Urteil des OLG Köln vom 13.07.1998

OLG Köln (allgemeine geschäftsbedingungen, klausel, anpassung, zpo, ausdrücklich, bank, auslegung, zinssatz, auflage, agb)

Oberlandesgericht Köln, 16 U 2/98
Datum:
13.07.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
16 U 2/98
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 3 O 306/97
Schlagworte:
Einräumung der Befugnis zur einseitigen Anpassung der
Darlehenskonditionen
Normen:
BGB § 315
Leitsätze:
Die Befugnis der Bank, die Konditionen eines Darlehens in gewissen
Zeitabständen den Marktverhältnissen anzupassen, kann in den AGB
vereinbart werden. Bei einer aufgrund dieser AGB vorgenommenen
Konditionenanpassung findet § 4 Abs. 1 S. 1 VerbrKrG keine
Anwendung.
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Berufung der Klägerin gegen das am 25. November 1997
verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Land-gerichts Köln - 3 O
306/97 - wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des
Berufungsverfah-rens. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
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Entscheidungsgründe
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Das zulässige Rechtsmittel bleibt ohne Erfolg.
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Der Klägerin steht kein Anspruch gegen die Beklagte auf Rückzahlung von im Zeitraum
1992 bis 1997 geleisteter Zinsen gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB zu. Denn die
Zinszahlungen an die Beklagte sind aufgrund des ursprünglichen Darlehensvertrages
und nach wirksam erfolgter Anpassung der Zinskonditionen durch die Beklagte mit
Schreiben vom 27. Dezember 1991 mit Rechtsgrund erfolgt.
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Zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, daß das erwähnte Schreiben vom
27. Dezember 1991 eine wirksame Leistungsbestimmung im Sinne von § 315 Abs. 3
BGB beinhaltet und nicht ein Angebot zum Abschluß eines neuen Darlehensvertrages.
Das Schreiben ist nämlich im Zusammenhang mit Ziffer 4) und 5) des ursprünglichen
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Darlehensvertrages vom 9./16. Januar 1987 zu sehen. Ziffer 4) diese Vertrages sieht
ausdrücklich eine Laufzeit der Zinskonditionen bis zum 10. Januar 1992 vor. Ferner
bleibt der Bank vorbehalten, nach Fristablauf die Konditionen neu festzulegen, "wenn
sie dies (z.B. wegen der Entwicklung am Geld- oder Kapitalmarkt) für erforderlich hält".
Diese Befugnis der Beklagten wird in Ziffer 5) des Vertrages nochmals aufgegriffen.
Solche Zinsanspassungsklauseln, wie sie hier Ziffer 4) des Darlehensvertrages
vorsieht, werden als zulässig erachtet (vgl. Palandt/Putzo, BGB, 57. Auflage, § 608
Randziffer 5; MünchKomm/Westermann, BGB, 3. Auflage, § 609 Randziffer 9 je m.w.N.).
Hierbei spielt es im Ergebnis keine Rolle, ob die Klauseln durch Allgemeine
Geschäftsbedingungen Vertragsinhalt geworden sind, denn § 9 AGBG steht dem nicht
entgegen (vgl. beispielsweise BGH NJW 86, 1803 zu einer fast inhaltsgleichen Klausel
eines Darlehensvertrages). Das in diesem Zusammenhang von der höchstrichterlichen
Rechtsprechung entwickelte weitere Erfordernis, nämlich daß die Klausel die Bank nicht
nur einseitig begünstigen dürfe, sondern auch zur Herabsetzung des Zinssatzes
verpflichten müsse, wenn die Umstände des Kapitalmarktes dies erfordern, ist hier
erfüllt, da die hier zu beurteilende Klausel eine solche Auslegung ohne weiteres zuläßt.
Ausdrücklich muß diese Möglichkeit nicht in der Klausel festgeschrieben worden sein
(vgl. BGH a.a.O., Seite 1804). Die Rechtsprechung anerkennt als sachlichen Grund das
Bedürfnis der Banken nach Anpassung íhrer Kreditzinsen an die ihnen zur Verfügung
stehenden Refinanzierungsmöglichkeiten, die sie im einzelnen bei Vertragsabschluß
nicht auf Jahre oder Jahrzehnte abschätzen lassen.
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Die von der Klägerin zitierten Vorschriften des AGBG, nämlich §§ 10 Nr. 4 und 11 Nr. 1
AGBG, finden hingegen keine Anwendung, da diese Vorschriften anders gelagerte Fälle
betreffen. § 11 Nr. 1 AGBG findet keine Anwendung auf Darlehensverträge (vgl.
MünchKomm/Basedow, § 11 AGBG, Nr. 1, Randnummer 19 m.w.H.). § 10 Nr. 4 AGBG
greift deshalb nicht ein, weil diese Vorschrift einen Änderungsvorbehalt des Verwenders
regelt, die die von ihm zu erbringende Leistung betrifft, hier jedoch eine Bestimmung
über die Gegenleistung in Frage steht.
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Die Beklagte hat mit ihrem Schreiben vom 27. Dezember 1991 (Bl. 9) von dem ihr
wirksam eingeräumten Recht zur Leistungsbestimmung Gebrauch gemacht. Der
Wortlaut wie der gesamte Inhalt des Schreibens lassen diese Absicht der Beklagten
zweifelsfrei erkennen. Hinreichende Anhaltspunkte, daß sie hiermit den Abschluß eines
neuen Darlehensvertrages anbieten wollte, liegt hingegen nicht vor. Im Wortlaut wird
nämlich ausdrücklich auf das Auslaufen der Zinskonditionen Bezug genommen und im
übrigen erwähnt, daß "alle übrigen Vereinbarungen des Darlehensvertrages ... von
dieser Änderung unberührt" bleiben. Der Wille der Beklagten, hiermit die Bedingungen
des ursprünglichen Darlehensvertrags den aktuellen Gegebenheiten anzupassen, ist
damit auch für den Erklärungsempfänger zweifelsfrei erkennbar, §§ 133, 157 BGB.
Gegen diese Auslegung sprechen - entgegen der Meinung der Klägerin - nicht die
Neubestimmung der Laufzeit über 60 Monate sowie die Regelung einer 100%igen
Auszahlung. Die erstere Bestimmung ist notwendig, um Klarheit über die Dauer der
neuen Zinsfestlegung zu schaffen. Sie entspricht im übrigen der Lautzeit der
ursprünglichen Bedingungen. Der Hinweis auf die 100%ige Auszahlung ist im
Zusammenhang damit zu sehen, daß ursprünglich ein Disageo in Höhe von 3,1 %
vorgesehen war.
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Bei einer Konditionenanpassung gemäß § 315 Abs. 1 BGB, wie es hier der Fall ist,
findet § 4 Abs. 1 Satz 1 VerbrKrG keine Anwendung (vgl. zuletzt BGH ZIP 98, 66 unter
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Hinweis auf weitere Rechtsprechung und Schrifttum). Daß der Klägerin mit
ungekündigtem Darlehensvertrag vom 9./16. Januar 1987 eingeräumte
Kapitalnutzungsrecht bestand nämlich fort.
Schließlich steht auch Ziffer 14) des Darlehensvertrages einer Wirksamkeit der
Zinsanpassung nicht entgegen. Es handelt sich hier nicht um eine einvernehmliche
Vertragsänderung, die der Schriftform bedarf, sondern um den Fall einer einseitigen
Neufestlegung der Konditionen.
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Soweit die Klägerin sich weiterhin darauf beruft, die erfolgte Zinserhöhung sei auch
unbillig im Sinne des § 315 Abs. 3 BGB, so hat sie mit diesem Vorbringen keinen Erfolg.
Abgesehen davon, daß ihr Vortrag schon deshalb nicht schlüssig ist, weil sie mit der
Klage nicht eine durch das Gericht zu treffende Bestimmung nach Billigkeit verlangt, wie
es § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB vorsieht, sondern jeden den gesetzlichen Zinssatz
übersteigenden Zins als nicht gerechtfertigt ablehnt, hat die Beklagte ihre Zinserhöhung
hinreichend begründet. Sie hat auf die geänderten Verhältnisse am Geldmarkt
hingewiesen und den verlangten Zinssatz von 9,3 % als damals marktüblichen Satz
bezeichnet. Dem ist die Klägerin nicht im einzelnen entgegengetreten. Im übrigen ist
eine erhebliche Zinssteigerung in den Jahren 1985 bis 1992 als allgemein bekannte
Tatsache offenkundig (§ 291 ZPO). Die Höhe des Zinssatzes kann ebensowenig mit
dem Hinweis auf die Kreditbedingungen der Beklagten vom 1. August 1985 in Frage
gestellt werden, wonach die Beklagte sich ausschließlich aus Sparmitteln refinanziert.
Auch die Zinsen aus Sparguthaben, die im übrigen bei längerfristigen Anlagen deutlich
über den Zinssätzen für Anlagen mit gesetzlicher Kündigungsfrist liegen, werden durch
die aktuellen Marktbedingungen bestimmt.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10,
713 ZPO.
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Streitwert und Beschwer der Klägerin: 15.723,75 DM.
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