Urteil des OLG Köln vom 04.12.1991

OLG Köln (sturz, boden, zpo, aufforderung, beweislast, reinigungspersonal, zustand, haftpflichtversicherer, sohn, höhe)

Oberlandesgericht Köln, 27 W 38/91
Datum:
04.12.1991
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
27. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
27 W 38/91
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 25 0 174/91
Schlagworte:
Anscheinsbeweis Krankenhaus Patient Sturz
Normen:
BGB §§ 276, 823, 847
Leitsätze:
Kommt ein älterer Patient auf dem Flur eines Krankenhauses zu Fall, der
zum Unfallzeitpunkt feucht und glatt war, so kann dem Patienten für den
Ursachenzusammenhang zwischen Bodenglätte und Sturz ein
Anscheinsbeweis zugute kommen .
Tenor:
Unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses wird der
Antragstellerin für die erste Instanz ratenfreie Prozeßkostenhilfe unter
Beiordnung von Rechtsanwalt T. in K. bewilligt, für den
Schmerzensgeldantrag jedoch nur in Höhe eines Kapitalbetrages bis zu
20.000,-- DM. Wegen des Antrags auf Zahlung einer
Schmerzensgeldrente wird ihr die nachgesuchte Prozeßkostenhilfe
verweigert. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.
G r ü n d e
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Die gemäß § 127 Abs. 2 Satz 2 ZPO zulässige Be-schwerde ist in der Sache zum
Teil begründet.
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Der Antragstellerin ist in dem im Beschlußausspruch genannten Umfang
Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, weil sie die Prozeßkosten nicht selbst aufbringen
kann und ihre Klage mit Ausnahme des Antrags auf Zahlung einer
Schmerzensgeldrente hinreichende Aus-sicht auf Erfolg bietet (§ 114 ZPO).
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Die Antragstellerin hat einen Schadensersatzan-spruch gegen die Beklagte wegen
einer positiven Vertragsverletzung sowie aus unerlaubter Handlung (§ 823 BGB)
schlüssig dargelegt. Nach ihrem Sach-vortrag ist sie unter solchen Umständen zu
Fall gekommen und verletzt worden, die eine Haftung der Antragsgegnerin für die
Verletzungsfolgen ergeben können. Die Antragstellerin behauptet, daß der
Fußboden des Krankenhausflurs im Unfallzeitpunkt noch feucht und glatt und daß die
Glätte Ursache ihres Sturzes gewesen sei. Für diesen Vortrag hat sie zwar keinen
unmittelbaren Beweis angetreten. Unstreitig ist jedoch, daß kurz vor dem Unfall der
aus einem Kunststoffbelag bestehende Fußboden feucht aufgewischt und durch das
Reinigungspersonal nicht getrocken gerieben worden war. Die Antrags-gegnerin
weist auch selbst darauf hin, daß der Bodenbelag nach dem Aufwischen erst zu
trocknen "begonnen" hat, also nicht sofort trocken war. Einen engen zeitlichen
Zusammenhang zwischen dem Auftreten der Bodenfeuchtigkeit und dem Sturz räumt
damit auch die Antragsgegnerin ein. Hinzukommt, daß der Haftpflichtversicherer der
Antragsgegnerin in seinem Schreiben vom 4. Februar 1991 erklärt hat, die
Antragstellerin habe - wofür es mehrere Zeugen gebe - sich trotz mehrfacher
Aufforderung nicht davon abbringen lassen, "über den nassen Boden zu gehen".
Unter diesen Umständen dürfen an den von der Antragstellerin insoweit zu
erbringenden Beweis keine zu hohen Anforderungen gestellt werden. Ihrer
Beweislast für den Zustand des Fußbodens im Unfall-zeitpunkt kann die
Antragstellerin deshalb ggf. schon durch den Nachweis der Schilderung des Un-
fallgeschehens genügen, die sie nach ihrem Vortrag noch am gleichen Tage
gegenüber ihrem - als Zeugen benannten - Sohn gegeben hat. Dementsprechend
wird, auch durch Vernehmung der von der Antragsgegnerin benannten Zeugen,
Beweis zu erheben sein.
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Zum Haftungsgrund weist der Senat ergänzend auf folgendes hin: Falls der
Fußboden im Unfallzeit-punkt noch feucht und dadurch glatt war, kann der
Antragstellerin für den Ursachenzusammenhang zwi-schen der Fußbodenglätte und
dem Sturz der Beweis des ersten Anscheins zugute kommen; denn der Sturz eines
älteren Menschen beim Begehen eines zu glat-ten Fußbodens stellt einen typischen
Geschehens-ablauf dar, der nach der Lebenserfahrung auf die Ursächlichkeit der
Glätte für den Sturz hinweist (BGH VersR 1968, 647).
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Der Höhe nach verspricht die Klage jedoch inso-weit keinen Erfolg, als die
Antragstellerin eine Schmerzensgeldrente verlangt. Die von ihr geschil-derten
Verletzungsfolgen rechtfertigen lediglich ein Schmerzensgeldkapital bis zu 20.000,--
DM. Eine Rente neben dem Schmerzensgeldkapital kommt nur unter ganz
besonderen Voraussetzungen in Be-tracht (vgl. Palandt-Thomas, BGB, 50. Aufl., §
847 Rn. 12), die hier aber nicht erkennbar sind.
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Beschwerdewert: 7.000,-- DM.
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