reparaturkosten, einbau, unternehmer, kaufrecht, bezahlung, zustand, verweigerung

Datum:
Gericht:
Spruchkörper:
Entscheidungsart:
Tenor:
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Aktenzeichen:
Vorinstanz:
Oberlandesgericht Köln, 9 U 52/04
25.01.2005
Oberlandesgericht Köln
9. Zivilsenat
Urteil
9 U 52/04
Landgericht Köln, 15 O 440/03
Auf die Berufung der Beklagten wird das am 5. März 2004 verkün-dete
Urteil des Einzelrichters der 15. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 15
O 440/03 - geändert und neu gefaßt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten, die der
Streitverkündeten in erster Instanz entstanden sind, hat der Kläger zu
tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
G r ü n d e
I.
Der Kläger beauftragte die Beklagte im April 2002, in seinen P. B. (Erstzulassung
10.01.1996) einen Austauschmotor einzubauen. Die Beklagte ließ einen Teil der Arbeiten
von der Streitverkündeten ausführen. Am 8. Mai 2002 erhielt der Kläger das reparierte
Fahrzeug und zahlte 2.650,36 €. Er benutzte das Fahrzeug dann weitere 11.160 km (von
Km-Stand 192.000 bis 203.160). Weil es Probleme beim Start des betriebswarmen Motors
gab, überprüfte eine Firma T. den Wagen und nahm Arbeiten vor, für die der Kläger 360,32
€ zahlte (Rechnung vom 31.07.2002). Auch danach gab es weiter Probleme. Das Fahrzeug
fiel am 11. Oktober 2002 aus (Km-Stand 216.700). Der Kläger ließ den Motor dort
überprüfen und wendete für den Sachverständigen 765,60 € auf. Der Motor war zu dieser
Zeit nicht mehr mit vertretbarem Aufwand zu reparieren. Der Kläger erwarb ein anderes
Fahrzeug, das am 14. November 2002 geliefert wurde. In der Zeit vom 11. Oktober bis 14.
November 2002 hatte die damalige Lebensgefährtin und jetzige Ehefrau des Klägers ein
Fahrzeug gemietet, für das insgesamt 1.238,83 € zu zahlen waren.
Der Kläger verlangt von der Beklagten die Erstattung folgender Beträge:
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Zahlung an Beklagte
2.650,36 €
Zahlung an Fa. T.
360,32 €
Sachverständigenkosten
765,60 €
Mietwagen
1.238,83 €
Unkostenpauschale
25,00 €
Klagesumme
5.040,11 €
Der Kläger hat behauptet, die Steuerzeiten seien vor der Auslieferung des Wagens am
8.5.2002 falsch eingestellt worden. Die Firma T. habe die Einstellung korrigiert. Aufgrund
der bereits eingetretenen Beanspruchungen sei aber in der Folgezeit ein Totalschaden an
dem von der Beklagten eingebauten Motor entstanden. Dies lasse sich aus den
Feststellungen des Sachverständigen C. ablesen. Erst durch dessen Gutachten habe er
von dem der Beklagten zuzurechnenden Mangel erfahren.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 5.040,11 € nebst Zinsen seit dem 6. Mai 2003
in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu zahlen.
Die Beklagte und die Streithelferin haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Landgericht hat die Mangelhaftigkeit der von der Beklagten berechneten Arbeiten
aufgrund eines vom Kläger vorgelegten Gutachtens und der Aussagen von zwei Zeugen
(Ehefrau des Klägers und Mitarbeiter der Streitverkündeten) als bewiesen angesehen.
Einer Fristsetzung bedürfe es wegen der Unbehebbarkeit des Mangels nicht. Der Klage ist
in vollem Umfang stattgegeben worden. Wegen der Einzelheiten der vom Landgericht
getroffenen Feststellungen wird auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.
Mit der Berufung greift die Beklagten das Urteil an und rügt insbesondere die
Beweiswürdigung.
Die Beklagte beantragt,
unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachvortrags wird auf den vorgetragenen Inhalt der
gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die Berufung ist zulässig und begründet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Erstattung der eingeklagten
Beträge.
Der Auftrag, den der Kläger im April 2002 erteilt hat, ging ausweislich der Rechnung vom
08.05.2002 dahin, verschiedene Arbeiten an seinem Fahrzeug auszuführen. Außer dem
Austauschmotor war auch eine Kupplung einzubauen. Der zwischen den Parteien
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zustande gekommene Vertrag ist rechtlich als ein Werkvertrag anzusehen (§ 631 BGB), auf
den neues Schuldrecht anzuwenden ist. Werkvertragsrecht findet insbesondere auch dann
Anwendung, wenn Arbeiten an Gegenständen auszuführen sind, die dazu führen, daß
Ersatzteile in einen Gegenstand eingefügt werden, der bereits im Eigentum des
Auftraggebers steht (vgl. die Beispiele bei Palandt/Sprau, BGB, 64. Aufl., § 651 Rn. 5). Eine
andere Beurteilung, die zur Anwendung von Kaufrecht führt, kann dann gerechtfertigt sein,
wenn etwa Fertigteile nur einzufügen sind. Eine solche Konstellation liegt hier aber nicht
vor. Der Einbau eines Austauschmotors ist – wie sich schon daraus ergibt, daß die
Beklagte ein weiteres Spezialunternehmen einschalten mußte – ein komplexer Vorgang.
Zu den wesentlichen Aufgaben der Beklagten gehörte nach dem eigenen Vortrag des
Klägers die Einstellung der Steuerzeiten. Gerade im Zusammenhang mit diesen Arbeiten
soll es zu dem Fehler gekommen sein, aus dem der Kläger Ansprüche herleitet.
Der Kläger hat gegen die Beklagte auf der Grundlage seines eigenen Sachvortrags keine
Zahlungsansprüche. Auf die umstrittenen Fragen zur Mangelhaftigkeit des Motors kommt
es nicht an. Es ist zwischen den einzelnen Schadenspositionen zu differenzieren.
1. Kein Anspruch auf Ersatz der an die Beklagte gezahlten Reparaturkosten von 2.650,36 €
a) Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Schadensersatz liegen nicht vor, denn nach
den §§ 634 Nr. 4, 636, 280, 281, 283 BGB ist der Unternehmer zur Nacherfüllung
aufzufordern, bevor Schadensersatz gefordert werden kann, vgl. §§ 280 Abs. 3, 281 Abs. 1
Satz 1 BGB. Entgegen der Ansicht des Klägers war eine solche Aufforderung nicht etwa
deshalb entbehrlich, weil der Motor nicht mehr reparabel war, denn die Beklagte war
vertragsgemäß verpflichtet, in das Fahrzeug des Klägers einen ordnungsgemäß
funktionierenden Austauschmotor einzubauen. Wenn der zunächst eingebaute Motor nicht
in Ordnung gebracht werden konnte, so hätte sie zum Zweck der Behebung des Mangels
gegebenenfalls einen einwandfreien Austauschmotor einbauen müssen. Der Kläger hat ihr
hierzu jedoch keine Gelegenheit eingeräumt, sondern ein anderes Fahrzeug erworben. Es
sind auch ansonsten keine Gründe ersichtlich, die eine Aufforderung zur Nacherfüllung als
entbehrlich erscheinen lassen, vgl. § 636 BGB. Der vom Kläger vorgetragene Mangel war
so erheblich, daß es insbesondere nicht unzumutbar war, den Motor gegebenenfalls
auszutauschen.
b) Entgegen der Ansicht des Landgerichts kann der Kläger den an die Beklagte gezahlten
Werklohn auch nicht unter dem Gesichtspunkt vergeblicher Aufwendungen ersetzt
verlangen. Ein solcher Anspruch aus § 634 Nr. 4 BGB in Verbindung mit § 284 BGB hat
nämlich zunächst die gleichen – hier nicht gegebenen - Voraussetzungen wie der oben
verneinte Schadensersatzanspruch (vgl. den Wortlaut des § 284 BGB: "Anstelle des
Schadensersatzes ..." und Palandt/Heinrichs, BGB, 64. Aufl., § 284 Rn. 5). Im übrigen ist
der Anspruch auf Ersatz vergeblicher Aufwendungen auf das positive Interesse gerichtet
(vgl. Palandt/Heinrichs, a.a.O., § 284 Rn. 3), während der Kläger hier das negative
Interesse geltend macht, indem er das an seinen Vertragspartner gezahlte Geld
zurückfordert.
c) Für einen auf das negative Interesse gerichteten Anspruch ist aber nichts ersichtlich.
Soweit der Kläger sich in seinem Schriftsatz vom 20. Dezember 2004 auf einen Anspruch
aus dem Gesichtspunkt unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) beruft, hat dies keinen Erfolg.
Die Aufwendungen zur Bezahlung der Reparaturkosten sind nicht die Folge einer
unerlaubten Handlung, sondern erfolgten wegen der von ihm gegenüber der Beklagten
eingegangenen vertraglichen Verpflichtung.
2. Kein Anspruch auf Ersatz der an die Firma T. bezahlten Kosten von 360,32 €
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a) Die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Ersatz nutzloser Aufwendungen (§§ 634 Nr.
4, 284 BGB) wurden oben bereits verneint, weil es an einer Aufforderung zur Nacherfüllung
fehlt. Hierauf ist zu verweisen. Weitere Ausführungen zu dieser Anspruchsgrundlage sind
nicht erforderlich.
b) Ein Anspruch des Klägers auf Ersatz der fraglichen Kosten ergibt sich auch nicht aus §
634 Nr. 2 BGB. Ein Anspruch auf Ersatz der zur Mängelbeseitigung erforderlichen Arbeiten
setzt voraus, daß der Kläger den Mangel "nach § 637 BGB" selbst beseitigt hat. Eine
Selbstvornahme ist aber nach § 637 Abs. 1 BGB nur berechtigt, wenn eine Frist zur
Nacherfüllung gesetzt wurde. Tatsachen, die eine solche Fristsetzung entbehrlich
erscheinen ließen, sind nicht vorgetragen. Soweit der Kläger geltend macht, er habe bei
der Erteilung des Auftrags an die Firma T. nicht gewußt, daß die Probleme, die er mit
seinem Fahrzeug hatte, auf einer mangelhaften Leistung der Beklagten beruhten, ändert
dies nichts. Es ist nicht der Beklagten anzulasten, daß der Kläger es unterlassen hat, die
Unregelmäßigkeiten des Motors von ihr überprüfen zu lassen. Der Unternehmer hat
grundsätzlich das Recht, einen Mangel selbst zu beheben, bevor er auf Ersatz von Kosten
in Anspruch genommen werden kann, die durch Einschaltung eines Dritten entstanden
sind. Ein Sonderfall, der eine sofortige Selbstvornahme rechtfertigen könnte, liegt nach
Darstellung des Klägers nicht vor (vgl. zu derartigen Fällen z. B. die Nachweise bei
Palandt/Sprau a.a.O. § 637 Rn. 4).
Auch dann, wenn man die Erklärungen, die die Ehefrau des Klägers im Rahmen ihrer
Vernehmung als Zeugin abgegeben hat, dem Kläger zurechnet, entfällt seine Pflicht, der
Beklagten eine Gelegenheit zur Nacherfüllung geben zu müssen, nicht. Die Zeugin hat
erklärt, die Beklagte habe geäußert, sie könne die Korrekturen der Einstellung, die ein B.-
Mitarbeiter für angezeigt hielt, nicht vornehmen. Es ist schon nichts dafür ersichtlich, daß
diese Erklärung als Weigerung einer Nacherfüllung angesehen werden konnte. Nur wenn
der Kläger deutlich gemacht hätte, daß er Korrekturen der Motoreinstellung als
Nacherfüllung wegen eines Mangels der ihm berechneten Arbeiten forderte, hätte die
Erklärung als Verweigerung verstanden werden können. Offenbar hat der Kläger aber
keine Nacherfüllung hinsichtlich der Leistung "Einbau eines Austauschmotors" verlangt.
Sonst hätte er die Rechnung der Firma T. – soweit sie sich auf solche Arbeiten bezog –
sogleich an die Beklagte weitergeleitet. Das ist aber nicht geschehen. Der Kläger hat sich
erst wieder im Oktober an die Beklagte gewandt, nachdem der Zustand des Motors sich –
aus umstrittenen Gründen – weiter verschlechtert hatte. Zur Klarstellung ist anzumerken,
daß die Beklagte zur Nacherfüllung auch dann verpflichtet war, wenn sie diese nur durch
Einschaltung einer Drittfirma leisten konnte. Darauf, ob sie die Nacherfüllung im eigenen
Betrieb erbringen konnte, kommt es nicht an.
c) Ein Anspruch aus dem Gesichtspunkt der unerlaubten Handlung (§ 823 BGB) kommt
auch hier nicht in Betracht. Die Beauftragung der Firma T. und die hieraus entstehenden
Kosten hat die Beklagte schon nicht verursacht. Hätte der Kläger sich wegen des
behaupteten Mangels an die Beklagte gewandt, so wäre der Schaden nicht entstanden.
3. Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten des Sachverständigen (765,60 €), der
Mietwagenkosten (1.238,83 €) und der Unkostenpauschale (25 €) besteht nicht. Diese
Positionen könnten im Rahmen eines Anspruchs auf Schadens- oder Aufwendungsersatz
die Höhe des Anspruchs beeinflussen (§ 249 BGB). Dem Kläger steht aber wegen des
behaupteten Mangels schon dem Grunde nach kein Anspruch zu, wie oben ausgeführt ist.
4. Es besteht kein Anlaß, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen. Die
Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, und eine Entscheidung des
Revisionsgerichts ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
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Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91, 101, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Streitwert für das Berufungsverfahren: 5.040,11 €