Urteil des OLG Köln vom 24.04.1998

OLG Köln (verhältnis zu, beschwerde, abänderung, abrechnung, vereinbarung, energieverbrauch, wartung, verbrauch, installation, 1995)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 28/98
Datum:
24.04.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 28/98
Normen:
WEG § 10; HEIZKOSTENVO §§ 3, 7-10;
Leitsätze:
Grobe Unbilligkeit des Verteilungsschlüssels der Wasserabrechnung
WEG § 10, HeizKostenVO §§ 3, 7-10 Ist in der Teilungserklärung die
Abrechnung des Warmwassers nach einem sich aus dem
Eigentumsanteil ergebenden Verteilungsschlüssel vorgesehen, so kann
die Abänderung dieses Schlüssels und die Abrechnung nach dem
tatsächlichen Verbrauch verlangt werden, wenn in einem 10-
Jahresvergleich die Kosten für die Installation der Meßgeräte sowie
deren Wartung und Ablesung niedriger sind als die nach der neuen
Berechnung ersparten Energiekosten.
16 Wx 28/98 29 T 287/97 LG Köln 35 II 78/96 AG Bergisch Gladbach
OBERLANDESGERICHT KÖLN B E S C H L U S S
In der Wohnungseigentumssache
betreffend die Wohnungseigentumsanlage pp.
an der beteiligt sind:
pp.
hat der 16. Zivilsenat des Oberlandesgericht Köln durch seine Mitglieder
Dr. Schuschke, Becker und Dr. Ahn-Roth
am 24. April 1998
b e s c h l o s s e n :
Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners und
Beteiligten zu 8. vom 19.01.1998 wird der Beschluß der 29. Zivilkammer
des Landgerichts Köln vom 19.12.1998 - 29 T 287/97 - aufgehoben und
die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung - auch über die
Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens - an das Landgericht Köln
zurückverwiesen.
Rechtskraft:
unanfechtbar
G r ü n d e
1
Die gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 27 Abs. 1, 29 FGG zulässige sofortige weitere
Beschwerde führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. Die landgerichtliche
Entscheidung ist nicht rechtsfehlerfrei ergangen, da sie die Voraussetzungen einer
groben Unbilligkeit, die zu einem Anspruch eines Wohnungseigentümers auf Änderung
des Kostenverteilungsschlüssels führen könnte, verneint hat, ohne den diesbezüglichen
Vortrag des Beteiligten zu 8. hinreichend zu würdigen und den Sachverhalt hierzu
weiter aufzuklären, §§ 12, 27 FGG, 550 ZPO. Nach dem Vorbringen des Beteiligten zu
8. kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, daß die derzeitige Abrechnungspraxis
in der Wohnungseigentumsanlage im Verhältnis zu ihm in Einzelfällen zu "grober
Unbilligkeit" geführt hat.
2
Zu Recht sind Amtsgericht und Landgericht davon ausgegangen, daß eine Nachrüstung
mit Warm- und Kaltwasserzählern, die zugleich zu einer Änderung des
Verteilungsschlüssels, wie sie hier mit dem angegriffenen Beschluß der
Eigentümerversammlung vom 22.08.1996 ins Auge gefaßt wurde, einer Vereinbarung
gemäß § 10 Abs. 1 WEG bedarf, somit nur durch einstimmigen Beschluß wirksam
geändert werden kann. Dies gilt uneingeschränkt hinsichtlich des geplanten Einbaus
von Kaltwasserzählern und der daraus folgenden Abänderung des
Verteilungsschlüssels, so daß der Beschluß der Wohnungseigentümergemeinschaft
insoweit wegen Verstoßes gegen § 10 Abs. 1 WEG unwirksam ist, sofern nicht dem
Beteiligten zu 8) ein Anspruch auf Änderung des Verteilungsschlüssels wegen grober
Unbilligkeit zustehen sollte.
3
Hingegen kann im Einzelfall der Einbau von Warmwasserzählern mit einer daraus
folgenden Abänderung des Verteilungsschlüssels durch eine Mehrheit der
Wohungseigentümer beschlossen werden, wenn der praktizierte Verteilungsschlüssel
nicht den Anforderungen der HeizkostenV entspricht, §§ 3, 7 bis 10 HeizkostenV (vgl.
dazu auch Palandt-Bassenge, 57. Aufl., § 16 WEG, Rdz. 16). Im vorliegenden Fall
kommt ein Verstoß gegen § 8 Abs. 1 HeizkostenV in Betracht, da die anfallenden
Kosten insgesamt nach Verbrauch abgerechnet werden, während die erwähnte
Vorschrift die verbrauchsabhängige Abrechnung auf höchstens 70 % der Kosten
beschränkt, und die übrigen Kosten nach Wohn- oder Nutzfläche zu verteilen sind.
Beruht die jetzige Regelung allerdings auf einer rechtsgeschäftlichen Bestimmung im
Sinne des § 10 HeizkostenV, das heißt einer Vereinbarung über den Verteilungsmodus,
dann sind auch höhere verbrauchsabhängige Prozentsätze zulässig, als § 8 Abs. 1
HeizkostenV vorsieht. Ob dies hier im Hinblick auf den Beschluß zu TOP 2 der
Eigentümerversammlung vom 09.06.1992 der Fall ist, kann im Ergebnis dahinstehen.
Denn die Einführung von Wasseruhren, verbunden mit einer entsprechenden
Abrechnungsregelung, ist dann unverhältnismäßig, wenn in einem 10-Jahresvergleich
die Kosten für die Installation der Meßgeräte sowie deren Wartung und Ablesung die
voraussichtliche Einsparung von Energiekosten übersteigen (vgl. BayObLG NJW-RR
94, 145 m.w.N.; KG NJW-RR 93, 468). Auf der Grundlage der Kostenangaben des
angegriffenen Beschlusses der Eigentümerversammlung vom 22.08.1996 ergäben sich
Installationskosten von rund 5.500,-- DM zuzüglich Wartungs- und Abrechnungskosten
von - für sämtliche in Betracht kommenden Wohnungen - jährlich 1.320,-- DM, mithin für
10 Jahre von 13.200,-- DM, so daß sich die Gesamtkosten auf über 18.000,-- DM
belaufen. Dem stehen potentiell einzusparende Energiekosten für den 10Jahres-
Zeitraum in Höhe von rund 15.500,-- DM gegenüber, wenn man die von dem Beteiligten
zu 8. zugrunde gelegten Zahlen zum Energieverbrauch zugrunde legt und die übliche
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Einsparquote von 15 % ansetzt (zum Ansatz von 15 % Einsparung: BayObLG, NJW-RR
94, 145, 146; KG, NJW-RR 93, 468). Damit läßt sich die hier durch Mehrheitsbeschluß
erstrebte Änderung des Verteilungsschlüssels nicht durch die Regelungen der
HeizkostenV rechtfertigen, da eine Anpassung des Verteilungsschüssels an die
Bestimmungen der HeizkostenV im Hinblick auf die zitierte Rechtsprechung, der sich
der Senat anschließt, nicht mehr verhältnismäßig ist. Vielmehr bleibt es im vorliegenden
Fall dann bei dem Grundsatz, daß der Verteilungsschlüssel nur wirksam durch einen
einstimmigen Beschluß gemäß § 10 WEG geändert werden kann.
Eine Ausnahme von diesem Grundsatz käme allenfalls dann in Betracht, wenn einem
Wohnungseigentümer ein Anspruch auf Änderung des Kostenverteilungsschlüssels
deshalb zustünde, weil außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an der bisherigen
Regelung als grob unbillig erscheinen lassen(vgl. Senat vom 13.02.1995, NJW-RR 95,
873; BayObLG, NJW-RR 94, 1425; BayObLG, DWE 98, 24 je m.w.N.). Dies hat auch
das Landgericht nicht verkannt. Zu Recht weist es darauf hin, daß bei der Prüfung, ob
diese Voraussetzungen erfüllt sind, ein strenger Maßstab angelegt werden muß.
Allerdings hat es in diesem Zusammenhang das Vorbringen des Beteiligten zu 8. nicht
hinreichend gewürdigt. Dieser hat nämlich insbesondere in seinem Schreiben vom
07.12.1997 geltend gemacht, in den Jahren 1992 bis 1996 an Wasserkosten insgesamt
2.456,-- DM zu viel gezahlt zu haben, mithin jährlich 491,-- DM, bzw. monatlich rund 41,-
- DM ungerechtfertigte Kosten für Wasser- und Energieverbrauch aufgewendet zu
haben. Diese Zahlen will er anhand der von ihm bereits eingebauten Wasseruhren
ermittelt haben, wobei er sich auch auf das Zeugnis eines weiteren Miteigentümers
beruft (siehe insbesondere Schreiben vom 31.12.1995 und 31.12.1993 an die
Hausverwaltung (Bl. 148 und 149 d.A.)). Diese von dem Beteiligten zu 8. behaupteten
Zuviel-Zahlungen können eine grob unbillige Verteilung der entstandenen Kosten
beinhalten. Seinen Angaben ist deshalb nachzugehen. Hierzu sind zunächst die ihn
betreffenden jährlichen Abrechnungen zu überprüfen. Die behaupteten
ZuvielZahlungen - zunächst als richtig unterstellt - sind in Relation zu setzen zu den
tatsächlich geleisteten Zahlungen einerseits, sowie zur Größe seiner Wohnung und
insbesondere zur Personenzahl seines Haushaltes andererseits. Möglicherweise
werden in diesem Zusammenhang auch die jährlichen Zahlungen der übrigen
Wohnungseigentümer jedenfalls teilweise heranzuziehen sein. Stellt sich bei einer
Gesamtwürdigung dieser Faktoren die behauptete Zuviel-Zahlung als eine grob
unbillige Kostenverteilung zum Nachteil des Beteiligten zu 8. dar, wird weiter zu
ermitteln sein, ob seine Angaben über einen weitaus geringeren Wasserverbrauch
tatsächlich zutreffend sind.
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Über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens wird das Landgericht gemäß § 47
WEG ebenfalls zu entscheiden haben.
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Geschäftswert der weiteren Beschwerde: 18.700,-- DM (Gesamtkosten des Austauschs,
berechnet auf 10 Jahre).
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Dr. Schuschke Becker Dr. Ahn-Roth
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