Urteil des OLG Köln vom 20.03.1992

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Oberlandesgericht Köln, 6 U 169/91
Datum:
20.03.1992
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 169/91
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 81 0 13/91
Tenor:
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 11.Juli 1991 verkündet Urteil
der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 0 13/91 -
teilweise abgeändert. 1.) Über die bereits vom Landgericht in dem Urteil
vom 11. Juli 1991 ausgesprochene Verurteilung hinaus wird der
Beklagte zusätzlich verurteilt, es bei Meidung eines vom Gericht für
jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis
zu 500.000 DM, ersatzweise Ordnungshaft, oder von Ordnungshaft bis
zu 6 Monaten zu unterlassen, Fahrzeu-ge des Typs ... ... Turbo, die in
den vereinigten Staaten von Amerika (USA) erstausgeliefert sind, wie
nachfolgend wiedergegeben zu bewerben: XX 2.) Es wird festgestellt,
daß der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin jedweden Schaden zu
ersetzen, der dieser seit dem 08.02.1991 durch Wettbewerbshandlungen
der unter Ziffer 1) beschriebenen Art entstanden ist und noch entsteht. Im
übrigen wird die Klage abgewiesen. 3.) Die weitergehende Berufung
wird zurückgewiesen. 4.) Von den Kosten des Rechtsstreits der ersten
Instanz tragen die Klägerin 1/50 und der Beklagte 49/50. Die Kosten des
Rechtsstreits der 2. Instanz werden dem Beklagten auferlegt. Das Urteil
ist vorläufig vollstreckbar. Beschwer des Beklagten: 27.000 DM.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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Die Berufung der Klägerin ist zulässig und hat auch im wesentlichen Erfolg.
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Die Klägerin kann vom Beklagten Unterlassung und Schadensersatzfeststellung
verlangen, wie aus dem Tenor dieses Urteils ersichtlich.
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Das mit der Berufung weiterverfolgte Unterlassungs-begehren der Klägerin ist gemäß
§ 3 UWG begründet, denn die beanstandete Anzeige des Beklagten ist irreführend
und damit unzulässig. Dies können die Mitglieder des Senats als Teil der von der
Werbung des Beklagten angesprochenen Verkehrskreise aus ei-gener Sachkunde
und Erfahrung beurteilen.
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Der Käufer eines Neuwagens - selbst wenn dieser aus dem Ausland importiert wird -
geht regelmäßig auch ohne einen entsprechenden Hinweis des Verkäufers davon
aus, daß für diesen Wagen eine Werks- oder Herstellergarantie besteht, die er im
Inland gegen-über dem Hersteller bzw. den diesen repräsentieren-den Unternehmen
wahrnehmen kann. Dabei handelt es sich bei dieser Garantie um ein beachtliches
Kauf-argument, wie schon die unterschiedlichen Garan-tiefristen zeigen, die von den
einzelnen Autoher-stellern - z.B. von den japanischen Herstellern - werblich
herausgestellt werden.
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Besteht daher keine derartige Garantie, obwohl ein Neufahrzeug gekauft wird, muß
hierauf deutlich hingewiesen werden, um eine Irreführung des Käufers über den
Umfang der mit dem Kauf verbundenen Garan-tieleistungen zu verhindern.
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Derartige deutliche Hinweise fehlen aber in der Werbeanzeige des Beklagten. Daß
ein "US-Modell" und ein Importwagen beworben wird, besagt nichts dar-über, daß für
dieses Fahrzeug keine Werksgarantie der Klägerin besteht. Vielmehr ist ohne
weiteres denkbar, daß es sich dabei lediglich um eine Typ-Variante handelt, die auch
von der Klägerin und ihren Vertragshändlern angeboten wird, somit keine
Besonderheiten hinsichtlich der Werksgarantie auf-weist.
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Daß in der beanstandeten Anzeige eine - ansonsten nicht näher spezifizierte -
Garantie des oder durch den Beklagten beworben wird, stellt ebenfalls das
Nichtbestehen einer Werksgarantie seitens der Klägerin für das beworbene Modell
nicht hinreichend klar. Diese Angabe erschöpft sich vielmehr in der Ankündigung der
von dem Beklagten versprochenen Garantie, ohne daß damit gesagt wird, daß diese
Ga-rantie an die Stelle der bei einem Neukauf üblichen Werksgarantie treten und
diese damit ersetzen soll.
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Nicht unbeachtliche Teile der durchschnittlichen Verbraucher werden daher auf dem
Hintergrund der von ihnen auch ohne einen ausdrücklichen Hinweis erwarteten
Werksgarantie in der beworbenen Garantie des Beklagten eine zusätzliche Leistung
sehen, die sie bei einem Kauf bei dem Beklagten erhalten, so-mit annehmen, sie
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erhielten bei einem Kauf bei dem Beklagten die Werksgarantie der Klägerin und die
in der Anzeige angeführte Garantie des Beklagten.
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Diese Vorstellung ist jedoch unrichtig und damit irreführend im Sinne von § 3 UWG.
Die Klägerin ist weder vertraglich verpflichtet, für die von dem Beklagten aus den
USA importierten und in der Bundesrepublik in Verkehr gebrachten Fahrzeuge eine
Garantie zu gewähren, noch erbringt die Klägerin zumindest tatsächlich derartige
Garantieleistungen. Insoweit wird gemäß § 543 Abs. 2 ZPO auf die überzeugenden
Ausführungen des Landgerichts Bezug genommen. Der Beklagte hat auch in der
Berufungsin-stanz keine Tatsachen vorgetragen oder rechtliche Aspekte aufgezeigt,
die geeignet wären, Zweifel gegenüber diesen Feststellungen des Landgericht zu
begründen.
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Ohne Erfolg wendet der Beklagte demgegenüber ein, er werbe mit der
beanstandeten Anzeige - unstreitig - bislang nur in den Zeitschriften "Auto, Motor,
Sport" und "MOT", bei den Lesern dieser Zeitschrif-ten könne aber nicht von einer
Irreführung im dar-gelegten Sinne ausgegangen werden.
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Zunächst vermag auch der Beklagte nicht darzutun, daß die Zeitschrift "Auto, Motor,
Sport" und "MOT" regelmäßig ihre Leser darüber unterrichten, daß die Klägerin keine
Werksgarantie für sogenannte Grauim-porte gibt. Hinzu kommt, daß es sich bei der
Frage, ob die Klägerin zur Gewährung einer Werksgarantie für derartige Importe
verpflichtet ist, um ein komplexes Problem handelt, das nicht für jedermann
verständlich ist. Wie unterschiedlich zudem dieses Problem beurteilt wird, zeigt, daß
selbst der Be-klagte immer noch vom Bestehen einer Werksgarantie seitens der
Klägerin für die von ihm importierten Fahrzeuge ausgeht. Auch der nicht nur an
techni-schen Berichten interessierte Leser derartiger Au-tozeitschriften wie "Auto,
Motor, Sport" oder "MOT" dürfte daher nicht sicher beurteilen können, ob die Klägerin
eine Werksgarantie für die von dem Beklag-ten beworbenen Fahrzeugen gewährt.
Um so weniger kann dies von den zahlreichen Verbrauchern angenom-men werden,
die derartige Zeitschriften nicht re-gelmäßig lesen, sondern nur dann eine oder
mehrere Ausgaben erstehen, wenn sie sich ein neues Fahrzeug kaufen wollen, um
sich anhand der Anzeigen über die Angebote des Markts zu informieren, oder die zu
diesem Zweck die Zeitschrift von Arbeitskollegen, Verwandten oder Freunden
erhalten. Zu berücksich-tigen sind schließlich auch diejenigen Leser, die sich
ausschließlich für die technischen Berichte derartiger Autozeitschriften interessieren.
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Nach alledem hat der Senat keine Zweifel, daß je-denfalls ein nicht unbeachtlicher
Teil des Verkehrs die Ersatzfunktion der in der beanstandeten Wer-beanzeige
genannten "Garantie d.Fa. P." nicht er-kennt, sondern davon ausgeht, man erhalte
bei einem Kauf bei dem Beklagten die in der Anzeige beworbene Garantie zusätzlich
zu der Werksgarantie der Klä-gerin.
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Diese Fehlvorstellung ist auch geeignet, die Verbraucher bei ihrer Kaufentscheidung
positiv zu beeinflußen. Es liegt auf der Hand, daß sich die Verbraucher eher einem
Autohändler zuwenden, dessen Fahrzeuge mit der üblichen Werksgarantie der
Kläge-rin versehen sind, als einem Autohändler, der diese Garantie nicht vermitteln
kann, sondern stattdessen eine Garantie anbietet, deren "Güte" sie bei einem
erstmaligen Kauf bei den Beklagten nicht beurteilen können.
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Dabei spielt es entgegen dem Berufungsvorbringen des Beklagten keine Rolle, ob
die von ihm angebote-ne Garantie "besser" ist als die Werksgarantie der Klägerin.
Entscheidend ist allein, daß der Beklagte mit der Anzeige über den Umfang der mit
dem Kauf vermittelten Garantieleistungen täuscht und auf diese Weise auch solche
Interessenten veranlaßt, mit ihm in geschäftlichen Kontakt zu treten, die dies ohne die
irreführenden Angaben der Werbeanzei-ge nicht getan hätten.
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Der Anspruch der Klägerin auf Schadensersatzfest-stellung hinsichtlich der danach
gemäß § 3 UWG wettbewerbswidrigen Anzeige ist gemäß §§ 3, 13 Abs. 6. Ziffer 1
UWG begründet. Bei entsprechender Sorg-falt hätte der Beklagte ohne weiteres
erkennen kön-nen und auch erkennen müssen, daß die beanstandete Anzeige im
dargelegten Sinne irreführend ist. Er hat diese Anzeige erstmals während des
vorliegenden Verfahrens verwendet und mußte sich schon durch die schriftsätzlichen
Erörterungen und Beanstandungen zu den zuvor von ihm verwendeten Anzeigen
darüber im klaren sein, daß auch diese dritte Anzeige den Anforderungen des § 3
UWG nicht genügt.
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Es ist ebenfalls hinreichend wahrscheinlich, daß der Wettbewerbsverstoß des
Beklagten zu einem Scha-den der Klägerin geführt hat und noch führt, weil sich
Käufer aufgrund der streitbefangenen Anzeige zum Kauf eines Fahrzeugs bei dem
Beklagten ent-schließen, die sich ohne die Irreführung nicht bei dem Beklagten
gemeldet, sondern die langen Liefer-zeiten der von der Klägerin importierten
Fahrzeuge abgewartet hätten, um ein Auto mit der Werksgaran-tie der Klägerin zu
erwerben.
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Die Schadensersatzpflicht des Beklagten beginnt aber erst mit dem 08.02.1991, dem
unstreitigen Zeitpunkt des erstmaligen Erscheines der Anzeige im Heft der Zeitschrift
"Auto, Motor, Sport" vom 08.02.1991. Ein früherer Zeitpunkt für das Einset-zen der
Schadensersatzpflicht des Beklagten ist von der Klägerin nicht dargetan.
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Ist somit der Anspruch der Klägerin auf Schadenser-satzfeststellung im dargelegten
Umfang begründet, ergibt sich daraus zugleich, daß auch der in erster Instanz bis zur
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übereinstimmenden Erledigungserklä-rung der Parteien verfolgte Auskunftsanspruch
der Klägerin gemäß § 242 BGB in Verbindung mit §§ 3, 13 Abs. 6 Ziffer 1 UWG
erfolgreich war, denn die Klä-gerin bedurfte dieser Auskünfte zur näheren Konkre-
tisierung des ihr durch den Wettbewerbsverstoß des Beklagten entstandenen
Schadens.
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Die Entscheidung über die Kosten der ersten Instanz beruht auf §§ 92 Abs. 1, 91 a
ZPO.
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Über die Kosten des Berufungsverfahrens war nach § 92 Abs. 2 ZPO zu entscheiden;
insoweit waren die gesamten Kosten den Beklagten aufzuerlegen, da das
geringfügige Unterliegen der Klägerin mit ihrer Be-rufung keine besonderen Kosten
veranlaßt hat.
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Die übrigen Nebenentscheidungen ergehen gemäß § 708 Nr. 10, 713, 546 Abs. 2
ZPO.
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