Urteil des OLG Köln vom 23.12.1997

OLG Köln (antragsteller, 1995, prüfung, beschwerde, anfechtung, meinung, beweiswürdigung, verhalten, richtigkeit, interesse)

Oberlandesgericht Köln, 16 WX 236/97
Datum:
23.12.1997
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 WX 236/97
Normen:
WEG § 18;
Leitsätze:
Anfechtung des Beschlusses zur Entziehung des Wohnungseigentums
WEG § 18 Der Beschluß nach § 18 Abs. 1 und Abs. 3 WEG, die
Veräußerung des Wohnungseigentums zu verlangen, ist im WEG-
Verfahren nur auf formelle Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Die Prüfung
der sachlichen Voraussetzungen des Anspruchs der Eigentümer auf
Ausschluß eines Störers aus der Eigentümergemeinschaft erfolgt
ausschließlich durch das nach § 51 WEG zuständige Prozeßgericht.
Rechtskraft:
unanfechtbar
G r ü n d e
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Die in förmlicher Hinsicht gemäß §§ 45 Abs. 1 WEG, 27, 29 FGG nicht zu
beanstandende sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers hat in der Sache
keinen Erfolg. Dem gegenüber ist die gegen die Festsetzung des Geschäftswerts
gerichtete Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gemäß § 31
Abs. 3 Satz 1 und 31 Abs. 1 Satz 2 KostO in Verbindung mit § 9 Abs. 2 BRAGO zulässig
und auch begründet.
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I.
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Das Landgericht hat im angegriffenen Beschluß die Anträge des Antragstellers auf
Anfechtung der unter den Tagesordnungspunkten 4 a), b) und e) der
Eigentümerversammlung vom 23.03.1995 gefaßten Beschlüsse mit zutreffenden
Erwägungen zurückgewiesen.
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Die unter Tagesordnungspunkt 4 a) und b) gefaßten Beschlüsse sind schon deshalb
nicht zu beanstanden, weil sie nur das aussprechen, wozu der Antragsteller ohnehin
verpflichtet ist. Die Beschlüsse haben insofern nur deklaratorische Bedeutung und
beinhalten einen Appell an den Antragsteller sich an die Pflichten aus dem
Gemeinschaftsverhältnis zu halten. Das Landgericht hat auch mit zutreffenden
Erwägungen angenommen, daß diese beiden Beschlüsse durch das vorangegangene
Verhalten des Antragstellers gerechtfertigt waren. Es ist dabei ohne Rechtsfehler nach
Beweisaufnahme davon ausgegangen, daß das Verhalten des Antragstellers Anlaß für
diese Beschlüsse gab. Die tatrichterliche Beweiswürdigung ist vom
Rechtsbeschwerdegericht nur eingeschränkt, nämlich dahingehend überprüfbar, ob sie
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Rechtsbeschwerdegericht nur eingeschränkt, nämlich dahingehend überprüfbar, ob sie
in sich schlüssig ist sowie die Verfahrensvorschriften beachtet wurden. Derartige
Mängel läßt die landgerichtliche Beweiswürdigung nicht erkennen. Es war
insbesondere nicht verfahrensfehlerhaft, den Zeugen E. zu dem Vorfall vom August
1994 nicht zu hören. Nach der Klarstellung des Antragstellers in der mündlichen
Verhandlung vom 17.04.1997 vor dem Landgericht war dieser Zeuge bei der
Auseinandersetzung mit dem Zeugen M. nicht zugegen. Auch zu dem zweiten Vorfall
vom 14.02.1995 bedurfte es der erneuten Vernehmung des Zeugen E. nicht, da das
Landgericht seiner Entscheidung dessen erstinstanzliche Aussage, deren Richtigkeit
auch der Antragsteller nicht bezweifelt, zugrunde gelegt hat.
Schließlich muß auch dem Anfechtungsantrag zu Tagesordnungspunkt 4 e) der
Eigentümerversammlung vom 23.03.1995 der Erfolg versagt bleiben. Der Beschluß
nach § 18 Abs. 1 und Abs. 3 WEG, die Veräußerung des Wohnungseigentums zu
verlangen, ist im Wohnungseigentumsverfahren nur auf formelle Rechtmäßigkeit zu
überprüfen. Die Entscheidung darüber, ob der Beschluß materiell berechtigt ist und ein
Veräußerungsgrund im Sinne des § 18 WEG vorliegt, muß durch das zuständige
Prozeßgericht nach § 51 WEG getroffen werden. Der Eigentümerbeschluß nach § 18
Abs. 3 WEG ist nämlich nur besondere Prozeßvoraussetzung für die
Veräußerungsklage, die den aus dem Gemeinschaftsverhältnis entspringenden
Anspruch der Eigentümer auf Ausschluß eines Störers zum Gegenstand hat. Die
Prüfung der Voraussetzungen dieses Anspruchs erfolgt ausschließlich durch das
Prozeßgericht. Schon aus prozeßökonomischen Gründen ist die Prüfung der sachlichen
Richtigkeit der Beschlüsse gemäß § 18 WEG den Gerichten der freiwilligen
Gerichtsbarkeit entzogen (Allgemeine Meinung: Bay ObLG WUM 1990, 95; KG Berlin,
KGR 1994, 74; Pick in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Auflage, § 18 Rn. 43 m.w.N.).
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Die Beschlußfassung ist im vorliegenden Fall in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht zu
beanstanden. Insbesondere wurde der Beschluß entsprechend § 18 Abs. 3 mit
absoluter Mehrheit aller Stimmberechtigten gefaßt.
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Entgegen dem Beschwerdevorbringen leidet der angegriffene Beschluß auch nicht
deshalb an einem formellen Mangel, weil der Antragsteller nicht zuvor von den übrigen
Eigentümern abgemahnt worden ist. Die Frage, ob ein Veräußerungsanspruch auch
ohne vorherige Abmahnung besteht, ist materiell rechtlicher Natur und im vorliegenden
Verfahren nicht zu entscheiden.
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II.
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Der Geschäftswert für das Verfahren war gemäß §§ 31 Abs. 1 Satz 2, 33 Abs. 3 KostO
auf insgesamt 150.000,00 DM festzusetzen. Zurecht hat der Prozeßbevollmächtigte des
Antragstellers die landgerichtliche Wertfestsetzung beanstandet.
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Nach allgemeiner Meinung (BayObLG WUM 1991, 633; BayObLG WUM 1990, 95;
Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Auflage, § 48 Rn. 20) richtet sich der
Geschäftswert bei der Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses, der die Einleitung
eines Entziehungsverfahrens nach § 18 ff WEG zum Gegenstand hat, nach dem
Interesse der Beteiligten am Behalten der Eigentumswohnung bzw. dem Ausschluß aus
der Gemeinschaft. Dieses Interesse, das für den Antragsteller in dem nicht
unerheblichen Risiko eines Wertverlusts und den Kosten einer Ersatzbeschaffung liegt,
bewertet der Senat für den Anfechtungsantrag 4 e) mit 140.000,00 DM. Dies entspricht
bei vorsichtiger Schätzung etwa 20 % des Werts der Wohnung des Antragstellers. Die
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übrigen beiden Anträge hat das Landgericht im angegriffenen Beschluß zutreffend mit je
5.000,00 DM bewertet, so daß sich ein Geschäftswert von insgesamt 150.000,00 DM
errechnet.
III.
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Hinsichtlich des Anfechtungsantrags folgt die Kostenentscheidung aus § 47 WEG.
Danach entsprach es billigem Ermessen, dem Antragsteller die Kosten der erfolglosen
weiteren Beschwerde aufzuerlegen. Es war indes aus keinem Grund ersichtlich, von
dem Grundsatz abzuweichen, wonach im Wohnungseigentumsverfahren jeder
Beteiligte seine eigenen außergerichtlichen Kosten trägt.
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Das Verfahren hinsichtlich der Streitwertfestsetzung ist gerichtsgebührenfrei. Kosten
werden nicht erstattet.
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