Urteil des OLG Köln vom 03.11.1999

OLG Köln: vertrag zu lasten dritter, negatives schuldanerkenntnis, verwalter, entlastungsbeschluss, anfechtung, initiative, form, aussichtslosigkeit, auskunft, verzicht

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 144/99
Datum:
03.11.1999
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 144/99
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 29 T 109/99
Tenor:
Die weitere sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den
Beschluss des Landgerichts Köln vom 9.9.1999 - 29 T 109/99 - wird
zurückgewiesen. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens
trägt die Beteiligte zu 1). Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten wird
nicht angeordnet. Rechtsbeschwerdewert: bis 2.500,-- DM.
G r ü n d e
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Die form- und fristgerecht eingelegte weitere sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 43
Abs. 1, 45 Abs. 1 WEG, 20 a Abs. 2, 27 Abs. 1, 29 FGG). In der Sache hat sie keinen
Erfolg.
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Das Landgericht hat auf den Kostenantrag der Beteiligten zu 1) durch den
angefochtenen Beschluss die Beteiligte zu 3) mit den Gerichtskosten des
Beschwerdeverfahrens belastet, weil sie die Beschwerde zurückgenommen hat, und
eine Erstattung außergerichtlicher Kosten im Beschwerdeverfahren nicht angeordnet.
Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) mit dem Antrag,
unter teilweiser Aufhebung des Beschlusses die Erstattung der ihr im
Beschwerdeverfahren entstandenen außergerichtlichen Kosten anzuordnen.
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Die Kostenentscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand (§§ 27, 550 ZPO).
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Nach der Zurücknahme der sofortigen Beschwerde hatte das LG noch über die Kosten
des Beschwerdeverfahrens gemäß § 47 WEG nach billigem Ermessen zu entscheiden,
insbesondere, ob außergerichtliche Kosten ganz oder teilweise zu erstatten sind. Dabei
konnte im Streitfall entgegen der Ansicht der Beteiligten zu 1) der blosse Umstand der
Rechtsmittelrücknahme nicht die von ihr begehrte Erstattungsanordnung rechtfertigen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat in Wohnungseigentumssachen
nicht in jedem Falle derjenige, der sein Rechtsmittel zurücknimmt, die
außergerichtlichen Kosten eines anderen Beteiligten zu erstatten, sondern nur immer
dann, wenn eine solche Anordnung nach den besonderen Umständen des Einzelfalls
billigem Ermessen entspricht (zuletzt Senatsbeschluss vom 7.5.1999 - 16 Wx 131/98 =
NZM 99, 855 m.w.N.). § 47 WEG enthält für den Fall der Rechtsmittelrücknahme keine
dem § 13 a Abs. 1 S. 2 FGG entsprechende Sonderregelung, so dass es bei der für § 47
WEG anerkannten Regel verbleiben muss, dass die Beteiligten ihre außergerichtlichen
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Kosten grundsätzlich selbst zu tragen haben, und die Anordnung der Kostenerstattung
die Ausnahme bildet. Das Rechtsbeschwerdegericht kann dann eine solche
Kostenentscheidung nur daraufhin überprüfen, ob der Tatrichter die Grenzen des ihm
eingeräumten Ermessens überschritten hat, insbesondere ob er wesentliche
Gesichtspunkte ausser acht gelassen, sich mit den Denkgesetzen in Widerspruch
gesetzt oder sonst von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck
widersprechenden Gebrauch gemacht hat (vgl. etwa BayObLG NZM 99, 852).
Die Entscheidung des LG läßt keinen Rechtsfehler erkennen. Besondere Umstände, die
einen solchen Ermessensfehler begründen und die beantragte Anordnung der
Kostenerstattung nach billigem Ermessen rechtfertigen könnten, sind weder dargetan
noch ersichtlich. Insbesondere war die Beschwerde der Beteiligten zu 3) hinsichtlich der
Ungültigkeitserklärung des Verwalterentlastungsbeschlusses entgegen der Ansicht der
Beteiligten zu 1) nicht etwa von vorneherein bereits klar unzulässig, was die
Erstattungsanordnung rechtfertigen könnte. Die Verwalterentlastung hat keineswegs,
wie aber die Beteiligte zu 1) meint, nur gemeinschaftsinterne Auswirkungen. Sie enthält
vielmehr ein negatives Schuldanerkenntnis i.S.v. § 397 Abs. 2 BGB, d.h. einen Verzicht
der Wohnungseigentümer auf etwa bestehende Ersatzansprüche gegen den Verwalter,
soweit sie aus der Jahresabrechnung erkannte oder doch bei gehöriger Aufmerksamkeit
erkennbare Geschäftsvorgänge betreffen; darüberhinaus ist der Verwalter nach der ihm
erteilten Entlastung zur Auskunft über die von ihm geführten Geschäfte nicht mehr
verpflichtet (so KG WE 89, 134 m.w.N.). In diese Rechtsposition des Verwalters greift
der Beschluss ein, der die Entlastung und mithin auch das Schuldanerkenntnis für
ungültig erklärt, so dass es keine Frage sein kann, dass der Verwalter gegen die ihn
beschwerende Entscheidung Rechtsmittel einlegen können muss (vgl. KG a.a.O.;
Bärmann/Pick/Merle WEG § 28 Rdnr. 113).
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Zumindest nicht unproblematisch war die übrige Streitfrage, ob der
Entlastungsbeschluss - wie die Beteiligte zu 1) meinte - noch formell für ungültig erklärt
werden konnte und musste oder ob sich die Anfechtung - entsprechend der Ansicht der
Beteiligten zu 3) - erledigt hatte im Hinblick auf den unwidersprochen auf ihre Initiative
und mit ihrer Zustimmung ergangenen und auch insoweit unangefochten gebliebenen
Eigentümerbeschluss vom 28.9.1998, durch den der Entlastungsbeschluss vom
26.6.1998 wieder aufgehoben wurde. Richtig ist zwar, dass es den
Wohnungseigentümern grundsätzlich verwehrt ist, eine bestandskräftige Entlastung des
Verwalters in einem weiteren Beschluss zu widerrufen, und dass ein dennoch gefasster
Eigentümerbeschluss von vorneherein nichtig sein kann. Ob das aber auch zu gelten
hat, wenn wie hier der Verwalter als der Vertragspartner des Schuldanerkenntnisses
den Aufhebungsbeschluss initiiert und ihm zugestimmt hat, dürfte zumindest zweifelhaft
sein. An sich ist es den Parteien eines Schuldanerkenntnisvertrages unbenommen,
diesen - aus welchen Gründen auch immer - einverständlich wieder aufzuheben. Nichts
anderes dürfte der mit der Zustimmung des Verwalters ergangene Eigentümerbeschluss
beinhalten. Der Senat hätte deshalb Bedenken, der abweichenden Ansicht von Bub (in
Staudinger BGB § 28 WEG Rdnr. 455) zu folgen, der den Eigentümerbeschluss als
unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter wertet und eine Verpflichtungsermächtigung mit
den Grundsätzen des BGB für unvereinbar ansieht, was aber durchaus nicht unstreitig
ist (vgl. Palandt/Heinrichs BGB § 328 Rdnr. 10 m.w.N.). Auch insoweit kann sonach
keine Rede davon sein, dass das Rechtsmittel klar und deutlich von vorneherein
keinerlei Aussicht auf Erfolg haben konnte.
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Sonach ist hier davon auszugehen, dass die Beschwerde nicht wegen
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Aussichtslosigkeit, sondern mehr zur Beilegung der Streitigkeit und Befriedung der
Beteiligten zurückgenommen wurde, was aus Billigkeitsgründen eine
Erstattungsanordnung nicht rechtfertigen kann.
Die Kostenentscheidung für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 47 WEG. Es
entspricht billigem Ermessen, der unterlegenen Beteiligten zu 1) die Gerichtskosten des
Verfahrens dritter Instanz aufzuerlegen (§ 47 S. 1 WEG). Im übrigen war es auch hier
geboten, an dem in § 47 WEG bestimmten Kostengrundsatz festzuhalten, wonach die
Verfahrensbeteiligten die ihnen entstandenen außergerichtlichen Kosten selbst zu
tragen haben.
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