Urteil des OLG Köln vom 22.03.2010

OLG Köln (stpo, beschwerde, bestellung, antrag, staatsanwaltschaft, verurteilung, auflage, rechtsfrage, verteidiger, begründung)

Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 168/10
Datum:
22.03.2010
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 168/10
Tenor:
Die Beschwerde wird verworfen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdeführerin zu
tragen (§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO).
Gründe:
1
Mit Vorlageverfügung vom 17.03.2010 hat die Generalstaatsanwaltschaft wie folgt zu
dem Rechtsmittel Stellung genommen:
2
"I.
3
Mit Urteil des Amtsgerichts Aachen vom 25.09.2008 – 441 Ds 88/08 –in
Verbindung mit dem die Berufung der Verurteilten gemäß § 329 StPO verwerfende
Urteil des Landgerichts Aachen vom 22.01.2009 – 72 Ns 980/07 –wurde gegen die
Verurteilte wegen Betruges in drei Fällen in Tateinheit mit Urkundenfälschung eine
Freiheitsstrafe von sechs Monaten festgesetzt. Mit Beschluss vom 19.05.2008 –
441 Ds 88/08 – hatte das Amtsgericht Aachen der Verurteilten Frau Rechtsanwältin
C. T. aus B. als Pflichtverteidigerin beigeordnet (Bl. 66 d.A.).
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Nachdem ein von der Pflichtverteidigerin gestellter Antrag auf Wiedereinsetzung in
den vorherigen Stand gegen die Versäumung des Termins zur
Berufungshauptverhandlung vor dem Landgericht Aachen durch Beschluss des
Gerichts vom 20.02.2009 zurückgewiesen worden war (Bl. 160, 167 f. d.A.), wurde
die Verurteilung am 05.03.2009 rechtskräftig (Bl. 117 d.A.).
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Mit an die Staatsanwaltschaft Aachen gerichtetem Schreiben vom 07.09.2009
bestellte sich Rechtsanwalt Dr. D. aus E. für die Verurteilte und beantragte
Vollstreckungsaufschub für die Dauer von vier Monaten (Bl. 194 f. d.A.). Mit
Beschluss vom 07.12.2009 – 441 Ds 88/08 – bildete das Amtsgericht Aachen
entsprechend einem entsprechenden Antrag der Staatsanwaltschaft Aachen vom
19.10.2009 (Bl. 201 d.A.) aus der vorbezeichneten Verurteilung sowie zwei
weiteren, gegen die Verurteilte verhängten Strafen eine Gesamtstrafe von 7
6
Monaten und zwei Wochen (Bl. 224 f. d.A.).
Hiergegen legte die Verurteilte mit Schreiben ihres Verteidigers Rechtsanwalt Dr.
D. am 15.12.2009 sofortige Beschwerde ein (Bl. 231 f. d.A.). Gleichzeitig
beantragte Rechtsanwalt Dr. D., im Hinblick auf die "Komplexität der
Gesamtstrafenfrage" und die psychische Verfassung der Verurteilten für diese
entsprechend § 140 Abs. 2 StPO "für die Frage der Gesamtstrafenbildung" als
Pflichtverteidiger beigeordnet zu werden (Bl. 234 f. d.A.).
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Mit Beschlüssen vom 25.01.2010 (Bl. 252 f. d.A) bzw. 26.01.2010 (Bl. 247 ff. d.A.) –
65 Qs 5/10 – wies das Landgericht Aachen den "Antrag der Verurteilten" auf
Bestellung eines Pflichtverteidigers sowie die sofortige Beschwerde zurück. Zur
Begründung der Zurückweisung des Antrags auf Pflichtverteidigerbestellung führte
das Gericht aus, die gemäß § 140 Abs. 2 StPO analog erforderlichen
Voraussetzungen für eine Pflichtverteidigerbestellung lägen nicht vor, da nicht
ersichtlich sei, dass die Verurteilte sich nicht selbst verteidigen könne (Bl. 252 f.
d.A.).
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Hiergegen hat die Verurteilte mit Schriftsatz ihres Verteidigers am 16.02.2010
Beschwerde eingelegt (Bl. 273 d.A.).
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10
II.
11
Die gemäß § 304 Abs. 1 StPO zulässige Beschwerde ist unbegründet. Dabei kann
dahinstehen, ob – wie von dem Verteidiger und dem Landgericht Aachen
kontrovers beurteilt – die Voraussetzungen für eine Beiordnung im
Vollstreckungsverfahren in entsprechender Anwendung von § 140 Abs. 2 S. 1
StPO (vgl. hierzu BVerfGE 70, 297 [323]; Senat vom 28.12.2006 - 2 Ws 665/06-;
Senat vom 03.03.2010 – 2 Ws 126/10; OLG Frankfurt/Main vom 14.01.2008 - 3 Ws
26/08- zit. nach juris; OLG Hamm vom 03.01.2008 - 3 Ws 704/07 - zit. nach juris;
Meyer-Goßner, a.a.O., § 140 Rn. 33) vorliegend gegeben sind.
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Einer Bestellung von Herrn Rechtsanwalt Dr. D. kommt bereits deshalb nicht in
Betracht, weil die im Hauptverfahren erfolgte Beiordnung der Pflichtverteidigerin C.
T. auch für das Nachverfahren betreffend eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung
gemäß § 460 StPO fortwirkt (OLG Bamberg, StV 1984 [richtig: 1985], 140;
Thüringer Oberlandesgericht, vom 13.10.2005 – 1 Ws 378/05 – zitiert nach juris;
Klaus Lüderssen/Matthias Jahn, in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Auflage, § 141
Rdnr. 28; Laufhütte, in Karlsruher Kommentar, StPO, 6. Auflage, § 141 Rdnr. 10).
Gründe, die einen Austausch oder die Bestellung eines weiteren Pflichtverteidigers
begründet hätten, sind weder dargetan noch erkennbar."
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Dem stimmt der Senat zu und weist darauf hin, dass er die Rechtsfrage in der
Vergangenheit im gleichen Sinne entschieden hat (s. E. v. 27.12.2006 – 2 Ws 675/06)
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