Urteil des OLG Köln vom 29.09.2003

OLG Köln: wiederherstellung des früheren zustandes, dach, fassade, gebäude, beurkundung, umgestaltung, ermessen, form, marode, datum

Oberlandesgericht Köln, 16 Wx 182/03
Datum:
29.09.2003
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
16. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
16 Wx 182/03
Vorinstanz:
Landgericht Köln, 29 T 43/03
Tenor:
Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller wird der
Beschluß des Landgerichts Köln vom 15.7.2003 - 29 T 43/03 -
abgeändert und wie folgt neu gefaßt :
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Teilbeschluß
des Amtsgerichts Leverkusen vom 13.1.2003 - 16 UR II 92/00 A - WEG -
wird zurückgewiesen.
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens der sofortigen Beschwerde und
der sofortigen weiteren Beschwerde werden dem Antragsgegner
auferlegt. Eine Kostenerstattung findet insoweit nicht statt.
Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 25000
EUR festgesetzt.
Gründe :
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Die sofortige weitere Beschwerde ist gemäß den §§ 43 Abs.1 Nr.1, 45 Abs.1 WEG, 27
Abs.1, 29 FGG statthaft und auch im übrigen zulässig. Das Rechtsmittel hat auch in der
Sache Erfolg. Die Entscheidung des Landgerichts ist nicht frei von Rechtsfehlern, §§ 27
Abs.1 S.2 FGG, 546 ZPO.
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Mit Recht hat das Amtsgericht den Antragsgegner zur Beseitigung der von ihm an
Fassade und Dach des Hauses C-Straße 48 durchgeführten baulichen Veränderungen
und zur Wiederherstellung des früheren Zustandes verpflichtet, §§ 1004 Abs. 1 Satz 1,
823 Abs.1, 249 BGB, 22 Abs. 1, 14 Nr.1, 15 Abs. 3 WEG. Die vom Landgericht
vorgenommene Auslegung der maßgeblichen Bestimmungen der Teilungserklärung
vom 13.2.1996 (im folgenden : TE), nach der das Vorgehen des Antragsgegners auch
ohne allseitigen Beschluß der Wohnungseigentümer berechtigt gewesen sein soll, ist
rechtsfehlerhaft. Der Senat kann diese Auslegung als Gericht der weiteren Beschwerde
selbst vornehmen und gelangt dabei zu folgendem Ergebnis :
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Richtig ist der rechtliche Ausgangspunkt des Landgerichts, wonach die Bestimmung des
§ 22 Abs. 1 WEG durch eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer bzw. durch die
Teilungserklärung abbedungen werden kann (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9.Aufl.
2003, § 22 Rz. 282 mit zahlr. Nachw.), wobei Grund und Reichweite einer solchen
Abweichung durch Auslegung zu ermitteln sind. Entgegen dem Landgericht führt diese
Auslegung hier jedoch nicht zu dem Ergebnis, dass ein Widerspruch der Bestimmungen
zu (4)c TE einerseits und (4)f andererseits vorliegt, der unter Rückgriff auf die Klausel zu
(4)g zu lösen wäre und doch wieder zur Zulässigkeit der in Rede stehenden baulichen
Veränderungen führen würde. Vielmehr ist das Regelungsgefüge der TE eindeutig.
Danach muß der jeweilige Wohnungseigentümer bei baulichen Veränderungen
grundsätzlich immer auf die äußere Gestaltung und den einheitlichen Charakter der
Gebäude Rücksicht nehmen. Dies folgt unzweifelhaft aus der Bestimmung zu (4)c TE,
denn bei den dort genannten Erneuerungen [!] des dem Sondereigentum und dem
Sondernutzungsrecht unterliegenden Gebäude nebst Grundstücksteil kann es sich nur
um bauliche Veränderungen handeln. Soweit aber jener Rahmen der einheitlichen
Gestaltung der Wohnugseigentumsanlage gewahrt bleibt, unterliegen bauliche
Veränderungen nur noch den zu (4)f TE normierten Einschränkungen. Bei dieser
vernünftigen und den Interessen der Wohnungseigentümer gerecht werdenden
Auslegung entsteht kein Widerspruch, der etwa eine Anwendung der Bestimmung zu
(4)g TE erforderlich machen würde. Sie entspricht dem Wortlaut der Teilungserklärung
und führt zu einem harmonischen Regelungsgefüge, auch im Zusammenhang mit der
gesetzlichen Basis in § 22 Abs. 1 WEG.
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Vor diesem Hintergrund sind die vom Antragsgegner durchgeführten baulichen
Veränderungen an der Fassade und dem Dach des Gebäudes C-Straße 48 nicht durch
die Bestimmungen der Teilungserklärung gedeckt, da sie mit dem einheitlichen
Charakter der Anlage nicht in Einklang zu bringen sind. Die dem zugrunde liegenden
Feststellungen hat das Amtsgericht auf der Basis der Ausführungen der
Sachverständigen U rechtsfehlerfrei und überzeugend getroffen. Dass, wie der
Antragsgegner behauptet hat, ein einheitlicher Charakter der WEG-Anlage nie
vorhanden gewesen sein soll, trifft offensichtlich nicht zu. Die Fotographie Nr. 1 (GA 162
oben), die nach der unwidersprochen gebliebenen Feststellung des Amtsgerichts, vom
Antragsgegner selbst bestätigt, den Zustand nach Teilungserklärung wiedergibt, zeigt
diesen einheitlichen Charakter recht deutlich. Der möglicherweise marode Zustand
einzelner Gebäudeflächen beseitigt das einheitliche und prägende Erscheinungsbild
einer WEG-Anlage nicht, sondern führt lediglich zu dem hier zu (4)c TE beschriebenen
Handlungsbedarf. Dass schließlich der im Sondereigentum der Antragsteller stehende
Gebäudeteil ein rot gedecktes Dach haben soll, ist offensichtlich unrichtig, wie auf den
Fotographien (GA 162) zu erkennen ist. Die Aufrechterhaltung jenes Vorbringens im
Schriftsatz des Antragsgegners vom 20.5.2003 (dort S. 3 = GA 204 : "Ein Anbauteil des
Hauses mag auch ein dunkles Dach haben oder inzwischen nachgedunkeltes Dach.
Auch rote Dächer werden im Laufe der Jahre dunkel.") ist schillernd und unbeachtlich.
Auch kommt es auf die Einheitlichkeit/Nichteinheitlichkeit der baulichen Umgebung
vorliegend nicht an ; sie ist vielmehr in Form des sogen. "Verunstaltungsverbotes"
Gegenstand des öffentlichen Bauordnungsrechts.
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Die weiteren Einwendungen des Antragsgegners sind ebenfalls nicht durchschlagend.
Soweit es die Vollziehungsfähigkeit des Antrags im Hinblick auf die
Fassadengestaltung betrifft, ist die Zielrichtung dieses Antrags der Formulierung selbst,
der darauf ergangenen Beschlußformel des Amtsgerichts und den zur Auslegung dieser
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Beschlußformel heranzuziehenden Gründen der amtsgerichtlichen Entscheidung
hinreichend zu entnehmen : Es geht um die Angleichung an die immer noch erhaltene
schieferverkleidete Fassade des Gebäudeteils der Antragsteller, die deutlich auf der
Fotographie Nr. 1 (GA 162 oben) zu erkennen und von der Sachverständigen als solche
- wenn auch im ungepflegten Zustand - festgestellt worden ist.
Schließlich ist auch das Vorbringen des Antragsgegners zu angeblich bei der
notariellen Beurkundung des Kaufvertrages vom 13.2.1996 erfolgten Hinweisen auf eine
Umgestaltung der Fassade unbeachtlich. Solche Hinweise lassen nicht auf eine
Zustimmung der Antragsteller zu einer Änderung des äußeren Erscheinungsbildes der
WEG-Anlage schließen, die, wie oben ausgeführt, durch die Bestimmung zu (4)c TE
erhalten bleiben soll.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 47 WEG. Es entsprach billigem Ermessen, dem im
Rechtsbeschwerdeverfahren unterlegenen Antragsgegner die gerichtlichen Kosten des
Verfahrens der sofortigen Beschwerde und der sofortigen weiteren Beschwerde
aufzuerlegen. Im übrigen bestand keine Veranlassung, von dem Grundsatz, dass
außergerichtliche Kosten im WEG-Verfahren nicht erstattet werden, abzurücken.
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Die Festsetzung des Geschäftswertes für die Rechtsbeschwerde beruht auf § 48 Abs.3
WEG und folgt der unbeanstandet gebliebenen Festsetzung durch Amts- wie
Landgericht.
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