Urteil des OLG Köln vom 28.09.2007

OLG Köln: urheberrecht, internetseite, report, aktivlegitimation, verfügung, verwertungsgesellschaft, erlass, datum

Oberlandesgericht Köln, 6 W 150/07
Datum:
28.09.2007
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 W 150/07
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 28 O 368/07
Normen:
UrhWG §§ 1 und 2
Tenor:
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der
28. Zivilkammer des Landgerichts Köln vom 21. August 2007 (28 O
368/07) wird zurückgewiesen.
Der Antragstellerin werden auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens
auferlegt.
G r ü n d e
1
I.
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Die Antragstellerin ist eine in Istanbul ansässige Verwertungsgesellschaft, die Mitglied
des Dachverbandes aller musikalischen Verwertungsgesellschaften CISAG ist und in
der Türkei die Rechte wahrnimmt, wie es in Deutschland Aufgabe der GEMA ist. Die
Antragsgegnerin unterhält eine Online-Plattform für türkischsprachige Internetnutzer, von
der einzelne Musikwerke, nämlich sogenannte Klingeltöne, heruntergeladen werden
können.
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Die Antragstellerin will der Antragsgegnerin untersagen lassen, zahlreiche im Einzelnen
aufgeführte Musikwerke, welche auf dieser Internetseite als Klingeltöne bereitgehalten
würden, zum Verkauf anzubieten oder über die Internetseite zu verbreiten.
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Das Landgericht hat den beantragten Erlass der einstweiligen Verfügung mit dem
angefochtenen Beschluss abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt,
dass der Antragstellerin die zur Geltendmachung des Unterlassungsanspruches
erforderliche Aktivlegitimation fehle. Aufgrund eines Gegenseitigkeitsvertrages, den die
Antragstellerin am 20.01.2004 mit der GEMA geschlossen habe, seien sämtliche
Nutzungsrechte, über welche die Antragstellerin verfüge, für den regionalen
Tätigkeitsbereich der GEMA auf diese übertragen worden.
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Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde, mit der die Antragstellerin im Einzelnen
darlegt, dass und warum der streitgegenständliche Bereich der Klingeltöne von der
Gegenseitigkeitsvereinbarung nicht erfasst sei.
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II.
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Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.
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Die Antragstellerin ist zur Wahrnehmung der von ihr geltend gemachten Rechte nicht
befugt, weil sie in der Bundesrepublik Deutschland dazu nicht über die erforderliche
Erlaubnis verfügt (§ 1 Abs. 1 und 3 UrhWG). Entgegen der mit der Beschwerde vertieften
Auffassung kann sich die Antragstellerin nicht auf § 1 Abs. 2 UrhWG berufen, wonach
die Bestimmung des Abs. 1 über die Erlaubnispflicht "auf die gelegentliche oder
kurzfristige Wahrnehmung der bezeichneten Rechte und Ansprüche nicht anzuwenden"
ist. Nach dieser Bestimmung sind nur solche Wahrnehmungstätigkeiten
erlaubnispflichtig, die geschäftsmäßig und auf Dauer angelegt sind
(Wandtke/Bullinger/Gerlach, Urheberrecht, 2. Aufl., § 2 WahrnG, Rn. 6;
Schricker/Reinbothe, Urheberrecht, 3. Aufl., § 2 WahrnG, Rn. 11; Dreier/Schulze,
Urhebergesetz, 2. Aufl., § 1 UrhWG, Rn. 21; Fromm/Nordemann, Urheberrecht, 9. Aufl.,
§ 1 WahrnG, Rn. 4). Die Voraussetzung einer geschäftsmäßigen
Wahrnehmungstätigkeit ist beispielsweise in der Rechtsprechung bei einer Gesellschaft
verneint worden, die von mehreren Urhebern nur zur gerichtlichen Geltendmachung
ihrer Rechte gegenüber einem einzigen Nutzer gegründet worden war (OLG München,
OLG-Report München 1994, 137). Demgegenüber ist die Antragstellerin eine ersichtlich
auf Dauer angelegte Gesellschaft, deren Zweck die geschäftliche Wahrnehmung der
Urheberrechte ihrer Mitglieder ist. Die Antragstellerin betont in diesem Zusammenhang
ohne Erfolg, sie sei in Deutschland nicht auf Dauer tätig und beabsichtige das auch
nicht, sondern nehme alleine die Antragsgegnerin gerichtlich in Anspruch. § 1 Abs. 2
UrhWG will die Gesellschaften von der Erlaubnispflicht ausnehmen, die nur punktuell
urheberrechtliche Drittinteressen verfolgen wollen, deren Geschäftsidee sich darauf
aber nicht allgemein gründet. Das trifft auf professionelle ausländische
Wahrnehmungsgesellschaften nicht zu, und zwar auch dann nicht, wenn sie zur
Wahrnehmung der Rechte ihrer Mitglieder nur gelegentlich die Hilfe deutscher Gerichte
in Anspruch nehmen sollten.
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Soweit in der Beschwerdebegründung Wert auf die Feststellung gelegt wird, dass nach
§ 2 UrhWG auch ausländischen Gesellschaften eine Erlaubnis nach § 1 zu erteilen ist
(arg. Satz 2 Nr. 2), kann auch das dem Verfügungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen.
Entscheidend ist allein, dass der Antragstellerin eine entsprechende Erlaubnis – die
offenbar auch nicht beantragt worden ist – nicht erteilt worden ist.
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Nach dem Gesagten kann es offen bleiben, ob entsprechend der von der Beschwerde
bekämpften Auffassung des Landgerichtes die Antragstellerin (auch) die
streitgegenständlichen Ansprüche deshalb nicht geltend machen kann, weil sie sie in
dem Gegenseitigkeitsvertrag vom 20.01.2004 auf die GEMA übertragen hat.
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Die sofortige Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 97 ZPO zurückzuweisen.
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Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 500.000,00 €.
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