Urteil des OLG Köln vom 25.08.2009

OLG Köln (kläger, gutachten, wert, anlage, verkehrswert, kaufpreis, schaden, eintragung, höhe, kaufvertrag)

Oberlandesgericht Köln, 14 U 11/05
Datum:
25.08.2009
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
14. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 U 11/05
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 2 O 744/02
Tenor:
Auf die Berufung des Klägers wird das am 30. Oktober 2003 verkündete
Urteil des Landgerichts Köln - 2 O 744/02 - teilweise abgeändert.
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 23.617,56 € nebst 4 %
Zinsen seit dem 16. Januar 2003 zu zahlen.
Der Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger auch den aus dem fehlerhaften
Wert-gutachten des Beklagten vom 20. Dezember 1999 resultierenden
weitergehenden Zins¬schaden zu ersetzen.
Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen, die weitergehende
Klage wird abgewiesen.
Von den Kosten des Rechtsstreits einschließlich des
Revisionsverfahrens tragen der Kläger neun Zehntel und der Beklagte
ein Zehntel.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die
Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des voll-streckbaren Betrages abwenden, sofern nicht
die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in
Höhe von 110 % des jeweils zu vollstre-ckenden Betrages erbringt.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
1
I.
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Der Kläger verlangt Schadensersatz von dem Beklagten, der für ihn anlässlich eines
Grundstückskaufs ein Wertgutachten erstellt hat.
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Der Kläger beabsichtigte ein Hausgrundstück zu erwerben, welches er selbst bewohnen
wollte. Wegen der Verringerung der Einkommensgrenzen im Eigenheimzulagengesetz
kam es ihm darauf an, den Kaufvertrag noch im Jahr 1999 abzuschließen (Schreiben
des Klägers vom 30. November 1999, Bl. 566). Er interessierte sich für ein im
Außenbereich von C., Ortsteil D. gelegenes Objekt, welches aus insgesamt drei
Flurstücken besteht und über einen Grundstücksmakler zu einem Gesamtpreis von
510.000 DM angeboten worden war (Angebote 1016-9 und 4008-9, Anlage K1). Mit
Schreiben vom 26. Oktober 1999 (Bl. 563) unterbreitete der Kläger über den Makler
seinerseits ein Ankaufsangebot über 425.000 DM.
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Nach einem dem Kläger bekannten Bauvorbescheid vom 30. Juli 1999 (Anlage K6) war
für die angefragten Bauvorhaben das Geh-, Fahr- und Leitungsrecht durch Eintragung
einer Baulast öffentlich-rechtlich zu sichern. Ein entsprechender Antrag war am 3.
November 1999 durch den Grundstücksmakler beim Bauordnungsamt eingereicht
worden (Schreiben des Maklers vom 17. Januar 2000, Bl. 570). Unter dem 16.
November 1999 teilte der Makler dem Kläger mit, dass der Kaufvertragsentwurf bereits
erstellt und die Eintragung der Baulast vorbereitet worden sei (Bl. 542 d.A.). Angesichts
mitgeteilter Schwierigkeiten dahin gehend, dass die Grundstücksnachbarn nicht ohne
weiteres bereit seien, die Grundbucheintragung der Baulast vornehmen zu wollen,
sowie der Schwierigkeit, für die Löschung von zwei Eintragungen in Abteilung II des
Grundbuchs zugunsten eines verstorbenen Berechtigten eine Sterbeurkunde zu
beschaffen, schlug der Kläger am 30. November 1999 vor, den Kaufpreis auf 405.000
DM zu senken (Schreiben BB5, Bl. 566).
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Mit notariellem Vertrag vom 28. Dezember 1999 (Anlage K4) kaufte der Kläger das
Grundstück zu einem Kaufpreis von 405.000 DM zuzüglich 1.525 DM Erstattung der
Kosten für den Lageplan zur Baulasteintragung, mit welchen die Verkäufergemeinschaft
in Vorlage getreten war. In § 5 Ziffer 1 des Vertrages erklärte der Kläger, auf eigene
Kosten und Gefahr alle etwa erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um das
erworbene Grundstück Flur 0 Nummer 0000 baureif zu machen, insbesondere noch
erforderliche Dienstbarkeiten und Baulasten zur Eintragung zu bringen.
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Zur Eintragung der Baulast oder einer entsprechenden Grunddienstbarkeit ist es nicht
gekommen, mit Schreiben vom 22. September 2003 (Anlage K32, Bl. 233) haben die
Nachbarn dem Kläger die Absage der Baulast schriftlich mitgeteilt.
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Wegen der Finanzierung hatte der Kläger vor Abschluss des Kaufvertrages einen
Finanzmakler eingeschaltet, welcher ihm unter dem 29. Oktober 1999 unverbindlich
mitgeteilt hatte, dass ein Erwerb zum Preis von 425.000 DM grundsätzlich durchführbar
sei, aber eine Beleihungsprüfung noch ausstehe. Die finanzierende Bank schrieb dem
Finanzmakler mit Schreiben vom 14. Dezember 1999, dass die Finanzierung unter der
Voraussetzung eines den Wert belegenden Gutachtens eines vereidigten
Sachverständigen übernommen werde (Anlage K7). Der Kläger erteilte darauf hin dem
Beklagten den Auftrag, ein Wertgutachten zu erstellen. Eine gemeinsame Besichtigung
des Grundstücks erfolgte am 17. Dezember 1999, einem Freitag; der Auftrag war vorher
erteilt worden. Der Beklagte übergab dem Kläger das Gutachten am 20. Dezember 1999
und trat am 22. Dezember 1999 seinen Jahresurlaub an. In dem Gutachten hat der
Beklagte den Verkehrswert des Grundstücks auf 440.000 DM beziffert, der Zweck des
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Gutachtens ist mit "Wertermittlung zum Zwecke des Kaufes und der Beleihung"
angegeben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Gutachten Bezug
genommen (Anlage K3).
Nach Durchführung einiger Renovierungsarbeiten holte der Kläger das am 26.
November 2001 erstattete schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. Ing. T. ein
(Anlage K5), welches den Verkehrswert des Grundstücks auf lediglich 200.000 DM
beziffert. Dabei ist unter anderem das Flurstück 2073 – anders als in dem Gutachten des
Beklagten – nicht als Bauland bewertet worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das
Gutachten verwiesen.
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Mit der am 30. Dezember 2002 eingereichten Klage hat der Kläger, gestützt auf dieses
Gutachten sowie im weiteren Verlauf des Rechtsstreits auf ein weiteres Gutachten über
Mängel an Wohngebäude und Garage, Schadensersatz wegen falscher Wertermittlung
verlangt. Als Schadenspositionen hat er die Differenz zwischen dem Kaufpreis und dem
Bodenwert geltend gemacht, ferner die Kosten für den Abriss des Gebäudes sowie
Erschließungskosten für einen Neubau, zu viel aufgewendete Zinsen der Finanzierung
in der Zeit von Januar 2000 bis September 2003, Vorfälligkeitsentschädigung, zu viel
aufgewendete Maklercourtage, Grunderwerbssteuer, Notar- und Grundbuchkosten,
ferner die Kosten des Gutachtens T., aufgewandte Renovierungskosten, Fahrtkosten
und Umzugskosten. Die auf Zahlung von insgesamt 268.952,46 € nebst Zinsen sowie
auf Feststellung der Ersatzpflicht für weitergehende Kosten und Schäden gerichtete
Klage ist vom Landgericht durch Urteil vom 30. Oktober 2003 mit der Begründung
abgewiesen worden, die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität
seien nicht schlüssig dargelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf das landgerichtliche
Urteil Bezug genommen.
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Die Berufung des Klägers ist beim 12. Senat des Oberlandesgerichts Köln erfolglos
geblieben. Der Senat hat einen adäquaten Verursachungszusammenhang zwischen
dem Gutachten des Beklagten und dem Kaufentschluss des Klägers verneint und das
unter anderem auch aus der zeitlichen Nähe mit dem Beurkundungstermin geschlossen.
Auch auf dieses Urteil wird ergänzend Bezug genommen.
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Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des 12. Senats durch Urteil vom 10. März
2005 aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über
die Kosten des Revisionsrechtzuges, an einen anderen Senat des Oberlandesgerichts
zurückverwiesen. In den Entscheidungsgründen ist ausgeführt, die angebotenen
Zeugen hätten vernommen werden müssen, bevor die Kausalität zwischen Gutachten
und Kaufentschluss habe beurteilt werden können. Ergänzend wird auch auf dieses
Urteil verwiesen.
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Der Kläger beantragt in der Berufungsinstanz,
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1. unter Abänderung des am 30.10.03 verkündeten Urteils des Landgerichts Köln
AZ: - 2 O 744/02 - den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger EUR 251.245,73
nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit
Rechtshängigkeit zu zahlen,
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2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm auch weitergehende Kosten
und Schäden aufgrund des fehlerhaften Wertgutachtens zu ersetzen.
15
Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er ist der Auffassung, der Kläger habe bereits Ende November 1999 den festen
Kaufentschluss gefasst, die Grundstücke zu erwerben. Daraufhin sei der Kaufvertrag
auch bereits Anfang Dezember 1999 vom Notar entworfen und bis zur Beurkundung
lediglich noch um die Kosten des Lageplans abgeändert worden. Das erst Mitte
Dezember 1999 in Auftrag gegebene und erstattete Gutachten sei daher für den
Kaufentschluss gar nicht ursächlich gewesen.
18
Wegen des weiteren beiderseitigen Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze Bezug
genommen.
19
Der Senat hat die Zeugen I. J., V. L., E. X., K. N. und F. G. vernommen sowie ein
schriftliches Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. U. nebst schriftlicher Ergänzung
eingeholt. Auf die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 30. Juni 2005 (Bl. 481
ff d.A.) und vom 1. Dezember 2005 (Bl. 571 ff d.A.) sowie das Gutachten vom 1. März
2007 und die Ergänzung vom 8. April 2008 (Bl. 786 ff d.A.) wird verwiesen. Der Kläger
erhebt Einwendungen (Bl. 847 ff d.A.) auch gegen die ergänzende Stellungnahme des
Sachverständigen und beantragt, den Sachverständigen ergänzend zu befragen sowie
einen Sondersachverständigen für Baumängel und Bauschäden zu beauftragen
hinsichtlich der verbindlichen Beschaffenheit und Beurteilung des Bauzustandes und
der streitgegenständlichen Immobilie, das Sondergutachten vom Sachverständigen
verwerten zu lassen, sowie hilfsweise die Einholung eines weiteren
Sachverständigengutachtens.
20
II.
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Die Berufung des Klägers ist nur zu einem geringen Teil erfolgreich. Der Beklagte ist
dem Kläger zum Schadensersatz aus § 635 BGB a.F. in Verbindung mit Art. 229 § 5
EGBGB sowie aus positiver Forderungsverletzung zum Schadensersatz in dem aus
dem Tenor ersichtlichen Umfang verpflichtet.
22
A.
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Das vom Beklagten erstellte Gutachten ist fehlerhaft, wie sich aus dem Gutachten des
Gerichtssachverständigen ergibt, auf das noch näher einzugehen ist. Der Verkehrswert
ist zu hoch angesetzt. Dabei ist dem Beklagten allerdings nicht als Fehler anzulasten,
dass er bei seiner Bewertung von einer Bebaubarkeit des Grundstücks ausgegangen
ist. Zwar fehlte bei objektiver Betrachtung die für eine Baugenehmigung erforderliche
Baulast. Das Risiko fehlender Bebaubarkeit hatte jedoch – wie dem Beklagten bekannt
war – der Kläger ausweislich seines Angebots vom 30. November 1999 bewusst
übernommen und insoweit auch eine Verringerung des Kaufpreises erreicht.
Ausgehend von der Vorstellung, die Zustimmung der Nachbarn unschwer erreichen zu
können, war es daher – auch im Finanzierungsinteresse des Klägers – sachgerecht,
den Wert ohne Berücksichtigung der Bebaubarkeitsfrage zu ermitteln.
24
Angesichts der besonderen Lage des zu bewertenden Grundstückskomplexes und
mangelnder Vergleichsobjekte ist dem Beklagten zwar ein durchaus erheblicher
Beurteilungsspielraum zuzugestehen. Der vom Gericht bestellte Sachverständige weist
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in seinem Gutachten und der Ergänzung mehrfach darauf hin, dass es sich um einen
ganz speziellen Teilmarkt handelt, der sich üblichen Berechnungsmethoden mehr oder
weniger entzieht und "Mut zur Schätzung" verlangt. Der dem Beklagten einzuräumende
Bewertungsspielraum ist jedoch bei einem vom Beklagte angesetzten Verkehrswert von
440.000 DM, der um 37,5 % über dem vom gerichtlichen Sachverständigen ermittelten
Wert von 320.000 DM liegt, eindeutig überschritten. Der Senat folgt dem Gutachten des
gerichtlichen Sachverständigen, der die Besonderheiten des zu begutachtenden
Gesamtgrundstücks anhand nachvollziehbarer Maßstäbe bewertet hat. Einwände sind
von dem Beklagten nach der ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen auch
nicht mehr erhoben worden. Das für die Haftung des Beklagten erforderliche
Verschulden wird nach § 282 BGB a.F. vermutet.
B.
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Durch die fehlerhafte Ermittlung des Grundstückswerts hat der Beklagte dem Kläger
Schaden zugefügt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme geht der Senat davon aus,
dass das vom Beklagten erstellte Gutachten für den Kaufentschluss des Klägers
zumindest mitursächlich war. Zwar hat der Kläger in den Verhandlungen mit der
verkaufenden Erbengemeinschaft ohne Mitwirkung des Beklagten einen Kaufpreis
erreichen können, der wegen Übernahme des Baulastrisikos deutlich unter dem Betrag
liegt, von welchem die Verkäuferseite ausgegangen war. Es steht auch zur
Überzeugung des Senats fest, dass dieser Kaufpreis bereits vor der Beauftragung des
Beklagten und damit unabhängig von dessen Wertangaben zustande gekommen ist.
Gleichwohl ist das Gutachten des Beklagten noch ursächlich für den Kaufentschluss
des Klägers geworden. Der Zeuge L. hat glaubhaft ein Gespräch geschildert, in
welchem der Kläger geäußert habe, er wolle zu seiner Absicherung aber noch ein
Gutachten haben. Der Zeuge wusste auch noch, dass der Kläger ihm darauf hin erklärt
hatte, dass er bei dem Baualter des Gebäudes in einem solchen Fall auch ein
Gutachten einholen würde und die finanzierende Bank ein solches Gutachten auch
verlangen würde. Die damalige Lebensgefährtin des Klägers hat bestätigt, dass der
Kläger nicht bereit gewesen sei, das Haus zu kaufen, bevor er über ein Gutachten
verfügte. Sie hat auch geschildert, wie sich der Kläger mehrfach vergeblich darum
bemüht habe, von dem Makler ein früheres Gutachten zu bekommen. Auch wenn der
Kaufvertrag bereits vorbereitet war, ist deshalb davon auszugehen, dass der Kläger zu
dem ausgehandelten Preis nur dann abschließen wollte, wenn das Gutachten einen
diesen Preis rechtfertigenden Wert auswies. Diese Einschätzung wird gestützt auch aus
dem Deckblatt des Gutachtens, auf welchem der Beklagte den Zweck des Gutachtens
mit "Wertermittlung zum Zwecke des Kaufes und der Beleihung" angegeben hat.
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Gegen die Ursächlichkeit spricht auch nicht der Umstand, dass das Gutachten schon
deshalb nicht den zutreffenden Wert wiedergab, weil der Beklagte die vom Kläger in
Eigenleistung auszuführenden Renovierungs- und Mangelbeseitigungsarbeiten nicht
bewertet hat (S. 7 des Gutachtens). Selbst wenn der Kläger den Wert dieser Arbeiten mit
einem Betrag von rund 29.000 DM angenommen haben sollte, wie er vom gerichtlichen
Sachverständigen geschätzt worden ist, hätte der erzielte Kaufpreis nicht unter dem
Grundstückswert gelegen.
28
C.
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Nach der Differenzhypothese ist der Kläger so zu stellen, wie er ohne den Fehler des
Beklagten gestanden hätte. Bei seiner Schadensberechnung geht der Kläger davon
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aus, dass er bei zutreffender Wertermittlung durch den Beklagten das
Gesamtgrundstück zu diesem Wert erhalten hätte. Dabei kann dahin gestellt bleiben, ob
die Erbengemeinschaft auch zu einem weiteren Preisnachlass bereit gewesen wäre.
Denn die Berechnung des Klägers ist nicht zum Nachteil des Beklagten falsch.
Den Beklagten trifft keine Haftung, soweit es um die Herstellung der Baureife, die Statik
des Hauses, eine etwaige Bodenbelastung mit Schadstoffen und um die Beseitigung
von Mängeln geht. Denn das Risiko hinsichtlich der Bebaubarkeit, welche von der
Eintragung der Baulast abhing, hat der Kläger – wie bereits angesprochen – selbst
übernommen. Soweit es um die Statik, welche nach der Befürchtung des Klägers
mangelhaft sein soll, und um eine Bodenbelastung mit Schadstoffen geht, war deren
Überprüfung nicht Aufgabe des Beklagten. Darauf hat dieser im Gutachten ausdrücklich
hingewiesen (Bl. 12 "Hinweise") und auf die Einschaltung von Sonderfachleuten
verwiesen. Der Kläger hat es auch übernommen, die Renovierungs- und
Instandsetzungsarbeiten in Eigenleistung durchzuführen. Der Beklagte hat auch dies –
vom Kläger unwidersprochen – in seinem Gutachten ausdrücklich ausgewiesen (Bl. 7).
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Bei der Höhe des vom Beklagten zu ersetzenden Schadens ist zu berücksichtigen, dass
dem Beklagten nur anzulasten ist, was außerhalb des ihm einzuräumenden
Beurteilungsspielraums liegt. Der Senat legt angesichts der von dem
Gerichtssachverständigen dargestellten sich "üblichen Berechnungsmethoden mehr
oder weniger entziehenden Spezialität des Kaufobjekts" einen über den normalen
Bereich hinausgehenden Beurteilungsspielraum von 15 % zugrunde. Ein vom
Beklagten zu verantwortender Mangel des Gutachtens ist deshalb nur anzunehmen,
soweit er zu einem über 320.000 DM * 1,15 = 368.000 DM liegenden Wert gekommen
ist.
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Der Einholung eines Sondergutachtens und der ergänzenden Befragung des
Gerichtssachverständigen bedarf es nicht. Der Kläger zeigt keine Gesichtspunkte auf,
die der Sachverständige bei seinen Bewertungen nicht bereits berücksichtigt hätte. Die
ungünstige Grundrissanordnung und die teilweise zu niedrigen Räume hat der
Sachverständige im Gutachten berücksichtigt (S. 32). Den Risiken aus dem früheren
Bergwerksbetrieb in der Nachbarschaft hat der Sachverständige ausdrücklich keinen
Einfluss auf den Verkehrswert im vorliegenden Fall beigemessen (S. 15 f, 19). Ein
konkreter Anlass für einen Abschlag wegen der Gefahr von Altlasten aus der Nähe des
früher betriebenen Bergwerks ist nicht ersichtlich. Mit der vom Kläger angeführten
Entscheidung des Bundesgerichtshofs (NJW 1953, 659) ist der vorliegende Sachverhalt
nicht vergleichbar, bei dem vom Kläger erworbenen Grundstück handelt es sich nicht
um ein saniertes Altlastengrundstück. Die Untersuchung von möglichen Bergschäden
gehörte nicht zum Aufgabenbereich des Beklagten, für einen Wertabschlag besteht
mangels konkreter Anhaltspunkte kein Anlass. Auch die Richtwertanpassung und die
angesetzte Restnutzungsdauer hat der Sachverständige nachvollziehbar erläutert und
überzeugend dargelegt, dass sich die Begutachtung im vorliegenden Fall einer exakten
Berechnung entzieht. Vorhandene Baumängel und -Schäden hat der Sachverständige
mit einem angemessenen Abschlag von 29 % berücksichtigt, das sind etwas mehr als
29.000 DM. Dabei hat er offen gelassen, ob Schäden in diesem Ausmaß zum Zeitpunkt
der Begutachtung durch den Beklagten bereits hinreichend erkennbar waren. Diese
Bewertung ist nicht zu Lasten des Klägers falsch und entzieht sich mangels hinreichend
konkreter Feststellungen zum da-maligen Umfang erkennbarer Mängel einer
nachfolgenden Beweisaufnahme.
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1. Der Beklagte haftet für die Vermögensdifferenz des Klägers, die zwischen dem
gezahlten Preis und dem Wert liegt, welchen der Beklagte zulässiger Weise noch als
Verkehrswert hätte ermitteln dürfen. Ausgehend von der vorstehend genannten
Beurteilungsbandbreite ergibt sich ein Schaden von
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405.000 DM - 368.000 DM = 37.000,00 DM.
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Nicht begründet ist die Klage hinsichtlich der geltend gemachten Abbruch- und
Erschließungskosten. Wie oben ausgeführt fallen diese Positionen nicht in den
Verantwortungsbereich des Beklagten.
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2. Zu ersetzen ist vom Beklagten auch der auf die Vermögensdifferenz entfallende
Zinsschaden, den der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit für die Zeit von Dezember
1999 bis September 2003 geltend macht. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers sind
die Kredite jedoch erst Ende Dezember 1999 aufgenommen worden, Zinsen stehen
dem Kläger daher erst ab Januar 2000 zu. Bei seiner Berechnung hat der Kläger einen
einheitlichen Zinssatz von 6 % zugrunde gelegt. Für den geltend gemachten Zeitraum
kann dieser Zinssatz noch angesetzt werden, auch wenn einer der drei Kredite bereits
getilgt wird, da die Effektivzinssätze noch über den 6 % liegen. Bezogen auf die
vorgenannte Differenz von 37.000 DM und den vom Kläger angesetzten
Beleihungsfaktor (Schriftsatz vom 29. April 2003, Bl. 87 d.A.) errechnet sich ein zu
verzinsender Betrag von 37.000 DM * 0,80516899 = 29.791,25 DM. Mit einem
Jahreszins von 6 % errechnen sich für den Zeitraum von 33 Monaten
37
29.791,25 DM * 6 % / 12 * 33 = 4.915,56 DM.
38
3. Die Courtage für den Immobilienmakler wäre bei einem um 37.000 DM verringerten
Wert um 37.000 DM * 3,48 % = 1.287,60 DM
39
geringer ausgefallen,
40
4. die Grunderwerbssteuer um 37.000 DM * 3,5 % = 1.295,00 DM.
41
5. Bei den Notarkosten beläuft sich der zu ersetzende Schaden auf eine verringerte
Beurkundungsgebühr für den Kaufvertrag und eine niedrigere Grundschuldbestellung
sowie auf eine entfallende Auszahlungsgebühr. Es ergeben sich (vgl. Anlagen K 12):
42
1.480 DM - 1.330 DM = 150,00 DM
43
320 DM - 290 DM = 30,00 DM
44
37.000 DM * 0,25 % = 92,50 DM
45
272,50 DM
46
+ 16 % MWSt 43,60 DM
47
316,10 DM.
48
6. Auch bei den Gerichtskosten ist der Schaden zu ersetzen, der sich aus den zu hoch
angesetzten Gebühren ergibt. Es ergeben sich (Anlagen K 13):
49
740 DM +185 DM - 650 DM - 162,50 DM = 112,50 DM
50
320 DM - 290 DM = 30,00 DM
51
142,50 DM.
52
7. Zu ersetzen sind auch die Kosten für das vom Kläger vorprozessual eingeholte
Gutachten. Aus der Rechnung über 1.699,17 DM (Anl. K 14) ist allerdings die
Zusatzleistung mit 400 DM netto zu streichen, da die planungs- und
erschließungsrechtliche Situation wie dargelegt in den Risikobereich des Klägers fiel.
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Es verbleiben 1.235,17 DM.
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8. - 10. Die vom Kläger geltend gemachten Renovierungskosten, Fahrtkosten und
Umzugskosten sind vom Beklagten nicht zu ersetzen. Der Wert der erkennbaren
Instandhaltungsarbeiten ist bereits in die Bemessung des Grundstückswerts
eingeflossen, im Übrigen hatte der Kläger die Beseitigung dieser Mängel in Eigenregie
übernommen.
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Es verbleibt damit ein vom Beklagten zu erstattender Schaden von 37.000 DM +
4.915,56 DM + 1.287,60 DM + 1.295 DM + 316,10 DM + 142,50 DM + 1.235,17 DM =
46.191,93 DM, das sind umgerechnet
23.617,56 €
56
III.
57
Zinsen stehen dem Kläger gemäß §§ 291, 288 Absatz 1 BGB a.F. in Verbindung mit Art.
229 § 5 EGBGB nur in Höhe von 4 % aus dem berechtigten Gesamtbetrag zu, der
weitergehende Zinsantrag ist nicht begründet.
58
Lediglich im Hinblick auf den Zinsschaden im zeitlichen Anschluss an die oben
aufgeführte Schadensposition 2. ist auch der Feststellungsantrag bezüglich künftiger
Schäden berechtigt. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass noch andere
Schäden und Kosten künftig entstehen könnten.
59
Die weitergehende Klage ist – wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt – nicht
begründet.
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Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Absatz 1 Satz 1, 708 Ziffer 10, 711 ZPO.
61
Die Revision wird nicht zugelassen, weil der Rechtssache keine grundsätzliche
Bedeutung zukommt und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.
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