Urteil des OLG Köln vom 05.12.2008

OLG Köln: fahrtkosten, bahnhof, angemessenheit, einzelrichter, verkehrsmittel, bischof, taxi, begriff, pflichtverteidiger, datum

Oberlandesgericht Köln, 2 Ws 529/08
Datum:
05.12.2008
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
2. Strafsenat
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 Ws 529/08
Leitsätze:
Die Kosten für Benutzung eines Taxis sind jedenfalls für kürzere
Strecken, wozu der Zu-und Abgang zu und von den Beförderungsmitteln
(hier : der Bundesbahn) in der Regel zu rechnen sein wird, als
angemessen anzusehen und daher erstattungsfähig.
Tenor:
1. Auf die sofortige Beschwerde wird der angefochtene Beschluß unter
Verwerfung des Rechtsmittel im übrigen wie folgt abgeändert : Es
werden zugunsten des Beschwerdeführers über die in dem
Kostenfestsetzungsbeschluß der Rechtspflegerin des Landgerichts
Bonn vom 16.06.2008 festgesetzten Gebühren hinaus Auslagen in Höhe
weiterer 115,19 € festgesetzt.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche
Kosten werden nicht erstattet.
Gründe :
1
I.
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Rechtsanwalt C. war Pflichtverteidiger des Angeklagten A.. Mit dem angefochtenen
Beschluß hat der Einzelrichter der zuständigen Strafkammer zwei Erinnerungen des
Rechtsanwalts vom 23.06.2008 zurückgewiesen, mit denen er sich gegen Absetzungen
von beantragten Gebühren und Auslagen in zwei von der Rechtspflegerin des
Landgerichts erlassene Kostenfestsetzungsbeschlüssen vom 16. und 23. Juni 2008
gewandt hatte. Wegen aller Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluß und die
Nichtabhilfe-Entscheidung des Einzelrichters vom 22.10.2008 Bezug genommen.
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Mit seiner sofortigen Beschwerde erstrebt der Beschwerdeführer die Festsetzung eines
Betrages von noch 528,22 €, wegen dessen Zusammensetzung auf den
Beschwerdeschriftsatz vom 27.10.2008 verwiesen wird.
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Der Einzelrichter des Senats hat die Sache mit Beschluss vom heutigen Tage gem. §§
56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 8 S.2 RVG dem Senat übertragen.
5
II.
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Das fristgerecht eingelegte und auch sonst zulässige Rechtsmittel der sofortigen
Beschwerde hat einen Teilerfolg hinsichtlich der Fahrtkosten. Diese sind dem
Verteidiger nur in Höhe fiktiver Kosten für die Nutzung eines PKW zugebilligt worden,
während er die Erstattung ihm tatsächlich entstandener Kosten für Bahn- und
Taxifahrten verlangt. Hierzu teilt der Senat die Auffassung der Vorinstanz nicht.
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In dem angefochtenen Beschluß wird im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass
der Beschwerdeführer gem. Nr. 7004 VV RVG grundsätzlich die Erstattung der
Fahrtkosten für die Benutzung der Bundesbahn für die Fahrten von seinem Kanzleisitz
in E. nach L. bzw. D. beanspruchen kann, weil dies der Angemessenheit entspricht. Es
geht nicht an, an Stelle der danach gebotenen Abrechnung anhand der tatsächlich
angefallenen Fahrtkosten eine fiktive Berechnung auf der Grundlage der Benutzung des
eigenen PKW´s vorzunehmen mit der Begründung, die zusätzlich geltend gemachten
Kosten für Taxifahrten für die Fahrten zwischen Büro und Bahnhof bzw. Bahnhof und
Zielort seien nicht angemessen gewesen. Der Verteidiger kann zur Benutzung des
eigenen PKW´s auf dem vom Landgericht vorgenommenen Berechnungsweg nicht
veranlasst werden. Seine tatsächlichen Kosten dürfen nicht auf die fiktiven Kosten einer
PKW-Reise reduziert werden (Burhoff, Straf-und Bußgeldsachen, 2. Aufl., Nr. 7004 VV,
Randnr. 11; AnwK-RVG/Schneider, VV 7003-7006, Randnr.21). Der Vergleich mit den
Kosten von Nahverkehrsmitteln ist – ausgenommen den hier ersichtlich nicht
vorliegenden Fall des Missbrauchs – nicht zulässig. Der Begriff der Angemessenheit in
Nr. 7004 VV RVG meint, dass die Aufwendungen für "ein anderes Verkehrsmittel" den
Gesamtumständen angepasst sein müssen. Davon ist hier auszugehen. Es entspricht
der in Rechtsprechung und Schrifttum allgemein anerkannten Auffassung, dass die
Benutzung eines Taxis jedenfalls für kürzere Strecken, wozu der Zu-und Abgang zu und
von den Beförderungsmitteln (hier : der Bundesbahn) in der Regel zu rechnen sein wird,
als angemessen anzusehen und die Kosten hierfür erstattungsfähig sind
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(LG Berlin, JurBüro 99, 526Gerold/Schmidt-Madert, RVG, 18.Aufl., VV 7003, 7004,
Randnr. 25; Burhoff, a.a.O., Nr. 7004 VV, Randnr. 20; Hartmann, Kostengesetze, 38.
Aufl., Nr. 7003-7006 VV RVG, Randnr. 25;AnwK-RVG a.a.O., Randnr. 24;
Hartung/Römermann/Schons, RVG, 2. Aufl., VV 7003-7006 Randnr.11; Bischof-Bräuer,
RVG, 2. Aufl., Nr. 7004 VV Randnr.1; Hansens/Braun/Schneider, Praxis des
Vergütungsrechts, 2. Aufl., Teil 19, Randnr.83, 84; Mayer/Kroiß, RVG, Nr. 7004 VV,
Randnr.13).
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Das entsprach im übrigen schon unter der Geltung der BRAGO allgemeiner Auffassung
(vgl. Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 28 BRAGO, Randnr.25 m.w.N.,
a.A.
allerdings schon älteren Entscheidung : OLG Hamm AnwBl 82,488).
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Vorliegend geht es um Kosten für 12 Taxifahrten von insgesamt 135,50 €, denen
alternativ die (von der Rechtspflegerin nicht näher ermittelten) Kosten für die Benutzung
von Nahverkehrsmitteln gegenüberzustellen sind. Die hiernach in Rede stehende
Größenordnung zeigt, dass von einer unangemessenen Wahl des Verkehrsmittels
(Taxi) durch den Verteidiger nicht gesprochen werden kann.
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Zu Gunsten des Beschwerdeführers sind nach allem weitere 115,10 € festzusetzen. Der
geringere Betrag zu den tatsächlich mit 135,50 € angefallenen Taxikosten erklärt sich
dadurch, dass die vom Landgericht fiktiv errechneten Fahrtkosten bei Benutzung des
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eigenen PKW´s höher als die nur für die Benutzung der Bahn angefallenen Fahrtkosten
liegen.
Im übrigen hat das Rechtsmittel aus den nicht ergänzungsbedürftigen Gründen der
angefochtenen Entscheidung in Verbindung mit der Nichtabhilfe-Entscheidung vom
22.10.2008, zu der sich der Beschwerdeführer nicht mehr geäußert hat, keinen Erfolg.
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