Urteil des OLG Köln vom 24.04.2002

OLG Köln: fristlose kündigung, treu und glauben, rückkaufswert, darlehensvertrag, auszahlung, abtretung, sicherheit, lebensversicherungsvertrag, vertragsverletzung, rückzahlung

Oberlandesgericht Köln, 13 U 67/01
Datum:
24.04.2002
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
13. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
13 U 67/01
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 8 O 168/00
Tenor:
Die Berufung des Klägers gegen das am 08.02.2001 verkündete Urteil
der 8. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 8 O 168/00 - wird zu-
rückgewiesen. Die Kosten des Berufungsverfahrens werden dem Kläger
auferlegt. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Revision wird nicht
zugelassen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
1
Die in formeller Hinsicht bedenkenfreie Berufung des Klägers ist zulässig, in der Sache
selbst jedoch nicht begründet.
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Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
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Der Kläger kann von der Beklagten weder Rückzahlung des unter Vorbehalt gezahlten
Betrages von 16.028,23 DM noch darüber hinausgehenden Schadensersatz in Höhe
von 330,00 DM, insgesamt also Zahlung von 16.358,23 DM, verlangen. Ihm stehen
weder Ansprüche auf Schadensersatzleistung wegen positiver Vertragsverletzung
(pVV) noch solche aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB) zu, da die seitens
der Beklagten am 14.04.1999 ausgesprochene fristlose Kündigung des
Darlehensvertrages vom 28.06.1995 berechtigt war, also keine Vertragsverletzung
darstellte, und die vom Kläger daraufhin gezahlte Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe
von 16.028,23 DM deshalb nicht ohne rechtlichen Grund geleistet worden ist. Das
Kündigungsrecht der Beklagten ergibt sich daraus, dass der Kläger trotz Aufforderung
und Fristsetzung der Beklagten nicht die vereinbarte Lebensversicherung abgetreten
hat.
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1.
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Mit Recht hat das Landgericht die Kündigungsberechtigung der Beklagten im
Ausgangspunkt aus Ziffer 11 Abs. 2 der Allgemeinen Bedingungen des
Darlehensvertrages vom 28.06.1995 hergeleitet. Danach war die Beklagte zur fristlosen
Kündigung u. a. dann berechtigt, wenn eine "Sicherheit nach Fristsetzung unter Hinweis
auf das Kündigungsrecht nicht verschafft worden ist". Dass es sich bei der
Lebensversicherung um eine Sicherheit in diesem Sinne handelte, ergibt sich aus Blatt
1 Ziffer 4 des Darlehensvertrages. Soweit der Kläger auf Abs. 5 der Besonderen
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Vereinbarungen zum Darlehensvertrag (Blatt 6 des Vertrages) verweist, der eine eigene
Kündigungsregelung für den Fall enthält, dass der Lebensversicherungsvertrag nicht
regulär bedient oder er aus irgendwelchen Gründen beendet wird, steht diese
Bestimmung nicht entgegen. Die Nichtzurverfügungstellung einer Sicherheit ist dort
zwar als Kündigungsgrund nicht erwähnt. Dessen bedurfte es aber auch nicht, eben
weil es dafür bereits die Regelung in Ziffer 11 Abs. 2 der Allgemeinen
Vertragsbedingungen gab. Abs. 5 der Besonderen Vereinbarungen lässt sich in diesem
Zusammenhang zudem entnehmen, dass eine fristlose Kündigung erst recht dann
zulässig sein muss, wenn der Lebensversicherungsvertrag erst gar nicht vertragsgemäß
beigebracht worden ist. Gemäß Ziffer 12 Abs. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen
durfte die Beklagte im Falle der außerordentlichen Kündigung auch eine
Vorfälligkeitsentschädigung verlangen.
Die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des Vertragsverhältnisses durch die
Beklagte gemäß Ziffer 11 Abs. 2 der Allgemeinen Vertragsbedingungen waren am
14.04.1999 erfüllt. Die vom Kläger bis zu diesem Zeitpunkt beigebrachte
Lebensversicherung vom 07.04.1999 entsprach nicht den vertraglichen
Vereinbarungen.
7
2.
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Allerdings gilt dies entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht schon im Hinblick
auf die vereinbarte Versicherungssumme von 183.452,00 DM.
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Auch wenn in Abs. 1 der Besonderen Vereinbarungen vorgesehen war, dass die
Rückzahlung des Darlehens durch eine "zum Betrag von 325.000,00 DM an die Bank
abzutretende Leistung aus einer Lebensversicherung" erfolgen sollte, so bedeutete dies
noch nicht, dass eine entsprechende Versicherungssumme garantiert sein musste.
Keinesfalls musste der Lebensversicherungsvertrag selbst über eine Summe von
325.000,00 DM abgeschlossen werden; vielmehr ist in Abs. 3 S. 2 der Besonderen
Vereinbarungen ausdrücklich bestimmt: "Bei Laufzeitende muss die
Versicherungsleistung ausreichen, um das Darlehenskapital und eventuelle
Nebenansprüche abzudecken" (Unterstreichung seitens des Gerichts). Bekanntlich ist
die Auszahlung einer Kapitallebensversicherung bei Laufzeitende wegen der
Kapitalansparung erheblich höher als die vereinbarte Versicherungssumme. Das hat
auch das Landgericht nicht anders gesehen. Soweit es jedoch die tatsächlich
abgetretene Lebensversicherung deshalb für nicht ausreichend gehalten hat, weil der
Betrag von 325.000,00 DM nach der ausdrücklichen Erklärung der
Lebensversicherungs AG der H.-C. lediglich bei Fortgeltung der seinerzeit gültigen
Überschusssätze, nicht aber auch bei einer nach der Marktlage möglichen niedrigeren
Verzinsung erreicht wird, kann dem nicht gefolgt werden.
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Die Versicherungsgesellschaften geben bekanntermaßen keinerlei Garantien bezüglich
der zu erwartenden Ablaufsumme, weil die Entwicklung des Versicherungskapitals von
vielen verschiedenen, auf die Dauer von 20 - 30 Jahren nicht sicher vorhersehbaren
Faktoren abhängt. Es ist deshalb eine Frage der Einschätzung, ob eine
Lebensversicherung als ausreichend angesehen wird oder nicht. Hier hatte die Beklagte
in einer Informationsbroschüre betreffend Hypothekendarlehen mit Tilgungsaussetzung
gegen Abtretung von Lebensversicherungen (Blatt 104 GA) selber ausgeführt:
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"Die Versicherungssumme soll von Beginn an in Höhe von mindestens 50 % der
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Baufinanzierungssumme (in Ausnahmefällen 33 % mit entsprechender
Dynamisierung) abgeschlossen sein."
Bei der Frage, welche Sicherheit die Lebensversicherung bezüglich der späteren
Auszahlungssumme bieten musste, kann zudem das Verhalten der Beklagten bei zwei
früheren Darlehensverträgen, die zu den selben Bedingungen abgeschlossen worden
waren, nicht außer Betracht bleiben: Unstreitig hatte die Beklagte dem Kläger im Jahre
1988 für ein anderes Objekt in der M. in D. ein Darlehen in Höhe von 495.000,00 DM
bewilligt, welches in drei Raten zur Auszahlung gelangte, nämlich am 01.06.1988 in
Höhe von 280.000,00 DM, am 26.07.1991 in Höhe von 150.000,00 DM und am
13.03.1992 in Höhe von 65.000,00 DM. Die Lebensversicherung für diesen
Darlehensvertrag war am 09.07.1992 über eine Versicherungssumme von 230.000,00
DM abgeschlossen worden mit einer voraussichtlichen Endsumme nach 21 Jahren von
ca. 479.000,00 DM. Im Jahre 1993 wurde der Kredit für dieses Objekt von der Beklagten
noch einmal um 505.000,00 DM auf insgesamt 1.000.000,00 DM aufgestockt (der
anders lautende Vortrag der Beklagten, die eine Aufstockung lediglich um 10.000,00
DM behauptet, ist ersichtlich falsch; siehe Blatt 250 GA). Während dieser
Aufstockungsbetrag im Jahre 1993 ausgezahlt wurde, hat der Kläger hierfür erst am
21.02.1995 eine Lebensversicherung über 240.000,00 DM abgeschlossen mit einer
voraussichtlichen Ablaufleistung nach 24 Jahren in Höhe von 402.745,00 DM. Bei
beiden früheren Darlehensverträgen ist die Lebensversicherung somit nicht nur einige
Zeit später abgeschlossen und abgetreten worden, sondern erreichte bezüglich der
voraussichtlichen Ablaufleistung schon nach der erklärten Einschätzung der
Versicherungsgesellschaft bei Vertragsabschluss nicht die jeweils vereinbarte
Darlehenskapitalsumme.
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Angesichts dessen kann auch die hier vorgelegte Lebensversicherung vom 07.04.1999
nicht wegen der Höhe der vereinbarten Versicherungssumme als unzureichend
angesehen werden. Zumindest hätte die Beklagte, wenn sie insoweit nunmehr andere
Maßstäbe anlegen wollte als früher, nach Übersendung der
Lebensversicherungsabtretung am 09.04.1999 den Kläger noch einmal
unmissverständlich auf ihre diesbezüglichen Anforderungen hinweisen und eine weitere
Frist zur Nachreichung setzen müssen.
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3.
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Die vom Kläger beigebrachte Lebensversicherung entsprach aber deshalb nicht den
vertraglichen Vereinbarungen, weil sie nicht bereits im Jahre 1995, sondern erst am
07.04.1999 und dann auch nicht - unter Vereinbarung einer einmaligen Sonderleistung -
mit einem Rückkaufswert abgeschlossen wurde, wie er bei Abschluss einer
Lebensversicherung im Jahre 1995 gegeben gewesen wäre. Abs. 3 S. 3 und 4 der
Besonderen Vereinbarungen zum Darlehensvertrag sehen ausdrücklich vor, dass die
Lebensversicherung bereits vor Darlehensauszahlung abgeschlossen sein muss und
lediglich die Abtretung anschließend erfolgen kann. Auch wenn dies bei den beiden
genannten früheren Darlehen aus den Jahren 1988 und 1993 ebenfalls anders
gehandhabt worden war, konnte der Kläger daraus kein Recht herleiten, die
Lebensversicherung auch im vorliegenden Fall erst auf besondere Anforderung
vorlegen zu müssen. Die vorgenannten vertraglichen Bestimmungen sind insoweit
eindeutig. Ebenso eindeutig war die Aufforderung der Beklagten mit Schreiben vom
10.03.1999 (Blatt 50 GA):
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"Wir fordern sie daher letztmals auf, uns bis zum 12.04.1999 die als Tilgungsersatz
vorgesehene Lebensversicherung abzutreten. Wie vereinbart (S. 6 des
Darlehensvertrages), hat diese Versicherung nach einer maximalen Laufzeit von 30
Jahren ein Mindestkapital von 325.000,00 DM sowie einen aktuellen Rückkaufswert
entsprechend regelmäßiger Prämienleistungen ab Juli 1995 - Datum der
Darlehensvalutierung: 17.07.1995 - aufzuweisen.
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...
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Sollten die zum 12.04.1999 gesetzten Fristen jedoch ergebnislos ablaufen, würden wir
uns leider gezwungen sehen, das Darlehen zu kündigen."
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Die Forderung eines entsprechenden aktuellen Rückkaufswertes war letztlich deshalb
berechtigt, weil die Lebensversicherung Tilgungsersatz darstellte, wie dies in Ziffer 6.2
der Konditionen des Darlehensvertrages (dort Blatt 3 und 5) und Abs. 1 der Besonderen
Vereinbarungen ausdrücklich bestimmt ist. In Ziffer 1.3 und 1.5 der Konditionen des
Darlehensvertrages (dort Blatt 7 und 9) war grundsätzlich eine Anfangstilgung mit 2 %
ab dem 01.10.1995 vereinbart, die aber - zunächst - bis zum 30.06.2000 ausgesetzt und
statt derer die Rückzahlung aus einer abzutretenden Lebensversicherung vereinbart
war. Diese vertragliche Regelung beruhte darauf, dass die Hypothekenbanken für alle
hypothekarisch gesicherten Darlehen verpflichtet sind, den bereits bei der
Kreditgewährung absehbaren Wertveränderungen Rechnung zu tragen. Die Vorschrift
des § 20 Hypothekenbankgesetz, nach der der Tilgungsbeginn eines solchen
Darlehens grundsätzlich nicht weiter als 10 Jahre hinausgeschoben werden darf, hat
der Gesetzesbegründung zufolge den Zweck, durch allmähliche Rückführung des
Darlehens zu vermeiden, dass sich in Folge der zeitbedingten Wertminderung die
Sicherheit der Hypothek verschlechtert. Zum Auffangen dieses Risikos kommt u. a. eine
geringere Ausschöpfung des Beleihungswertes in Betracht; im Falle einer längeren
Tilgungsaussetzung kann der fehlende Sicherheitseffekt aber insbesondere auch durch
den Rückkaufswert einer abgetretenen Lebensversicherung kompensiert werden (vgl.
dazu Bellinger/Kerl, Kommentar zum Hypothekenbankgesetz, 4. Aufl., § 20 Rn. 13 ff).
Daraus ergibt sich, dass die Lebensversicherung - entgegen der Auffassung des
Klägers - gerade bei einer zeitweisen Tilgungsaussetzung durchaus neben der
Grundschuld ihre Berechtigung hat.
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Hier diente das in Rede stehende Darlehen vom 28.06.1995 über insgesamt 325.000,00
DM, wie der Kläger unwidersprochen vorgetragen hat, hauptsächlich der Umschuldung
eines seinerzeit in Höhe von 200.000,00 DM in Anspruch genommenen
Überziehungskredits im Zusammenhang mit der Renovierung eines Hausobjekts in F..
Nach dem von der Beklagten eingeholten Wertgutachten des Sachverständigen Dr. S.
vom 27.06.1995 hatte die in den Jahren 1994/95 total sanierte und modernisierte
Immobilie im Juni 1995 einen Wert von 640.000,00 DM. Im Hinblick auf die
Kaufpreiszahlung war das Grundstück bereits mit einer Grundschuld in Höhe von
175.000,00 DM belastet worden. Mit der Gewährung des Kredits von 325.000,00 DM
seitens der Beklagten war das Grundstück daher in Höhe von rund 78 % beliehen. Das
sind deutlich mehr als die in § 11 Abs. 2 Hypothekenbankgesetz vorgesehenen 60 %.
Angesichts dieser Situation musste die Beklagte Wert darauf legen, dass die
Lebensversicherung den vertraglich vereinbarten Rückkaufswert aufwies. Wie sich aus
der Aufstellung der Lebensversicherungs AG H.-C. vom 20.04.1999 (Blatt 59 GA) ergibt,
hätte der Rückkaufswert der Lebensversicherung bei einem Abschluss im Jahre 1995
nach 4 Jahren bereits 15.954,00 DM ausgemacht.
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Dass der Abschluss einer solchen Lebensversicherung mit Vereinbarung einer
einmaligen Sonderleistung zur Erreichung des entsprechenden Rückkaufswertes nicht
möglich gewesen wäre, hat der Kläger nicht, schon gar nicht substantiiert, behauptet.
Dem diesbezüglichen Vorbringen der Beklagten in der Berufungserwiderung ist der
Kläger bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht entgegen getreten. Er hat
diese Möglichkeit im Verhandlungstermin vom 06.03.2002 auf Nachfrage des Senats
sogar ausdrücklich bestätigt. Etwas anderes ergibt sich insoweit auch nicht aus dem
nicht nachgelassenen klägerischen Schriftsatz vom 08.03.2002. Der Kläger verweist
dort lediglich darauf, dass nach Auskunft der H.-C. bei einer solchen Nachentrichtung
eines Einmal-Betrages nicht ein Lebensversicherungsvertrag mit einer einzigen Police
in Betracht gekommen wäre, sondern zwei Verträge hätten abgeschlossen werden
müssen; außerdem hätten sich steuerliche Nachteile ergeben können. Daraus ergibt
sich aber keinesfalls eine Unmöglichkeit einer entsprechenden Nachversicherung,
sondern im Gegenteil gerade deren Möglichkeit. Auf die Frage der Policierung kommt es
in diesem Zusammenhang nicht an. Etwaige steuerliche Nachteile hat der Kläger in
dem nicht nachgelassenen Schriftsatz ebenfalls nicht konkret behauptet, sondern
lediglich als möglich bezeichnet.
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4.
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Der Kläger hat auch nicht schlüssig vorgetragen, dass die Beklagte insgesamt oder
jedenfalls bis zu einer besonderen Anforderung seitens der Beklagten auf Abschluss
und Abtretung einer Lebensversicherung durch den Kläger wirksam verzichtet hatte.
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Unstreitig ist zwar, dass die Beklagte seinerzeit darauf verzichtete, dass - wie es in Abs.
3 der Besonderen Vereinbarungen vorgesehen war - die Lebensversicherung bereits
vor Auszahlung der Darlehensvaluta abgeschlossen sein musste. Dies räumt die
Beklagte selbst ein; und das ergibt sich auch aus deren Schreiben vom 12.07.1995
(Blatt 47 GA), dessen Zugang beim Kläger streitig ist. Mit diesem letztgenannten
Schreiben will die Beklagte dem Kläger mitgeteilt haben, dass die Auszahlung der
Darlehenssumme mit der Auflage erfolgte, ihr noch die Lebensversicherungspolice(n)
über 325.000,00 DM nebst entsprechender Abtretungserklärung vorzulegen. Die
Beklagte hat damit aber lediglich die Darlehensauszahlung nicht mehr von der
vorherigen Abtretung der Lebensversicherung abhängig gemacht. Ein weitergehender
Verzicht lässt sich dem - auch unter Berücksichtigung des früheren Verhaltens der
Beklagten bei den beiden anderen Darlehen -nicht entnehmen.
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Soweit der Kläger behauptet, der Zeuge H., der als damals zuständiger
Zweigstellenleiter entsprechend befugt gewesen sei, habe ihm gegenüber kurz nach
Abschluss des Darlehensvertrages erklärt, es bedürfe nicht der Beibringung einer
Lebensversicherung und deren Abtretung an die Beklagte, ist sein Vortrag nicht
schlüssig. Zum einen ist das Vorbringen teilweise widersprüchlich, soweit nämlich der
Kläger in erster Instanz lediglich einen zeitweiligen Verzicht behauptet hat, während er
jetzt in der Berufungsbegründung einen vollständigen Verzicht auf die Beibringung der
Lebensversicherung behauptet hat; zudem sind auch die Angaben zur zeitlichen
Einordnung dieses Gesprächs unterschiedlich. Unabhängig davon ist aber auch nicht
ausreichend dargetan und unter Beweis gestellt, dass der Zeuge H. zu einer solchen
Abänderung des Darlehensvertrages bevollmächtigt war. Selbst als Leiter der
Zweigstelle D. war dieser nicht ohne weiteres befugt, den schriftlichen, von zwei
Mitarbeitern der Beklagten abgezeichneten Darlehensvertrag in einem so wichtigen
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Punkt wie dem Tilgungsersatz alleine in mündlicher Form abzuändern. Dies ergibt sich
schon aus dem eigenen Vortrag des Klägers, wonach der Zeuge H. sich bezüglich der
behaupteten Zusatzvereinbarung mit der Zentrale der Beklagten in K. abstimmen wollte.
Erst wenn der Kläger "von der Beklagten in den nächsten Wochen nichts anders
Lautendes höre, könne er - der Kläger - davon ausgehen, dass die Zentrale in K. mit
dieser Zusatzvereinbarung einverstanden sei". Dass die Zentrale der Beklagten in K.
einer solchen mündlichen Abänderungsvereinbarung tatsächlich zugestimmt hätte, hat
der Kläger nicht substantiiert behauptet. Die hierzu vom Kläger in der
Berufungsbegründung angeführten Indizien lassen weder einzeln noch in ihrer
Gesamtheit einen entsprechenden Rückschluss zu. Es ist zwar auffällig, dass die
Beklagte nach Auszahlung des Darlehens am 17.07.1995 3 1/2 Jahre lang untätig
geblieben war und erstmals mit Schreiben vom 11.01.1999 die Abtretung der
Lebensversicherung anmahnte. Dies kann aber sowohl auf einem Versehen bei der
Beklagten als auch auf einem eigenmächtigen Verhalten des Zeugen H. beruht haben.
Einer Beweisaufnahme zu der behaupteten Erklärung des Zeugen H., zu dessen
Vollmacht sowie zu Fertigung und Zugang des Beklagten-Schreibens vom 12.07.1995
bedurfte es deshalb nicht mehr.
Nach allem war der Kläger nach dem Darlehensvertrag vom 28.06.1995 verpflichtet, der
Beklagten als Tilgungsersatz eine Lebensversicherung abzutreten, bei der zum
Laufzeitende eine Versicherungsleistung zu erwarten war, die die
Darlehenskapitalsumme sowie eventuelle Nebenansprüche abdeckte. Da die Beklagte
im Zusammenhang mit der Auszahlung der Darlehenssumme unstreitig darauf
verzichtet hatte, dass ihr die Abtretung der Lebensversicherung bereits vor diesem
Zeitpunkt vorlag, war laut Vertrag davon auszugehen, dass die Lebensversicherung
jedenfalls zeitnah zur Auszahlung der Darlehensvaluta, spätestens aber zum Zeitpunkt
des ursprünglich vorgesehenen Tilgungsbeginns am 01.10.1995 abzuschließen und an
die Beklagte abzutreten war. Da der Kläger eine solche Lebensversicherung nicht
bereits im Jahre 1995 abgeschlossen hatte, hätte er spätestens nach Anmahnung
derselben mit Schreiben der Beklagten vom 10.03.1999 eine Lebensversicherung mit
entsprechendem Rückkaufswert abschließen müssen.
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Dem ist der Kläger nicht nachgekommen.
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5.
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Die in Ziffer 11 Abs. 2 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen geforderte Fristsetzung
mit Kündigungsandrohung ist durch das zitierte Schreiben der Beklagten vom
10.03.1999 erfolgt, und zwar mit Fristsetzung bis zum 12.04.1999. Nach Auffassung des
Senats bedurfte es auch keines weiteren Nachbesserungsverlangens mit erneuter
Fristsetzung und Kündigungsandrohung, nachdem der Beklagte mit Schreiben vom
09.04.1999 die Lebensversicherungspolice vom 07.04.1999 nebst Abtretungserklärung
vom 08.04.1999 vorgelegt hatte. Es lag auf der Hand, dass diese Lebensversicherung
im Hinblick auf den fehlenden Rückkaufswert nicht dem Verlangen der Beklagten
entsprach. Auch für einen Laien war das Schreiben der Beklagten vom 10.03.1999
insoweit völlig eindeutig. Es ist auch unstreitig, dass die Parteien zwischen dem 10. und
dem 15.03.1999 über den Inhalt des vorgenannten Schreibens gesprochen haben und
der Kläger dabei vergleichsweise eine einmalige Zahlung von rund 15.000,00 DM
vorgeschlagen hat, was aber von der Beklagten mit Schreiben vom 15.03.1999
abgelehnt wurde. Im Anschluss daran war für den Kläger klar, dass er wegen des
fehlenden Rückkaufswertes entweder den Lebensversicherungsvertrag entsprechend
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ändern lassen oder aber, wie im Schreiben der Beklagten vom 10.03.1999
entsprechend Abs. 5 Satz 2 der Besonderen Vereinbarungen gefordert, für die Zeit ab
Oktober 1995 rückwirkend Tilgungsleistungen in Höhe von über 25.000,00 DM (siehe
Aufstellung der Beklagten Blatt 52 GA) zahlen musste.
Da der Kläger dem nicht nachgekommen ist, war die Beklagte nach Ziffer 11 Abs. 2 der
Allgemeinen Bestimmungen zum Darlehensvertrag zur fristlosen Kündigung berechtigt
und demzufolge gemäß Ziffer 12 Abs. 2 der Allgemeinen Darlehensbestimmungen auch
befugt, eine entsprechende Vorfälligkeitsentschädigung geltend zu machen.
31
6.
32
Das Verlangen der Beklagten verstieß nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB):
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Der Kläger kann zunächst nicht damit gehört werden, dass es sich bei dem
Rückkaufswert von 15.954,00 DM angesichts des Objekts sowie der gestellten
Sicherheiten um einen "derartig verschwindenden" Betrag handele, dass darauf eine
fristlose Kündigung nicht habe gestützt werden können. Dieser Betrag machte immerhin
rund 5 % der Kreditsumme aus.
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Auch der Umstand, dass die Beklagte die Lebensversicherung erst nach 3 1/2 Jahren
untätigen Zuwartens nachforderte mit dem gleichzeitigen Verlangen, die
Lebensversicherung müsse einen aktuellen Rückkaufswert aufweisen, wie er bei
regelmäßiger Prämienleistung seit 1995 bestehen würde, erscheint nicht ohne weiteres
treuwidrig. Die Beklagte verlangte insoweit nicht mehr, als der Kläger hätte erbringen
müssen, wenn er seinen Verpflichtungen aus dem Darlehensvertrag von Anfang an
nachgekommen wäre. Jedenfalls hat er nicht substantiiert dargelegt, dass ihm durch den
erst nachträglichen Abschluss einer entsprechenden Lebensversicherung irgendwelche
Nachteile entstanden wären. Auch in seinem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom
08.03.2002 hat er keine konkreten Nachteile benannt, sondern lediglich vorgetragen,
dass sich bei einer einmaligen Sonderleistung steuerliche Nachteile hätten ergeben
können. Dass dies tatsächlich der Fall gewesen wäre, ist damit aber nicht substantiiert
behauptet.
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Nicht gefolgt werden kann schließlich auch dem Argument des Klägers, die Beklagte
habe bis zum Ende der Festschreibung der Darlehensbedingungen am 30.06.2000
abwarten und ihm dann gemäß Ziffer 3 der Allgemeinen Vertragsbestimmungen neue
Darlehensbedingungen vorschlagen können, die dem bis dahin fehlenden
Rückkaufswert der Lebensversicherung Rechnung getragen hätten. Zum einen wären
bis zu diesem Zeitpunkt weitere 13 Monate vergangen; und zum anderen hätte der
Kläger sich auf eine Fortsetzung des Darlehensvertrages nicht einlassen müssen.
Spätestens dann wäre eine Sicherheit in Form des bis dahin nach dem
Darlehensvertrag normalerweise erreichten Rückkaufswerts der Lebensversicherung für
die Beklagte endgültig verloren gewesen.
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Nach allem ist die seitens des Klägers an die Beklagte geleistete Zahlung der
Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 16.028,23 DM nicht ohne rechtlichen Grund
erfolgt. Ein Rückforderungsanspruch des Klägers besteht deshalb nicht.
37
7.
38
Aus dem Vorstehenden folgt zugleich, dass dem Kläger auch kein
Schadensersatzanspruch wegen positiver Vertragsverletzung in Höhe von 330,00 DM
zusteht, weil er in dieser Höhe aufgrund der damals notwendigen Umfinanzierung
Grundbuchkosten zu entrichten hatte. Insoweit fehlt es nicht nur an einer schuldhaften
Vertragsverletzung der Beklagten, sondern darüber hinaus auch an einem Schaden des
Klägers. Da nämlich die Folgefinanzierung unstreitig zu einem wesentlich günstigeren
Zinssatz abgeschlossen werden konnte, werden die 330,00 DM durch den Zinsvorteil
des Klägers in jedem Falle aufgewogen.
39
8.
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Nach allem war die Berufung des Klägers mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO
zurückzuweisen.
41
Der nicht nachgelassene Schriftsatz des Klägers vom 08.03.2002 bot keine
Veranlassung zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung, wozu das
Wesentliche bereits vorstehend ausgeführt worden ist.
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Für eine Revisionszulassung bestand keine Veranlassung, da die Voraussetzungen
des § 543 Abs. 2 ZPO n. F. nicht vorliegen.
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Die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO, 26 Nr. 8
EGZPO.
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Streitwert und Beschwer des Klägers: 8.363,83 EUR = 16.358,23 DM
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