Urteil des OLG Köln vom 16.12.2008
OLG Köln: zur unzeit, depot, grundstück, unterhalt, beendigung, bilanz, stundung, beerdigungskosten, rechtskraft, einzahlung
Oberlandesgericht Köln, 4 UF 75/08
Datum:
16.12.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
4. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
4 UF 75/08
Vorinstanz:
Amtsgericht Bonn, 42 F 243/04 (GÜ)
Tenor:
I.
Unter Zurückweisung der Berufung im übrigen wird auf die Berufung der
Beklagten das Urteil des Amtsgerichts - Familiengericht - Bonn vom 30.
Januar 2008 - 42 F 243/04 (GÜ) - teilweise abgeändert und wie folgt neu
gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.321,77 € nebst Zinsen von
5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.08.2006 zu
zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz trägt der Kläger zu 4/5 und
die Beklagte zu 1/5.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Kläger zu 9/10 und die
Beklagte zu 1/10.
III.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache überwiegend Erfolg.
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Dem Kläger steht gemäß § 1378 Abs. 1 BGB gegen die Beklagte ein Anspruch auf
Ausgleich des in der Ehe erzielten Zugewinns zu. Allerdings kann die Beklagte dem in
überwiegender Höhe ein Leistungsverweigerungsrecht entgegen halten.
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Die vom Amtsgericht für die Parteien aufgestellte Zugewinnausgleichsbilanz ist
teilweise zu korrigieren.
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Hinsichtlich der Berechnung des Endvermögens des Klägers ist diesem in seiner
Aufstellung gemäß Schriftsatz vom 05.01.2007 (Bl. 283 ff GÜ – alle im Folgenden
genannten Blattzahlen betreffen die Unterakte GÜ) ein Rechenfehler unterlaufen, den
das Amtsgericht übernommen hat. Die Additionen aller dort genannten Aktiva ergibt
richtig einen Wert von 472.860,18 € statt 462.870,18 €, also einen um 9.990,00 €
höheren Wert.
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Soweit die Beklagte in der Berufung zunächst beanstandet hat, dass der Kläger in
zutreffender Weise zu den bei ihm zu berücksichtigenden Passiva den rechtskräftig
zugunsten der Beklagten festgestellten Anspruch gegen den Kläger in Höhe von
36.805,00 € eingestellt und diesen sodann spiegelbildlich als Aktivposition in das
Endvermögen der Beklagten übernommen hat, wird diese Beanstandung nach den
Erörterungen in der mündlichen Verhandlung nicht aufrecht erhalten, so dass der Senat
hier auf die in der mündlichen Verhandlung erfolgten Hinweise verweisen kann.
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Hinsichtlich der Berechnung des Anfangsvermögens des Klägers hat eine Korrektur nur
insoweit zu erfolgen, als dass die Kosten für die Beerdigung des Vaters des Klägers zu
berücksichtigen sind. Dass die Beerdigungskosten den Wert des dem
Anfangsvermögen zuzurechnenden Erbteils des Klägers in voller Höhe mindern (vgl.
Johannsen/Henrich, Eherecht, 4. Aufl. § 1374 R Nr. 28), wird nach den Erörterungen in
der mündlichen Verhandlung auch vom Kläger erkannt, wobei es im wirtschaftlichen
Ergebnis unerheblich ist, von welcher Einzelposition des Erbteils diese Kosten
abgesetzt werden. Deshalb hat sich der Kläger mit dem Abzug der Beerdigungskosten
vom geerbten Sparguthaben einverstanden erklärt. Dann ist das Sparguthaben
unstreitig nur noch mit einem indexierten Wert von 3.959,00 € anstatt von 7.309,00 €,
also mit einem um 3.350,00 € geringeren Wert zu berücksichtigen.
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Im Übrigen hat es bei den vom Amtsgericht im Anfangsvermögen angesetzten
Positionen zu verbleiben.
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Dies gilt insbesondere für die Bewertung des Hausgrundstücks C. 6, das dem Kläger
zur Hälfte nach dem Tod seiner Mutter im Jahr 1992 und zur anderen Hälfte nach dem
Tod seines Vaters im Jahr 1995 zugefallen ist. Richtig ist, dass die für diese beiden
Stichtage vom Sachverständigen ermittelten Werte zwar nicht nach absoluten Zahlen
aber nach ihrer Indexierung den ebenso sachverständigenseits ermittelten Wert des
Grundstücks am Stichtag der Rechtshängigkeit der Scheidung im Jahr 2004
übersteigen. Da aber weder die Feststellungen des Sachverständigen noch die
Richtigkeit der Indexzahlen zu beanstanden sind und auch von der Beklagten nicht
beanstandet worden sind, hat das Hausgrundstück zwar nicht in absoluten Zahlen, aber
doch in seinem wirtschaftlichen Wert einen Verlust erlitten. Denn die Indexzahlen
spiegeln die Entwertung des Geldes wieder. Die Zugewinnausgleichsbilanz stellt nur
eine rechnerische Gegenüberstellung von Geld-Werten von Gegenständen dar. Wenn
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infolge der Geldentwertung der Wert eines Grundstücks zwar gestiegen ist, aber nicht in
gleicher Höhe, in der der Geldwert gesunken ist, ist ein wirtschaftlicher Wertverlust
eingetreten. Wenn dieser Wertverlust durch die Berücksichtigung in der Bilanz den
Zugewinn schmälert, bedeutet dies nicht eine Teilhabe an einem negativen Zugewinn
der jedenfalls dem zur Zeit geltenden Recht fremd ist. Denn der Wertverlust betrifft nur
eine Einzelposition in der Bilanz. Würde sich in der Bilanz dadurch ein Verlust und nicht
ein Zugewinn ergeben, bliebe dieser Verlust unberücksichtigt, das heißt, ein Zugewinn
wäre nicht erzielt, was aber keine Teilhabe am Verlust bedeutet.
Auch der Wert des Depots in M. ist teils wegen Schenkung und teils wegen Erbschaft im
Anfangsvermögen zu berücksichtigen, wie vom Amtsgericht vorgenommen.
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Der Überweisungsbeleg vom 06.05.1994 (Bl. 39) belegt eine Überweisung von einem
Konto Nr. XX, bei dem es sich nach den unwidersprochen gebliebenen Erläuterungen
des Klägers in der mündlichen Verhandlung um ein Konto seines Vaters handelt, in
Höhe von 52.000,00 DM an das "V.F.E." mit Verwendungszweck "Q.X.". Die
Vermögensaufstellung (Anlage A9 zum Schriftsatz des Klägers vom 05.01.2007) der
V.J.F. zum Q-W "wachstumsorientiert" weist den Kläger und seinen Vater als Depot-
Inhaber aus, so dass im Zweifel beide zu gleichen Teilen berechtigt waren, die
Einzahlung des Vaters also dem Kläger hälftig zugute gekommen ist. Dass die erste
Einzahlung dort mit dem 17.05.1994 verbucht worden ist, der Überweisungsauftrag aber
vom 06.05.1994 stammt, mag mit Überweisungslaufzeiten und organisatorischen
Umständen zusammenhängen, zwingt aber nicht zu dem Schluss, dass die
Überweisung des Vaters etwa nicht das streitige Depot betrifft, zumal die Angaben zum
Empfänger und zum Verwendungszweck zu den Depot-Angaben passen. Auch muss
die Kontonummer des Empfängers bei der Erstüberweisung nicht identisch sein mit der
Depot-Nr., da das Depot zeitlich erst nach der Überweisung eingerichtet worden ist, so
dass die Erläuterung des Klägers, es habe sich hier um eine sog. Referenz-Nr. der Bank
gehandelt, plausibel ist. Wenn der Vater den vollen Betrag auf ein für ihn und den
Kläger eingerichtetes Depot überweist, ist insoweit auch von einer Schenkung des
hälftigen Betrages auszugehen, da schließlich der Kläger zur Hälfte beteiligt wurde.
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Der Vortrag der Beklagten hierzu ist angesichts dieser Unterlagen nicht substantiiert und
außerdem widersprüchlich, wenn sie einerseits behauptet, der Kläger habe
gemeinsames Geld der Parteien investiert und andererseits vorträgt, er habe Gelder aus
der Rente der Frau D.F. eingezahlt.
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Der Wert des Ackergrundstücks im Anfangsvermögen war bereits erstinstanzlich
unstreitig geworden, nachdem der Kläger ein Kaufangebot der Gemeinde B. mit 2,50
€/qm vorgelegt hatte, das die Beklagte ausdrücklich akzeptiert hatte. Weshalb sie dies
nun nicht mehr gelten lassen will, erklärt sie nicht.
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Danach ist der Zugewinnausgleich ausgehend von der oben genannten Berechnung
des Klägers und des Amtsgerichts wie folgt zu berechnen:
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472.860,18 € Aktiva des Klägers im Endvermögen nach
Korrektur des Rechenfehlers
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- 62.982,00 € Passiva
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409.878,18 € Endvermögen
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- 384.017,00€ Anfangsvermögen von 387.367,00 €
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reduziert um 3.350,00 € wegen der
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Beerdigungskosten
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25.861,18 € Zugewinn des Klägers
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144.110,72 € Endvermögen = Zugewinn der Beklagten
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118.249,54 € überschießender Zugewinn der Beklagten
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Der Zugewinn der Beklagten übersteigt den des Klägers und ist grundsätzlich zur Hälfte,
also in Höhe von 59.124,77 € auszugleichen.
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Der Beklagten steht aber ein Leistungsverweigerungsrecht bzgl. des errechneten
Ausgleichsbetrages wegen grober Unbilligkeit gem. § 1381 BGB in Höhe von 55.803,00
€ zu.
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Insoweit kann sie sich allerdings nicht darauf berufen, die Eltern des Klägers sowie Frau
D.F., die der Kläger ebenso wie seine Eltern beerbt hat, gepflegt zu haben. Dass dies
tatsächlich in nennenswertem Umfang und unentgeltlich geschehen ist, kann der Senat
nicht feststellen. Zwar ist wohl unstreitig, dass die Beklagte hier in gewissem Umfang
Pflegeleistungen erbracht hat. Allerdings reicht der Sachvortrag nicht aus, um beurteilen
zu können, ob die Beklagte Pflegeleistungen in einem derartigen Umfang erbracht hat,
dass tatsächlich, wie sie behauptet, ihre Pflegeleistungen dazu geführt haben, dass
hohe Kosten für anderweitige Pflegeleistungen erspart worden und dadurch dem Kläger
die Erbschaften ungeschmälert erhalten geblieben sind, die letztlich durch Zurechnung
zu seinem Anfangsvermögen zu der rechnerischen Ausgleichspflicht der Beklagten
geführt haben. Denn die Beklagte trägt nur vor, gepflegt zu haben, ohne dies hinsichtlich
der konkreten Leistungen und des zeitlichen Aufwands auch unter Berücksichtigung des
Schriftsatzes vom 11.12.1008 ausreichend zu konkretisieren.
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Allerdings steht der Beklagten ein überwiegendes Leistungsverweigerungsrecht in
Höhe von 55.803,00 € wegen grober Unbilligkeit deshalb zu, weil der Kläger inzwischen
das Grundstück V., das in hälftigem Eigentum beider Parteien stand, im Rahmen der
Teilungsversteigerung für nur 89.509,19 € ( vgl. Sitzungsprotokoll des
Versteigerungsgerichts vom 20.02.2008, Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom
20.10.2008 ) erworben hat, so dass sich für die Beklagte nach Abzug der
übernommenen Lasten und vor Abzug der Kosten ein hälftiger Anteil am Erlös nur in
Höhe von 19.190,00 € ergab, obwohl beiden Parteien aufgrund ihres unstreitigen
Vortrags zum Wert des Grundstücks nach Abzug der Lasten in der Ausgleichsbilanz ein
hälftiger Grundstückswert von 100.000,00 € - 25.007,00 € = 74.993,00 € zugerechnet
worden ist. Danach hat die Beklagte also einen Verlust von 55.803,00 € erlitten, der
allein dem Kläger als Gewinn zugute gekommen ist.
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Dass die Teilungsversteigerung erst nach Beendigung des Güterstandes erfolgt ist,
steht nach Ansicht des Senats einer Berücksichtigung grob unbilliger Folgen nicht
entgegen. Solche müssen nicht bereits bei der Rechtshängigkeit der Ehescheidung
vorgelegen haben (streitig, vgl. zum Meinungsstand Palandt/Brudermüller, BGB, 68.
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Auflage, § 1381 RNr. 19 f. m. w. N.). Dieser Stichtag soll nur Manipulationen zur
Verringerung des Zugewinns verhindern und eine Einbeziehung des
Güterrechtsverfahrens in den Scheidungsverbund ermöglichen. Beide Gesichtspunkte
sind für die Feststellung unbilliger Ergebnisse aber ohne Belang.
Auch der Zeitpunkt der Beendigung des Güterstands mit der Rechtskraft der Scheidung
kann nicht maßgeblich sein, wenn in diesem Zeitpunkt die
Vermögensauseinandersetzung zwischen den Eheleuten noch nicht beendet ist,
andernfalls würden sich nachteilige Ergebnisse der Auseinandersetzung einseitig zu
Lasten des Ausgleichspflichtigen auswirken. So hat auch der BGH Gesichtspunkte
berücksichtigt, die erst nach Beendigung des Güterstandes eingetreten sind (BGH,
FamRZ 1970, 483 f.; FamRZ 1973, 254 f.; OLG Düsseldorf NJW 1995, 3193).
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Hier wäre es grob unbillig, wenn allein die Beklagte die Folgen des bei der
Teilungsversteigerung erzielten geringen Erlöses zu tragen hätte. Der Wert des
versteigerten Grundstücks ist zwischen den Parteien immer unstreitig gewesen.
Lediglich aufgrund für den Kläger günstigere Umstände bei der Teilungsversteigerung
konnte er das Grundstück für einen weit unter seinem Wert liegenden Preis erwerben.
Der Kläger hat für rd. 89.500,00 € ein Grundstück im Wert von 200.000,00 € erwerben
können und dies ausschließlich zu Lasten der Beklagten.
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Sinn und Zweck des Zugewinnausgleichs ist es aber, beide Ehegatten an dem
erwirtschafteten Zugewinn gleichmäßig zu beteiligen. Durch die Selbstersteigerung des
Klägers ist aber objektiv eine wirtschaftliche Lage entstanden, die diesem Sinn und
Zweck des Zugewinnausgleichs in grob unbilliger Weise zuwider läuft: Der Kläger
macht einen Gewinn von ca. 110.000,00 € und die Beklagte erleidet einen Verlust von
ca. 55.000,00 €, wobei unmittelbar der Verlust der Beklagten zu dem Gewinn des
Klägers beigetragen hat. Dieser Fall ist vergleichbar mit den vom OLG Hamburg
(FamRZ 1988, 1166 f.) und vom OLG Düsseldorf (NJW 1995, 3193) entschiedenen
Fällen.
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In dem vom OLG Hamburg entschiedenen Fall hatte ein Dritter das Grundstück zu
einem weit unter Wert liegenden Preis ersteigert, so dass das Gericht den tatsächlich
erzielten Preis als Wert in die Ausgleichsbilanz eingestellt hat, weil beide Ehegatten in
gleicher Weise benachteiligt worden waren.
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In dem vom OLG Düsseldorf entschiedenen Fall lag eine Selbstersteigerung des
Ausgleichsberechtigten vor, so dass das Gericht den Verlust der Ausgleichspflichtigen
gegen die Ausgleichsforderung "verrechnet" hat. In diesem Fall hatte sich allein wegen
des Wertes des versteigerten Grundstücks ein Zugewinnausgleichsanspruch ergeben.
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Dies ist vorliegend zwar nicht der Fall. Gleichwohl hält es der Senat für angemessen,
auch hier den Verlust der ausgleichspflichtigen Beklagten von der Ausgleichsforderung
abzusetzen. Denn hätten die Parteien das Grundstück einverständlich auf dem freien
Markt für den zutreffenden Wert verkauft, hätte die Beklagte die Ausgleichsforderung des
Klägers ohne Weiteres aus dem ihr zustehenden Erlösanteil begleichen können und sie
hätte sogar noch einen überschießenden Betrag zur Verfügung gehabt. Das ist allein
wegen der erheblichen Zerstrittenheit der Parteien nicht möglich gewesen. Es wäre aber
zusätzlich grob unbillig, sollte hier allein die Beklagte die negativen Folgen der
Uneinigkeit der Parteien tragen, an der der Kläger ebenso Anteil hat.
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Der Ausgleichsanspruch des Klägers beträgt rechnerisch 59.124,77 €. In Höhe ihres
allein dem Kläger als Gewinn zugeflossenen Verlustes von 55.803,00 € kann die
Beklagte die Leistung wegen grober Unbilligkeit verweigern, so dass ein zu zahlender
Betrag von 3.321,77 € verbleibt.
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Dieser Anspruch ist nicht durch Aufrechnung mit einem Anspruch der Beklagten auf
Zahlung von Trennungsunterhalt für die Zeit von August 2003 bis Mitte August 2006
teilweise erloschen.
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Unwidersprochen hat der Kläger vorgetragen, dass die Beklagte erstmals im Januar
2007 versucht hat, angeblich rückständigen Trennungsunterhalt geltend zu machen. Da
Unterhalt auch zum Schutz des Unterhaltspflichtigen vor hohen Rückstandsforderungen
zeitnah geltend zu machen ist, sind Ansprüche auf rückständigen Unterhalt nach Ablauf
eines Jahres verwirkt (st. Rspr. des BGH vgl. u.a. NJW 2003/128). Hier konnte also
allenfalls noch rückständiger Unterhalt für die Zeit von Januar bis Mitte August 2006 zur
Aufrechnung gestellt werden. Insoweit ist aber der Vortrag der Beklagten im Hinblick auf
den unbestrittenen Vortrag des Klägers, dass er zum Einen bestimmte Zahlungen
geleistet und zum Anderen sämtliche Haus- und Wohnkosten getragen sowie die
Krankenversicherungsbeiträge für die Beklagte geleistet habe und dieser ein Wohnwert
von 1.000,00 € zuzurechnen sei, so dass sie neben ihrem eigenen Renteneinkommen
nicht weiter unterhaltsbedürftig gewesen sei, nicht mehr stub- stanziiert. Sie hätte
darlegen und vorrechnen müssen, wieso gleichwohl noch ein ungedeckter Bedarf hätte
bestehen können. Das hat sie nicht getan. Es kommt daher nicht entscheidend darauf
an, ob sich ein Teil der Vorwürfe aus dem Verfahren über den nachehelichen Unterhalt
auch auf die Unterhaltsansprüche für diese letzte Zeit der Trennung auswirken kann.
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Die Beklagte wendet ein, dass gemäß § 1378 Abs. 2 BGB die Höhe der
Ausgleichsforderung durch den Wert des Vermögens begrenzt ist, das nach Abzug der
Verbindlichkeiten bei Beendigung des Güterstandes vorhanden gewesen ist.
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Hier ist der Güterstand mit Rechtskraft der Scheidung im August 2006 beendet worden.
Die Beklagte hat aber nicht dargelegt, wie sich ihre Vermögensverhältnisse vor zwei
Jahren gestaltet haben, sie trägt lediglich vor, heute über kein überschießendes
Aktivvermögen mehr zu verfügen. Die Voraussetzungen für eine Begrenzung der
Ausgleichsforderung hat aber der Ausgleichsschuldner, hier also die Beklagte
darzulegen und zu beweisen (Palandt/Brudermüller, a.a.O. § 1378 R Nr. 21 m. w. N.).
Allerdings könnte eine Herabsetzung auf evtl. bei Rechtskraft der Scheidung
vorhandenes überschießendes Aktivvermögen der derzeitigen Vermögenslosigkeit der
Beklagten auch nicht Rechnung tragen.
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Die Beklagte hat Stundung ihrer Ausgleichsverpflichtung gemäß § 1382 BGB beantragt.
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Voraussetzung für eine Stundung ist zum Einen, dass aufgrund der gegenwärtigen
Verhältnisse des Ausgleichspflichtigen eine sofortige Zahlung zur "Unzeit" erfolgen
würde. Da nach dem Vortrag der Beklagten ihre Schulden ihr Vermögen übersteigen,
dürfte diese Voraussetzung vorliegen.
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Zum Anderen ist aber zu verlangen, dass eine Verbesserung der wirtschaftlichen Lage
zu erwarten ist (Palandt/Brudermüller, a.a.O. § 1382 R Nr. 2), da anderenfalls eine
Stundung keinen wirtschaftlichen Sinn hat. Hier ist aber keine Verbesserung der
wirtschaftlichen Verhältnisse der Beklagten zu erwarten. Sie verfügt über keinerlei
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Vermögen mehr, sie ist bereits 47 Jahre alt und dauerhaft erkrankt sowie zu 100 %
behindert. Es ist nicht zu erkennen, dass sie in absehbarer Zeit in der Lage sein könnte,
alle ihre Schulden zu bedienen.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92, 269 Abs. 3 708 Nr. 10, 713
ZPO.
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Der
Berufungsstreitwert
GKG ) =
71.058,54 €.
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