Urteil des OLG Köln vom 24.01.2006

OLG Köln: gebühr, ausnahme, anwendungsbereich, gesetzesmaterialien, datum, vergütung

Oberlandesgericht Köln, 2 ARs 9/06
Datum:
24.01.2006
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 ARs 9/06
Schlagworte:
Die Gebühr gem. VV Nr. 4141 RVG fällt nicht an, wenn die Einstellung in
der Hauptverhandlung erfolgt.
Normen:
RVG VV Nr. 4141
Tenor:
Die Bewilligung einer Pauschvergütung wird abgelehnt.
G r ü n d e :
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Der Antrag vom 07.12.2005 auf Bewilligung einer über die gesetzlichen Gebühren
hinausgehenden Pauschvergütung (§ 51 RVG) ist unbegründet. Der Antragsteller hat
aufgrund der Festsetzung der gesetzlichen Gebühren bereits 204,00 EUR mehr erhalten
als ihm an gesetzlichen Gebühren zusteht. Jedenfalls unter Berücksichtigung dieser
Überzahlung, die der Senat in ständiger Rechtsprechung bei der Frage der Bewilligung
einer Pauschvergütung vornimmt (Beschlüsse vom 03.05.2005 - 2 ARs 87/05 - und
06.01.2006 - 2 ARs 231/05 -), ist die Bewilligung einer Pauschvergütung nicht
gerechtfertigt.
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Entgegen der vom Antragsteller vertretenen Auffassung stand ihm für den fünften
Hauptverhandlungstag am 15.07.2005 eine Gebühr gemäß VV Nr. 4110 RVG nicht zu.
Auch wurde die Gebühr gemäß VV Nr. 4141 RVG zu Unrecht beantragt und festgesetzt.
Unabhängig davon, ob man für den 15.07.2005 auf die tatsächliche Verhandlungsdauer
(09.10 Uhr bis 14.00 Uhr) abstellt oder den vorgesehenen Beginn (09.00 Uhr)
berücksichtigt, beträgt der Zeitaufwand maximal fünf Stunden. Die Gebühr gemäß VV
Nr. 4110 RVG setzt aber voraus, dass der Rechtsanwalt "mehr als 5 Stunden" an der
Hauptverhandlung teilnimmt. Dies war nicht der Fall. Die Gebühr gemäß VV Nr. 4141
RVG entsteht nur, wenn es aufgrund der Einstellung gar nicht erst zu einer
Hauptverhandlung kommt, nicht aber, wenn die Einstellung erst in der
Hauptverhandlung erfolgt. Dies ergibt sich eindeutig aus den Gesetzesmaterialien, wo
darauf abgestellt wird, dass hierdurch ein Anreiz geschaffen werden sollte, "Verfahren
ohne Hauptverhandlung zu erledigen" (BT-Drs. 15/1971, S. 227f.) und entspricht -
soweit erkennbar - einheitlicher Auffassung im Schrifttum (vgl. Burhoff, RVG, 2004, Nr.
4141 VV Rdnr. 19; Gerold/Schmidt/von Eicken/Madert/Müller-Rabe, RVG, 16. Aufl.,
2004, VV 4141 - 4146 Rdnr. 6 Fn. 2).
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Die von dem Verteidiger entfaltete Tätigkeit ist durch die erhaltenen Gebühren nicht
unzumutbar gering vergütet worden. Die insgesamt neuntägige Hauptverhandlung hat
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den Verteidiger lediglich ca. 21,5 Stunden in Anspruch genommen, während die
gesetzlichen Gebühren für neun Hauptverhandlungstage gemäß VV Nr. 4106 bereits bis
zu 45 Stunden reiner Hauptverhandlungsdauer abgelten würden. Auch unter
Berücksichtigung der vom Antragsteller dargestellten und der Entscheidung zugrunde
gelegten Vorbereitungszeit einschließlich Aktenstudium und Mandantenbesprechung
kann nicht festgestellt werden, dass der vom Antragsteller erbrachte Zeitaufwand
(deutlich) über das hinausgeht, was durch die gesetzlichen Gebühren ohnehin erfasst
wird.
Die Fahrtzeiten werden vom Senat grundsätzlich nicht mehr für die Frage berücksichtigt,
ob und ggf. in welcher Höhe eine Pauschvergütung zu bewilligen ist. Der Gesetzgeber
hat bei der Bemessung der gesetzlichen Gebühren ausdrücklich auf die Dauer der
Hauptverhandlung abgestellt. Daraus entnimmt der Senat, dass An- und Abreisezeiten,
die notwendigerweise immer anfallen, grundsätzlich für die Vergütung des Verteidigers
ohne Bedeutung sein sollen. Soweit der Senat diese Zeiten unter der Geltung des alten
Rechts mit in die für die Bemessung der Pauschgebühr damals noch relevante
Verhandlungsdauer einbezogen hat, wird hieran für den Anwendungsbereich des
Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes im Hinblick auf diese Entscheidung des
Gesetzgebers nicht festgehalten. Etwas anderes gilt allenfalls dann, wenn diese Zeiten
im Verhältnis zur Hauptverhandlungsdauer besonders ins Gewicht fallen (Beschluss
vom 22.12.2005 - 2 ARs 231/05 -). Diese Voraussetzung der vom Senat vorgesehenen
Ausnahme liegen hier nicht vor.
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