Urteil des OLG Köln vom 12.01.1998

OLG Köln (juristische person, lege artis, anfang, abklärung, behandlung, partei, person, zpo, honorar, therapie)

Oberlandesgericht Köln, 5 U 86/97
Datum:
12.01.1998
Gericht:
Oberlandesgericht Köln
Spruchkörper:
5. Zivilsenat
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
5 U 86/97
Vorinstanz:
Landgericht Bonn, 9 O 15/95
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das am 24. März 1997 verkündete
Urteil der 9. Zivilkammer des L.gerichts Bonn - 9 O 15/95 - wird
zurückgewiesen. Die Kosten der Berufung tragen die Beklagten als
Gesamtschuldner. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
1
Die form- und fristgerecht eingelegte sowie prozeßordnungsgemäß begründete
Berufung der Beklagten ist in der Sache nicht gerechtfertigt. Das Landgericht hat die
Beklagten mit Recht zur Zahlung verurteilt. Die Zahlungspflicht der Beklagten folgt aus §
611 BGB in Verbindung mit § 1357 BGB, soweit der Beklagte zu 2. betroffen ist.
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Der Anspruch der Klägerin ist nicht verjährt. Die zweijährige Verjährungsfrist (§ 196 Abs.
1 Nr. 11 BGB) ist durch gerichtliche Geltendmachung am 27. Dezember 1994 rechtzeitig
unterbrochen worden (§§ 209 Abs. 1 BGB, 270 Abs. 3 ZPO). Die Klägerin war von
Anfang an Partei des Rechtsstreits. Das hat das Landgericht durch Vornahme einer
entsprechenden Rubrumsberichtigung zutreffend klargestellt.
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Partei ist diejenige Person, von welcher oder gegen welche im eigenen Namen
Rechtsschutz begehrt wird (vgl. Zöller-Vollkommer, 20. Aufl., vor § 50 Rn. 2). Wer dies
ist, muß erforderlichenfalls durch Auslegung ermittelt werden. Dabei kann auch eine
falsche juristische Bezeichnung der Partei berichtigt werden, so daß im Ergebnis
abweichend von der ursprünglichen Bezeichnung im Rubrum eine "andere" juristische
Person erscheint. Das hat der BGH mit Urteil vom 13. Juli 1972 (vgl. WM 1972, 1128,
1129) entschieden. Der Entscheidung lag ein Fall zugrunde, in dem ausweislich das
Rubrums das L. statt des wahren Rechtsträgers, nämlich die B., in Anspruch genommen
worden war. Der BGH hat in der später vom Kläger begehrten Rubrumsänderung
(nunmehr B. statt L.) ausdrücklich keine Klageänderung, sondern eine bloße
Rubrumsberichtigung gesehen, weil von Anfang an klar gewesen sei, daß dem wahren
Rechtsträger die Parteirolle habe zufallen sollen, wobei aus der Klage ersichtlich
gewesen sei, wer damit gemeint gewesen sei, so daß die irrtümliche anderweitige
Parteibezeichnung unschädlich sei. So liegt es hier. Es war von Anfang an klar, daß die
U. als juristische Person Inhaber des Honoraranspruchs war, denn die Beklagten hatten
den Behandlungsvertrag mit dieser Institution geschlossen nicht mit dem L. X, wie sie
selbst nicht in Abrede stellen. Es ist auch die U. gewesen, die das Honorar eingefordert
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hatte. Daß die U. den Anspruch schließlich auch klageweise geltend machen wollte,
ergab sich für die Beklagten hinreichend deutlich aus der Klagebegründung. Überdies
war die U. von Anfang an bereits im Rubrum aufgeführt, freilich fälschlich als Vertreter
des L.es. Dieser offenbare Irrtum konnte nach allem durch schlichte Berichtigung
behoben werden.
Im übrigen wäre der Vergütungsanspruch auch nicht verjährt, wenn man eine
Klageänderung in Form eines Parteiwechsels, die sicherlich sachdienlich wäre,
annähme, weil es den Beklagten unter den besonderen Umständen des Streitfalls nach
Treue und Glauben verwehrt wäre, sich auf Verjährung zu berufen. Das bedarf
allerdings im Streitfall keiner weiteren Begründung, weil Verjährung ohnehin aus den
oben dargelegten Gründen ausscheidet.
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Der geltend gemachte Vergütungsanspruch ist auch materiell gerechtfertigt.
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Soweit es um den Honoraranspruch für elektrophysiologische Befunderhebungen vom
26.03. und 02.04.1992 in Höhe von jeweils 5.241,37 DM abzüglich 5 %
Wahlarztabschlag, also um 9.958,60 DM geht, ist dies offensichtlich. Die
Elektrophysiologien waren zur Abklärung der Herzerkrankung notwendig. Sie sind auch
nicht als Folge einer fehlerhaften psychiatrischen Behandlung erforderlich geworden.
Die Beklagten behaupten gerade, die Beklagte zu 1. habe von Anfang an an einer
Herzerkrankung gelitten, deren Abklärung spätestens nach dem EKG vom 31. Oktober
1991 erforderlich gewesen sei. Dann ist aber nicht nachvollziehbar, wieso das dafür
angefallene Honorar nicht geschuldet sein soll. Darauf hat bereits das Landgericht
hingewiesen, ohne daß die Berufung hierauf auch nur mit einem Wort eingegangen ist.
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Die Beklagten sind darüber hinaus auch verpflichtet, das restliche Honorar (19.537,42
DM) zu bezahlen.
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Der Honoraranspruch des Arztes entsteht mit Vertragsabschluß und wird nach
Erbringung der Dienste fällig. Diese Voraussetzungen sind unstreitig gegeben. Der
Anspruch ist entgegen der Ansicht der Beklagten auch nicht aus dem Gesichtspunkt der
positiven Vertragsverletzung entfallen. Dabei kann dahinstehen, ob dieser rechtliche
Aspekt im Streitfall überhaupt geeignet ist, den Honoraranspruch zu beeinträchtigen
(vgl. dazu KG Berlin, KGR 1996, 195). Die Beklagten haben nicht zu beweisen
vermocht, daß den Behandlern in der Klinik der Klägerin ein schadensursächlicher
Fehler unterlaufen ist. Das hat das L.gericht zutreffend dargelegt. Das
Berufungsvorbringen gibt keinen Anlaß zu weiteren Beweiserhebungen. Es gibt
lediglich zu den folgenden ergänzenden Ausführungen Anlaß:
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Die behandelnden Psychiater trifft nicht der Vorwurf, mögliche organische Ursachen für
die Erkrankung der Beklagten zu 1. außer Acht gelassen zu haben. Sie haben zwecks
Abklärung einer Herzerkrankung gerade einen Internisten hinzugezogen (Dr. J.), als am
31. Oktober 1991 bei der Beklagten zu 1. eine Tachykardie auftrat. Freilich sind sie den
Empfehlungen von Dr. J. nicht vollständig gefolgt, denn sie haben weder eine
Ultraschalluntersuchung des Herzens noch eine EKG-Kontrolle durchgeführt bzw.
durchführen lassen, was sicherlich fehlerhaft war, denn aus dem Konsiliarbefund ergab
sich der Verdacht auf eine Herzerkrankung (supraventrikuläre Tachykardie im Vor-
EKG), Verdachtsdiagnosen sind aber stets differentialdiagnostisch abzuklären.
Haftungsrechtliche Konsequenzen ergeben sich aus dem Unterlassen aber im Streitfall
nicht, denn nach den Darlegungen von Dr. H. und vor allem von Dr. M. (Blatt 212 - 215
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d. A.) wäre eine dringende Indikation zur AV-Knoten-Modulation erst bei Auftreten einer
weiteren Tachykardie geboten gewesen, bis dahin habe eine medikamentöse Therapie
- wie durchgeführt - genügt (so Dr. H. Blatt 190/191 d. A.) bzw. sei die invasive
elektrophysiologische Untersuchung erst nach Fehlschlagen der medikamentösen
Therapie angezeigt gewesen (so Dr. M. Blatt 215 d. A.). Danach stellt sich die
Behandlung in der Psychiatrie zumindest als vertretbar dar und läßt den
Vergütungsanspruch unberührt. Bei dem erneuten Auftreten der Tachykardie haben die
Behandler lege artis reagiert und eine kardiologische Abklärung veranlaßt, die
schließlich zu der operativen Behandlung geführt hat.
Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
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Wert der Beschwer für die Beklagten: unter 60.000,00 DM.
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Es besteht kein Anlaß, die Revision zuzulassen. Die Voraussetzungen des § 546 Abs. 1
Satz 2 ZPO sind nicht gegeben.
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