Urteil des OLG Köln vom 14.11.2008

OLG Köln: datenbank, eugh, investition, vogel, internetseite, behinderung, betreiber, datensammlung, vervielfältigung, eingriff

Oberlandesgericht Köln, 6 U 57/08
Datum:
14.11.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
6. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
6 U 57/08
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 28 O 417/07
Tenor:
1.) Auf die Berufung der Beklagten wird das am 6.2.2008 verkündete
Urteil der 28. Zivilkammer des Landgerichts Köln - 28 O 417/07 -
abgeändert und im Hauptausspruch wie folgt neu gefasst:
Die Klage wird abgewiesen.
2.) Die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen hat die Klägerin zu
tragen.
3.) Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin kann jedoch die Vollstreckung des
Kostenerstattungsanspruches durch Sicherheitsleistung in Höhe von
110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden,
wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von
110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4.) Die Revision wird nicht zugelassen.
B e g r ü n d u n g
1
I
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Wegen des Sachverhaltes wird gem. § 540 Abs.1 S.1 Ziff.1 ZPO auf den Tatbestand der
angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.
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Mit ihrer Berufung, mit der sie ihr Ziel der Klageabweisung weiter verfolgt, beanstandet
die Beklagte u.a., die von der Klägerin angelegte Datensammlung stelle keine
Datenbank dar, weil es an den hierfür notwendigen wesentlichen Investitionen fehle.
Die Kosten der Datenerhebung und erstmaligen Überprüfung ihrer Richtigkeit im Vorfeld
seien nicht zu berücksichtigen und weitere Kosten seien in nennenswertem Umfang
nicht angefallen. Zu Unrecht sei die Kammer auch davon ausgegangen, dass sie die
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Bewertungsdaten aus der Internetseite der Klägerin übernommen habe. Tatsächlich
seien die Daten – wie bereits erstinstanzlich vorgetragen – von ihr selbstständig erfasst
worden. Soweit sich in diesen Bewertungen der Zahnärzte auf ihrer Internetseite
dieselben orthographischen Fehler wie in der Datensammlung der Klägerin fänden,
beruhe das darauf, dass die Patienten ihr gegenüber keine neuen Bewertungen
abgegeben, sondern ihr die ursprünglichen Bewertungen übersandt hätten. Entgegen
der Auffassung der Kammer seien die Daten auch auf der Grundlage des Vortrags der
Klägerin nicht "wiederholt und systematisch" vervielfältigt worden, weil die Summe von
233 Bewertungsdaten, die in beiden Datenbänken identisch seien, angesichts der
Gesamtzahl von 6.000 Eintragungen hierfür nicht ausreiche.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Sie hat nach Erörterung der
Antragsfassung in der mündlichen Berufungsverhandlung den Klageantrag
dahingehend gestellt,
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die Beklagte zu verurteilen, es bei Meidung eines vom Gericht für jeden Fall der
Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zur Höhe von 250.000 €,
ersatzweise Ordnungshaft oder Ordnungshaft bis zur Dauer von sechs Monaten, zu
vollstrecken an den Geschäftsführern der Beklagten, zu unterlassen,
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die auf den Internetseiten xxxx der Klägerin dargestellten und durch die Klägerin
gespeicherten Bewertungsdaten über die registrierten Zahnärzte ohne vorherige
Zustimmung der Klägerin selbst oder durch Dritte zu vervielfältigen und/oder
wiederzugeben, wie auf der Internetseite yyyy geschehen, wenn dies geschieht, wie aus
den Anlagen K 6 und K 8 ersichtlich;
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hilfsweise die auf den Internetseiten der Klägerin dargestellten Bewertungen über
Zahnärzte im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs auf ihrer
Internetseite anzuzeigen, ohne auf die Internetseite der Klägerin als Quelle
hinzuweisen, wie aus den Anlagen K 6 und K 8 ersichtlich.
8
II
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Die Berufung ist zulässig und begründet.
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1.) Mit ihrem Hauptantrag beanstandet die Klägerin eine Verletzung ihrer Rechte als
Datenbankherstellerin aus §§ 87 a, 87 b, 97 Abs.1 UrhG. Der Antrag ist unbegründet,
weil die der Beklagten vorgeworfenen Handlungen eine Verletzungshandlung gem. §
87 b UrhG nicht darstellen. Das ergibt sich schon auf der Grundlage des Vortrags der
Klägerin. Einer Beweisaufnahme zu der bereits in erster Instanz aufgestellten
Behauptung der Beklagten, sie habe die Bewertungsdaten nicht aus der Datenbank der
Klägerin übernommen, sondern von den Patienten bzw. mit deren Einverständnis von
den betroffenen Zahnärzten generiert, bedarf es daher nicht.
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a) Der Internetauftritt der Klägerin enthält eine Datenbank im Sinne des § 87 a Abs. 1 S.
1 UrhG, also eine "Sammlung von Werken, Daten oder anderen unabhängigen
Elementen, die systematisch oder methodisch angeordnet und einzeln mit Hilfe
elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind und deren Beschaffung,
Überprüfung oder Darstellung eine nach Art oder Umfang wesentliche Investition
erfordert".
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Das von der Klägerin betriebene Bewertungssystem über Zahnarztleistungen stellt im
Sinne der vorstehenden Legaldefinition eine Sammlung von Werken, Daten oder
anderen unabhängigen Elementen dar, die systematisch oder methodisch angeordnet
und einzeln mit Hilfe elektronischer Mittel oder auf andere Weise zugänglich sind. Das
ergibt sich im Einzelnen aus den ab Seite 9 unter 1a) bis Seite 11 Mitte der
angefochtenen Entscheidung zutreffend dargelegten Gründen, auf die der Senat
zustimmend Bezug nimmt.
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b) Ebenso zutreffend hat die Kammer die gemäß § 87 a Abs. 1 UrhG erforderliche
Wesentlichkeit der Investitionen zur Beschaffung, Überprüfung oder Darstellung der
einzelnen Daten bejaht.
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Investitionen im Sinne der Bestimmung sind die Aufwendungen für die Darstellungen
des Datenbankinhaltes einschließlich insbesondere der Kosten für den Erwerb des
hierfür erforderlichen Computerprogramms (vgl. Schricker-Vogel, Urheberrecht, 3.
Auflage, § 87 a Rz. 29). Demgegenüber gehören die Kosten für die Generierung, also
die Erhebung der Daten, die sodann in die Datensammlung eingestellt werden sollen,
als Kosten für eine vorgelagerte Tätigkeit nicht zu den Investitionen gerade in die
Datenbank, weil der Schutzzweck der §§ 87 a ff UrhG auf die Datenbank als solche und
nicht ihren Inhalt gerichtet ist (EuGH GRUR 2005, 244 – "BHB Pferdewetten"; Schricker-
Vogel, a.a.O. Rz. 28 ff.; Wandtke/Bullinger/Thum § 87 a Rz 28). Dementsprechend hat
die Kammer die Kosten nicht berücksichtigt, die durch die Erhebung der Daten selbst
entstanden sind (vgl. Seite 12 oben des Urteils).
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Die zu stellenden quantitativen Anforderungen sind gering: Die
Wesentlichkeitsschranke hat nach Auffassung von Thum (a.a.O. Rz 25) den Sinn,
solche Datensammlungen herauszufiltern, die sich als ganz unbedeutende
Zusammenstellung darstellen. Es sollen daher lediglich "Allerweltsinvestitionen" in
kleine Datenbanken nicht ausreichen (vgl. auch Vogel a.a.O. Rz 27). Für die Frage nach
der Höhe der Anforderungen an Investitionen muss letztlich der Gesichtspunkt
entscheidend sein, dass über das Kriterium der Wesentlichkeit der Investition ein
angemessener Ausgleich geschaffen wird zwischen dem Datenbankschutz auf der
einen und der Freiheit des Informationszugangs auf der anderen Seite (Dreier UrhG 2.
Aufl. § 87 a Rz. 14). Ausgehend hiervon ist die Wesentlichkeit mit der Kammer zu
bejahen.
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Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, sie habe mit der Erstellung, Betreuung und
kontinuierlichen Weiterentwicklung der von ihr verwendeten Datenbanksoftware das
Unternehmen Z. beauftragt. Allein für die Konzeption der Datenbank habe sie 20 Std. à
200,00 € (4.000,00 €) aufgewandt, anschließend seien etwa 5.000,00 € für
Programmierung, Integration, Qualitätskontrolle etc. der Bewertungsbank aufgewendet
worden. Es komme hinzu, dass die einzelnen eingehenden Anträge auf ihre
Einstellungsfähigkeit überprüft werden müssen. Die Beklagte hat die Beauftragung des
englischen Unternehmens bestritten und behauptet, das "Softwaregerüst", in dem die
Daten gespeichert würden, könne als "feeware" kostenlos bezogen werden. Die
individuelle Erstellung der Datenbanksoftware löse Kosten von 3.500 € bis 4.000 € aus.
Der von der Beklagten eingeräumte Umfang, zu dem auch noch der durch die Kontrolle
der eingehenden Daten auf ihre Berücksichtigungsfähigkeit entstehende Aufwand von
nach Auffassung der Beklagten nur 5 – 10 Min/Tag gehört, belegt die Wesentlichkeit der
Investitionen.
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c) Entgegen der Auffassung des Landgerichts hat die Beklagte mit der behaupteten
Übernahme von Bewertungsdaten aus ihrer Datenbank ihre Rechte im Sinne des § 87 b
Abs.1 UrhG nicht verletzt.
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Nach Satz 1 dieser Bestimmung hat die Klägerin als Datenbankherstellerin das
ausschließliche Recht, die Datenbank insgesamt u.a. zu vervielfältigen oder öffentlich
wiederzugeben. In dieses Recht hat die Beklagte nicht eingegriffen, weil nicht die
gesamte Datenbank von ihr übernommen worden ist.
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§ 87 b Abs. 1 S. 1 UrhG erfasst aber auch einen "nach Art oder Umfang wesentlichen
Teil der Datenbank". Wann ein wesentlicher Teil im Sinne dieser Bestimmung vorliegt,
lässt sich dem Wortlaut des Gesetzes nicht entnehmen. Nach der Rechtsprechung des
EuGH (GRUR 05, 244, 250 - "BHB-Pferdewetten") reicht eine Wesentlichkeit sowohl in
quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht aus. Unter beiden Gesichtspunkten ist
indes nicht ein wesentlicher Teil der klägerischen Datenbank verbreitet oder öffentlich
wiedergegeben worden.
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In quantitativer Hinsicht ist allein auf das Verhältnis zwischen dem Umfang der in der
Datenbank enthaltenen und der entnommenen Daten abzustellen (EuGH a.a.O. Rz. 69
f). Danach sind die Anforderungen nicht erfüllt. Das gilt auch dann, wenn man mit der
Klägerin nicht nur die identisch, sondern auch die nur fast identisch angeblich
übernommenen Daten zu Grunde legt. Es ergibt sich dann eine Gesamtsumme von (233
+ 117 =) 350 Einträgen. Diese beziehen sich auf lediglich 12 Zahnärzte. Nach dem
zweitinstanzlichen Vortrag der Klägerin, die in der Klageschrift noch eine Anzahl von
3.900 angegeben hatte, verfügt sie über 3.500 Bewertungsdaten und sind bei ihr etwa
800 Zahnärzte registriert. Damit hat die Beklagte nach diesem Vortrag der Klägerin 1/10
ihrer Bewertungsdaten übernommen und betreffen diese 1,5 % der bei ihr registrierten
Zahnärzte. Schon auf der Grundlage dieser Zahlen ist nicht in quantitativer Hinsicht ein
wesentlicher Teil der klägerischen Datenbank übernommen worden. Es kann daher
offen bleiben, ob die Klägerin sich nicht an dem Vortrag in ihrer erstinstanzlichen Replik
vom 5.11.2007 auf S. 14 festhalten lassen muss, wonach in ihrer Datenbank 6.000
Bewertungsdaten enthalten sind.
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Auch im qualitativen Sinne ist der behauptete Eingriff in die klägerische Datenbank nicht
im Rechtssinne wesentlich. In qualitativer Hinsicht bezieht sich die Wesentlichkeit "auf
die Bedeutung der mit der Beschaffung, der Überprüfung oder der Darstellung des
Inhalts des Gegenstands der Entnahme- und/oder Weiterverwendungshandlung
verbundenen Investition unabhängig davon, ob dieser Gegenstand einen quantitativ
wesentlichen Teil des allgemeinen Inhalts der geschützten Datenbank darstellt. Ein
quantitativ geringfügiger Teil des Inhalts einer Datenbank kann, was die Beschaffung,
die Überprüfung oder die Darstellung angeht, eine ganz erhebliche menschliche,
technische oder finanzielle Investition erfordern" (so EuGH a.a.O., Rz 71). Die
Wesentlichkeitsgrenze ist danach jedenfalls dann überschritten, wenn sich in dem
übernommenen Teil der Datenbank auch eine wesentliche Investition des Herstellers
niederschlägt (vgl. Vogel a.a.O., Rz 14; Dreier Rz 7; ähnlich Möring/Nicolini/ Decker §
87 b Rz 7). Das ist hier nicht der Fall, weil die Beklagte, die bereits über eine Datenbank
verfügte, nur die Daten selbst verwertet haben soll und deren Beschaffung, wie oben
unter II 1 b dargelegt worden ist, nicht zu den im Sinne der §§ 87 a ff UrhG
wertbildenden Investitionen gehören. Nach Auffassung von Vogel (a.a.O. Rz 13) ist bei
der gebotenen Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls maßgeblich,
ob die Amortisation der Datenbank beeinträchtigt wird. Auch das kann bei der bloßen
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Übernahme der Daten und nicht des Index und des Thesaurus, die die Struktur der
Datenbank ausmachen, nicht angenommen werden. Die Beklagte soll lediglich einen in
quantitativer Hinsicht nicht wesentlichen Teil der Daten übernommen haben. Das kann
zwar nach der vorstehend wiedergegebenen Auffassung des EuGH einen qualitativ
wesentlichen Eingriff darstellen, aber nur dann, wenn wie der EuGH formuliert hat, "die
Beschaffung, die Überprüfung oder die Darstellung dieses Teils der Daten eine ganz
erhebliche menschliche, technische oder finanzielle Investition erfordern". Hieran fehlt
es. Im übrigen würde das Erfordernis der Wesentlichkeit im Ergebnis unterlaufen, wollte
man in der Übernahme eines quantitativ unwesentlichen Teils der Daten ohne weiteres
einen relevanten Eingriff in qualitativer Hinsicht sehen.
Eine Verurteilung der Beklagten kann auch nicht mit der Kammer auf die letzte in
Betracht kommende Alternative, nämlich § 87 b Abs. 1 S. 2 UrhG, gestützt werden.
Danach reicht die Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe von nach Art und
Umfang unwesentlichen Teilen der Datenbank dann aus, wenn sie wiederholt und
systematisch erfolgen und diese Handlungen einer normalen Auswertungen der
Datenbank zuwider laufen oder die berechtigten Interessen des Datenbankherstellers
unzumutbar beeinträchtigen.
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Eine wiederholte und systematische Vervielfältigung ist allerdings schlüssig
vorgetragen: Es steht die Übernahme der Bewertungsdaten über 12 Zahnärzte in Rede.
Die Beklagte hat sich mit dem als Anlage K 4 vorgelegten Schreiben an die Zahnärzte
gewandt und ihnen vorgeschlagen, ihre bei der Klägerin gespeicherten Bewertungen
auf sie, die Beklagte, zu übertragen. Dieses Vorgehen belegt, dass die Übertragung
nicht durch einen einmaligen Akt, sondern jeweils nach Eingang der positiven Antwort
der Angeschriebenen erfolgt ist, was sich als wiederholte und systematische
Vervielfältigung darstellt. Die beanstandete Auswertung läuft auch der normalen
Auswertung der Datenbank zuwider. Die nach der Behauptung der Klägerin
übernommenen Daten sind weiter Teil einer Datenbank, und nicht lediglich deren
Elemente: Das Wesen der von der Klägerin errichteten Datenbank macht die Zuordnung
der Bewertungen zu den einzelnen Zahnärzten aus. Sind deswegen – wie hier
behauptet – die Bewertungsdaten sowie die Daten der bewerteten Zahnärzte
übernommen worden, dann sind Teile der Datenbank übernommen worden.
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Gleichwohl muss die Berufung Erfolg haben. Nach der Rechtsprechung des EuGH
(a.a.O. Rz 86 ff, 89) setzt ein Verstoß gegen die § 87 b Abs.1 S. 2 UrhG entsprechende
Regelung in Art. 7 Abs. 5 der Datenbankrichtlinie (96/9/EG) voraus, dass die
entnommenen Daten in der Summe die Wesentlichkeitsgrenze überschreiten. Die
Bestimmung hat in der auch für das Verständnis der harmonisierten Norm des § 87 b
Abs. 1 S. 2 UrhG maßgeblichen Auslegung durch den EuGH - wie dieser a.a.O. Rz 86
ausdrücklich ausgeführt hat - nur das Ziel, eine Umgehung des Verbotes aus Art. 7 Abs.
1 der Richtlinie, der § 87 b Abs. 1 S. 1 UrhG entspricht, zu verhindern. Eine Umgehung
kommt aber nur in Frage, wenn auch die Wesentlichkeitsgrenze überschritten ist.
Konsequenterweise hat der EuGH a.a.O. in RZ 89 zur Auslegung von Art. 7 Abs. 5 der
Richtlinie wörtlich ausgeführt (Unterstreichungen nur hier):
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"Somit sind mit ‚Handlungen …, die einer normalen Nutzung … (einer) Datenbank
entgegenstehen oder die berechtigten Interessen des Herstellers der Datenbank
unzumutbar beeinträchtigen’, unzulässige Verhaltensweisen gemeint, die darauf
gerichtet sind, durch die kumulative Wirkung von Entnahmehandlungen die Gesamtheit
oder einen wesentlichen Teil des Inhalts der durch das Schutzrecht sui generis
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geschützten Datenbank wieder zu erstellen und/oder der Öffentlichkeit durch die
kumulative Wirkung von Weiterverwendungshandlungen die Gesamtheit oder einen
wesentlichen Teil des Inhalts einer Datenbank zur Verfügung zu stellen, und die
dadurch die Investition der Person, die diese Datenbank erstellt hat, schwerwiegend
beeinträchtigen."
An diese von dem EuGH aus der Entstehungsgeschichte der Richtlinie hergeleiteten
Auslegung sieht sich der Senat gebunden. Sie führt zur Abweisung der Klage, weil die
Beklagte aus den dargelegten Gründen auch in der Summe keine Eingriffe
vorgenommen hat, die in quantitativer oder qualitativer Hinsicht wesentliche Teile der
Datenbank der Klägerin erfassen.
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2. Der Hilfsantrag hat ebenfalls keinen Erfolg.
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a) Durch die Einführung des Hilfsantrages hat die Klägerin im Berufungsverfahren die
Klage erweitert. Die darin liegende Klageänderung ist gem. § 533 ZPO zulässig. Die
Beklage hat sich hierzu auf eine Verhandlung eingelassen und so gem. §§ 267, 525
ZPO in die Klageänderung eingewilligt (§ 533 Ziff. 1 ZPO). Zudem wird der Hilfsantrag
auf Tatsachen gestützt, die der Senat ohnehin gem. § 529 ZPO seiner Entscheidung
zugrunde zu legen hat (§ 533 Ziff. 1 ZPO).
29
b) Die mit dem Hilfsantrag geltend gemachten wettbewerbsrechtlichen Ansprüche
bestehen sämtlich nicht.
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aa) Die Klägerin rügt einen Verstoß gegen §§ 3, 4 Nr. 9 a UWG mit der Begründung, die
Quellenangabe "Patientenbefragung – geprüft durch Arzt und Betreiber" führe zu
vermeidbaren Herkunftstäuschungen. Es fehlt indes bereits an der für einen Schutz aus
ergänzendem wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz erforderlichen (vgl. nur
Hefermehl/Köhler/Bornkamm UWG, 26. Aufl., § 4 Rz 9.24 m.w.N.) wettbewerblichen
Eigenart der von der Klägerin unterhaltenen Datenbank. Die Idee, Zahnarztpatienten
eine Plattform anzubieten, über die sie günstigere Kostenpläne für eine erforderliche
Behandlung erhalten und auf denen sie die bei einem gewählten Zahnarzt erfahrene
Behandlung bewerten können, ist als solche frei und nicht schutzfähig. Dass die
Datenbank der Klägerin mit Besonderheiten ausgestattet wäre, die für den Nutzer auf
einen bestimmten Betreiber hindeuten, ist weder vorgetragen, noch ersichtlich. Das gilt
auch für die einzelnen von der Datenbank der Klägerin abrufbaren Daten.
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bb) Ohne Erfolg stützt sich die Klägerin auf §§ 3, 4 Nr. 10 UWG mit der Begründung, die
Beklagte erlange einen Wettbewerbsvorteil, weil die Zahl der Bewertungen für den
Betreiber der Datenbanken von hoher Bedeutung sei. Mit dieser Begründung kann eine
gezielte Behinderung nicht dargelegt werden. Eine gewisse Behinderung ist dem
Wettbewerb immanent. Eine als gezielte Behinderung unlautere Wettbewerbshandlung
liegt nur dann vor, wenn bei objektiver Würdigung aller Umstände die Maßnahme in
erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung, sondern
auf die Störung der fremden wettbewerblichen Entfaltung gerichtet ist (vgl. BGH WRP
07, 951 Rz 22 – "Außendienstmitarbeiter"; WRP 05, 881, 884 – "The colour of
Elégance"). Daran fehlt es. Es geht der Beklagten auch auf der Grundlage des
Klägervortrages in erster Linie um ein Partizipieren an den von ihr gesammelten Daten,
und nicht darum, sie an der Verwertung ihrer Datenbank zu hindern.
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cc) Schließlich ist der Hilfsantrag auch nicht aus §§ 3, 5, 8 Abs. 1 Abs. 3 Nr. 1 UWG
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begründet. Es kommt allerdings in Betracht, dass einzelne Nutzer wegen der vorstehend
unter aa) zitierten Quellenangabe irrig annehmen könnten, die Patientenbefragung sei
durch die Beklagte geprüft. Indes kann ohne jeglichen Vortrag der Klägerin, die den
Streitgegenstand der Irreführung selbst nicht in das Verfahren eingebracht hat, nicht
festgestellt werden, worin eine etwaige wettbewerbliche Relevanz dieses Irrtums liegen
könnte. Insbesondere ergibt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht, dass die Daten
tatsächlich unrichtig erfasst wären.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs.1 ZPO.
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Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr.10, 711 ZPO.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor. Die der
Entscheidung zugrundeliegenden Rechtsfragen sind durch den EuGH geklärt. Das gilt
auch für die Frage der Auslegung von § 87 b Abs. 1 S. 2 UrhG Die Anwendung dieser
Rechtsfragen auf den vorliegenden Einzelfall hat nicht im Sinne des § 543 Abs. 2 Ziff. 1
ZPO grundsätzliche Bedeutung. Ebenso ist aus diesem Grunde eine Entscheidung des
Bundesgerichtshofes weder zur Fortbildung des Rechts noch zur Sicherung einer
einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 543 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO).
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Streitwert für das Berufungsverfahren: 50.000 €.
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